Gregorius I., Moralia in Iob
Lamspringe — 12. Jh., 4. Viertel
Provenienz: 1r Besitzvermerk Liber sancti Adriani in Lamesprigge, Inhaltsangabe (15. Jh., Bastarda): Job VI (12./13. Jh.). Vermerke von dieser Hand auch in Cod. Guelf. 145 Helmst., VS; 204 Helmst.,1r; 447 Helmst., 5r; 475 Helmst., 1r; 480 Helmst., 1r; 482a Helmst., 1r; 504 Helmst., VS; 510 Helmst., 1r; 511 Helmst., 1r; 519 Helmst., 1r; 553 Helmst., 1r; 650 Helmst., 1r; 723 Helmst., 1r; 943 Helmst., 1r; 1012 Helmst., 1r; 1030 Helmst., 1r; 1034 Helmst., 1r; 1113 Helmst., 1r und 1196 Helmst., 1r. 1572 wurde die Handschrift mit den übrigen Lamspringer Codices von Lamspringe in die Bibliotheca Julia in Wolfenbüttel überführt. 1588 von Eberhard Eggelinck im Verzeichnis der Pergamenthandschriften der Bibliotheca Julia als Expositiones super secunda parte de morabilibus Historiæ, Liber 6, 7, 8, 9 et 10, in Pergamein geschrieben in folio vnd brettern mit weißem Pergamein vbertzogen genannt (NLA – StA Wolfenbüttel, 1 Alt 22, 83, 22r–35v, hier 27r). 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 297) unter den Papalia Miscellanea als Explicationes in Job de moralibus in membranis manuscr. mit der Signatur Y 42 erwähnt. Seit 1618 in Helmstedt, dort 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 7v) beschrieben als Moralium in Iob pars II in membrana unter den Theologici in folio. Als Nr. 168 im Handschriftenverzeichnis von 1797 aufgeführt (BA III, 52).
Pergament — 132 Bl. — 28 × 18,5 cm
Lagen: 16 IV (128). III–2 (132). Lagenzählung auf der letzten Lagenseite, Fußsteg: erhalten sind 8v Ius, 32v IIIus, 40v Vus, 48v VIus, 64v VIIIus, 80v Xus (der Rest durch Beschnitt verloren). Fragmente VS und HS: Apokalypsenkommentar, 12. Jh., zum Text vgl. (in Vorb.). Moderne Tintenfoliierung. Schriftraum: 21,0 × 11,5 cm, einspaltig (1v, 25rv, 49rv, 83rv, 114v zweispaltig), 33 Zeilen. Carolino-Gothica von einer Hand der Scriptrix-Gruppe (zur Gruppe gehörig: 447 Helmst., 482a Helmst. [1r-81v], 510 Helmst., 519 Helmst., 511 Helmst., 519 Helmst., 718 Helmst. [10v-97r], 723 Helmst., 903 Helmst. [1r-75r], 943 Helmst., 1030 Helmst.). Auszeichnungsschriften in Unzialis. Explicits und Incipits rubriziert. Überschriften in den Buchstaben alternierend rot/grün. Buchzählung in rubrizierten römischen Ziffern auf dem Blattrand. Im Text Satzmajuskeln rubriziert oder mit roten Begleitstrichen.
Romanischer Holzdeckeleinband mit Schafslederbezug. Kanten bündig mit Buchblock geschnitten. Ursprünglich zwei Riemenschließen mit Dornenverschlüssen (verloren), Gegenbleche auf dem HD noch erhalten. VD mit der verblassten und beschädigten Aufschrift Incipit Gregorii [super] Iob exposicio. Der Einband ist identisch mit denen von folgenden Lamspringer Handschriften: Cod. Guelf. 982 Helmst., 475 Helmst., 480 Helmst., 553 Helmst., 903 Helmst., 943 Helmst., 1113 Helmst. und 1196 Helmst.
INHALT
1r Besitzvermerk (12./13. Jh.). 1v-132r : Moralia in Iob pars II, Libri VI-X (Edition: 75, 729-952; 154, 284-577; 1708; 4, 418f. Nr. 6).
AUSSTATTUNG
5 Initialen.Initialen: Zu Beginn der Bücher 6-10 jeweils eine Spaltleisteninitiale (2r lib. VI, 26r lib. VII, 50r lib. VIII, 84r lib. IX, 114v lib. X). Die Initialstämme gefüllt mit Punktreihungen (einfarbig oder zweifarbig versetzt) und einem farblich versetzt gestalteten Palmettenfries (50r), sowie Gittermuster (84r, 114v). Die Initialstammenden mit Blattappliken, einer Maske (50r), einem locker gebundenen Flechtknoten (50r - hier der Initialschaft als Randleisteninitiale) und Fabelwesenköpfen (2r, 84r). Die Stämme sind versehen mit meist zweifach oder fünfach genagelten Spangen, außerdem kommen in den Spangen Kreuzschraffuren (50r, 114v), einfache Kreuzblüten (84r) vor. Auf 114v die Cauda mittig gegliedert durch eine große Blüte. Als Endbesatz der Ranken finden sich große Palmetten mit Rückenschraffur, Äderung und gelegentlicher Perlverzierung (vgl. 2r, 84r, 114v), diese werden gerne direkt mit rückwärts gebogenen Knollenblättern kombiniert (vgl. 114v) und stehen als Silhouette vor rotem Hintergrund (vgl. 114v, 50r). Der Initiale beigefügt ein Vierbeiner (50r) und ein Vogel (84r). Außerdem werden Fruchtdolden (2r) und Dreierblüten (2r) verwendet. Auf 26r als Caudaersatz ein großer Drache mit gepunktetem Leib. Initialhöhen: 5,6-10,9 cm.
Farben: Initialen in roter Federzeichnung. Einige Blätter in Silhouettentechnik ausgeführt. Punktreihen und der Initialfries auf 50r rot/grün wechselnd. Die Initialgründe in Dunkelgrün und Blau, teils auch in Dunkelgelb (2r, 26r). Details (Blätter, Blüten, Spangen) in Dunkelgelb - Gold imitierend.
STIL UND EINORDNUNG
Die vorliegende Gregoriushandschrift wurde von einer Hand einheitlich mit qualitativ hochwertiger Initialausstattung versehen. Das Ornament der mit roter Feder gezeichneten Initialen steht in direktem Lamspringer Schulzusammenhang und basiert grundlegend auf der Lippoldsberger Buchmalerei um 1150 (zu Lippoldsberg vgl. 943 Helmst.). In Handschriften der Lamspringer Scriptrix-Gruppe (zur Scriptrix-Gruppe vgl. 943 Helmst.; , 73) begegnet die zusätzliche Kolorierung der Initialdetails (Blätter, Blüten und Spangen - vgl. 1030 Helmst.) und die Blüte als Caudagliederung (vgl. 114v mit 943 Helmst., 1v). In dem erweiterten Blatt- und Knospenrepertoire (u.a. Fruchtdolden auf 2r), der für Lamspringe ungewöhnlichen Initialstammgestaltung auf 50r (gefüllte Randbandinitiale mit Maske), sowie der Farbgebung lassen sich verstärkt Parallelen zur zeitgleichen Kölner bzw. mittelrheinischen Buchmalerei erkennen. Die Farbgebung der Initialgründe, dunkelblau/dunkelgrün, sowie die hervorstechende Randbandinitale mit dem locker verknotetem Ende (50r) findet sich besonders gut ausgeprägt in der Bibel aus der Kölner Bendiktinerinerabtei Groß St. Martin aus dem 3. Viertel des 12. Jh. (Düsseldorf, ULB, M. A 2; Lit. G. Karpp, Mittelalterliche Bibelhandschriften am Niederrhein, Frankfurt a. M. u. a. 2014, 103-109), das Palmetten-Füllmotiv auf 50r ist bereits aus der Frankenthaler, sogenannten Wormser Bibel bekannt (London, BL, Harley MS 2803 und London, BL, Harley MS 2804 - Lit. , bes. 74-83, Abb. 27; vgl. auch 510 Helmst. und 511 Helmst.). Eine ähnliche Stilstufe mit deutlichen Parallelen im Ornament und Initialaufbau zeigt die im Benediktinerkloster Liesborn (Bistum Münster) im 4. Viertel des 12. Jahrhunderts entstandene Gregoriushandschrift, heute in Berlin (Berlin, SBBPK, Ms. theol. lat. fol. 371-373; Lit. , Kat. Nr. 43-45, Abb. 124-135). Liesborn wurde unter Bischof Egbert von Münster 1130 in ein Benediktiberkloster umgewandelt und von Hildesheim ausgehend besiedelt (vgl. hierzu , 32f.).vorläufige Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, 70 Nr. 3.5. — , Nr. 478 (Heinemann Nr.). — , 473. — , 468, 476. — , 105. — , 138. — , 119, 121. — , 42, 72f. Nr. 4. — , 90. — , 30, 34. — , 68. — , Hund oder Drache? Zu einem hochmittelalterlichen Schreibgriffel aus Trier. Mit einer Zusammenstellung von Drachengriffeln und einem technologischen Beitrag, in: Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 41 (2009) 42–56, hier 48. — , 333–335 mit Abb. 8. — (in Vorb.,Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil II (12. Jh.).