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Brief 324

Konvent im Kloster Lüne, wahrscheinlich an Elisabeth Bockes im Kloster Ebstorf

wahrscheinlich nach 1484

Dank für Festmahl — Thank-you letter

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 23, fol. 7v

Niederdeutsch.

Der Konvent dankt der Empfängerin für ihre Güte und die ungewöhnlichen Wohltaten, die sicher in ihrer Tugend und Liebe begründet sind. Die Nonnen können nicht genug für das große Festmahl danken, das sie ausgerichtet hat. So gut haben sie noch nie gespeist, vor allem der Honigfisch war so schmackhaft, dass die Empfängerin sicher mit dem hl. Petrus befreundet ist. Den köstlichen Wein muss sie wohl vom hl. Johannes haben. Sie wissen nicht, mit welcher Gabe sie das vergüten können, da sie für Christus allem Weltlichen entsagt haben. Also senden sie Christus als Dank, der ihr Gnade und Segen bringen möge, so dass ihre zeitlichen Güter vermehrt und im Himmel aufgewogen werden. Zudem möge Maria sie an ihrer Brust nähren und die Gemeinschaft der Heiligen möge ihr den Wein göttlicher Gnade erwerben, bis sie bei der Dreifaltigkeit speisen kann.

The convent thank the recipient, probably the Ebstorf laysister Elisabeth Bockes, for her good deeds. She had fed them exceptionally well and poured the best wine. Special thanks for introducing the convent to the tasty local fish, for they had never expected them to be this palatable; this tastes as if it had been part of St Peter's catch and the wine as if St John the Evangelist had poured it. Christ as their bridegroom should repay her in this life and the next; biblical references invoked include the blessing of Isaak, Mary's breast feeding and the heavenly feast of the saints in the presence of the mirror of the Trinity.

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[Lage 23, fol. 7v]

Itema

Jesum Christum, den avermaten riken koningh der ewighen ere, de dar is eyn krone alle der leven hilghen unde eyn nogaftich, vullenkomen loͤn aller salighen uterkoren vor enen fruntliken, dancknamighen grod thovoren!

Alderleveste vrundinne in Christo unde unse eghene, leve suster unde guldene, truwe momeke. Welck leve ofte welck myldicheyt heft juwe gůdlike leflike truwe herte bewaghen tho uns armen unwerdighen gheistliken kynderen, dat gy uns in korte so avermaten grote woldath unde unsprekelke grote lefmodicheit bewyset hebbet, der wy [Lage 23, fol. 8r] unbewonen synt unde ok ny eer bevunden hebbet, by neneme […]b mynschen, noch van unsen negesten vrunden edder van vromden vrunden, dat wy waraftighen moghet segghen, alze wy hir alle ghesammelt synt in dessem clostere, unde wy enmerket hir anders nicht uth, men dat sik dyt saket van juwer groten doghetsamheyt juwes truwen lefliken herten; wente wy weten dyt wol, dat wy juw leyder nywerlle nene leve edder fruntschopp bewiset hebbet unde hebbet nu so grote unsprekelke woldath by juw bevunden, de wy nummer kond to vullen uthscriven; nach dem male, dat gy uns nicht hebbet eyn edder twe richte gheven, sunder gy hebbet uns eyn ghans grod convivium ghedaͤn,1 dar wy uns so avermaten wol van ghesterket unde ghelovet hebbet, dat uns dunketc, dat wy ny eer soden gude spise ghegetten hebben, de sodanen soten honnichsemighen smack had hebbe, alze ded viscke, so wy do eten;2 wy kond des nouwe loven, dat se hir to lande viscket syn, sunder gy motet juwe woͤr myd deme hogesten visckere sunte Petere seer bevrunden hebben, dat de myd synem nettef hebbe nu viscket, alze he dede, do em dat nette thoreth van veelheyt der viscke, so wy vynden in dem hilghen Ewangelio;3 unde de lefli- [Lage 23, fol. 8v] keg junghelyn sunte Johannes, de hemmelsche wyntepper, heft juw den alderbesten sotesten wyn lichte sunderken ghehadh unde vorward, dar wy unse herte soi wol mede vorqwicket unde vrommet hebbet, dat wy wol moghen ock spreken de word, de architriclinus in der werschapp to dem brudegamme sprak, do he sede: „Du hefst den besten wyn vorward wente nu.4

O alderleveste suster unde truwe moder, wormede wyl wy armen, gheistliken kyndere dyt vorschulden, wente juwe ghude unde woldath is baven mate grod unde aldegrod, unde wy synt nicht mechtich, ichtenswes to vorghevende unde enhebben ok up eren in alle der werlde nichtes nicht, dat unse eghen is ane den armen bloten nake denj ghecrusgheden Jesum Christum, unsen zalichmaker unde leven brudegham, de is unse vroudek unde frolicheit, unse trost unde unse beste gud, dat wy hebben vor eghen; deme sulven wy hebben gheoffert unde gans averghegheven unse liff unde zele unde dorch synen willen vorsaket unde aver- [Lage 23, fol. 9r] gheven vader unde moder, suster unde brodere unde alle der werlde gud unde hebben uns so vaste myd eme vorbunden in eynsamigher leve unde truwe, dat wy hopen, alze wy umme synen willen alle ding hebbet vorlaten, dat he uns darvoͤr wille gheven syn ghantze rike unde darto sik sulven to lone, unde wy truwen eme des vaste tho, dat he uns hirumme ock nicht wille weygeren, wes wy van eme byddende, synt up desser erde unde wille vullenbringhen, wat in uns enbrick.

Unde dessen soten Jesum sende wy juw byd in eyn vullenkomen loͤn unde dancknamicheyt juwer groten woldath, de mote juw dyt hundertdusentvolt belonen unde gheve juw wedder alle de gnade unde benedigynghe, de he juwerlle synen uterkoren gheven heft,l beyde in dem olden unde nygen testemente, sunderken de de patriarchen Isaac synem sone Jacob gaff, do he so to eme sprak: „God alweldich gheve dy de benedigynge van deme douwe des hemmels unde van derm recticheyt desn ertrikes, nogafticheyt [Lage 23, fol. 9v] unde vulheyt des korns, wynnes unde olies etc.“,5, dat juwe tydliken gudere moten ok so vormeret werden in desser tyd, dat gy hundertvolt moten wedderkrighen, wat gy umme unsen willeno p entvoldich hebbet uthelecht. Unde Maria, de hemmelkoninghinne, de uns dat hemmelsche brod heft ghebracht, de mote juw wedder spisen mit eren soten brusten, dar gy sunderke gnade moten uth sughen, so vaken, alze gy dat ware hemmelsche brod entfanget in dem hilghen sacramente, dar gy van entfanghen moten suntheyt unde salicheyt lyves unde der zeleq. Unde alle Godes hilghen, de sik dar vrouwet in dem koninchliken pallas der hogen hemmelschen borch […]r Jerusalem, de mote juw vorwerven den soten wyn der gotliken gnade uthe dem vaderken, soten herten, dat dat hirum mote jeghen juw apenstan in gnaden unde barmherticheyt unde gy daruth ol entfanghen moten [Lage 23, fol. 10r] trost, gnade unde frolicheit hir in desser tyd, so lange, dat gy dar komet to der hoghen werschapp der ewighen salicheyt, dar de hemmelsche Vader de uterkorn spiset mit synes antlates vrolicheit, de Sone mit syner vorclareden mynscheit, de dar vereniget is mit der gotheit, dar de Hilge Geist se vordrenket mit dem soten wyn unde eddelen clare syner gude unde milde, dat gy dar den froliken moten spyset unde sadiget werden in der vullenkomen vroude, de neyn oge seen heft etc. unde dar den to lone entfangen moten den claren schynenden speygel der ghantzen Hilgen Drevaldicheyt. Amen.


Kritischer Apparat

a als Überschrift

b unleserlich

c folgt gestrichen gy hebbet uns

d folgt gestrichen w

e in der Hs. jw

f in der Hs. notte

g in der Hs. lefli=like

h ghehad korrigiert aus ghe gad

i folgt überschüssig so

j nakeden korrigiert aus nade=den

k in der Hs. vronde

l folgt gestrichen byd

m folgt gestrichen w

n folgt gestrichen erri

o folgt überschüssig hebbet

p folgt gestrichen ej

q folgt gestrichen v

r unleserlich


Sachapparat

1 Während das Motiv der Speisung sonst auch im Sinne einer spirituellen Metapher gemeint sein kann, scheint im vorliegenden Brief ganz konkret die tatsächliche Speisenversorgung angesprochen zu sein. Es liegt nahe, die Adressatin mit der Ebstorfer Konverse Elisabeth Bockes zu identifizieren, die 1481 mit der Reformkongregation nach Lüne gekommen war, dort drei Jahre als Küchenmeisterin gedient hatte und 1484 nach Ebstorf zurückgekehrt war. Sie hatte offenbar einen bleibenden Eindruck bei den Lüner Schwestern hinterlassen und wird in zahlreichen Briefen explizit gegrüßt und angesprochen.

2  Vgl. Brief 138 (Lage 12, fol. 12r). Hier handelt es sich sehr sicher um in Honig eingelegte Süßwasserfische, die in der Lüneburger Region gefangen wurden. Vgl. hierzu die Liste der Fischarten, die der Propst den Lüner Nonnen beschaffen musste in Das Statutenbuch, hg. von Stenzig (in Druckvorbereitung), fol. 65v-66v und verschiedene Rezepte für Fisch in Honigsauce, z. B. Nr. 51 in Wiswe, Kochbuch (1956), S. 40.

3 Lc 5,6.

4 Io 2,10.

5 Gn 27,28.

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