➨ Hinweis: Die Edition ist in Bearbeitung und daher nur eingeschränkt zitierfähig.

Zur Zeit sind Änderungen und Korrekturen am Text und in den Apparaten möglich.

Nach der endgültigen Veröffentlichung werden etwaige Korrekturen und Ergänzungen in einem Änderungsregister gelistet.

Brief 295

Nonne, wahrscheinlich Priorin Margarete Snitkers, in der Stadt Buxtehude an Priorin Sophia von Bodenteich im Kloster Lüne

6. Mai 1500

Dankesbrief — Thanks for assistance after the plundering of Neukloster

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 21, fol. 10r

Lateinisch und Niederdeutsch.

Die Absenderin dankt der Empfängerin für die Hilfe durch das Geld, das sie für die gesendeten Schleier erhalten hätte. Sie habe erfahren, dass die Empfängerin angeboten habe, vorübergehend einige Nonnen in ihrem Kloster aufzunehmen. Dies sei im Konvent und mit dem Propst diskutiert, jedoch abgelehnt worden; man wolle das Gastkloster nicht derart belasten. Sollten jedoch die Vorräte knapp werden, würde man um Hilfe ersuchen. Sie sendet Grüße an den Beichtvater Heinrich Maß und einen Korb, den sie aus Armut leider nicht füllen könne. Sie wolle aber Maria bitten, ihn mit Geschenken zu füllen.

Prioress Gertrud of Neukloster thanks Prioress Sophia for her kindness and the presents for her and the whole convent, which were received alongside the money for the veils. After some delay the writer has heard that the recipient has offered to take some sisters into her convent. This was discussed with the provost and whole convent and they have decided not to burden Lüne with this. The sisters would prefer to stay together. They ask humbly, however, that if provisions are short, that Lüne can assist them. She sends greetings to the confessor, Heinrich Maß, and sends a basket as a present. Unfortunately she cannot imitate the fisherman Peter because of her poverty but she will ask Mary to fill the little basket with as many gifts of thanks as Hail Mary’s that are spoken.

[Ansicht mit Digitalisat][Zur diplomatischen Ansicht]
[Lage 21, fol. 10r]

Gratiarum actioa

Ad cenam agni paschalis1 iugi ac gratulabunda devotione properare, quo illic in superna patria, que nescit nisi gaudia2 cupitis illius contingat frui amplexibus!

Venerabilis ac religiosa N, sincere michi in Christo caritatis vinculo annexa, indissolubili status vestri prospera dispositio corporalisque sanitatis vigor me facit gratulabundam, cuius et semper ac frequenter certam habere glisco notitiam. Insimili me Deus omnipotens gratuita sua bonitate preservat.

Ceterum, referere ik vestre reverentie per maximas gratiarum actiones vor de groten gudliken myldicheyt juwes herten, de gy my in donorum vestrorum largitione so sollicite bewiset hebbet, unde nicht allene mi,3 sunder ock universe congregationi nostre benigne hantrecket heft juwe gifte, de wy simul cum pecunia pro velis gratissime entfangen hebben;4 pro eiusdem caritatis beneficio latet unse sorores venerabilitati vestre valde amicabiliter regracieren. Nobilissimus triumphator mortis det caritati vestre in recompensam tot gratiarum varia dona in presenti ac futuro seculo, quot redundavit gaudiis divinum cor eius in hora iocunde resurrexionis, quotque in equore natant pisces5 ac in celo fulgent astra.

Item, so hebbe ik ok furder tempore aliquo dilapso irfaren a venerabilibus patribus, dat gy benivola ghewest synt to accepterende aliquas sororum nostrarum, dar ik juwen guden willen hochliken ane bedancke. So hebbe ik id cum venerabili domino nostro preposito ac tota congregatione so averwagen, ift uns dominus Deus corporum sustentationem vorlond wolden, wy de monasteria dar nicht mede beswaren. Unse sorores weren ock deprimert variis languoribus, so dat men se der weghen nicht mochte vorsenden, unde se willen ock gherne tosamde blyven. Quapropter flagito dilectionem vestram humillime, dat wy propter Jesum de gracien by juw moten beholden, ift id so qweme, dat wy id in victualibus nicht uthreden konden.

Salutetis queso vice mei salutationibus [Lage 21, fol. 10v] caritativis honorandum patrem confessorem dominum Heinrich Maß,6 multitudinem commendabilis congregationis vestre, inserendo me devotis earundem precibus cum omnibus michi commissis.7 Valeatis perbeate in eo, qui redivive resurrexionis sue gaudiis cuncta simul exhilaravit creata, qui reverentiam vestram salvis ac prosperis successibus feliciter dirigat ac longevisb temporibus incolumen perdurare concedat.

Volatim ex oppido Buxtehude8 die martis post Misericordia Domini anno etc. XVc.9 Item, venerabilis domina, destino reverentie vestre cum presenti sportam vestram, unde ik konde leyder van grotes armodes weghen nicht kamen by den leven hogen piscatorem sanctum Petrum,10 sunder ik wil rap maken ad celicam imperatricem virginem Mariam orando, ut ipsam sportellam vestram impleat tot donis gratiarum, quot eo devote dicuntur „Ave.“ Venerabili ac religiose domine, domine N, priorisse in monasterio N, domine sibi in Christo cordiali amore predilecte.


Kritischer Apparat

a als Überschrift im Kasten

b in der Hs. logevis


Sachapparat

1 Vgl. Osterhymnus ‚Ad cenam agni providi et stolis salutis candidi‘ (Cantus-ID 008249).

2 Vielleicht aus einer Sequenz zur Messe am Fest des hl. Augustinus, ‚Interni festi gaudia‘, allerdings war diese Sequenz in der Bursfelder Kongregation nicht in Gebrauch. Vgl. Rosenthal, Die Sequenzen (1983), S. 163. Die Verfasserin könnte die Formulierung auch einer Predigt des hl. Bernhard von Clairvaux entnommen haben, Sermo XLI ‚De virtute obedientiae et septem eius gradibus‘, in: Migne PL 183, Sp. 660).

3 Lasch und Lübben kennen beide die Formen mi (me), mik (mek) für den Dativ des Personalpronomens der 1. P. Sg., Lübben, Grammatik (1882), S. 106; Lasch, Grammatik (1914), S. 213.

4  Offensichtlich pflegen die Nonnen von Altkloster dem Kloster Lüne Nonnenschleier zu verkaufen – von ihnen ist auch in mehreren anderen der Buxtehuder Briefe die Rede. Zu der Bestellung, Übersendung und Bezahlung der Schleier vgl. Brief 33 (Lage 4, fol. 10v-14r); Brief 40 (Lage 5, fol. 5r-6r); Brief 291 (Lage 21, fol. 5r-5v); Brief 293 (Lage 21, fol. 9r-9v); Brief 294 (Lage 21, fol. 9v) und Brief 301 (Lage 21, fol. 14v-15r).

5 Die Formulierung (mit dem Ausdruck in equore statt dem geläufigeren in mare) erinnert an eine Wendung aus den ‚Carmina burana‘: quot natant pisces equoribus, tot abundat amor doloribus (carmen 119).

6 Heinrich Maß, Beichtvater in Lüne, zuvor in Buxtehude, vgl. Kommentar zu Brief 14 (Lage 2, fol. 5v-7v), sowie Brief 23 (Lage 3, fol. 13v-14v), Brief 33 (Lage 4, fol. 7r-10r), Brief 39 (Lage 5, fol. 1r-3v), Brief 40 (Lage 5, fol. 4r-rv), Brief 131 (Lage 12, fol. 11r-13r), Brief 285 (Lage 21, fol. 1r-1v), Brief 286 (Lage 21, fol. 1v-2v), Brief 288 (Lage 21, fol. 2v-4r), Brief 291 (Lage 21, fol. 5r-5v), Brief 294 (Lage 21, fol. 9v), Brief 296 (Lage 21, fol. 10v-11v), Brief 298 (Lage 21, fol. 13r-13v), Brief 300 (Lage 21, fol. 14r-14v) und Brief 301 (Lage 21, fol. 14v-15r).

7 Die Absenderin bezeichnet die übrigen Nonnen von Altkloster (Buxtehude) als sibi commissae. Wahrscheinlich schreibt also die Buxtehuder Priorin Margarete Snitkers, vgl. Anm. zu Brief 293 (Lage 21, fol. 9r). ist es also die Vorsteherin, die hier schreibt – die Buxtehuder Priorin Gertrud. Ihre Lüner Korrespondentin, Sophia von Bodenteich, hat sie in ihrer Jugend im Kloster Ebstorf kennengelernt. Vgl. ihr Schreiben vom 5. Juni 1501 oder 1500, hier in Lüne, Klosterarchiv, Hs. 15, Lage 21, fol. 1r-1v.

8  Nach einem Überfall der ‚Schwarzen Garde‘ der Herzöge von Sachsen-Lauenburg war das Kloster im Dezember 1499 verwüstet und unbewohnbar, vgl. dazu Anm. zu Brief 131 (Lage 12, fol. 11r-13r). Für die Dauer der Reparaturen waren die Nonnen innerhalb der Stadt Buxtehude untergebracht. Der Wiederaufbau muss im Mai 1500 bereits weit fortgeschritten gewesen sein, denn bereits im Juli konnten die Nonnen das Kloster wieder beziehen, vgl. Gahde, Art. Buxtehude-Altkloster (2012), S. 295..

9 6. Mai 1500.

10 Die Absenderin spielt auf das biblische Nahrungswunder in Lc 5,1-11 an; da sie selbst den leeren Korb nicht wie Petrus seine Netze füllen kann, muss sie das Maria überlassen.

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000248/texts/Brief295-LD_tei-transcript.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000248/scripts/tei-transcript.xsl