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Brief 379

Nonne GBR im Kloster Lüne an ihren Bruder Hermann

undatiert

Glückwunsch zur Hochzeit — Congratulatory letter on marriage

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 28, fol. 4v

Niederdeutsch.

Vgl. Brief 376 (Lage 28, fol. 1r-2r); Brief 375 (Lage 28, fol. 14v-16v).

Die Absenderin entschuldigt sich, nicht zum anstehenden Hochzeitsfest ihres Bruders kommen zu können, weil sie als Braut des höchsten Königs das Paradies des Klosters der Familie und dem weltlichen Besitz vorgezogen hat. Um nicht vergessen zu werden, sendet sie Joachim und Anna, die dem Brautpaar eine gottgefällige Ehe bescheren mögen. Anna wird als Beistand der wohl nach ihr benannten Braut beschrieben. Statt eines weltlichen Geschenks sendet die Absenderin Maria als goldenen Schrein, so wie sie im alttestamentlichen Bild der goldenen Bundeslade angekündigt ist. Darin liegen als drei kostbare Kleinode der Aaronstab, die zehn Gebote und das Mannagefäß. Aus diesen in Maria verborgenen Schätzen soll der Empfänger schöpfen und in ihr all seine guten Taten verwahren, damit ihm später die ewige Glückseligkeit zuteilwerden kann.

The nun GBR is overjoyed by the forthcoming marriage of her brother Hermann. She apologises that she cannot come to the celebration or send a gift as she is the bride of the highest king and has prioritised the paradise of the convent over family and possessions. Instead she sends Joseph and Anna who may grant the bridal pair a God-pleasing marriage. Instead of a worldly gift which she cannot do and he also does not need, she sends him Mary, the golden ark of the covenant. May he draw from her treasures and house all his good deeds in her so that eternal joy will be later granted to him. The letter contains a crossed out section of another text.

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[Lage 28, fol. 4v]

GBR fratri Hermannoa

Marien de hemmelschen koningynnen, de dar is de schone bloyende lilienstruck uthgesproten van dem konnichliken stamme hern Davites, dar vort uppgewassen is de sote mandelenkern Jesus Christus us allen to troste unde to salicheit, vor enen vruntliken grod tovoren!

Alderleveste bole, so my witlick is, dat du van schickinge weghen des leven Godes wult angan den groten werdigen stad des hilgen echtes, den God alweldich sulven hilget unde ansettet heft in dem paradyse myd unsen ersten olderen, so behorde sick dat wol, dat ik dy de aldernegeste scholde wesen, nachdem dat ik dyn ynege suster byn; unde dat wel sik nu so nicht vynden, wente du west wol, dat ik deme [Lage 28, fol. 5r] alderhogesten koninge vortruwet byn to ener brud, deme dar denet alle de chore der engele, des sconheit sik vorwundert sunne unde mane, unde deme hebbe ik gelovet unde tosecht, dat ik nemende wille lever hebben noch an hemmel edder an erden, unde dor syne leve hebbe ik vorsmadet dat rike der ghantzen werlt myd alle der wollust unde frolicheit; unde boven dat so hebbe ik noch vorsaket vader unde moder, suster unde brodere unde hebbe my dar myd gantzem vrien willen togeven, dat ik eme hir in dessem wollustigen paradyse vel wyngarden desses closters wille denen, dewile dat ik leve, up dat ik in der hogen borch Jerusalem myn lon darb moge vor entfangen myd allen saligen uterweleden.

Unde hirumme so kan ik nu nicht jegenwardich wesen to dyner brudlacht; doch up dat myn stede nicht leddichen unde dat ik gans uth der werscop nicht vorgeten werde, so wil ik dy senden de hemmelscen geste; de saligen rechtverdigen hilgen elderen Marien, der zarten junchvrowen, alze Joachim unde Annen, den de gnade van Gode geven ward, dat se an erem older teelden dat schone clare schynende morgenrod, dat was de genanten zarten junchvrowe Maria, dar us van uppeghan is de ware ewige sunnen Jesus Christus, de do in der bord syner kuscken moder heft vorkundiget laten nige vroude unde frolicheit aver de ghantzen werlt, in dem dat he de vormalediginge des mynschliken slechtes wandelde in de ewighen benediginghe unde gaf uns dat ewige levent jegen den dot, den wy vordenet hadden dor den unhorsam unser ersten olderen; unde desse hilge vrowe sunte Anna mote ok to dyner koste komen myd alle eren hilgen slechte unde mote dy unde dyner ersamen brud gnade vorwerven, de by eren hilgen namen [Lage 28, fol. 5v] wert betekent, dat gy juw an ener luckigen zaligen stunde moten tohope vorgadderen in gotliker, eynsamiger leve unde truwe unde alle de tyd juwes levendes tobringen in vrede unde in endracht, in den hulden unde gnaden Godes, so dat Gode dar mote lof unde ere van schen, unde dat de hilge cristenheit unde unse slechte dar mote van tooket werden unde dat alle de segheninge unde benediginge, de God de here gywerlde geven heft in dem olden unde in dem nyen testamente, dat de mote bestediget werden an juwem lyve unde an juwer sele, Gode to eren unde juw sulven unde al den, de van juw noch scholt boren werden, to ewiger zalicheit.

Vorder, alderleveste N, so scolde ik dy ock wol eren myd enem sconen klenade in eyn teken der waren leve; so west du wol, dat ik byn en willich arme unde hebbe noch wer sulver edder golt unde ock nene klenade, dar dy mede holpen sy. Doch van rechter, inwendiger leve kan ik my nicht entholden, ik mud dy io wormede begaven; ik vormode my, dat du van Godes gnaden unde van usen leven olderen in tydliken gůderen wol sist besorget, dat du der nicht behovest; hirumme so sende ik dy en durbar kostlick vorguldet schryn myd grotem eddelem scatte, de dy mach vromelick syn unde nutte beyde to dem lyve unde to der zele, unde dat is de reyne kusche junchvrowe Maria, de dar wert betekent by der vorguldeden arken, dar wy van lesen in dem olden testamente, dat God de here bad Moysi, dat he scholde maken laten eyne arken unde scholde de vorgulden bynnen unde buten myd dem alderschonesten golde unde in der sulven arken worden dre grote selsene clenade vorward, de God deme jodescken volke van sunderker gnade wegen hadde ghegeven. Dat erste was de rode Aaron, [Lage 28, fol. 6r] c

de dorre unde soor was gewest unde darna bloyede unde droch eddele fruchte. Dat ander weren de twe stenen tafelen, de God de here Moysi geven hadde up dem berge Synai unde dar weren de teyn bode ingheschreven. Dat drudde was de guldene ammer myd dem hemmelschen brode, dat Got van dem hemmele reghenen led den kynderen van Israel, do se weren in der wostenie.1

Unde alle desse wunderwerken, de do in den fyguren betekent worden in dem alden testamente, de synt nu in dem nyen testamente alle vullenbrocht in der kusken junchvrowen Marien, de is warliken de schone fyne vorguldede arke, de de almechtige, ewige Got sulven heft gemaket unde heft se bynnen unde buten vorguldet myd dem alderschonesten roden golde unde ghetziret myd fynen margariten unde eddelen stenen aller gnade unde doghede unde heft se in dessem hochgeloveden feste ghesant in desse werlt; unde in dem guldenen ammere erer reynen sele ward behud dat ware hemmelsche brod, do de unbegripelke gotheit voreniget ward in er myd unser krancken mynscheit uns allen to troste unde to salicheit. Desse schonen arken sende ik dy in rechter leve alze eyn vorguldet schrin myd alle dem hemmelschen scatte, den de hilge Drevaldicheit darinne besloten heft; dar mostu uthhalen allent, wes du behovest trost, gnade, [Lage 28, fol. 6v] lucke, ere unde gůd unde wes dy nod is to dem lyve unde to der zele; unde most dar ock inne vorwaren alle dynen vorborgen schat, liff unde sele, unde allent, wes dy Got vorlend heft, dat konstu nergen bet vorwaren alze in dessem eddelen schrine; unde so vaken, alze du armen luden dyne almissen mededelest edder wes gudes de ist to der zalicheit in vastende, in bedende edder in anderen guden werken, dat scoltu er alle tydd bevalen, dat se dat in dem schrine eres reynen herten wille vorwaren alze in enem hudevateken, dat du dat dor dyne sundee nummer motest vorlesen, sunder wan wy alle scholen lon entfangen, eyn juwelk na synem vordenste, dat dyne clenen guden werke den dor ere vordenst moten vormeret werden, alzo dat du motest to lone entfangen de saligen brukinge unde bescouwinghe der Hilghen Drevaldicheit unde motest dar den besitten unde bruken de hemmelschen gudere der ewigen zalicheit.

Des helpe dy unde uns allen de vorgenante kuscke junchvrowe Maria, de dar is en moder der barmherticheyt. Amen.


Kritischer Apparat

a als Überschrift

b folgt gestrichen vor

c folgt gestrichen Jesum Christum den ouervletenden grundelosen born der barmher Ticheit de sik an dem hochtideghen daghe syner bord an vnsprekelker mildicheit vnde soticheit h vth ge bredet vnde is gheuloten auer al de werlt dar uan hemmel vnde ertrike synt honnichvletende worde

d folgt gestrichen vi

e folgt gestrichen nu


Sachapparat

1 Ex 16,33; Nm 17,10; Hbr 9,4.

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