Evangeliar
Corvey, Benediktinerkloster — 10. Jh., Ende
Provenienz: Nachträge und Ergänzungen belegen, dass sich der Codex zunächst im Reichsstift Gandersheim befand (twe evangelien boyken up den halven myt sulvern vorgulden vorhawen bilden und eddeln stenen beschrieben. Ein Beleg für Lamspringe liegt in der Handschrift selbst nicht vor ( , 142f.). Im April 1572 wurde der Codex registriert und inventarisiert, um dann am 10.04.1572 mit dem Lamspringer Kirchenschatz nach Wolfenbüttel gebracht zu werden. Er wurde nicht gleich in die Bibliothek Julia überführt, sondern verweilte im Besitz des Herzogs ( , 112–115; B.-J. Kruse, Erhaltenes Wissen, vergangene Pracht. Der Transfer von Klosterbibliotheken und Kirchenschätzen im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel [1572/73], in: [Hrsg.], Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg [1510–1558]. Herrschaft – Konfession – Kultur. Beiträge des wissenschaftlichen Symposiums der Klosterkammer Hannover vom 24.–26. Februar 2010 im Historischen Museum Hannover, Hannover 2011 [Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 132], 94–108, bes. 102). Erst seit 1618 befand sich die Handschrift in der Universitätsbibliothek Helmstedt. 1644 wird sie im Handschriftenkatalog der Universitätsbibliothek als Quatuor Evangelia Latinè in membrana, In bretter, hinten vbergüldet unter den theologici in folio beschrieben (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 3v); im Handschriftenverzeichnis von 1797 ist sie unter der Nr. 406 verzeichnet.
, 74, 78, 157). In späterer Zeit gehörte er dem Kanonissenstift Lamspringe an. Dort wurde er in einem Beschwerdebrief der Domina und des Konvents Lamspringe im Frühjahr 1573 als eines vonPergament — 173 Bl. — 28,5 × 20 cm
Lagen: IV+2 (8)! IV (16). I (18). 5 IV (58). I+1 (61). 3 IV (85). I+1 (88). 4 IV (120). IV–1 (127). I (129). 3 IV (153). III–2 (157). IV–1 (164). IV (171). Moderne Tintenfoliierung. Bl. 1 ungez., nach Bl. 4 ein Bl. ungez. Bl. 8 bei der Restaurierung des Buchblocks 1962 hinzugefügt. Für die Kanonbögen wurde besonders dickes Pergament gewählt (1v–6r). Schriftraum: 21 × 13 cm, einspaltig, 27 Zeilen. Karolingische Minuskel von drei Händen. Schrift im Corveyer Stil auf qualitativ hohem Niveau. Hand 1: 7v–8r und Capitulare 158v–171r; Hand 2: Prologe 9r–16v; Hand 3: gesamter Text ohne Zierseiten (19r–56r, 57r–58v, 62r–85v, 89r–127vr, 130r–157v). Nachträge, Korrekturen und Einträge von weiteren Händen (Händescheidung nach
, 31f.). Ebenfalls von den Händen 2 und 3 geschrieben: Fragment Moskau, Bibl. der Lomonossow-Universität, Dokumentensammlung Gustav Schmidt, Mappe 1, Nr. 24 und das Evangeliar Trier, Bistumsarchiv, Domschatz, Ms. 135, Schatz Nr. 63 (später Graf Christoph von Kesselstatt) (mit Bildausstattung; vgl. , 26). Hand 1 und die Schrift des Schatzverzeichnisses (171v) zeigen Merkmale des Gandersheimer Skriptoriums. 19v–20r nachträgliche interlineare Notation der Perikope Mt 2,1–12. In adiastematischen, sog. "frühdeutschen" Neumen (vgl. dazu , 15f. Nr. I.3 [ ]. 162r und 167r in marg. jeweils eine Zeile Neumen. Kolumnentitel in roten Majuskeln. Überschriften und Explicits in rubrizierter Unzialis oder Minuskeln. 16v das Explicit in farbiger Capitalis rustica.Prachteinband des 10./11. Jh. Eichenholzbretter (1 cm stark) mit Winkelleisten aus vergoldetem Kupfer mit Perlstabverzierung (jede Seite ca. 1 cm. breit), die von den Ecken ausgehend im Schrägkreuz angelegt sind und vier Trapezflächen bilden. Mittig fassen sie die Ecken eines hochkant stehenden Rechtecks (Vorderdeckel) und eines Quadrats (Rückdeckel).
VD : Der Vorderdeckel ist mit dunkelbraunen Büffelhornplatten bekleidet, das mittlere Feld mit einem Elfenbein versehen, das die Kreuzigung Christi zeigt (die obere rechte Ecke ist nicht mehr erhalten). Von der ehemaligen Rahmung mit grätenartigem Blattmuster sind die obere und die untere Leiste noch (partiell) erhalten; die Seiten fehlen. Maria und Johannes flankieren den gestreckt, in stehend-schwebender Haltung dargestellten Gekreuzigten, welcher mit abgespreizten Daumen dargestellt ist. Beide halten, ein Buch tragend, den äußeren Arm angewinkelt. Oberhalb der Kreuzarme sind Sol und Luna in Strahlenkränzen dargestellt. Nach Steenbock steht die Darstellung des Gekreuzigten in mittelbyzantinischer Tradition und greift auf ein byzantinisches Urbild zurück (symmetrische Komposition und Strahlenkränze von Sol und Luna; vgl. Beispiele der größtenteils zur sogenannten Nikephoros-Gruppe zählenden Arbeiten bei
, Bd. 2, Taf. XL; vgl. auch der Vorderdeckel von Hildesheim, Domschatz, Nr. 13 (Kleines Bernward-Evangeliar) - Lit. , Nr. 65). Der Stil der Arbeit läßt eine sächsische Werkstatt vermuten, da sich Parallelen zur Blattornamentik auf der zeitgleich entstandenen Hildesheimer Bernwardstür finden (vgl. , Bd. 2, Nr. 93, Taf. XXX). Elbern verweist in der geraden Haltung des Gekreuzigten auf eine Gruppe von Elfenbeinen (das sogenannte Passionsdiptychon im Essener Münsterschatz und zwei Tafeln aus englischem Privatbesitz [Luton Hoo, Wernher Collection], sowie die Kreuzigung Christi aus Hildesheim, Domschatz, Nr. 18 (Kostbares Evangeliar oder Bernward-Evangeliar) (Lit. , Nr. 18 [ ]; , 570–578, Nr. VIII-30 [U. Kuder]; , Das sogenannte Passionsdyptichon im Essener Münsterschatz, in: Das erste Jahrtausend, Textb. 2, 1080–1092, Abb. 1–4; , 17ff.).HD: Der hintere Deckel ist vollständig mit vergoldetem Kupferblech verkleidet (zur Flächeneinteilung s.o.). Mittels Punzierung versehene Grundierung mit Palmettenkreuzen, übereck gestellten Quadraten und Bogenrändern. Darauf in Treibarbeit modelliertes Blattwerk (füllhornähnliche Blatttrichter mit ausgezackten Rändern) angereichert mit Schößlingen und Fruchtfäden, das sich deutlich vom punzierten Hintergrund abhebt, sowie Perlstab. Im nahezu quadratischen Mittelfeld, die Richtung der Winkelleisten aufnehmend wiederum ein Schrägkreuz bestehend aus Palmenwedeln. Als Rahmung dient eine Rahmenleiste mit segmentiertem Perlstab (
, Nr. 65).INHALT
Ir niederdeutsche Notiz des 15. Jh.: Johannes vp dem rempter Lucas vp dem gange Mattheus under dem tore Marcus in den b[ade?]. Evangeliar. (1v–6r) Canones evangelii. — 6v–7r leer. (7v–8r) De IV evangelistis mit Ergänzungen ( 559; Ergänzungen: 108B, 150 und 7226; Details, vgl. ). — 8v leer. (9r–13r) Prologi (9r–10v 595; 10v–12v 596; 12v–13r 581; 13r–13v 601). (13v–14v) Prologus Mt. (14v–16v) Capitula Mt. — 17r leer. (17v) Incipitseite Mt. (18r) Initialzierseite Mt. (18v) Textzierseite Mt. (19r–56r) Mt. — 56v leer. (57r–v) Prologus Lc. (57v–58v) Capitula Mc. — 59r leer. (59v) Incipitseite Mc. (60r) Initialzierseite Mc. — 60v–61r leer. (61v) Textzierseite Mc. (62r–84v) Mc. (85r–v) Prologus Lc. — 86r leer. (86v) Incipitseite Lc. (87r) Initialzierseite Lc. — 87v–88r leer. (88v) Textzierseite Lc. (89r–126r) Lc. — 126v leer. (127r–v) Prologus Io. — 128r leer. (128v) Incipitseite Io. (129r) Initialzierseite Io. (129v) Textzierseite Io. (130r–157v) Io. — 158r leer. (158v–171r) Capitulare evangeliorum ( 93–97; 2, 155f.). (171v) Index thesauri (Edition: , 333; , Über mittelalterliche Bibliotheken, Leipzig 1890, 84f. Nr. 226; , 48, Nr. 40; , Niedersächsische Bildstickereien des Mittelalters, Berlin 1970, 162).
AUSSTATTUNG
12 Kanontafeln. 4 Textzierseiten. 4 Incipitseiten. 4 Initialzierseiten.Textzierseiten, Incipitseiten und Initialzierseiten: Zu den vier Evangelien einleitend jeweils eine Incipitseite mit der Ankündigung des Evangeliums (17v, 59v, 86v, 128v; 18,5 × 13,8 cm), eine Initialzierseite (18r, 60r, 87r, 129r) und eine Textzierseite (17v, 61v, 88v, 129v; 18,9 × 13,5 cm). Die jeweilige Abfolge der drei Seiten vor den Evangelien ist auch für das Markus- und das Lukasevangelium gesichert, da die Blätter verklebt waren und noch sind (Bl. 60 und 61 heute noch verklebt, Bl. 87 und 88 ursprünglich verklebt). Sämtliche Zierseiten durch ungegliederte, erweiterte Randleistenrahmen eingefasst und versehen mit gemusterten Purpurgründen. Die Initialzierseite zu Lukas (87r) sowie einige Initiumseiten (17v, 86v, 128v) und Textzierseiten (18v, 88v) durch horizontale Unterteilungen in jeweils drei Segmente/Schriftfelder gegliedert. Die Initialen als goldene oder silberne Randleisteninitialen mit aufwendigen End- und Gliederungsgeflechten. Als Initialstammfüllung purpur/bläulich grundierte Paneele mit goldenem Flechtband (18r, 129r), vegetabilen Rankenmotiven (60r, 129r), sowie geometrischen Mustern (18r). Mit Deckweißauftrag gesetzte feine Punkte als Rahmungen der Initialen und Zierbuchstaben, flächig verwendet auf den Farbflächen des Binnengrundes der Q-Initiale und den Gründen der End- und Gliederungsgeflechte. Die Purpurgründe mit geometrischen (18r) gegenständig gesetzte Halbkreise mit dazwischenliegenden Dreipunktzverzierungen; 59v flächiges Flechtbandmuster mit einbeschriebenen Hakenkreuzen; 86v Netzgitter mit Rauten, Blüten und Kreuzen; 128v Mauerwerk; 61v Gittermuster bestehend aus Kreisen und Kreuzen; 88v Pfeilmuster), vegetabilen (60r versetzte Palmettenfächer; 87r Blätter mit gezackten Rändern; 129r Ranken; 18v Blütenmedaillons; 129v Stauden mit variierenden Blättern) und zoomorphen Elementen (17v Medaillons mit Vierfüßern - Löwen?). Die durch ein Mittelfeld erweiterten Leistenrahmen gefüllt mit geometrischen Mustern. Dabei zusammengehörige Initium- und Initialzierseiten immer einheitlich mit gereihten Kreisen (129v; 86v/87r - gedoppelt), Perlstab (18r /17v - vgl. Rückdeckelrahmung), randständigen Halbkreisen (59v /60r), Zickzack (128v /129r). Die Textzierseiten auch unverziert (61v) oder mit verstärkten Leistenrahmen (18v, 88v).
18r Matthäus-Initium (Initialzierseite). L-Initiale mit knapper Rahmenüberschneidung. Seitlich anschließend drei übereinanderstehende ornamental gefüllte Randleisteninitialen mit Palmetten als Stammendungen. LIBER. 18,9 × 14,0 cm.
60r Markus-Initium (Initialzierseite). IN-Ligatur mit anschließenden, über die gesamte Seite gesetzten Buchstaben (Initiale, Randleisteninitiale und zwei Zierbuchstaben). Die Enden des N in der Ligatur schlaufenartig umgeschlagen. Die restlichen Buchstaben mit vegetabilem Besatz. INITIUM. 18,4 × 13,5 cm.
87r Lukas-Initium (Initialzierseite). Zu Lukas ein medallionartiger Kreis als Q-Initiale. Der Initialstamm als Schlangenkörper, dessen beide Enden miteinander verschlungen in Tierköpfen enden (Amphisbaenamotiv). Das darüber befindliche M bestehend aus zwei Vögeln mit nach unten weisenden, verwickelten Hälsen. Die anschließenden Buchstaben des Wortes quidem als vegetabile Zierbuchstaben im oberen und unteren Kompartiment, der durch drei Zierleisten gegliederten Seite. QUONIAM QUIDEM. 19,0 × 13,5 cm.
129r Johannes-Initium (Initialzierseite). IN-Ligaturen mit anschließenden, über die gesamte Seite gesetzten Zierbuchstaben. Die Buchstaben mit weißer Punktrandung und vegetabilem Besatz. IN pricipio erat verbum. 19,0 × 14,0 cm.
Kanontafeln: 12 Kanontafeln (1v–6r; 22,0–24,0 × 22,0–23,5 cm). Den Evangelien vorangestellt 12 Kanontafeln mit abschließenden, übergreifenden Bögen (1v und 2r, 2v und 3r, 3v und 4r, 4v und 5ar) und Giebeldächern (5av und 5r, 5v und 6r). Bogenläufe gelegentlich zum Architrav hin umgeknickt (vgl. 2r). Die Säulen mit bandartigen Schäften (nur 2v/3r in Segmente gegliedert), teils mit mittig gliedernden Geflechten (1v/2r, 3v/4r, 4v/5ar, 5av/6r) oder Sternblüten (2v) und korinthisierenden Blattkapitellen; die Basen abgestuft oder als umgedrehte Blattkapitelle (5av/5r). Sowohl in den Bogenfeldern über den Interkolumnien, als auch in den Lünetten Blatt- und Blütenornament auf Purpurgrund, auf 5av/5r und 5v/6r mit mittig platzierten Rosetten. In den Zwickeln von den übergreifenden Bogen- und Giebelfeldern ausgehende, großzügige nach innen umgeschlagene Goldpalmetten (5av/5r 5av/6r) oder aufgesetzte Stauden (2v/3r). Als Füllornamente der Säulenschäfte und Bögen/Giebel Palmettenfriese, randständige Bögen, Wellenlinien und Punktreihen. Auf 2v/3r die Andeutung von Kanneluren und Säulentrommeln.
Farben: Zierseiten und Lünetten der Kanonbögen mit Purpurgründen; das aufgebrachte Ornament in heller Abstufung. Die Gründe der Endgeflechte sowie der Binnengrund des Q-Medaillons auf 87r in fein farblich changierenden Rot- und Blautönen. Füllfarben: Taubenblau, Gelb, Oliv, Orange und Violett (Säulenschäfte). Ornamentdetails, insbesondere die Blattfriese der übergreifenden Bögen, mit deutlichen Weißhöhungen. Goldauftrag der Kanonbögen (Zwickelpalmetten und Flechtbänder) vor leuchtend blauem Grund.
STIL UND EINORDNUNG
Das sogenannte Evangeliar aus Helmstedt besitzt keinen figürlichen Schmuck, ist jedoch mit reich verzierten Initial- und Textzierseiten, sowie einer Kanonbogenfolge ausgestattet. Paläographisch wurde die Handschrift von Hoffmann zuletzt nach Corvey gegeben (vgl. , 129; , 31f.), zwischenzeitlich jedoch auch in das Domskriptorium von Magdeburg ( , Bd. 2, 357, Nr. V-32). Die Zierseiten des Evangeliars sind eng verflochten sowohl im Kontext der Corveyer Buchmalerei des 10. als auch mit der Hildesheimer Buchmalerei aus der Zeit Bernwards. Obwohl zu den Corveyer Handschriften aus der 1. Hälfte des 10. Jh. deutliche Unterschiede bestehen (Rahmungen, Initialaufbau und Seitengestaltung; zu den Handschriften vgl. das Evangeliar aus Clus Cod. Guelf. 84.3 Aug. 2°) und auch Neuerungen eingeführt wurden, wie zum Beispiel das Schlangen-Q auf 87r, wurde bereits auf früher eingeführte Verfahren, wie die Verwendung von gemusterten Purpurgründen mit aufgesetzter Deckweißverzierung, die vermutlich byzantinische Seidenstoffe imitieren sollen, zurückgegriffen (vgl. auch das Evangeliar aus Clus Cod. Guelf. 84.3 Aug. 2° - dort ausschließlich in den oberen Ecken der Initialzierseiten, vgl. 132v). Die auffälligen und zweimal verwendeten Initialligaturen IN, mit ihren umgeschlagenen oder gedrehten Enden (zu Markus, 60r und Johannes, 129r), haben ihre Vorbilder in der frankosächsischen Buchmalerei, genauer in der frankosächsischen Untergruppe von Saint Vaast. Das zugehörige Evangeliar Prag, Knihovna pražské metropolitní kapituly, Cim. 2 (zur Handschrift vgl. Cod. Guelf. 84.3 Aug. 2°) und das Evangeliar aus Boulogne-sur-Mer, BM, Ms. 12, 56r ( , 342–345, Taf. VII,150b) zeigen zwei Varianten der Ligatur, die dann später in den Corveyer Handschriften aufgegriffen wurde (vgl. Essen, Domschatz, Hs. 2, Lit. , 222, 223 mit Abb.; Leipzig, UB, Ms. 76, Lit. , Nr. IV. 8 mit Abbildung [R. Kahsnitz]; New York, NYPL, MA 001 (olim Astor Ms. 1), Lit. The Splendor of the Word. Medieval and Renaissace illuminated Manuscripts at the New York Public Library, hrsg. von , und , New York 2005, Nr. 27 mit Abbildung [J. Frank]). Die in Wolfenbüttel ausschließlich verwendeten Leistenrahmen für Text- und Initialzierseiten lösen frühe, ebenfalls von der frankosächsischen Buchmalerei abhängige Corveyer Rahmenformen ab (vgl. Cod. Guelf. 84.3 Aug. 2°); bereits im Quedlinburger Evangeliar (New York, PML, MS M.755; , Nr. IV. 9 mit Abbildung [ ]) aus dem 3. Viertel des 10. Jh. deutet sich dieser Entwicklungsschritt an. Die in der Handschrift vorliegenden Kanontafeln, mit den Gliederungsgeflechten der Säulenschäfte und den Dreiecksgiebeln, zeigen gegenüber den früheren Corveyer Codices kaum Parallelen (vgl. dazu ausführlich R. Kahsnitz, in: , Nr. IV. 14). Die Kombination von beiden Bogentypen, Rund- und Giebelbogen erfreute sich besonders in der Hofschule Karls des Kahlen großer Beliebtheit (vgl. das Evangeliar Darmstadt, ULB, Hs. 746; , 88–99, Taf. V). Aus diesem Skriptorium (vgl. Cod. Guelf. 13 Aug. 4°), dürfte das Skriptorium in Corvey auch Anregungen bezüglich des üppigen, vegetabilen Ornamentspektrums erhalten haben (vgl. München, BSB, Clm 14000 (Codex Aureus von St. Emmeram)). Einen direkten Vergleich zur Wolfenbütteler Handschrift bietet das ebenfalls gegen Ende des 10. Jh. in Corvey entstandene Oxforder Evangeliar Oxford, BodL, MS. Laud Lat. 27, das, wie bereits von Swarzenski bemerkt, in enger stilistischer Abhängigkeit, aber weniger qualitätvoll von der Wolfenbütteler Handschrift kopiert wurde ( , Die deutschen Miniaturen des frühen Mittelalters in amerikanischem Besitz, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. 63 (1930), 193–199, hier 193–194; zur Handschrift vgl. , Bd. 2, 161–167). Darüber hinaus wirkte die Corveyer Buchmalerei, wie zuletzt von Kahsnitz formuliert, stilbildend für die Hildesheimer Buchmalerei zur Zeit Bernwards ( , Nr. IV.14). Insbesondere Hildesheim, Domschatz, Nr. 18 (Kostbares Evangeliar oder Bernward-Evangeliar) zeigt Techniken und kleinere Ornamentdetails, die bereits im Evangeliar aus Clus, Cod. Guelf. 84.3 Aug. 2° sowie in der vorliegenden Helmstedter Handschrift vorkommen, wie die ornamental gestalteten Purpurgründe und die mit Deckweiß aufgesetzten Punktverzierungen (vgl. , 277).vorläufige Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, Nr. 93, Taf. XXX — , Die deutschen Miniaturen des frühen Mittelalters in amerikanischem Besitz, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. 63 (1930) , 193–199, hier 193–194. — , Ein sächsischer Buchdeckel aus ottonischer Zeit, in: Festschrift zum 60. Geburtstag von P. Clemen, Bonn 1926, 277–280, Abb. I. — , Nr. 461 (Heinemann Nr.). — , Nr. 171 (Einband). — , Nr. 547. — , Siebenarmige Leuchter in christlichen Kirchen, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, Bd. 23 (1961), 108, Abb. 66. — , Textbd. 1, 497, 504, 546f.; Textbd. 2, 1023, 1027, 1031, 1036, 1085f. mit Abb. 11, 1092; Tafelbd., 89f. mit Abb. 418–421. — , 41f., Nr. 53 mit Abb. 8. — , 34 und 38. — , Nr. 48 mit Abb. — , Bd. 2: Katalog, hrsg. von , u. a., Münster/Westf. 1966, 487f., Nr. 176 mit Abb. 168, 176 ( ). — , 162. — , 68, 69–72, 73ff., 78ff., 85ff., 104, 133, 224, Anm. 220, 225 Anm. 240, 229 Anm. 285, 233 Anm. 312, 234 Anm. 328f., Anm. 333, Anm. 337, 250 Anm. 637, Abb. 101–102, 106, 108/396–406. — Bd. 2, 145–160, Nr. 18. — , 107, 129. — , Bd. 1, 1.2, 355. — , 350–352, 354, 358. — , 412–414, Nr. VI-71 ( ). — , 468, 476. — , 36f., Nr. 10. — , 15f. — , Text – Buchstabe – Bild. Studien zur historisierten Initiale im 8. und 9. Jahrhundert, Berlin 1998, 96f. — , 363f., Nr. 63 ( ). — , Nr. IV.14 ( ). — , 170. — , 34–38, Nr. 2, 69–71, Nr. 2. — , 118. — , 69f., Nr. 2. — , 103. — , Tradition als Herausforderung: Zimelien aus den Sammlungen der Herzog August Bibliothek. Eine Führung von der Spätantike bis zur Reformation, Wolfenbüttel 2007 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 87), 46f. Nr. 13. — , 14. — , 168. — , 355–368. — , 27–29. — , 142f., 170, 177–179. — , 276–278, Nr. 7 ( ). — , 14, 26, 31f., 74, 78, 157, Abb. 9, 39 und 40. — , 112–124, Abb. 41, 43–44, 47. — , 168f., Abb. 85. — , 74. — , Schriftlandschaften – Bildungslandschaften – religiöse Landschaften in Norddeutschland, in: Schriftkultur und religiöse Zentren im norddeutschen Raum, hrsg. von , und , Wiesbaden 2013 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 24), 19–139, hier 38. — , 171. — , 184–185 Nr. 9, 185, 186, 202, 409, 414, 415, 987. — , 320. — , 216f., Abb. 59. — , 64ff., Taf. 32–41. — (in Vorb.,Abgekürzt zitierte Literatur
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).