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Der dritte Abschnitt,
Von den lezten Bestimmungen des Willens
und den gemeinnützigen Neigungen.
(Die lezten Bestimmun
gen der See
le.)
I.Wenn wir nach diesem langen Verzeichnis
von den verschiedenen Kräften der Em
pfindung, durch welche eine grosse Menge von Ge
genständen, zum Vergnügen oder zum Schmerz,
zu einer Art von Glückseligkeit oder Elend, Anlas
geben; wenn wir nach dem Verzeichnis von den
vielen Fähigkeiten des Willens, oder den Bestim
mungen der Begierden; wenn wir nach diesem al
len urtheilen: so müssen wir die menschliche Natur
für eine sehr verworrene Zusammensetzung halten,
woferne wir nicht unter diesen Kräften eine Ord
nung, und eine Abhängigkeit der einen von der an
dern, finden, und durch diesen Weg unterscheiden
können, welche von ihnen von der Natur bestimmt
sey, die Beherrscherin der übrigen zu seyn. Hier
von wollen wir in einigen folgenden Abschnitten
handeln. Zuerst lehret uns der Verstand, oder
die Kraft zu denken, zu vergleichen, zu urtheilen,
die Richtung der verschiedenen Empfindungen, Be
gierden, Handlungen, Befriedigungen auf unsre ei
gene Glückseligkeit, oder auf die Glückseligkeit an
derer; und den verglichenen Werth jeden Gegen
stands und jeder Befriedigung, unterscheiden. Die
se Kraft urtheilt über die niedern oder untergeord
neten Endzwecke: die höchsten Endzwecke sind aus
ser ihrem Gebiet. Wir suchen dieselben durch eine
unmittelbare Fähigkeit oder Bestimmung der See
le auf, welche in der Reihe der Handlungen vor
des Willens. 91(Dritter Abschnitt.)
allen Schlüssen vorhergeht. Keine Meinung, kein
Urtheil kan zu einer Handlung bewegen, wenn kein
vorhergehendes Verlangen nach einem Endzweck
vorhanden ist.
Wenn keine andere Bestimmnng<Bestimmung> oder Be(Die Selbst liebe wird als die einzi
ge angeführt.)
gierde in der menschlichen Seele wäre, als der
Trieb zu unsrer eignen Glückseligkeit: so würde die
ruhige
*
Selbstliebe der einzige leitende Grund
trieb seyn, welchen die Natur bestimmt hätte, alle
andre Neigungen zu beherrschen, einzuschränken,
und sie auf die Erlangung ihres Endzwecks zu
richten. Sie würde die Vernunft zu ihrer Rath
geberin haben, und diese würde ihr die Mittel hier
zu an die Hand geben. Aber dieser Endzweck
würde blos durch diese höchste Bestimmung, ohne
Beyhülfe eines Schlusses, festgesezt werden.
Dieses ist eine Lehre, welcher sehr viele(Verschiede
ne Erklärun
gen davon.)
Schriftsteller besonders gewogen sind, und die durch
ihre Einfalt vergnügt. Aber diese Schriftsteller
machen sehr verschiedene und einander widerspre
chende Erklärungen von den eigennützigen Ver
gnügungen und der Glückseligkeit, welche man
bey den Pflichten, die wir gemeiniglich für tugend
15
(Erstes
Buch.)
92 Lezte Bestimmungen
haft halten, zur Absicht hat. Einige glauben, daß
in einigen Vortheilen der Welt, in einigen körper
lichen Vergnügungen, oder in den Mitteln, dazu
zu gelangen, der einzige Bewegungsgrund zu allen
Pflichten, und zu allen, auch den anständigsten Hand
lungen, und der einzige höchste Endzweck derselben,
liege. Dieses war die Meinung der Cyrenaiker,
und wahrscheinlicher Weise der Epikuräer; sie
ist auch die Meinung einiger neuern Weltweisen.
Andere sagen, wir begehrten den Wohlstand ande
rer einzelner Personen, oder ganzer Gesellschaften,
blos als das Mittel unsrer eigenen Sicherheit und
Glückseligkeit; andere halten dafür, wir begehr
ten ihn als das Mittel einiger feinern Vergnü
gungen, die wir, durch eine Sympathie, mit an
dern über ihr Glück zugleich empfänden; noch an
dere wollen, unser Endzweck|sey|das<Endzweck sey das> Vergnügen,
welches wir empfinden, wenn wir geehrt werden;
oder die Belohuung<Belohnung>, welche wir für unsre Dien
leistungen entweder von Gott oder von Menschen
erwarten.
Aber man hat noch eine höhere Lehre. Es
nehmen einige zwar keine andre ruhige Bestim
mung der Seele an, als unsre eigene Glückseligkeit,
allein sie geben zu, daß wir ein moralisches Ge
fühl
haben, und viele besondere liebreiche Nei
gungen besitzen, die wirklich uneigennützig sind, die
Glückseligkeit anderer zum lezten Endzweck haben,
und oft wirksam sind, wenn wir auch in unsrer
Seele keine Beziehung derselben auf unsre eigene
Glückseligkeit wahrnehmen. Allein sie fügen hin
des Willens. 93(Dritter Abschnitt.)
zu: „der einzige ursprüngliche Qvell<Quell> eines jeden
ruhigen und überlegten Vorsatzes, diese grosmü
thigen Neigungen auszuüben, und dieselben, den
eigennützigen Neigungen zuwider, zu befriedigen,
sey dieser: wir empfänden die erhabenste Lust ei
nes Beyfalls, den wir uns selbst geben, wenn wir
diese grosmüthigen Regungen befriedigen; diese
Lust sey ein grösseres Glück, als irgend eines;
und das Verlangen nach ihr, welches aus einer
ruhigen Selbstliebe entspringe, sey die Absicht
eines jeden überlegten Vorsatzes, tugendhaft zu
seyn; ob gleich die liebreichen Neigungen uns oft,
auch ohne diese Gedanke, zu wohlthätigen und
grosmüthigen Handlungen antreiben könten.“
Diese lezte Erklärung enthält eine liebens
würdige Vorstellung der menschlichen Natur und
ihrer Neigungen, und räumt auch den edelmüthig
sten Tugenden des Lebens, eine ansehnliche Stelle
ein; aber sie hat nicht den Verdienst der Einfalt,
wie die andern Erklärungen, welche jede Regung
des Herzens, unmittelbar aus der Selbstliebe,
herleiten. Man kan diese Lehre nicht unter dieje
nigen rechnen, welche sich blos auf die Selbstliebe
gründen, weil sie die edelsten Tugenden aus den
uneigennützigen Neigungen, welche dem Herzen na
türlich sind, herleitet, ob sie gleich, in unsern ruhi
gern Stunden, durch die ruhige Betrachtung und
das Verlangen unsrer eigenen Glückseligkeit befe
stiget werden können. Allein, unsre Beschäfti
gung ist, die Wahrheit zu finden, und wir wollen
andern Schriftstellern ihre Lehren überlassen. Es
(Erstes
Buch.)
94 Lezte Bestimmungen
ist zu dem Ende nöthig, daß wir sowohl die Nei
gungen, welche man für uneigennützige ausgiebt,
als auch das moralische Gefühl, durch welches
wir alle Bewegungen des Willens beurtheilen, in
genaue Erwägung ziehen, damit wir einsehen kön
nen, ob in der Seele, wie wir oben bemerkt haben,
eine andre ruhige Bestimmung
vorhanden sey,
ausser derjenigen, welche sich auf unsre eigene Glück
seligkeit bezieht; und ob einige besondre Neigun
gen vorhanden sind, welche auf das Beste anderer,
als ihren unmittelbaren und höchsten Gegenstand,
abzielen, ohne alle Absicht auf einigen eigenen
Vortheil.
(Bey den Begierden ist die Unru
he von den Bewegungs
gründen un
terschieden.)
II. Die ruhige Selbstliebe, oder die Be
stimmung einer jeden einzelnen Person, ihre eigene
Glückseligkeit zu suchen, ist eine Bewegung des
Willens, welche keine unruhige Empfindung zur
Begleiterin hat. Aber die verschiedenen eigennützi
gen Triebe, welche auf besondre Gegenstände ge
richtet sind, werden gemeiniglich von einigen unru
higen ungestümen Empfindungen, in sehr verschie
denen Graden, begleitet: doch sind diese Empfin
dungen von den Wirkungen des Willens, mit wel
chen sie vereiniget sind, eben sowohl unterschieden,
als von den Bewegungsgründen der Begierden.
Der Bewegungsgrund ist das Gute, welches wir
in einem Gegenstand, oder in einer Begebenheit
wahrgenommen haben, und auf welches die Begier
de gerichtet ist; aus dieser Begierde entstehet eine
Unruhe, bis wir das Gute erlangt haben. Bey
dem Abscheu ist der Bewegungsgrund ein wahrge
des Willens. 95(Dritter Abschnitt.)
nommenes oder befürchtetes, und vielleicht noch
nicht empfundenes Uebel. Unruhe begleitet den
Abscheu so lange, bis das Uebel abgewendet wor
den. Die schmeichlerische Aussicht in Vergnügun
gen, oder in ein grosses Ansehen, welches mit dem
Ueberflus verknüpft ist, sind die Bewegungsgründe
der Begierde nach Reichthum; und niemals ist es
das unruhige Gefühl, welches die Begierde selbst
begleitet. Dieses Gefühl ist in der Natur eine Fol
ge von der Begierde.
Wenn wir dasjenige, was wir begehrten, er
langt haben: so entsteht, ausser dem Vergnügen,
welches wir dadurch erhalten können, und welches
der Bewegungsgrund der Begierde war, oft noch
ehe wir dasselbe geniessen können, ein anderes Ver
gnügen, welches eine unmittelbare Folge des glück
lichen Erfolgs ist, wenigstens in solchen Fällen,
wo eine Schwierigkeit der Erlangung, oder die
Furcht eines widrigen Zufalls vorhanden war. Es
wäre abgeschmackt, wenn man behaupten wollte,
diese Freude über den glücklichen Erfolg sey der Be
wegungsgrund der Begierde. Wir dürften keine
Freude über den glücklichen Erfolg empfinden, und
wir würden keine Begierden haben, wenn nicht die
Wahrnehmung eines andern Gutes der Bewe
gungsgrund gewesen wäre. Es ist unläugbar,
daß bey allen unsern eigennützigen oder gemeinnü
tzigen Trieben ein Bewegungsgrund, ein vorgesez
ter Endzweck, vorhanden sey, welcher von der
Freude über den glücklichen Erfolg, oder über die
Entfernung der aus der Begierde entstandenen Un
(Erstes
Buch.)
96 Lezte Bestimmungen
ruhe unterschieden ist. Denn ausserdem würden
alle unsre Begierden die seltsamsten Dinge von der
Welt seyn, und wir würden eine Kleinigkeit eben
so heftig begehren, als das grösste Gut; weil die
Freude über den glücklichen Erfolg, oder über die
Entfernung der aus der Begierde entstandenen
Unruhe, in beyden Arten von Begierden, einander
gleich seyn würde. Es ist also seltsam, alle unsre
Begierden um deswillen für eigennützig auszuge
ben, weil wir, bey ihrer Befriedigung, uns über
den glücklichen Erfolg vergnügen, und uns von
dem aus den Begierden entstandenen unruhigen
Gefühl befreyen.
(Das Wohl
wollen gegen andere, wel
ches sich auf den Eigen
nutz grün
det, ist keine
Tugend.)
III. Es wird niemand läugnen, daß gewisse
wohlthätige Handlungen, aus den eigennützigen
Begierden nach Belohnungen, Erwiederungen der
geleisteten Dienste, und nach Ehre, entspringen
können. Man kan andern aus Furcht einer un
gerechten Gewalt, oder einer gerechten Ahndung
dienen. Ja, aus dem Verlangen nach unsrer ei
genen Glückseligkeit kan in uns ein inneres un
verstelltes Verlangen nach der Glückseligkeit an
derer entstehen, wenn wir sehen, daß diese leztere
ein Mittel ist, unsre eigene zu befördern. So
verlangt man nach dem Glück eines Gesellschafters
in gemeinschaftlichen Unternehmungen; nach dem
blühenden Zustand eines Landes oder einer Gesell
schaft, von welchem unser Glück abhängt; nach
der weiteren Beförderung eines Freundes, von dem
wir die unsrige erwarten; nach dem Wohlstand
und der guten Aufführung eines Untergebenen
des Willens. 97(Dritter Abschnitt.)
oder eines Mündels, welche dem Lehrer oder Vor
mund zur Ehre gereichen kan. Diese Triebe, wel
che wirklich auf die Wohlfart anderer abzie
len, sind unsern eigennützigen Begierden unter
worfen.
Man ist darinnen einig, daß die Begierden,(Ob es Neigungen giebt, wel
che, ohne al
le Absicht auf unsern eige
nen Vor
theil, die Wohlfart anderer zum Endzweck haben.)
welche zwar auf die Wohlfart anderer gerichtet
sind, aber, ohne alle andre Neigung, den Begier
den nach unserm eigenen Vortheil unterwürfig seyn
müssen, nichts tugendhaftes in sich haben. Eine
Veränderung in den äusserlichen Umständen, ohne
einige Veränderung in der Gemüthsbeschaffenheit,
würde, auf gleiche Art, in uns das Verlangen nach
den Widerwärtigkeiten anderer erregen. Die vor
nehmste Frage ist, ob die Neigungen, welche wir
für gemeinnützig halten, auf einige edlere, als ei
gennützige, Vortheile gerichtet sind, und dieselben
zum höchsten Endzweck haben: oder ob keine lieb
reichen Neigungen, auf das Beste anderer, als den
höchsten und lezten Endzweck, abzielen; und ob
diese, von der Natur, (entweder an und für
sich, oder vielleicht zuweilen durch einige Be
trachtungen eines Eigennutzes,) zu der unmittelba
ren Ursache des moralischen Beyfalls bestimmt wor
den sind.
IV. 1. Es ist klar, daß alles, was wir von(Sie sind von den Be=
lohnungen, die wir von Menschen er
warten kön
nen, unab
hängig.)
andern Menschen, in Absicht auf Reichthum oder
Armuth, Ehre oder Schande, körperliches Vergnü
gen oder körperlichen Schmerz, hoffen oder fürch
ten, nur der Bewegungsgrund zu äusserlichen
Handlungen oder Gefälligkeiten, und nicht zu ei
(Erstes
Buch.)
98 Lezte Bestimmungen
ner innern Gewogenheit oder zu einem Verlangen
nach ihrer Glückseligkeit seyn kan; weil wir alle
wissen, daß unsre innerlichen Neigungen andern
verborgen sind. Das äusserliche Verhalten kan
blos das Mittel abgeben, dasjenige, was wir von
ihnen hoffen, zu erlangen, oder, was wir fürchten,
abzuwenden.
(Sie sind auch von den Belohnun
gen Gottes und dem in
nern Beyfall unabhängig.)
2. Da die Liebe unserer selbst nur ein Ver
langen nach den Mitteln unsrer eigenen Glückselig
keit in uns hervorbringt: so kan man schwerlich be
haupten, daß selbst die edelsten Vortheile die Qvel
le<Quelle> einer wahren Zuneigung gegen andre seyn kön
nen. Wenn man mit dem höhern Vergnügen ei
nes innern Beyfalls bekant ist, welcher aus dem
Bewustseyn eines guten Herzens und liebreicher
Neigungen, entspringt; oder wenn man sich über
zeugt hält, daß die Gottheit, für Menschen, von
solcher Gemüthsbeschaffenheit, Belohnungen be
stimmt habe: so können diese zween Bewegungs
gründe ein Verlangen in uns erregen, diese gemein
nützigen Neigungen zu besitzen, damit wir durch
dieselben glücklich werden mögen. Könten wir,
auf das Geheis unsers Willens, Neigungen, die
wir zu haben verlangen, in uns hervorbringen: so
würden wir, aus diesen Bewegungsgründen, uns
mit liebreichen Neigungen versehen. Allein wir
können uns keine Art von Neigungen, durch die
sen Weg, verschaffen. Gleichwie, durch keine Wir
kung des Willens, Hochachtung gegen einen Gegen
stand, der nichts vortrefliches hat; oder Furcht vor
etwas, das nicht furchtbar ist; oder Unwillen ohne
des Willens. 99(Dritter Abschnitt.)
eine vorhergegangene Beleidigung; oder Mitlei
den, ohne Wahrnehmung eines Elends; oder
Dankbarkeit, ohne eine vorhergegangene Gütigkeit,
hervorgebracht werden kan: also kan eine Seele,
welche ganz von der Begierde nach ihrer eigenen
Glückseligkeit eingenommen ist, durch keinen Be
fehl ihres Willens, liebreiche Neigungen in sich
hervorbringen. Die natürliche Ursache mus vor
handen seyn, ehe eine Neigung entstehen kan.
Wenn unsre Herzen wirklich so beschaffen(Wie die göttlichen Gesetze wir
ken, die Men
schen tugend
haft zu ma
chen.)
sind, wie sie von den Vertheidigern der eigennützi
gen Neigungen beschrieben werden, daß nämlich,
so bald sich der Zustand empfindender Wesen unsern
ruhigen Gedanken darstellt, wir eine natürliche
Wohlgewogenheit empfinden, woferne weder Vor
theile, noch eine in ihnen wahrgenommene üble
Beschaffenheit sich entgegensetzen, und die natürli
chen Regungen unserer Seelen hemmen: so wer
den die Bewegungsgründe, uns die edlern Vergnü
gungen des Beyfalls unserer selbst, oder die Be
lohnungen Gottes zuwege zu bringen, uns geneigt
machen, auf den Zustand anderer unsere ruhige
Aufmerksamkeit zu richten; wir werden den gerin
gen Widerstand der Vortheile und selbst die Hin
dernisse des Unwillens überwinden.
*
Eben diese
16
(Erstes
Buch.)
100 Lezte Bestimmungen
Bewegungsgründe werden uns veranlassen, alle dieje
nigen Eigenschaften, Vollkommenheiten oder Gefäl
ligkeiten anderer zu untersuchen, welche die natür
lichen Gelegenheiten zu liebreichern Neigungen sind.
Auf diese Art haben die Vorschriften der göttlichen
Gesetze auf unsere Neigungen einen Einflus.
3. Vermöge der Liebe unserer selbst hingegen,
verlangen wir blos nach den Mitteln, wodurch wir
unsre eigene Glückseligkeit befördern können. Nun
ist aber die
wirkliche Glückseligkeit anderer
weder die Ursache, noch das Mittel, den Beyfall
unserer selbst oder die Belohnungen Gottes zu er
halten. Unsre Herzen geben uns Beyfall, und
Gott verspricht uns Belohnungen, nicht weil an
dre wirklich glücklich sind, sondern weil wir lieb
reiche Neigungen haben, und unsre Kräfte zu ih
rem Vortheil anwenden; der Erfolg mag sie nun
glücklich machen oder nicht. Dahero kan unser
Verlangen nach dem Vergnügen unsers eigenen
Beyfalls, oder nach göttlichen Belohnungen, uns
nur zu den Wunsch veranlassen, diese Neigungen zu
besitzen, und ihnen gemäs zu handeln. Aber diese
des Willens. 101(Dritter Abschnitt.)
Neigungen können nicht durch den Willen erweckt
werden; und wenn sie vorhanden sind: so sind sie
einzig und allein auf die Wohlfart anderer, als
ihren lezten und höchsten Endzweck gerichtet; ob
wir gleich bey unsern vorhergegangenen Berath
schlagungen mit uns selbst, oder bey unsern Ueber
legungen, wegen der inneren Bildung unsrer See
le, den Entschlus gefasst haben können, alle diese
Neigungen in Absicht auf unsre eigene Vollkom
menheit und höchste Glückseligkeit, in uns lebhaft
zu machen; auf alle diejenigen Betrachtungen,
durch welche sie natürlicher Weise erregt werden
können, unsre Achtsamkeit zu richten; und alle ge
ringe dawider streitende Vortheile dieser gegenwär
tigen Welt zu verachten. Diese grosmüthigen
Neigungen wirken oft da, wo keine Ueberlegung,
kein Vorsatz, sie lebendig zu machen, vorhergegan
gen ist; und, wenn ein solcher Vorsatz vorhergeht:
so sind sie allemal, auf ihren natürlichen Gegen
stand, die Wohlfart anderer, gerichtet, und sie
müssen in der Seele eher vorhanden seyn, als alle
Bemühungen, sie lebendig zu machen.
Es ist nichts fremdes oder ungewöhnliches,(Die Nei
gungen ent
stehen nicht so gleich, wenn wir wünschen, sie zu besitzen.)
daß es einem Menschen an gewissen zärtlichen und
grosmüthigen Neigungen, als der Liebe, der Hoch
achtung, der Dankbarkeit, des Mitleidens, der Be
reuung zugefügter Beleidigungen, fehlen kan; un
geachtet er ernstlich wünscht, sie zu besitzen. Eine
innerliche Sinnesart oder ein System von Nei
gungen ist kein Werk, das, auf einmal, durch einen
blosen Wunsch, oder Befehl, entstehet. Man sieht
(Erstes
Buch.)
102 Lezte Bestimmungen
oft, daß Menschen, welche Tugend und Gottesfurcht
nicht geachtet haben, bey der Annäherung einer Ge
fahr oder bey andern Gelegenheiten, entweder von
Selbstliebe oder von der Furcht der Strafe ange
trieben, aus vollem Herzen wünschen, daß sie Liebe
und Dankbarkeit gegen Gott, Liebe und Wohlwol
len gegen ihren Nächsten, eine gelassene und zur
Verzeihung geneigte Gemüthsart, und Reue über
ihre Sünden in sich wahrnehmen möchten; und
doch lehret sie ein trauriges Bewustseyn, daß alle
diese Neigungen in ihnen nicht entstehen. In tu
genthaften Menschen wirken dieselben ohne alle Ab
sicht auf einen Vortheil, ohne Betrachtung eines
innern Beyfalls oder zukünftiger Belohnungen.
Ja, sind nicht einige von diesen liebreichen
Neigungen die stärksten, in deren Ansehung wir
weder Ehre von den Menschen, noch Belohnungen
von Gott, noch einen beträchtlichen innern Beyfall
erwarten dürfen? Unter dieselben gehören die Nei
gungen der Ehegatten und Verwandten, die Freund
schaft und Dankbarkeit. So sehr wir auch dieje
nigen verachten, welchen es an denselben fehlt; so
werden diese Neigungen doch immer für geringere
Tugenden gehalten, und einige verdienen kaum Tu
genden genennet zu werden.
(Es entsprin
gen nicht alle
liebreiche Neigungen aus der Sym
pathie.)
V. Einige behaupten, daß unsere meisten
grosmüthigen Neigungen, unserm eigenen Besten,
vermittelst einer Sympathie, unterworfen wären,
welche das Vergnügen oder den Schmerz, die
Glückseligkeit oder das Elend anderer zu beständi
des Willens. 103(Dritter Abschnitt.)
gen Ursachen unsers eigenen Vergnügens und
Schmerzens machte. Wir freuen uns, wenn wir
sehen, daß andre glücklich sind, oder wenn wir, in
einer Entfernung von ihnen, nur wissen, daß sie es
sind. Auf gleiche Art empfinden wir Schmerz
oder Traurigkeit über ihr Elend. Um nun dieses
Vergnügen zu erhalten, und diesen Schmerz zu
vermeiden, sagt man, haben wir, vermöge der
Selbstliebe, ein innerliches aufrichtiges Verlangen
nach ihrer Glückseligkeit, ungeachtet dasselbe von
dem Verlangen nach unsrer eigenen abhängt.
Aber ob gleich diese Sympathie für einen natürli
chen Grundtrieb und für einen schönen Theil un
srer innern Einrichtung anzusehen ist: so können
doch dadurch niemals alle liebreiche Neigungen er
kläret werden. Wenn sie allein wirkt: so steht sie
immerfort im Verhältnis mit dem wahrgenomme
nen oder eingebildeten Elend oder Leiden, ohne Ab
sicht auf andre Nebenumstände; dahingegen unsre
grosmüthigen Neigungen sehr verschiedene Grade
und Verhältnisse haben. Wir können eine schwä
chere Wohlgewogenheit gegen eine unbekante Per
son empfinden; aber wie viel stärker ist nicht die
Neigung der Dankbarkeit, die Liebe und Hochach
tung gegen einen würdigen Mann, oder gegen ei
nen vertrauten Freund, die verwandschaftliche Lie
be? Wenn diese Sympathie die Ursache aller Lie
be seyn soll: so mus sie sehr vielen Veränderungen
unterworfen seyn, und durch empfangene Wohl
thaten, durch die Wahrnehmung der moralischen
Vortreflichkeit, durch Vertraulichkeit, und Blutver
wandtschaft zunehmen; denn die innerliche Gewo
(Erstes
Buch.)
104 Lezte Bestimmungen
genheit, die liebreiche Neigung, nimmt durch diese
Ursachen stark zu.
Wenn man auch annimmt, daß diese Sympathie,
durch diese Ursachen, natürlicher Weise verändert wird:
so kan doch aus derselben nicht erklärt werden, wo
her der unmittelbare Ausbruch einer heftigen Liebe
und Gewogenheit gegen einen Character, welcher
uns in der höchsten moralischen Vortreflichkeit vor
gestellt wird, entstehet, ehe wir an den Zustand des
selben gedacht, oder erfahren haben, ob er glücklich oder
elend sey. Man setze voraus, daß er sich in den entfern
ten Gegenden der Erde, oder in einem andern Planeten
aufhalte. Wir können in der That die Absicht der
Seele, bey ihrem Bestreben und bey ihren Nei
gungen erkennen. Ist wohl bey einigen sympa
thetischen Freuden unser eigenes Vergnügen der
Gegenstand, auf welchen jede liebreiche Neigung,
und jeder gutherziger Wunsch abzielet? Ist die
Sorge für die Kinder, ist die Liebe des Vater
lands, auch alsdenn, wenn sie uns zu einer über
legten Aufopferung des Lebens antreibet, auf die
Erreichung eines eigenen Vergnügens, gerichtet?
Wenn und wo kan es erreicht werden? Nur ei
nen Augenblick oder zween zuvor, ehe uns der Tod,
allen menschlichen Angelegenheiten entzieht. Ueber
dieses denken auch wenige von uns daran, den Zustand
derjenigen, die uns überleben, zu wissen. Sollte
Gott einem rechtschaffenen und unerschrockenen
Manne ankundigen, daß sein Tod, in dem nächsten
Augenblicke, erfolgen, und daß er keine Empfin
dung mit den Sterblichen weiter gemein haben,
des Willens. 105(Dritter Abschnitt.)
noch ein Andenken an sie behalten werde, daß ihm
aber seine letzten Wünsche, in Ansehung seiner Kin
der, seiner Freunde, seines Vaterlands, gewähret
werden sollten: würde dieser Mann ihre Wohl
fart nicht eben so inbrünstig wünschen, als in sei
nem vorherigen Leben, ungeachtet seine angenehme
sympathetische Einbildung im nächsten Augenblicke
aufhören sollte? Wie will man aus der Sympa
pathie erklären, warum die sterbenden Menschen
für alle diejenigen, die ihnen werth sind, solche Be
ängstigungen fühlen, warum sie andern dieselben so
zärtlich empfehlen, sie vermahnen, und so brünstig für
sie beten, da sie doch überzeugt sind, daß sie gegenwär
tig aus diesem Zustande versetzet werden, und von
menschlichen Angelegenheiten weiter nichts wissen
sollen?
Auch unser Mitleiden gegen die Unglückli(Das Mit
leiden ist nicht eigen
nützig.)
chen ist offenbar auf die Erleichterung ihres Elends
gerichtet, wenn wir auch auf unsern eigenen
Schmerz nicht aufmerksam sind. Niemals kan der
letzte Endzweck einer Begierde blos die Entfernung
der Unruhe seyn, welche dieselbe begleitet. Ob also
gleich in der Natur, zwischen unserm Vortheil und
den Gegenständen unsrer zärtlichen Neigungen, ei
nige Verbindung seyn kan: so geht doch die Nei
gung, welche auf ihren guten Endzweck abzielet,
vor dieser Verbindung vorher, und ist die Ursache
von ihr. Wir freuen uns daher über das Glück
unsrer Kinder, unsrer Freunde, unsers Vaterlan
des; weil wir eine ganz unabhängige Gewogen
heit gegen sie haben. Wir lieben sie und wün
(Erstes
Buch.)
106 Lezte Bestimmungen
schen ihre Wohlfart, nicht um deswillen, weil ihre
Glückseligkeit uns erfreuen, und ihr Elend uns be
trüben kan. Je stärker also unsre vorhergegan
gene Liebe und Zuneigung war, desto grösser ist
unsre Freude über ihre Glückseligkeit; und unsre
Betrübnis über ihr Elend.
(Einige Nei
gungen sind gänzlich un
eigennützig.)
Dieses kan genug seyn, die wichtigen Wahr
heiten fest zu setzen, daß unsre Natur solcher Nei
gungen fähig ist, welche, im genauesten Verstan
de, uneigennützig sind, und weder von der Selbst
liebe abhängen, noch einen Eigennutz zum Endzweck
haben. Die Bande des Blutes, erhaltene Wohl
thaten, die Wahrnehmung der moralischen Vor
treflichkeit sind, ohne Betrachtung eines Vortheils,
der uns von ihnen zuwachsen könte, die natürlichen
Ursachen dieser besondern liebreichen Neigungen.
Einige davon entstehen ohne Verdienst; alle aber
haben das Beste anderer zum lezten Endzweck;
und alle wirken oft in der Seele, wenn sie auf ih
ren eigenen Vortheil nicht sieht, oder keinen ver
nünftigen Grund hat, ihn zu hoffen. Ja sie äussern
sich auch noch alsdenn, wenn sie die Seele in Un
ruhe und Bekümmernis setzen.
(Ruhige Neigungen und Leiden
schaften.)
VI. Gleichwie wir oben bemerkt haben, daß
die besondern Bewegungen des Willens, in Absicht
auf das eigene Beste, entweder ruhige Neigun
gen oder ungestüme Leidenschaften sind; also gilt
dieses auch von denjenigen besondern Bewegungen,
welche auf das Beste anderer abzielen. Einige von
ihnen sind still und ruhig; sie haben die Glückselig
keit ihres Gegenstands zur Absicht, welcher entwe
des Willens. 107(Dritter Abschnitt.)
der eine einzelne Person oder eine ganze Gesellschaft
ist. Sie sind mit keinen ungestümen Empfindun
gen verbunden, und verursachen nur alsdenn Un
ruhe, wenn sie ihre Absicht nicht erreichen; an
dere sind ungestüm, und werden von unruhigen
Empfindungen begleitet. Wir können in dieser
Vergleichung noch weiter gehen.
Wie die menschliche Seele, wenn sie in sich
selbst hineingeht, eine ruhige allgemeine Neigung
gegen ihre eigene höchste Glückseligkeit, wovon sie
einen Begrif hat, in sich findet; also finden wir
eine ähnliche unabhängige Neigung in Absicht auf
das Beste anderer Menschen. Wenn wir ruhig
sind, und unsrer Seele den Begrif des grössten
möglichen Systems empfindender Wesen, und der
höchsten Glückseligkeit, deren es fähig ist, vorstel
len: so finden wir zugleich eine ruhige Bestim
mung, dieselbe zu verlangen, ohne dabey auf einige
Verbindung mit unsern eigenen Vortheilen zu se
hen. Wir finden, daß diese zwo grossen Bestim
mungen, deren eine auf die höchste eigene Glückselig
keit, die andre aber auf das grösste allgemeine
Gute abzielet, unabhängig von einander sind, und
daß jede die Gewalt erlangen kan, alle besondre
Neigungen ihrer Art zurückzuhalten, und sich die
selben unterwürfig zu machen.
Aber hier entsteht eine neue Zwietracht in(Ob der ei
gennützige
Grundtrieb dem gemein
nützigen un
terworfen ist,
oder nicht.)
diesem zusammengesetzten Baue. Diese zween
Grundtriebe scheinen auf ganz verschiedene Wege
zu leiten. Mus die gemeinnützige Bestimmung
und alle ihre besondre Neigungen der eigennützigen
(Erstes
Buch.)
108 Lezte Bestimmungen
nachgeben, und unter ihrer Herrschaft stehen?
Dürfen wir uns unsern liebreichen Bewegungen,
nur in so weit es der Eigennutz verstattet, und wei
ter nicht, überlassen? Oder mus die eigennützige
der gemeinnützigen weichen? Oder können wir an
nehmen, daß in diesem zusammengesetzten System
zween höchste Grundtriebe vorhanden sind, welche
sich oft einander widersetzen, ohne daß eine Bey
legung ihres Zwists möglich sey? Oder können
wir eine ursprüngliche ruhige Bestlmmung, welche
auf das gemeine Beste abzielet, läugnen; und sol
len wir blos eine Verschiedenheit von besondern
liebreichen Neigungen zugeben, die als die höchsten
angesehen werden müssen, und zwar weder aus der
Selbstliebe entstehen, noch eigentlich auf den Ei
gennutz, als ihren natürlichen Endzweck, gerichtet
sind; die aber doch, bey allen unsern überlegten
Berathschlagungen über die allgemeine Einrichtung
unsers Verhaltens, nebst den besondern eigennützi
gen Begierden und Leidenschaften, dem ursprüngli
chen Triebe zu unserer eigenen Glückseligkeit und
Vollkommenheit, unterworfen sind? Dieses Letztere
scheint das System einiger vortreflichen Schrift
steller des Alterthums und neuerer Zeiten zu seyn.
(Dieses wird durch das moralische
Gefühl be
stimmt.)
Wenn man hier anführen wollte, daß wir,
durch unsere Vernunft und Ueberlegung, die Ab
sicht einsehen können, welche Gott, der Urheber
unsrer Natur, bey diesem ganzen Bau unsrer Nei
gungen gehabt hat; daß die allgemeine Glückselig
keit und die Glückseligkeit einer jeden einzelnen
Person, in so fern diese neben jener bestehen kan,
des Willens. 109(Dritter Abschnitt.)
sein einziger augenscheinlicher Endzweck sey; und
daß dieser Endzweck uns zur Vorschrift dienen
müsse, nicht nur alle eigennützigen Neigungen,
sondern auch selbst alle grosmüthigen besondern
Neigungen, so, wie es das allgemeine Beste des
Ganzen erfordert, in Schranken zu halten und zu
unterdrücken; wenn man alles dieses anführen
wollte: so ist es zwar in der That gegründet, allein
die Schwierigkeit wird dadurch noch nicht gehoben,
wenn wir nicht zuförderst unterrichtet sind, welche
Bestimmung der Seele, welcher Bewegungsgrund,
uns antreibt, den göttlichen Absichten gemäs zu
handeln. Ist es das Verlangen nach Belohnun
gen: so ist die eigennützige ruhige Bestimmung der
einzige letzte Grundtrieb bey allen überlegten Unter
nehmungen des Lebens. Ist es eine Empfindung
der moralischen Vortreflichkeit Gottes, ein Ver
langen, ihn nachzuahmen, ist es Liebe und Dank
barkeit: so mus das Verlangen nach der morali
schen Vortreflichkeit die höchste ursprüngliche Be
stimmung seyn. Aber ungeachtet dieses Verlan
gen nach der moralischen Vortreflichkeit, ein ur
sprünglicher unabhängiger Trieb ist: so setzet dassel
be doch einige vorhergehende Bestimmungen des
Willens, als seinen Gegenstand, voraus. Und un
ter diesen müssen einige seyn, in welchen die höchste
moralische Vortreflichkeit bestehet, ausserdem würde
unser Gefühl der moralischen Vortreflichkeit und
das Verlangen nach ihr, weil es viele besondere
widereinander streitende Neigungen empfehlen könte,
uns in ein neues Labyrinth führen. Die Auflö
sung dieser Schwierigkeiten müssen wir, vermittelst
(Erstes
Buch.)
110 Von dem moralischen Gefühl,
einer vollständigen Betrachtung des obenerwähnten
moralischen Gefühls, finden, zu welcher wir,
im nächsten Abschnitt, fortgehen und die Gründe
anführen wollen, wodurch zu beweisen ist, daß die
ses moralische Gefühl eine
ursprüngliche Be
stimmung in unsrer Natur sey, welche unter die
andern Kräfte der Empfindung nicht gerechnet
werden kan.
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15
*
Wir verstehen durch
die Selbstliebe blos das
Verlangen nach unserer
eigenen Glückseligkeit.
Weil das Wort Liebe oft
für Hochachtung ge
braucht wird, so haben
sich einige eine allgemeine
Selbsthochachtung vor
gestellt, oder ein Bestre
ben, den moralischen Cha
racter und die Vollkom
menheiten andrer, unsern
eigenen nachzusetzen; wel
ches der deständigenbeständigen Erfah
rung derjenigen, die beschei
den und gegen sich selbst
mistrauisch sind, gerade
widerspricht.
16
*
Das Verhältnis, ge
gen unsre eigene höchste und
edelste Vergnügungen, wel
ches uns die besten Schrift
steller des Alterthums, und
Lord Schaftesbury ange
geben haben, bestehet darin
nen, „daß wir aus einem
Bewustseyn der innern
Freude und Würde der Tu
gend, welche alle andre
Vergnügungen übertrift,
„den Entschlus fassen, uns
allen edlen und grosmüthi
gen Bewegungen unsrer
Herzen zu überlassen, und
die niedrigen Vortheile
dieses Lebens zu verach
ten.“ Sie bilden sich aber
dabey keineswegs ein, daß
wir, auf den Befehl unsers
Willens, neue Neigungen in
uns hervorbringen könten,
welche uns die Natur nicht
eingepflanzt und mit ihren
eigentlichen Ursachen ver
knüpft hat. Sie glauben
auch nicht, daß alle grosmü
thige Neigungen aus einer
Betrachtung eines eigenen
Vortheils herrühre. Die
sem Begrif widersetzen sie
sich mit dem grössten Eifer
und den stärksten Gründen.