Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung
Psalterium
Pergament — 167 Bl. — 20 × 13,5 cm — Nordharzgebiet — 13. Jh., Beginn
Lagen: V–4 (5)! IV–1 (12). 11 IV (100). II–1 (103). 8 IV (167). Bleistiftfoliierung modern: 1–167. Der gesamte Buchblock wurde bei der Neubindung im 15. Jh. am Kopf- und Seitensteg erheblich beschnitten; das erste Bl. der ersten Lage wurde dabei als Spiegel an den VD geklebt. Am Beginn fehlen mindestens 5 Bll. mit dem Schluss des Kalendars, dem Beginn des Psalteriums mit der Beatus-Initiale zu Ps 1 sowie zwischen beiden befindliche weitere Bll., vermutlich mit Illuminationen. Aus welchem Grunde ein weiteres Bl. nach Bl. 103 herausgetrennt wurde, ist unbekannt. Am Schluss fehlen ebenfalls mindestens zwei Quaternionen mit dem Text des Totenoffiziums. Schriftraum: 16 × 9–9,5 cm, einspaltig, 19 blind-, hin und wieder auch tintenliniierte Zeilen. Haupttext in regelmäßiger früher Textualis von einer Hand; die Nachträge im Kalendar und im Psalterium des 15. Jh. in jüngerer gotischer Kursive von mindestens einer weiteren Hand. Jeweils zu Beginn der Gliederungspsalmen gemäß der formalen Drei- und der liturgischen Achtteilung nach dem Cursus romanus aktuell noch acht historisierte und eine Figureninitiale vorhanden; die Beatus-Initiale vor Ps 1 ist ausgeschnitten. Verwendet wurden goldene, rot konturierte Spaltleisteninitialen mit roten Spaltfüllungen, die von meist dreifach genagelten Spangen zusammengehalten werden. Die senkrechten Buchstabenstämme sind mit großzügig gelappten, nur wenig geäderten Blattappliken belegt und zeigen als Spaltfüllung Goldpollen vor rotem Hintergrund. Als Endausläufer dienen randlich kaum gegliederte, ungeäderte Dreiblätter oder Halbpalmetten. Die Initialen sind von breiten grünen Leistenrahmen mit roten Konturen umgeben, die auch die Endausläufer der Buchstaben einschließen. Die Zwickel zwischen Rahmen und Initiale und auch ein Teil des Buchstabenhintergrundes sind blau gefärbt, während die dargestellten Personen in den Figureninitialen vor einen Goldgrund gesetzt sind. Ungeachtet allgemeiner Ähnlichkeiten mit den Figureninitialen des Hamerslebener Psalters Cod. Guelf. 1075 Helmst. zeigen die Einzelheiten der Initialgestaltung, dass entgegen der gängigen Forschungsmeinung (u. a. , 474f.) der Hamerslebener wohl nicht als Vorlage gedient haben kann. Im einzelnen sind enthalten: 27r historisierte Initiale D zu Ps 26 über 8 Zeilen (ca. 6,8 x 6 cm): Der am Kreuznimbus kenntliche Christus in blauer, weiß gehöhter Tunika und rotem Pallium heilt einen mit einem gelbbraunen Gewand bekleideten Jüngling. Die als Wortillustration zu Ps 26,1 (Dominus illuminatio mea et salus mea) gestaltete Szene stellt wahrscheinlich die Heilung des Blindgeborenen am Teich Siloa (Io 9,1–41) dar, anlässlich deren sich Christus selbst als Licht der Welt apostrophiert (Io 9,5). Da die Schriftbänder, die beide in der Linken halten, leer sind, ist eine endgültige Bestimmung nicht möglich. 41r historisierte Initiale D zu Ps 38 über 8 Zeilen (ca. 6,8 x 65, cm): Ein jugendlicher, golden nimbierter Heiliger in frontaler Halbfigur in blauer, weiß gehöhter Tunika und rotem Pallium, die Rechte halb im Redegestus erhoben, in der Linken ein mit roten Beschlägen versehenes Buch. Eine genauere Identifikation ist aufgrund der Attribute nicht möglich; es handelt sich offenbar um eine Wortillustration zu Ps 38,2 (Dixi custodiam vias meas ut non delinquam in lingua mea posui ori meo custodiam). 53v historisierte Initiale Q zu Ps 51 über 7 Zeilen (6 x 6,5 cm): Der jugendliche Christus (Halbfigur) mit Kreuznimbus, gelbbrauner Tunika und rotem Pallium wendet sich im Redegestus an den Satan, der als wolfsähnliches Tier mit graubraunem Pelz dargestellt ist, das auf drei als runde Kugeln dargestellte Steine deutet, die Christus in Brot verwandeln soll. Beide Gestalten halten wiederum leere Schriftbänder, so dass die genaue Quelle der Szene der ersten Versuchung (Mt 4,3–4 oder Lc 4,3–4) nicht mehr bestimmbar ist. Die Wahl der Darstellung ist wohl durch Ps 51,3 (Quid gloriaris in malitia qui potens in iniquitate) motiviert. 54r historisierte Initiale D zu Ps 52 über 5 Zeilen (ca. 4,5 x 5,5 cm): Brustbild eines golden gekrönten Königs mit grünem Untergewand und rotem, auf der rechten Schulter mit einer Spange geschlossenem Mantel, die Rechte halb im Redegestus erhoben, in der Linken ein mit roten Beschlägen versehenes Buch. Inwiefern die Darstellung auf den traditionellen gezeigten insipiens (Ps 52,1) Bezug nimmt, wird nicht ganz deutlich. 68r Figureninitiale S zu Ps 68 über 9 Zeilen (ca. 7,5 x 6 cm): Gestaltung abweichend von den historisierten Initalen; der Rahmen besteht aus jeweils einer roten (oben), grünen (rechts), braunen (unten) und blauen (links) Leiste. Vor einem Goldgrund steht ein zweifüßiger, rot-blau geflügelter Drache (Lindwurm), dessen gewundener, in drei Streifen grün, rosa und braun gefärbter Leib den Buchstaben bildet. 85v Initiale E zu Ps 80 über 7 Zeilen (ca. 5,5 x 5,5 cm): In leicht rechts gewendeter Halbfigur ein golden nimbierter, gekrönter König (David ?) mit grünem Untergewand und rotem, auf der rechten Schulter mit einer Spange geschlossenem Mantel, der in der Rechten einen goldenen Reichsapfel und in der Linken ein goldenes Szepter mit blauer lilienartiger Bekrönung hält. 102r Initiale C zu Ps 97 über 7 Zeilen (ca. 5,8 x 5 cm): Halbfigur einer nimbierten Frau mit langen, offenen Haaren, kronenartigem Diadem sowie blauem Unter- und rotem Obergewand, die beide Hände im Orantengestus halb erhoben hält. 104r Initiale D zu Ps 101 über 8 Zeilen (ca. 6,5 x 7 cm): Himmelfahrt Christi gemäß dem Typus des entschwindenden Christus, der sich vom dem zentral gelegenen altarartigen Stein so weit erhoben hat, dass nur noch die Beine und der untere Teil seiner blauen, weiß gehöhten Tunika und seines roten Palliums sichtbar sind. Die Szene wird von vier als Brustbilder dargestellten, golden nimbierten Personen beobachtet; oben von zwei blau gekleideten Engeln, die leere Schriftrollen halten, unten links von der rot gewandeten Maria, unten rechts vom jugendlichen Lieblingsjünger Johannes. Die gewählte Szene passt inhaltlich zu Ps 101,17 und 101,20; zur Darstellung vgl. , Steine und Fußspuren Christi auf dem Ölberg. Zu zwei ungewöhnlichen Motiven bei Darstellungen der Himmelfahrt Christi, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 66 (2003), 297–320, hier 303f. mit Abb. 9. 118r Initiale D zu Ps 109 über 6 Zeilen (ca 5 x 6 cm): Ein jugendlicher, rot gewandeter tonsurierter Kleriker in frontaler Halbfigur, in der Rechten einen grünen Palmwedel, in der Linken ein olivgrün gebundenes Buch. Die Darstellung mit dem Märtyrerattribut des Palmwedels könnte als Wortillustration zu Ps 109,2 (virgam virtutis emittet dominus ex Sion) aufzufassen sein. Am Beginn der einzelnen Psalmen (59r ist Initiale zu Ps 58 ausgeschnitten) sowie am Beginn jedes Monats im Kalendar (Abkürzung KŁ) rot konturierte Goldinitialen mit schaftbegeleitenden, zum Teil sich von der Kontur lösenden vegetabilen und geometrischen Silhouettenornamenten im Übergang zum Fleuronnée in lebhafter, variantenreich abwechslender Farbigkeit von Grün, Rot und Blau; im Kalendar nur letzteres. Die meist in einfacher Tropfen- oder Knospenform gelappten Silhouetten gehen in große gebogte Palmetten über. In den Binnenfeldern finden sich vegetabile (Stauden, Blätter) und geometrische Elemente (Medaillons u.ä.). Einige Buchstabenkörper sind teilweise oder gänzlich ersetzt durch drachenartige Fabelwesen oder deren Köpfe, die Silhouettenornamente oder Initialstämme ausspeien. Der Text ist durchgängig rubriziert und mit abwechselnd roten und blauen Satzmajuskeln in Unzialis versehen.
Der ursprüngliche romanische Einband ist verloren. Im 15. Jh. wurde der Codex in den gegenwärtigen spätgotischen Holzdeckelband mit alaungegerbtem ungefärbtem Schweinslederüberzug gebunden. Streicheisenlinien. Einzelstempel Lilie, Mittelblatt rhombisch, unterer Abschluss lilienförmig: s006056. Rosette, ein Blattkranz, fünfblättrigg: s007671, s007816. Der bislang nicht genauer lokalisierbaren Werkstatt mit dem Notnamen "Wolfenbüttel 905 Helmst.*" ( w001582) zugeschrieben. Drei Doppelbünde, dazwischen ingesamt sechs einfache Zierbünde ohne Heftfunktion. Kapital an Kopf und Schwanz mit ungefäbten Lederstreifen umflochten. Zunächst mit zwei Langriemenschließen versehen, erhalten nur noch oberes Gegenblech mit Riemenrest auf dem HD und Fassungen der Schließendornen auf den VD. Im 15. Jh. wurde, vermutlich von dem Buchbinder Johannes von Brakel aus dem benachbarten Benediktinerkloster Clus, mittig eine neue Riemenschließe mit breitem Fensterlager in Vogelkopfform angebracht, ebenfalls Schließenriemen und –haken verloren, Gegenblech mit Riemenrest auf dem HD erhalten.
Herkunft: Die Charateristika von Schrift und Ausstattung sowie das Kalendar belegen, dass der Codex um bzw. kurz nach 1200 im Nordharzraum, vermutlich im westlichen Bereich der Diözese Halberstadt, entstanden ist. Die bislang angenommene Entstehung im Benediktinerinnenkloster Lamspringe ist dagegen nicht belegbar; vor allem passt der Stil der Silhouetten- und historisierten Initialen nicht zu den sonst von dort gesicherten Stücken. Die Hervorhebung des Hauspatrons im ansonsten abweichenden Kalendar ist als einziges Indiz für die Lamspringer Schriftheimat nicht ausreichend, zumal weitere gesicherte Merkmale (Litanei u. a.) fehlen. Zudem war der Psalter zunächst als nichtmonastisches Privatpsalterium nach dem Cursus romanus angelegt. Ob er sich überhaupt jemals in Lamspringe befunden hat, ist gleichfalls nicht beweisbar. — Die systematisch durchgeführten Ergänzungen und Modifikationen des Kalendars, insbesondere der Verweis auf Bonifatius als Hauspatron belegen vielmehr eindeutig, dass sich der Codex zumindest im 15. Jh. im Benediktinerinnenkloster Brunshausen befand, das erstmals nach 1448 und erneut 1495 nach Bursfelder Vorbild reformiert wurde, siehe Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 13v) als Psalterium Chorale. Mitt Vergüldeten capitall buchstaben. In membrana unter den Theologici MSSti in quarto nachgewiesen; auf dem VS die entsprechende Helmstedter Signatur T. 18 4to. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 468 aufgeführt.
, 1–81, bes. 20f.; 6, 67–80 und 11, 100–126; 1, 259–264. Für die in der Forschung (s. unten) immer wieder postulierte Bibliotheksheimat Lamspringe gibt es dagegen ebenfalls keinerlei gesicherten Nachweis. — Der Codex wurde am 24.4.1572 mit einem Teil der Brunshäuser Konventsbibliothek, in welcher die Visitatoren eine Woche zuvor neben 102 lateinischen Büchern auch insgesamt 15 Psalterien gezählt hatten ( , 18), in die Hofbibliothek nach Wolfenbüttel gebracht. In den Katalogen von 1587 und 1614 ist der Codex unter den summarisch beschriebenen zahlreichen Psalterien nicht eindeutig identifizierbar. Er wurde 1618 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt und ist 1644 in deren Handschriftenkatalog (— , "Ganze Bücher von Geschichten". Bibeln aus Niedersachsen, Wolfenbüttel 2003 (Ausstellungskataloge der Herzog-August-Bibliothek 81), 44 Nr. 10. , Der illuminierte Psalter im Westen, in: The illuminated psalter. Studies in the content, purpose and placement of its images, ed. by , Turnhout 2004, 1–106, hier 87. — , 144. — , 56, 86f. Nr. 15. — , 266f. und 273. — , 108–111 mit Abb. 8. — , 30. — , 55. — — , Das Pariser Perikopenbuch Bibliothèque Nationale de France, Ms. lat. 17325 und die Anfänge der romanischen Buchmalerei an Rhein und Weser, Berlin 2008 (Denkmäler deutscher Kunst), 110. — , Der Bernward-Psalter im Wandel der Zeiten. Eine Studie zu Ausstattung und Funktion, mit Beiträgen von , , und , Wiesbaden 2013 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 23), 137. , 332 und 340. — .
Nr. 1007. — , Sächsische Buchmalerei 1200–1250. Ein Forschungsbericht, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 41 (1978), 283–316, hier 312f. — , 471, 473, 474f. mit Abb. 366–368, 476. — , 138. — , 48, 52, 132, 168–170 mit Abb. 147–152, 181, 183 und 194. — , 119. — , 80, 111, 152, 218 mit Abb. 121, 336 und 366f. Nr. 3. —VS–167v Psalterium. Enthält im einzelnen:
(VS–5v) Kalendarium. Nach der ursprünglichen Anlage nichtliturgisch, ohne Festgrade, Dezember fehlt (Blattverlust). Angegeben sind Goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben (beides schwarz), römische Tageszählung und daneben die Zeitspannen der Nonen, Iden und Kalenden durch spaltenweise übereinandergestellte litterae elongatae (beides rot). Den Monaten sind jeweils die Merkverse der dies aegyptiaci vorangestellt: Iani prima dies [et septima a fine timetur finem] … — … Quinta Novembris acus vix tertia mansit in urna, Druck: 1, 36. Dazu 7597 (= 9771 bzw. 651.13). Die dies aegyptiaci sind im Kalender selbst durch rubrizierte Đ-Kürzel dargestellt. Das Kalendar entspricht in seinen Grundzügen anderen im Nordharzraum entstandenen Kalendaren (vgl. , 182–203 und 208–315), weist allerdings einige Besonderheiten auf. Z. B. sind außer dem Herren- (neben den üblichen ›Circumcisio domini‹ und ›Epiphania domini‹ auch ›Passio domini‹ am 25.3., ›Resurrectio domini‹ am 27.3. und ›Ascensio domini‹ am 5.5.), Marien- und Apostelfesten rot hervorgehoben: 22.7. ›Marie Magdalene‹, 10.8. ›Laurentii martyris‹, 8.9. ›Adriani‹ (galt bislang als Beleg für die Lamspringer Schriftheimat), 22.9. ›Mauricii et soc. eius‹ (Magdeburg), 10.10. ›Victoris et Gereonis‹ (Köln), 21.10 ›Undecim milium virginum‹ (Köln, Magdeburg), 12.11. ›Livini ep. et m.‹ (Magdeburg, hervorgehoben durch abwechselnd rote und schwarze Majuskeln in Capitalis rustica). Darüber hinaus sind bemerkenswert: 7.2. Augulii ep., 8.8. Phylomenis m., 20.3. Joseph nutritoris domini (sonst 19.3.), 3.4. [Translatio] Pancratii, 15.4. Olimpiadis m., 8.5. Apparitio s. Michaelis arch., 9.5. Translatio sancti Nicholai, 27.5. Bede pb. (sonst 26.5.), 7.9. Mathelberte v. Die bislang geltende Annahme ( , 170 mit Anm. 34), dass der Hamerslebener Psalter Cod. Guelf. 1075 Helmst. als Vorlage für 905 Helmst. gedient habe, kann angesichts der zahlreichen abweichenden Einträge im Kalendar – mehr als 1/4 des erhaltenen Gesamtbestandes, darunter abweichende Datierungen für identische Feste – weder für den Kalender noch für den eigentlichen Psaltertext aufrecht erhalten werden, da analoge Korrekturen z. B. auch im sog. Älteren Wöltingeroder Psalter Cod. Guelf. 515 Helmst. zu beobachten sind. — Durch eine Schicht von Nachträgen wurde das Kalendarium im 15. Jh. (nach 1444, vgl. den nur noch teilweise lesbaren Vermerk zum 11.4. auf Bl. 2r: Anno domini Mo CCCCo XLIIIIo fuit magna discordia de intervallu [!]) durch Ergänzung der Festgrade und einiger spätmittelalterlicher Feste (2.7. Visitacio Marie, 9.7. Octava visitacionis, 26.7. Anne matris Marie virg., 19.11. Elisabet vidue) in ein liturgisches Kalendar der reformierten Bursfelder Benediktiner umgewandelt, vgl. , 302–314. Bemerkenswert sind die Festgrade bei 8.9. ›Adriani‹: Commemoracio und 5.6. Bonifacii epi. et mr. et soc. eius: Summum maius patroni (sonst in Bursfelde XII lect.). Dies zeigt eindeutig, dass das Psalterium im 1448 reformierten Benediktinerinnenkloster Brunshausen und nicht in Lamspringe aufbewahrt worden ist; das zweite Sonderfest des Hauspatrons, die auf den 1.12. verlegte Ordinatio Bonifatii, fehlt aufgrund von Blattverlust. Hierzu passen auch die von gleicher Hand nachgetragenen Sonderfeste der Diözese Hildesheim: 5.5. Deposicio Godehardi episcopi, 16.8. Translacio sancti Barwardi episcopi, 20.11. Deposicio. Barwardus episcopus Hildensemensis, 27.11. Illacio beate Marie virginis; vgl. dazu auch die Brunshäuser Kalendare in Cod. Guelf. 543 Helmst., 5r–10v; 549 Helmst., 2r–5v; 1031 Helmst., 1r–6v; 1052 Helmst., 7r–12v. Auf einigen Bll. finden sich persönliche Memorialnachträge einer Konventualin: (1v) 22.3. Obiit Elysabet mater mea; (2r) 24.4. Obiit Elysabet der Achten soror mea; (2v) 18.5. Obiit Bartoldus pater meus und (4v) 9.9. Obiit Gerdrudis soror mea. Eine genauere Identifizierung ist bislang nicht möglich.
(6r–152v) Psalmi. Die Gliederung durch Zierinitialen (s. oben) kombiniert die formale Dreiteilung des Psalters (Ps 1, 51 und 101) mit der liturgischen Achtteilung nach dem Cursus romanus mit Einschnitten bei den Psalmen zur Matutin der Ferialtage (Ps 26, 38, 52, 68, 80 und 97) und den Psalmen für Vesper und Laudes ab Ps 109; aufgrund von Blattverlust setzt der Text jedoch erst mit Ps 1,3 ein (… quod plantatum est secus decursus aquarum …). Für den Gebrauch des Privatpsalteriums im benediktinischen Kontext wurde zu den monastischen Matutinalpsalmen (Ps 20–108, hier mit Ausnahme des Sonntags) im 15. Jh. ein Teil des Ordinarium officii, und zwar nur die Antiphonen der Nokturnen ohne Invitatorien und Laudesantiphonen nach dem Gebrauch der reformierten Bursfelder Benediktiner hinzugefügt: (12r) vor Ps 9,20 Vermerk: Quarta feria (Beginn der Primpsalmen des Mittwochs, Antiphon fehlt ebenso wie die Gliederung zu den vorhergehenden und folgenden Tagen); (27) in marg. durch Augensprung fehlender Text aus Ps 26,4 nachgetragen; (34v) über der Rubrik zu Ps 34 die Antiphon 4580, (36v) über der Rubrik zu Ps 35 die Antiphon 2891, (39v) über der Rubrik zu Ps 37 die Antiphon 4643, (41r) über der Rubrik zu Ps 38 die Antiphon 3859, (43r) über der Rubrik zu Ps 40 die Antiphon 5294, (45r) über der Rubrik zu Ps 42 die Antiphon 4696 und (48r) über der Rubrik zu Ps 45 die Antiphon 2673 in feria II nachgetragen. (49r) über der Rubrik zu Ps 47 die Antiphon 1278, (51r) über der Rubrik zu Ps 49 die Antiphon 3680 nachgetragen; (54r) auf dem Kopfsteg und in marg. der durch Augensprung ausgelassene Vers Ps 51,5 nachgetragen, darunter über der Rubrik zu Ps 52 die Antiphon 2168, (55r) über der Rubrik zu Ps 54 die Antiphon 1549, (57v) über der Rubrik zu Ps 56 die Antiphon 3363, (60r) über der Rubrik zu Ps 59 (!) die Antiphon 3533 in feria III nachgetragen. (61r) über der Rubrik zu Ps 61 die Antiphon 2089, (65r) über der Rubrik zu Ps 66 die Antiphon 1171, (68r) über der Rubrik zu Ps 68 die Antiphon 3230, (70r) über der Rubrik zu Ps 69 die Antiphon 4430, (72r) über der Rubrik zu Ps 71 die Antiphon 2330, (75r) über der Rubrik zu Ps 73 die Antiphon 5137 in feria IV nachgetragen. (77r) über der Rubrik zu Ps 75 die Antiphon 3620, (79r) über der Rubrik zu Ps 77 die Antiphon 5203, (83v) über der Rubrik zu Ps 78 die Antiphon 3318, (84v) über der Rubrik zu Ps 79 die Antiphon 4394, (86v) über der Rubrik zu Ps 81 die Antiphon 2814, (88r) über der Rubrik zu Ps 83 die Antiphon 5219, (89v) über der Rubrik zu Ps 85 die Antiphon 1733 in feria V nachgetragen. (91r) über der Rubrik zu Ps 87 die Antiphon 3316, (95r) über der Rubrik zu Ps 89 die Antiphon 1721, (100r) über der Rubrik zu Ps 94 die Antiphon 2760, (100r) über der Rubrik zu Ps 97 die Antiphon 1764, (103v) über der Rubrik zu Ps 99 die Antiphon 4511 nachgetragen, dazu auf dem Fußsteg des Bl. und auf dem Kopfsteg von Bl. (104r) der durch Blattverlust fehlende Text Ps 100,2–8 hinzugefügt, (104r) über der Rubrik zu Ps 101 die Antiphon 3508 in feria VI nachgetragen. (106v) über der Rubrik zu Ps 103 die Antiphon 1825, (108v) über der Rubrik zu Ps 104 die Antiphon 1682, (110v) über der Rubrik zu Ps 105 die Antiphon 3571, (113r) über der Rubrik zu Ps 106 die Antiphon 5471, (115v) über der Rubrik zu Ps 107 die Antiphon 2114 und (118r) über der Rubrik zu Ps 109 die Antiphon 1874 in feria VII nachgetragen. Das Ordinarium officii wurde vergl. mit dem gedruckten bursfeldischen Psalterium feriatum in M36286, 1r–146r.
(152v–163v) Cantica VT et NT. (152v–153r) ›Canticum Ysaie prophete‹. 21g1. (153r–154r) ›Canticum Ezechie‹. 21g2. (154r–v) ›Canticum Annae‹. 21g3. (154v–156r) Canticum Moysis I. ›Canticum Marie prophetisse‹. 21g4. (156r–158r) ›Canticum Abacuc prophete‹. 21g5. (158r–161v) Canticum Moysis II. ›Canticum Moysi et Aaron‹. 21g6. (161v–162v) ›Canticum trium puerorum‹. 21g7. (162v–163r) ›Canticum sancte Marie virginis‹. 21h2. (163r–v) ›Canticum Zacharie‹. 21h1. (163v) ›Canticum Symeonis‹. 21h3.
(163v–164v) Te deum. ›Ymnus Ambrosii episcopi‹. Druck (u. a.): 86, 944A–D; 2, 276f. Nr. II. Literatur: 650.
(164v–167r) Symbolum Athanasianum. ›Fides Catholica‹. Druck (zuletzt): 50A, 566f. Literatur: 2295; 167; 38.
(167r–v) Officium defunctorum (partim). ›Vigilie‹. Dirige. Verba mea. Dirige domine deus meus in conspectu tuo viam meam. Domine ne in furore … — … Qui Lazarum resuscitasti de … (Text bricht ab) Das durch Blattverlust fragmentierte Offizium enthält die Antiphonen 2244, 1921 und 3875 sowie die ersten beiden lectiones breviores (Prv 5,9–11 und Ecl 7,2–3) mit den Responsorien und Versikeln 6348 mit 6348a und 7477. Die Lesungen gehören nach , 85f. zum Standardrepertoire der Gruppe 9, ebenso wie die beiden ebd., 397–401, als Nr. 14 und 72 gez. Responsorien. Die weite Verbreitung dieser Stücke macht eine genauere Lokalisierung des Fragments unmöglich.
Abgekürzt zitierte Literatur
C. Bertelsmeier-Kierst, Audi filia et vide. Frauenkonvente nach der monastischen Reform, in: Zwischen Vernunft und Gefühl. Weibliche Religiosität von der Antike bis heute, hrsg. von Ders., Frankfurt/M. u.a. 2010 (Kulturgeschichtliche Beiträge zum Mittelalter und der frühen Neuzeit 3), 61–90, hier nach dem ND in: Dies., Buchkultur und Überlieferung im kulturellen Kontext, hrsg. von T. Terrahe, R. Toepfer und J. Wolf, Berlin 2017 (Philologische Studien und Quellen 17), 255–286 | |
C. Bertelsmeier-Kierst, Handschriften für Frauen und von Frauen. Buchkultur aus norddeutschen Frauenklöstern im 13. Jahrhundert, in: Die gelehrten Bräute Christi. Geistesleben und Bücher der Nonnen im Hochmittelalter. Mit einer Einführung von H. Härtel, hrsg. von H. Schmidt-Glintzer, Wiesbaden 2008 (Wolfenbütteler Hefte 22), 83–122 | |
R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12) | |
Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 1–, Turnhout 1954– | |
Clavis patrum Graecorum, Bd. 1–6, hrsg. von M. Geerard und J. Noret, Turnhout 1974–2003 (Corpus Christianorum. Series Graeca) | |
Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina) | |
Clavis patristica pseudepigraphorum medii aevi, hrsg. von I. Machielsen, Turnhout 1990– (Corpus Christianorum. Series Latina) | |
H. A. Daniel, Thesaurus hymnologicus sive Hymnorum, canticorum, sequentiarum circa annum MD usitatarum collectio amplissima, Bd. 1–5, Leipzig 1855–1862 | |
Divina officia. Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter, Wolfenbüttel 28. November - 31. Juli 2005, Konzeption von Ausstellung und Katalog P. Carmassi, Wiesbaden 2004 (Ausstellungskataloge der Herzog-August-Bibliothek 83) | |
Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel) | |
Germania Benedictina, hrsg. von der Bayerischen Benediktiner-Akademie München in Verbindung mit dem Abt-Herwegen-Institut Maria Laach, Bd. 1–, St. Ottilien 1994– | |
H. Goetting, Das Bistum Hildesheim, Bd. 2: Das Benediktiner(innen)kloster Brunshausen. Das Benediktinerinnenkloster St. Marien vor Gandersheim. Das Benediktinerkloster Clus. Das Franziskanerkloster Gandersheim, Berlin, New York 1974 (Germania Sacra N.F. 8) | |
H. Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Bd. 1: Glossar und Tafeln, Bd. 2, Abteilung 1: Kalender der Diözesen Deutschlands, der Schweiz und Skandinaviens; Abteilung 2: Ordenskalender, Heiligenverzeichnis, Nachträge zum Glossar, Hannover 1891–1898, ND Aalen 1984 | |
Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978– | |
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H. Härtel, Lamspringe. Ein mittelalterliches Skriptorium in einem Benediktinerinnenkloster, in: Kloster und Bildung im Mittelalter, hrsg. von N. Kruppa und J. Wilke, Göttingen 2006 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 218 = Studien zur Germania sacra 28), 115–153 | |
O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3) | |
Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 11. Jahrhundert, beschrieben von S. Westphal (in Bearbeitung) | |
R. Kroos, Drei niedersächsische Bildhandschriften des 13. Jahrhunderts in Wien, Göttingen 1964 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-historische Klasse, Dritte Folge 56) | |
M. E. Müller, Einflüsse aus West und Ost in der Hildesheimer und in der thüringisch-sächsischen Buchmalerei des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Zentrum oder Peripherie? Kulturtransfer in Hildesheim und im Raum Niedersachsen (12.–15. Jahrhundert), hrsg. von ders. und J. Reiche, Wiesbaden 2017 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 32), 305–366 | |
Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, Bd. 1–4, hrsg. von J. Dolle und D. Knochenhauer, Bielefeld 2012 (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 56,1–4) | |
R. Oldermann-Meier, Der Kirchenschatz des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Lamspringe. Zusammensetzung und Einziehung zur Zeit der lutherischen Reformation, in: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart 66 (1998), 111–146 | |
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A. Rosenthal, Martyrologium und Festkalender der Bursfelder Kongregation. Von den Anfängen der Kongregation (1446) bis zum nachtridentinischen Martyrologium Romanum (1584), Münster/Westf. 1984 (Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinertums 35) | |
D. Schaller, E. Könsgen, Initia Carminum Latinorum saeculo undecimo antiquiorum, Göttingen 1977, Supplementbd. fortgeführt von T. Klein, Göttingen 2005 | |
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H. Wolter-von dem Knesebeck, Lamspringe, ein unbekanntes Scriptorium des Hamersleben–Halberstädter Reformkreises zur Zeit Heinrichs des Löwen, in: Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 2: Essays, hrsg. von J. Luckhardt und F. Niehoff, München 1995, 468–477 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil IV.