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Brief 404

Nonne im Kloster Lüne an ihre Tante in einem anderen Kloster

21. Mai 1526

Trostbrief — Letter of comfort

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 33, fol. 4v

Lateinisch und Niederdeutsch.

Die Absenderin dankt der Tante für den kürzlich erfolgten Krankenbesuch, besonders, da es auch der Empfängerin nicht gut geht. Sie mahnt die Tante, ihre Krankheit und Einsamkeit geduldig zu ertragen. Sie verweist darauf, dass Christus sich freiwillig ins Elend begeben hat und von allen, außer von Maria und Johannes, verlassen wurde. Sie wägt ab, dass man sich nicht auf den Beistand weltlicher Freunde verlassen kann, sondern besser Zuflucht zum Trost der geistlichen Schwestern nimmt, mit denen sie beide Tag und Nacht Umgang pflegen. Sie bittet von Herzen um die ungebrochene Liebe der Empfängerin. Dank für die von der Empfängerin eigenhändig hergestellte Klostergabe.

A nun thanks her aunt for her personal visit despite her weakness and illness. She hopes she will get better soon. The nun notes that Christ willingly committed himself to adversity and was abandoned by all except Mary and John. One cannot rely on the support of worldly friends, but should take refuge with religious sisters whom one can interact with day and night. She asks for unbroken love until the end. The nun thanks her aunt for the homemade convent gift.

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[Lage 33, fol. 4v]

Spiritum paraclitum, fontem uberrimum omnium gratiarum, qui denscendit, consolare corda electorum in pressuris existentium pro salute!

Amantissima amita mea, personalem vestram presentiam, quam nuper penes me habui, fuit mihi grata visitatio vestraa, sunder alse gyb gik beclagheden unde ik ok leyder wol sach, dat gy nicht vele dochten nimis penalis michi exstitit, wente ik kan juw so nenen trost unde hulpe donc alse gy wol egheden unde ik totis viribus gherne wolde dan, sunder ik bydde juw, dat gy patientiam willen hebben in doloribus et infirmitatibus vestris, wente dat is verissimum signum amoris Domini, quia „flagellat omnem filium quem recipit.1 Gy moghen dat ok, adiuvante Deo wol wedder vorwynnen, unde ghevet juwe herteken darinne to vrede, quia optimus consolator in cunctis pressuris, de wel juw nummer vorlaten. Wol dat gy vorlaten synt van vrunde vel amicis, [Lage 33, fol. 5r] unde hebt nene trost van en alse wol hoveden, so dencket over, in welker leve sponsus noster heft vorlaten den ghansen hemmel unde was elende unde arm propter nos, ut olim in sua amara passione considerabat ad dexteram et videbat et non erat, qui erit acd cognosceret;2 de ward ok vorlate van allen synem volke preter mater sua dilecta et Johannes, qui prope crucem steterunt.

Karissima amita, wy konnen usen trost nicht setten uppe use vrunde wente de is myslik, sunder de trost unser ghestliken sustere dar wy noctibus et diebus mede ummegad, de is vast unde negest din gotliken troste behove wy des trostes unde der hulpe, so ik anders nicht merckede,e dat leven sorores juw ex corde leff hadden unde des ik juw, unde late se dar vruntliken umme bydden, dat de leve unnebraken myd juw holden usque in finem.

[Lage 33, fol. 5v] Gratior etiam vobis toto corde pro donis vestris, de gy my geven, de weren my ghans anname; unde gy kond myk nene grotere gave geven mer alse juwe clostergave, dat gy propriis manibus maket heft; de leve Jesus, de mote juw dat van myner wegen wedder vorschulden, dar gy dat alderlevest innemet.

Salutari petof reverendamg dominam vestram ex parte venerabilis domine nostre et ex parte mea, et etiam sorores illas, que vobiscum degunt in avitate cum mille milibus salutationibus. Cum hiis valeatis in optimo consolatore Spiritu paraclito, qui vos custodiat ab omnibus malis. Amen.

Scriptum feria secunda Pentecostes anno Domini etc. XXVI°.3


Kritischer Apparat

a folgt gestrichen svnderken

b supra lin.

c don korrigiert aus dan

d supra lin.

e folgt gestrichen h

f folgt überschüssig vestram

g in mg. erneut reverendam, jedoch ohne Verweis auf eine Position im Text


Sachapparat

1 Hbr 12,6.

2 Ps 141,5.

3 Pfingsten fiel im Jahr auf den 20. Mai. Das Datum ist also der 1526.

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