Paulinus Aquileiensis, Liber exhortationis. Vita et regula Pachomii
Tholey — 11. Jh., 1. Hälfte
Provenienz: Besitz- und Schreibereinträge: Benediktinerkloster St. Mauritius in Tholey (Saarland): 1r Liber sancti Mauritii et sancti Thietberti; darunter Liber sancti Martini et sancti Thietberti (Thiet radiert; Verweis auf Tholey und Trier, Bendiktinerkloster St. Martin). 68v Codex sancti Mauricii. Si quis abstulerit vel furaverit anathema sit (Schreiberhand der zugehörigen Seite und 67v Z. 28–68v; , Bd. 1, 314). Bendiktinerkloster Weißenburg: 1r Codex monasterii sanctorum Petri et Pauli apostolorum in Wissenburg (Ende 15. Jh.). 4°16 ( , 3–18).
Pergament — 72 Bl. — 25,5 × 16 cm
Lagen: I. 7 IV (56). III+2 (64). IV (72). Neuere Tintenfoliierung, Vorsatzblatt nicht mitgezählt. Schriftraum: 21,5 × 12 cm, einspaltig, 35 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Butzmann erkennt in den ausführenden Händen dieselbe Schule (24v in Capitalis Quadrata. einleitend zu den Texten rubrizierte 2–7zeilige Initialmajuskeln und leicht verzierte, etwas nachlässig nachgetragene tintenfarbige Initialmajuskeln (12. Jh.?; 25r, 25v, 57r und 58r - mit Gesicht im Binnenfeld). Im Text Satz- und Versmajuskeln, die Buchstaben der Textanfänge gelegentlich mit roten Begleitstrichen.
, 216). Das ungezählte Vorblatt (Brevierfragment) stammt von einer Weißenburger Hand des frühen 11. Jh. (zugehörig: Schlettstadt, Bibliothèque Humaniste, Ms. 14; , Bd. 1, 302, 314). Rubrizierte Incipits und Explicits in Minuskel oder Capitalis Rustica,Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1968). Alter Einband und Reste aufbewahrt.
INHALT
1r Interrogatio Damasi pape de missarum celebratione ( 13, 441). 1r–24v : Liber exhortationis ( 99, 197–282 und 40, 1047–1078 [Ps.-Augustinus]; ed. A. de Nicola, Sancti Paulini Patriarchae Aquileiensis Liber exhortationis, Trier 2005 ()). 24v–57r Vita sancti Pachomi interprete Dionysio Exiguo ( 6410; La Vie latine de saint Pachome traduit du grec par Denys le Petit, ed. H. van Cranenburgh, Bruxelles 1969; 73, 227–272). 57r–68v Regula sancti Pachomi interprete Hieronymo ( 23, 61–86; ohne den Abschnitt cap. 142–159; Pachomiana latina. Règle et Épitres de S. Pachome, ed. A. Boon, Louvain 1932; PL 23, 61–77 und 82–86; ohne cap. 143–159). 69r–71v Vita Alexii ( 288). 71v–72r Contra paralysin (Rezept gegen die Gicht mit althochdeutschen Glossen; Druck: , 429; Lit.: , 217). 72r–v Orationes sancti Augustini. 72v Nachträge (13. Jh.; vgl. , 217, darunter , 15603).
AUSSTATTUNG
1 Initiale.Initiale: Zu Beginn des Liber exhortationis auf 1v eine rubrizierte Spaltleisteninitiale mit Rankenverzierung im Binnenfeld. Vom Initialstamm ausgehende, durch eine Spange gebündelte, axialsymmetrisch angelegte Knospentriebe mit Punktverzierungen und eingerollten Seitentrieben. 2,4 cm.
STIL UND EINORDNUNG
Der Schreibervermerk auf 68v erlaubt eine Lokalisierung der Handschrift in das saarländische Benediktinerkloster Tholey mit seinen Patronen dem Hl. Mauritius und dem Lokalheiligen Thietbert (Theobert). Bestätigt wird diese Zuordnung durch den Besitzeintrag auf 1r. Paläographisch liegen zwei Datierungsvorschläge vor. Butzmann datiert die Handschrift in die Mitte des 11. Jahrhunderts ( , 432), während Hoffmann als Enstehungszeitraum das 10. Jahrhundert favorisiert ( , Bd. 1, 314). Hoffmann gelang auch die Zuordnung des Vorsatzblattes (Brevierfragment) zu einem Brevierfragment heute in Schlettstadt (Schlettstadt, Bibliothèque Humaniste, Ms. 14; , Bd. 1, 302), welches er nach Weißenburg in das frühe 11. Jh. gibt. Die Handschrift ist für das 15. Jh. in Weißenburg belegt (Besitzeintrag), wo ihr im Verbund das Vorblatt hinzugefügt wurde (Zeitpunkt unbestimmt). Der zweite, zeitgleiche Eintrag wie der erste auf 1r nennt neben dem Lokalheiligen Thietbert den Hl. Martin, Patron des Trierer Martinsklosters, ein Umstand, der sich aus der Personalunion der Klöster St. Mauritius in Tholey und St. Martin in Trier unter Abt Eberwin (für Tholey belegt als Eberwin III.: um 1018 - nach 1036; für Trier belegt: 995 - 1040) erschließt (vgl. hierzu , 430ff.; , 170f.). Für Tholey ist kein Skriptorium belegt. Die Bestände des Klosterarchivs und der Klosterbibliothek fielen 1792/93 der französischen Revolution zum Opfer (vgl. , 11f.), so dass keine direkten Vergleichshandschriften vorliegen. Der Stil der einzigen, enthaltenen Initiale auf 1v mit seinem axial angelegten, durch Spange gebündelten Knospenmotiv, den großen Mittelknospen und den starken seitlichen Einrollungen, begegnen in Handschriften aus Trier, die um 1000/ins erste Viertel des 11. Jh. datieren (vgl. Berlin, SBBPK, Ms. lat. qu. 683, Trier, St. Maximin, 10./11. Jh. - Lit. , Nr. 87, Abb. 287, 288; Berlin, SBBPK, Ms. theol. lat. fol. 34, Trier, 10. Jh., 4. Viertel - Lit. , Nr. 90, Abb. 295–297, 302–304)., Nr. 4153 (Heinemann Nr.). — . — , 216f. — , 170f. — , Bd. 1, 314. — , Nr. 962.
Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).