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Brief 326

Wahrscheinlich Priorin Sophia von Bodenteich im Kloster Lüne an Johann und Anna van der Molen in Lüneburg

17. Juni 1502

Bericht über die ins Kloster gekommene Tochter — Report about daughter in the convent

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 23, fol. 12r

Niederdeutsch.

Brief 327 (Lage 23, fol. 13v) Einleitung, Kap. 2.2.1.

Die Absenderin dankt an Empfängern für das Festmahl anlässlich der Übergabe ihrer Tochter Anna an den Konvent. Gott möge es ihnen in dieser Welt und im Himmelreich vergüten. Sie berichtet, dass das Kind stets fröhlich und fromm ist und gleich darum gebeten hat, einen schwarzen Habit anlegen zu dürfen. Als die Absenderin ihr das Kleid morgens angezogen hat, ist die Kleine ihr vor Freude um den Hals gefallen. Sie beträgt sich sehr gut und hat auch kein Heimweh, obwohl das nur natürlich wäre. Sie hat aber den Wunsch geäußert, zu den Eltern fliegen zu können, um ihnen zu sagen, wie wohl es ihr ergeht. Die Absenderin wünscht den Eltern, dass sie in Zukunft noch viel Freude an den frommen Werken der Tochter haben werden. Es grüßen die Tochter und der gesamte Konvent.

The writer, probably prioress Sophia von Bodenteich, reports to Johann van der Molen and his wife, thanking for gifts on the occasion of their daughter's entry and reports Anna is happy and pious, and wanted to exchange her secular dress for the black habit right away. She behaves well and is not at all homesick, although that would to be expected. She had expressed her wish to fly to her parents to tell them how well she is. The writer hopes, the recipients will have a lot of joy in the pious deeds of their daughter. Greetings from the daughter and the whole convent.

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[Lage 23, fol. 12r]

Johann van der Molena 1

Jesum Christum, unsen alderlevesten zalichmaker, unde Marien, de hemmelscken koniginen, syne benedieden moder, vor enen vruntliken grod tovoren!

Ersame leve frund unde alderleveste frundine;2 so de almechtige God in siner ewigen wisheit dat heft uthghesen unde na sinem godliken willen so gheschickket, dat juwe leve dochter Anne3 hir in unse kloster ghekomen is unde unser samlinghe is toghevoghet, so bedancke ik iuw hochliken [Lage 23, fol. 12v] unde fruntliken, dat gy iuw so seer hebbet bekostiget unde my unde unser ghantzen samlinge so grote woldath unde leve hebbet bewiset myd groten ghifften unde gaven, dat noch unvordent is. God alweldich, de dar is de grundelose borne aller gnade, de mote iuw sodaneb leve hundertdusentwolt belonen, hir mid siner gnade, dat gy in iuwen tydliken guderen des nummer moten gebrechenc, sunder alle tyd luckigen vortgangh unde vormeringhe moten vinden, unded darna dat ewige grote lon, dat Gode sulven is, moten entfangen in dem hogen hemmele, ewelken to brukende sunder ende.

Vorder do ik iuwer leve vruntliken weten, dat iuwe leve dochter, unse alderleveste kynd, so rechte bedarve unde vram is unde heft sik so rechte wisliken unde suverken unde so leffliken, dat my dat wol deit in minem herten. Se is so rechte wol tovrede undef so vrolick, dat ick dat nicht to vulleng utschriven kan.

Des ersten avendes, do se herkomen was, dewyle wi noch aver maltit seten, vel se my in den arm unde bat so vruntliken, dat see moste ock eren swarten rock anthen unde de warliken kledere muste uthteen; unde do ick er des morghens den swarten rock antoch, do wart se so vrolick unde kloppede [Lage 23, fol. 13r] in beyde hende unde vel my do umme den hals unde wuste nicht, wo lefflik dat se sik maken wolde, dat my unde den anderen juncfrowen seer vorwunderde unde unse ogen gingen uns aver van tranen van groterh leve. Wy hebben dat ock nicht in er merken kont, dat se ens heddei suchtet edder went, alze dat naturlick is, men se is like frolick alle tyd unde wan ik mene, dat se bi my sitte, so vald se my in den schod edder umme den halss unde secht vaken to my: „Och, leve wescke, ik wolde, dat myn leve vader unde mome dat wusten, dat ik hirj so wol byn; konde ick dat doͤn, ik wolde hennek vlegenl to ium unde jum dat seggen, dat se sick ok mochten tovrede gheven etc.“4

Ersame N unde alderleveste N, dyt schrive ick iuw to troste unde bidde juw, dat gy willen to vreden geven unde nicht bekummeren, wente juwe leve dochter is hir nicht ovel; unse gantze samlinge heft se leff unde allent, wor se kumpt, dar wart se myd widen armen entfangen, van den oldesten so drade alze van den iunghesten, unde ick hope, se scolle noch en bloyende fruchtbarich wintwigeteken werden in dessem wingarden unde gy scholt, ifft God wil, noch so grote vroude in er leven, alze iuw dat nu sur unde swar worden is, dat gy erer scolden enberen. De almechtige God de se uterkoren heft to ener brud, de geve eer vordan sine gnade, dat se mote uppwassenm unde groyen unde bloyen in dogeden unde in guden werken, sinem namen to eren [Lage 23, fol. 13v] unde werdicheit, erer sele to zalicheit, juw to troste unde to vrolicheit, dat gy alle des guden moten samdelich werden, dat se alle ere levedaghe dunde wert unde dar sunderken trost, hulppe unde vroude moten van hebben, nu unde to ewighen tyden.

Nicht meer, mer iuwe leve dochter unde alle iuwe leven wescken unde modderen unde unse ghantze sammelinge bud iuw CCC M gude nacht. Hir mede weset Gode bevolen sund unde zalich to langhen tyden. Amen.

Gheschreven des anderen daghes na sunte Vitus daghe.5


Kritischer Apparat

a als Überschrift

b in der Hs. so sane

c in der Hs. gebrecheh

d supra lin.

e in der Hs. gud

f supra lin.

g in der Hs. vlleren

h in der Hs. goter

i folgt gestrichen sus

j supra lin.

k folgt gestrichen wys

l supra lin.

m vupp supra lin.


Sachapparat

1 Johann van der Molen, bezeugt 1467, Sülfmeister 1482, †1508. Vgl. Witzendorff, Patriziergeschlechter (1952), S. 81.

2 Mitempfängerin ist die zweite Ehefrau des Johann van der Molen, Anna, geb. von Raden. Vgl. Witzendorff, Patriziergeschlechter (1952), S. 81.

3 Anna van der Molen war erst drei Tage vor Abfassen dieses Briefes, am 14. Juni 1502, ins Kloster gekommen. Sie wurde am 6. Dezember 1492 geboren, war also neun Jahre alt.

4 Die hier zitierte Passage findet sich auch in Brief 327 (Lage 23, fol. 13v) und macht es sehr wahrscheinlich, dass hier die Priorin Sophia von Bodenteich die Verfasserin ist.

5 17. Juni.

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