Transkription

Selnecker, Nikolaus: Kurtze, Wahre und Einfeltige Bekantnus D. Nic. Selnecceri. Von der Maiestet, Auffarth, Sitzen zur Rechten Gottes, und vom Abendmal unsers Herrn Jhesu Christi.
[Inhaltsverzeichnis]
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Kurtze / Wahre vnd Einfeltige Bekantnus D. Nic. Selnecceri.
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Von der Maiestet / Auffarth / Sitzen zur Rechten Gottes / vnd vom Abendmal vnsers HERRN Ihesu Christi.
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Nach laut vnd inhalt der Heiligen Göttlichen Schrifft / Symbolorum / schrifften D. D. Martini Lutheri / vnd Corporis Doctrinae.
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Heinrichstadt. 1571.
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Kurtze / Wahre vnd Einfeltige Bekandtnuss D. Nicolai Selnecceri / Von der Maiestet / Auffart / Sitzen zur Rechten Gottes / vnd vom Abentmal vnsers HERRN JESV Christi / nach laut vnd inhalt der heiligen Göttlichen Schrifft / Sy MBOLORVM, Schrifften D. D. Lutheri / vnd CORPORIS DOCTRINAE.
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I.
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CHRistus vnser HERR hat zwo Geburt / oder zwo Naturen / in einer vnzertrenten Persone / den̅ er ist ein Christus / nicht zween Christi. Nach der ersten geburt hat er nicht zeitlich / Sondern von Ewig keit her vom Vater empfangen die ewige gewalt oder Gottheit / vnd der Vater hat sie jm gantz vnd völlig gegeben / wie er sie selbst hat von ewigkeit. Nach der andern zeitlichen Menschlichen geburt / ist jhme auch die ewige ge walt GOTTES gegeben / doch zeitlich / vnd nicht von ewigkeit her. Denn die Menscheit Christi ist nicht von ewigkeit gewest / wie die Gottheit / Sondern /
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wie man zelt vnd schreibt / ist IHESVS Marien Son / seiner Menscheit nach / dis Jar 1571 alt / vnd hat vnendtlichen vnd Göttlichen gewalt / nicht allein als GOtt / Sondern auch / als warhafftiger Mensch / vnd regieret alles im Himel vnd auff Erden.

II.
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Matth. 28. Mir ist alle gewalt gegeben / im Himel vnd auff Erden. Welchem Mir? Mir IHESV von Nazareth Marien Son / vnd Mensch geborn. Von ewigkeit hab Ich sie vom Vatter / ehe Ich Mensch ward. Aber da Ich Mensch ward / hab Ich sie zeitlich entpfangen / nach der Menscheit / vnd heimlich gehalten / bis auff mein Aufferstehen / vnd Auffart / da es hat sollen offenbaret vnd erkleret werden.

III.
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Christus ist auffgehaben / gen Himel gefahren / oder in Himel auffgenomen / vnd durch die Rechte Gottes erhöhet. Dieses auffaren heist nicht vbersich hinauff steigen / Als wann einer an einer leiter oder treppen auff ein soller vbersich steiget / Sondern auffsteigen oder auffaren heist nach der Schrifft / zu den höchsten ehren kommen / vnd newevnmesliche gewalt bekommen / wie Petrus solchs ausleget / Act. 2. Der HERR IHESVS ist durch die rechte Gottes erhöhet / vnd Gott
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hat jhn zum HERRN vnd Christ gemacht / vnd jhme alles vnter seine füsse gethan / vnd ein solchen Namen / Herrligkeit / vnd Göttliche / vnmesliche Maiestet gegeben / Das sich alle Knye / im Himel / Hell / vnd Erden / vor jhme biegen / vud jhn bekennen müssen / er sey der Oberst vnd Göttliche HERR in der ehre GOTtes des Vatters / ein Himlischer vnd ewiger HERR.

IIII.
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Er hat den Himel eingenommen / Der Himel aber / als ein gewisser erschaffener ort / hat jhn nicht eingenommen / oder an eim gewissen orth beschlossen / das er derwegen mit seinem Leib wo / wenn / vnd wie er wil auff Erden nicht mehr sein könne / oder im Abentmal / laut seines allmechtigen vnd warhafftigen Worts / nicht gegenwertig sey / ausgetheilet / vnd empfangen wer de / Sondern er ist ein HERR des Himels / ja vber alle Creaturn im Himel vnd Erden. Ich fare auff / spricht er / zu meinem Vater / das ist / Mir ist alle gewalt geben im Himel vnd Erden.

V.
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Himel / bedeutet / in diesem hohen handel / nicht das Firmament oder ein gewissen orth / im höchsten oder fewrigen Himel / wie die Künstler vnd Sternseher von Himeln reden / oder wie Lucanus von Nerone geuckelt: Te praelati regiacoeli excipiet gaudente polo &c. Dan̅
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alle Himlische Himel können diesen Christummit seiner vnmeslichen gewalt nicht fassen oder begreiffen: Sondern / der HERR ist auffgefahren gen Himel / bedeutet vnd ist souiel: Er hat Himlische Ehre / Hoheit / Regiment / Gewalt / Maiestet vnd Herrligkeit bekommen / Vnd ist ein Himlischer / vnd von nun an bis in ewigkeit / nach der Menscheit / ein ewiger HERR worden / Das wir sagen vnd rhümen können / das vnser fleisch vn̅ blut / der HERR Christus / der vnser Bruder ist / habe allen ge walt im Himel vnd Erden / vnd sey hoch erhebet vber alle Himel / vnd gesetzt zur Rechten Gottes / nach seiner Menscheit. Denn nach seiner Göttlichen natur ist er von ewigkeit beim Vater in gleicher Allmacht gewesen / ehe noch die gründe der Welt gelegt / vnd da noch kein Himel geschaffen war.

VI.
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DErwegen sind dis solche reden / da jmmer eine die ander erkleret:
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VNd wenn wir nun sagen in vnserm Kinderglauben (Er ist auffgefahren gen Himmel / sitzend zur Rechten Hand GOTTES) so sagen wir dis / vnd nichts anders: Ich gleube / das Christus / der mein HERR / GOTT / vnd Schöpffer ist / nun auch / als mein fleisch vnd blut / oder mein Bruder / auffgefahren sey gen Himmel / vnd habe von dem Vatter empfangen / vnmesliche gewalt vnd Ehre / vber alle Engel / Menschen / vnd Creaturen / vnd also sitzet zur rechten hand GOTTES / das ist / Er ist ein König vnd HERR vber alle GOTTES güter im Himel / Hell vnd Erden / vnendlicher / Göttlicher / vnd vnmeslicher gewalt.

VII.
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DEnn die Rechte GOTTES ist kein abgesonderter orth / inn oder ausser Himels vnd der Erden / Sondern die Rechte GOTTES heisst / so weit vnd fern GOTT recht vnd macht hat zu herschen / vnd regieren / Das ist / all enthalben inn Himel vnd Erden / vnd ausserhalb aller Himel.

VIII.
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Christum soll / kan / vnd mus niemand in ein eng / vnd certam sedem zwingen vnd binden. Er ist Allmechtig / warer Gott / vnd Mensch. Vnd ob gleich er warer Mensch ist / vnd gantze Menschliche Natur / Seel / vnd Leib hat / finitum corpus, noch ist seine macht vndgewalt vnmeslich / infinita & immensa potentia, Auch nun seiner Menscheit nach /
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die er mit sich in ein Person vereiniget / erhöhet / vnd zur Rechten Gottes invnendtliche Göttliche Maiestet vnd ehre gesetzet hat / das er auch als vnser Bruder souiel recht vnd macht hat / wie der Vater , wie Nazianzenus redet. Das ist / durch wirckung vnd krafft des Sons / vnd durch wolgefallen des Vaters.

IX.
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Ehristus sitzet nicht auff einem sonderlichen stuel / seiner Menscheit nach / an einem gewissen vmbschrenckten ort / vnd nach dem Circkel abgemessen refier / wie der gros König Salomon lest seine Mutter neben sich zur rechten sitzen / 1. Reg. 2. Sondern der gantze Himel ist nu sein stuel / vnd seine Maiestet vnd gewalt / ist vnendtlich / vnd er ist Allmechtig / warer Gott vnd Mensch. Sonst were all vnser Glaub / Trost / anruffung vnd hoffnung entweder kalt vnd schwach / oder gar vmb sonst / vnd würde souiel vngereimbtes ding daraus folgen / Das der gantze Christliche glaube / von der sichern rohlosen Welt / leider darüber würde gelestert werden.

X.
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Christus GOttes vnd Marien Son / ist an allen örten / vnd bey vns allzeit gegenwertig / laut seiner verheissung / Ich bin bey euch / biss zu ende der Welt / nicht allein nach seiner Göttlichen natur / Sondern
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auch / da er laut seines Worts sein wil / vnd dahin er sich mitseinem Wort / auch nach seiner Menschlichen Natur / selbs verbunden vnd versprochen hat / Als im Abendmal / ob gleich solchs geschicht wider vnd vber alle natürliche eigenschafft eines Menschlichen leibs. Denn sein gewalt ist vnmesslich / vnd was er sagt / das kan vnd wil er halten / ob gleich alle natur / sinn / vernunfft / kunst / gewalt / Physica, Mathesis, Geometria, Plato, Aristoteles, Bartho lus, Galenus, Ja Himel vnd Erden / vnd alle Teuffel dawie der weren.

XI.
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DErwegen / so ist vnd bleibt diese lere contra Physinorum corporum proprietates steiff / war / vnd vnwidersprech lich / wenn man den HERRN Christum fragen wil / was sein Abendmal sey / das es sey sein Leib vn̅ sein Blut / warhafftig / gegenwertig / wesentlich / wie er sagt / Das ist mein Leib / das ist mein Blut / proprie & sine tropis, one einige gleichnus oder deutung / nicht allein Geistlich / Sondern Leiblich / vnd nach dem fleisch / vnd nicht allein mit dem hertzen vnd glauben empfangen / Sondern auch mit dem mund / doch ohn alle natürliche empfindung oder verwandlung / Vnd nicht allein von den Wirdigen / Sondern auch von den vnwirdigen vberal / vnd an allen örten / wo dis Abendmal in der Christlichen gemein gehalten wird.

XII.
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Wie aber der HERR Christus bey seines Namens gedechtnus / vnd bey diesem Stifft vnd Abendmal sey / Haben wir keinen beuehl solchs zu örtern / oder auszugründen. Wer ein feltig gleubet vnd wandelt / der gleubet vnd wandelt recht / Vnd wer des HERRN Christi worten gleubet / der kan nimmermehr feilen / ob ers gleich mit seinen Sinnen nicht erforschen oder ausgrubeln kan. Denn was den glaubens Artikeln scharff nachspeculieren wil / vnd mit der Menschlichen vernunfft dieselben reguliern / das wird gemeiniglich zum Ketzer vnd Lesterer. Der Allmechtige / gütige / Barmhertzige GOtt / erhalte vns bey dieser kurtzen Bekantnus bis an vnsern letzten seufftzen / es sage der Teuffel vnd die Welt darzu was sie wöllen. Vnd souiel auff dismal. GOtt gib Fried in deinem Lande / das wir nicht vnter vns vnruh selbs machen / vnd darnach miteinander vom Türcken / oder sonst auffgefressen vnd verzeret werden. Der trewe HERR Christus stehe vns gnediglich bey. Amen / Hilff HERR IHESV / du trewer Gott / Veni & Vide. AMEN.
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NAZIANZENVS SECVNDA ORATIONE DE FILIO:
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DAs ist der grösten vnd (wie sie meinen) jrer (der Ketzer vnd Arrianer) vnvberwindlichste einrede eine / das sie also sagen:

VERBA ARRIANORVM.
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ES mus Christus so lang herrschen / vnd von dem Himel eingenommen werden / bis auff die zeit / da erwider bracht werde alles / vnd den stuel zur rechten GOTTES innen haben / bis er aller seiner feinde mechtig werde.

Antwort Nazianzeni.
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WAs ist das fur ein seltzam ding? Du Ketzer / mus Christus sein Reich vnd den Himel verlassen / oder daruon abstehen? Wer wird jhn darzu bewegen / vnd aus was vrsach mus er das thun? Was bistu doch fur ein freue licher vn̅ küner Dolmetscher vnd anzieher der Schrifft? Vnd wie vngewogen bistu dem König Christo / vnd seiner Herrschafft? etc.

Haec Nazianzenus.
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