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Brief 377

Nonne MB, vielleicht Magdalena Boltzen im Kloster Lüne, an ihren Onkel

undatiert

Glückwunsch zur Hochzeit — Congratulatory letter on marriage

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 28, fol. 2v

Niederdeutsch.

Die Absenderin schickt dem Empfänger Maria, die seine anstehende Hochzeit segnen möge. Trotz Verwandtschaft kann sie weder selbst zum Fest kommen noch ein Geschenk senden, weil sie von Gott erwählt ist, im Paradiesgarten des Klosters Jesus nachzufolgen. Um nicht vergessen zu werden, hat sie im himmlischen Jerusalem alle Heiligen gebeten, sie beim Fest zu vertreten und dem Bräutigam beständig beizustehen. Da sie keine weltlichen Güter besitzt, sendet sie ihm als Ersatz für ein Geschenk Christus als kostbares Halsband, das ihn innerlich und äußerlich ziere und schütze. Auch Maria möge ihm beistehen und ihn durch das Meer der irdischen Betrübnis zum himmlischen Vaterland geleiten.

The nun MB, perhaps Magdalena Boltzen in Lüne, is overjoyed by the forthcoming marriage of her uncle. She apologises that because of her vows she is unable to come to the celebration or send a gift. She compares convent life with a garden of paradise full of flowers. In her place she has asked all the saints of heavenly Jerusalem to come to the celebration. As a replacement for a gift she sends him Christ as a necklace that will adorn and protect him both internally and externally. She sends many blessings for his earthly and eternal life.

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[Lage 28, fol. 2v]

MB1 avunculoa

Jesum Christum, de ewighen wisheyt God vaders alweldich, de den claren, schinenden glans der ewighen Gotheyt heft vordecket under der cleynen wulken der krancken mynscheyt, de he entfanghen heft van der tzarten kuschen juncwrowen Marien, den scrive ik jw, alderleveste oem, vor enen fruntliken lefmodighen grod unde tho ener salighen benedighinghe des hoghen werdighen states des hilghen echtes, den gy van schickjnghe weghen des leve Godes wilt anghan, des ik hoghe wrowet byn in God den heren van juwent weghen, dat ik den vroliken dach levet hebbe, dat gy so wol to steden kamen synt!

Alzo borde sick dat wol van magheschop weghen, dat ik jeghenwardich were tho juwer hochtyd edder tho dem mynsten juw myne ghave senden scholde; dat nu God van hemmel an my waldelt heft unde my mangt dusentb mynschen utirkaren heft to ener eghenen unde hir ghesettet an dessen erdesken paradis, den he in groter wollust sulven heft gheplantet unde ghetziret an dessen erdesken myd mannigherleye dogheden alze myd den witten lylien der kuscheyt, myd den roden rosen des waren horsammes, myd de blawen fyolenblomen des willighen armodes,2 dar he uns sulven inne vorghan is unde uns ghelaten heft eync bylde synen votsparen nathovolghende, des wy vor begherende synt de wroude, de ere unde de glorien, de neyn oghe besen heft, neyn ore hord heft unde in nenes mynschen herten steghen is, so uns de werde apostel sunted Pawel betughet.3 Doch up dat ik gans uth der werschopp nicht vorgheten werde, so hebbe ik ummeghewandert de ghantzen hemmelschen borch Jerusalem unde juw daruth ghebeden alle de leven hilgen, de sik dar vrouwet in dem ewighen levende vor dem claren schonen speygele der Hilgen Drevaldicheit, dar se ghesadiget werdet van dem soten honnige der waren gotheit unde van der soten melk der vorclarden mynscheit Christi. Desse hemmelschen geste sende ik juw in myne stede, dat se by juw syn nachtes unde daghes, in allen weghen unde steden unde juw beschermen nicht allene to desser tyd, men vort alle juwe levedaghe, vor alle juwen vyenden, sichtliken unde unsuchtliken, unde juw vor- [Lage 28, fol. 3r] werven de hulde unde gnade Godes, dat gy desse tydliken werschopp hir alzo moten anheven, dat gy to der groten werschopp aller salighen utirkoren na dessem levende mote komen.

Vorder, leve oem, so ik tovoren hebbe berord, dat ik juw wol scholde begaven unde eren myd enem groten klenade in ene bewisinge der vasten waren leve, de twisken juw unde my is, na deme male dat de werde lerer sunte Gregorius scrift, dat de provinge der leve is in bewisinge der werke.4 Nu byn ik en willich arme unde byn nicht mechtich, ichteswes to vorgevende unde hebbe ock noch wer sulver edder golt. Doch so dwinget myck de grote leve darto, dat ik juw nicht mach efte kan unbegavet laten; worumme so sende ik juw dat eddelste unde durbarste klenade dat ik weth in hemmel unde in ertrike, dat is Jesus Christus, de koning der ere, deme dar in der hogen hemmelscen state denet dusentworve dusent dusent schare der hemmelschen ridderschopp aller hilgen engele, de en dar lovet sunder underlath. Unde desse groten waldigen keyserliken heren unde fůrsten sende ik juw alze enen vorguldeden schonen halsbant myd eddelen finen parlen unde myd durbaren eddelen stenen besettet, de mote juw tziren bynnen unde buten myd de sovenwoldigen gnade synes Hilgen Geystes myd rechter gotliker wisheit, myd clockheit unde wetenheit, myd sterke unde vorsichticheit, myd mildicheit unde myd rechten vruchten, eme to eren, juwer zele to zalicheit, unsen leven frunden to troste unde tho gude in suntheit unde zalicheit lyves unde der zele, dat gy juw in ener luckigen salighen stunde moten tohope vorgadderen in der leve, in vruntschopp, in vrede unde in endracht myd beholdenen gude in suntheit unde salicheit lyves unde der zele, so dat van juwer wegen Gode loff unde ere schen mote unde use slechte mote oket unde vormeret werden unde dat gy hir alzo leven moten in dem state des hilgen echtes, dat gy uth dem talle aller saligen nummer moten scheden werden.

Dartho mote juw Maria, de eddele morghenstern, leyden dor dat meer desser bedroveden werlt an dogheden unde unschult, dat gy vormyddestf erer moderken hulpe unde gnade moten bestediget werden in enem [Lage 28, fol. 3v] rechtverdighen zaligen levende, to holdende de bade eres leven kyndes unde dar vulherdich inne to blivende wente an den ende juwes levendes, dat gy den na desser bedroveden werlt moten komen to dem oversten vaderlande, dar de straten gulden synt, dar de muren van der stat synt besettet myd den levendighen, durbaren, eddelen stenen, dar ewich vroude is unde jummer blyven scal, dat gy juw dar den myd allen leven hilgen moten vrouwen vor dem speygeleg der Hilgen Drevaldicheit.

Des helpe juw unde uns allen de Vader unde de Sone unde de Hilge Geyst. Amen.


Kritischer Apparat

a als Überschrift im Kasten

b danach überschüssig dusent

c in der Hs. eny

d folgt gestrichen Paulel

e in der Hs. hemmelscen stat stat korrigiert aus stat hemmelscen stat, Änderung der Reihenfolge angezeigt durch supra lin. a und b, zweites stat überschüssig

f in der Hs. vor myd

g in der Hs. speyele


Sachapparat

1 Vielleicht Magdalena Boltzen.

2 Das Veilchen ist ein gebräuchliches Symbol der Demut.

3 1.Cor 2,9.

4 Gregoius, Homiliae in evangelia, Homilia XXX, Lectio S. Evang. sec. Joan. XIV,23-31,in: Migne PL 76, Sp. 1220.

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