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Brief 364

Nonne D im Kloster Lüne an eine weltliche Empfängerin A

undatiert

Kondolenzbrief — Letter of comfort

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 26, fol. 11r

Niederdeutsch.

Die Absenderin sendet der Empfängerin nach dem Tod eines gemeinsamen Bekannten oder Verwandten einen Trostbrief. Sie leitet zu einer Meditation an, in der sie sich gemeinsam mit der Empfängerin dem leidenden Christus zuwenden will. Durch seinen Opfertod hat Christus Adams Schuld gesühnt und für alle Menschen das ewige Leben erworben. Um es zu erhalten, müssen die Menschen den körperlichen Tod erdulden. Die Absenderin ermutigt die Empfängerin, das menschliche Leid geduldig und Christi Beispiel folgend zu ertragen. Wenn er schon seine Jünger mit Worten habe trösten können, als sein eigenes Schicksal der Grund für ihre Trauer war, wird er sie jetzt erst recht trösten. Sie bittet die Empfängerin, Christus ihre gemeinsame Trauer zu übergeben und die Seele des Verstorbenen Gott anzuvertrauen. Verweis auf den tröstlichen Quell der Barmherzigkeit. Brieffragment, Ende fehlt.

A Lüne nun D sends the recipient A comfort against the sadness of the human life. She draws on the comforting words of Christ which are all the more powerful after his sacrificial death. She asks that the recipient takes up Christ’s invitation and commits their shared sorrow to him. The text breaks off with a reference to the comforting source of mercy.

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[Lage 26, fol. 11r]

Da

Jesumb Christum, den crusgheden heylant, de de is en troster alder bedroveden, en spise der hungherghen, en ere der vullenkomen lude, den sende ik juw vor enen soten trost an der drofnisse, dar he us ane besocht hefft!

Myn alderleveste N, noch dem male dat use herten van naturen beweghet unde bedrovet syn, so wil wy doch andenken de drofnisse unde elendicheyt uses alderlevesten salichmakeres, dar he ane begrepen was in der tyt synesc werden hilghen lydendes besunderghen in der stunde, do em dat anstande was, alzo dat he van groter bedrofnisce sede: „Myn zele is bedrovet wente an den dot“,1 wan we dat andenket, dat dat unschuldighe lam Jesus Christus umme unser zalicheyt unde leve willen bedrovet was, so kan us nen drofnisse tho swar werden, wente he umme dan willen leden heft, dat he us mochte bringhen uter drofnisse disses levendes to der vrouwde des ewighen levendes, de vroude des hemmels, de he vorlaten hadde umme user zalicheyt willen, do he hir daalstech in dissen jammerdald, dar he inne was lengh wen dreundedortich jar unde synen hemmelschen vader vor uns wedder betalde unde losede de schult Adammes vormyddest synem duren dode; darumme synt we unseme alderlevesten zalichmakere alle enes dodes plichtich, wente he heft mit ghansem willen den bydderen dotf vor uns gheleden; darumme [Lage 26, fol. 11v] eghet us dat ok wol, dat we mit willeng syner leve doghen denh tytliken dot, unde wan we den vorebrocht hebben, so werd he uns ghevende dat ewighe levent; wente he sulven an synem lydende unde an synem dode synen leven jungheren unde us allen vor bewiset heft; dat nement an, dat ewighe levent gan mach sunder vormiddest lydende unde dem dode, dat is he ock in dem ewanghelio betughende van sik sulvest na der mynschliken naturen unde secht: „Is was nod, dat Christus lyden muste unde alzo ghan in syne ere.2

Also, alderleveste A, wil wy em navolghen in syner leve vormyddest droffnissen, de he us hir tosend, unde willed andencken de trostliken worde, dar he synei leven jungheren mede trostede, do he noch anghan wolde syn hilghe lydent, do he to jum sede: „Myne leven kyndere, juwe herte enscal sick nicht bedroven unde ock nicht vrochten, lovent in God unde an my, wente an mynes vaders huse, dar synd vele woninghe.3 Alderlevest A, was de mylde salichmaker syne levenst jungheren aldus trostende, do he sulven vul lydendesj unde vul drofnisse was, wo vele meer wil he den nu trosten us, syne armen creaturen, de we noch [Lage 26, fol. 12r] syn an dissem jamerdale, de he unsen ewighen doot myd synem dode vorstoret unde vorwunnen heft, unde nu dar vorhoghet unde gheeret is in der eddelen godheyt boven alle de chore der hilghen enghele, dar he nicht is afbeydende, dat we to eme vleen unde en anropen, sunder he is us ladende to sik unde lovet uns, dat he uns trosten wil, unde sprikt: „Komet to my, alle, de gy bedrovet syn, unde ik wil juw trosten.“;4 Noch vele meer is, dat he usk nicht allene ladendel is to sik, sunder he tud us ock na sick dat is vormyddest tytliken drofnissen, de he us in dissem levende tosend, dat synt ware tekene der leve Godes, weme he lydent tosend.

Hirumme, myn alderleveste A, late ik juw lefliken bydden an kyntliker leve, dat gy geven juwe drofnisse, de juw unde my en is, den mylden, truwen troster Jesum, alzo dat de leve zeleke dar ock moghen trost van hebben, alze wy ene leff hat hebben in dem levende, alzo wil wy ene noch lever hebben, dar he nu is, unde wilt de leven zeleken offeren denjennen, de se schapen heft unde nu van disser bedroveden werld gheeschet heft, jo wy se usem leven salichmaker willichliker unde duldichliker offert, jo he der leven zeleken vruntliker, lefliker unde barmhertigherm to is. Wente de borne der barmherticheitn, de enkan sik [Lage 26, fol. 12v] nicht enholden, sunder syn gotlyke natura, de dwinghet ene darto, dat he sik over ene vorbarmen mud. To dessem soten trostliken […]o


Kritischer Apparat

a als Überschrift

b Jals Initiale

c folgt gestrichen lydendes

d jammerdal korrigiert aus jammer-dac

e folgt gestrichen heren n

f in mg. mit Verweiszeichen

g folgt gestrichen lyden […]

h folgt gestrichen byderen

i folgt überschüssig syne

j folgt gestrichen was

k supra lin.

l folgt gestrichen to

m in der Hs. barhertigher

n in der Hs. barherticheit

o Brief bricht ab


Sachapparat

1 Mt 26,38.

2 Hbr 2,10.

3 Erweitertes Zitat von Io 14,1-2.

4 Mt 11,28.

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