Augustus Buchner (FG 362; 1641) erwidert in 310703 Martin Opitz’ v. Boberfeld (FG
200) Schreiben v. 3. 5. 1631 (Reifferscheid, 452f.). Sein Brief wurde von Opitz am 15. 8.
1631 [Opitz: Handschriften (Geiger), 62–64] beantwortet. Opitz-Brieferepertorium, Nr.
149 bzw. 165.
Die Leipziger Buchmesse zum Osterfest des Jahres (10. 4. 1631 a. St.)
wurde am Sonntag Jubilate (21. 4.) eröffnet und dauerte eigentlich acht Tage, jedoch
pflegten sich viele Buchhändler dort mehrere Wochen aufzuhalten. Johann Goldfriedrich:
Geschichte des Deutschen Buchhandels ... (1648–1740). Leipzig 1908, 179f., 258
u. 273 (Geschichte des Deutschen Buchhandels, 2).
Der letzte uns bekannte Brief
Buchners an Opitz, auf den dieser am 13. 4. 1631 antwortete, stammt vom 14. 3. 1631.
Jaski, 82–86 bzw.
Opitz: Briefe (Geiger), 358–360;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 132 u.
145. Opitz hatte an den Wittenberger Freund nochmals am 3. 5. 1631 geschrieben (s.
Anm. 3). Buchners Satz kann sich wegen der Dauer der Messe (s. Anm. 1) noch auf den
Mai beziehen.
Am 3. 5. 1631 sandte Opitz an Georg Michael Lingelsheim und an
Buchner Exemplare seiner deutschen Versübersetzung [
Opitz: Briefe (Geiger), 360f.
bzw.
Reifferscheid, 452f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 149 u. 150] von Hugo Grotius’
irenischem Werk
Bewijs van den waren godsdienst, die er in Paris auf Wunsch des
Burggf. und Herrn Karl Hannibal zu Dohna begonnen hatte [vgl. auch
Reifferscheid,
421 (8. 11. 1630, Opitz an Lingelsheim);
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 113]: Hugo Grotius
Von der Warheit der Christlichen Religion Auß Holländischer Sprache Hochdeutsch
gegeben. Durch Martin Opitzen (Breslau: David Müller 1631; Augustinus Gründer:
Brieg). S. 300725 K 7. Die Übersetzung war Ende April 1631 erschienen.
Reifferscheid,
880.
Am 24. 7. 1631 n. St., offenbar nach Erhalt eines Exemplars seines verdeutschten
Buches, pries Grotius Opitz’ übersetzerische Leistung („te quam fideli interprete,
quam felici poeta“) und rückte diese sodann in die kulturpatriotische Perspektive der ihnen
gemeinsamen alten Germania: „Nunc autem etiam qua parte meum est illud opus, || [
411] multo plus quam antea placere mihi incipit, ex quo Germanicae gravitatis more cultum
procedit. Non tantum tibi Germanos tuos debere arbitror, qui quae a me collecta sunt,
alibi saltem sparsa legere poterant, quantum ego debeo, qui tuo munere Germaniae, antiquae
parenti nostrae, innotescam. Elegantiam et nitorem ubique miror, nec ex alio libro
Germanice loqui aut facilius discam, aut lubentius.“ (
Grotius: Briefwisseling IV, 426f.;
Reifferscheid, 470;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 162). Am 1. 3. 1631 n. St. hatte Grotius
Opitz schon alle Freiheit in der Übersetzung erlaubt und ihn so gepriesen: „Non perit
Germania, Opiti doctissime, quae te habet locupletissimum testem, quid lingua Germanica,
quid ingenia Germanica valeant.“ (
Grotius: Briefwisseling IV, 350ff.;
Reifferscheid,
440f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 125). Opitz ermahnte unter Berufung auf Grotius
und mit einem Zitat aus dessen Brief (über Opitz’ Übertragung) auch seinen jungen
Freund Christophorus Colerus zu freierer Übersetzung von Grotius’
De veritate religionis
christianæ: „Id quod Grotium velle ex literis eius perspicio, quibus, quas heri prolixas accepi,
haec inerant: Librorum nostrorum pro Veritate religionis Christianae quod a scriptore
est, non meretur tantum interpretem: de ipso argumento idem dicere sine impietate
non possim. Sed tamen hic quoque memineris suadeo, liberum te esse, nec ita alligatum
praeeuntibus verbis, ut non liceat res easdem melius tibi dicere.“ Dieser Idee einer am
Sinn und nicht am Stil und Wortlaut des (religiösen!) Texts orientierten Übersetzung
präzisierte Opitz durch seinen Zusatz: „Ubique videndum, quid equidem sensus ac mens
auctoris, sed tamen et quid linguae nostrae genius requirat.“
Reifferscheid, 455, vgl. 446,
u. 458 (
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 152). Er hatte Colerus, vielleicht in Dohnas Auftrag,
verpflichtet (vgl.
Reifferscheid, 439), zur besseren Verständlichkeit (vgl.
Reifferscheid,
438f.) seiner Versfassung des
Bewijs Grotius’ ausführlichere lateinische Arbeit (s.
300725 K 7) ins Deutsche zu übertragen: Die Meinung der Bücher Hugonis Grotii Von
der Wahrheit der Christlichen Religion. Von Ihm Selbst Auss dem Holländischen inn
Latein, Vnd Auss Diesem in das Deutsche gezogen durch Christoph. Colerum ([Breslau]
1631). HAB: 1290. 3 Theol. (1). Colerus war bis zum August 1631 mit der Übersetzung
und dem Druck beschäftigt.
Reifferscheid, 885f. u. 473. In einem unveröffentlichten Postskript
zu Colerus’ Brief vom 4. 8. 1631 an Opitz (
Jaski, 100–103;
Reifferscheid, 470f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 163) bat dieser Opitz wohl vorsorglich: „Exemplaria rogo
per famulum rectè distribui cures. Quod sine inscriptione advenit, rogo si honestè et decorè
fieri posset Jllustri tuo patrono offeras. [...] Jllustri Troilo, si qua occasio contigerit
ipse offeras meo nomine, cui quamprimum scribam [...].“ FB Gotha: Chart A 473, Bl.
76v. D. i. Nicolaus (v.) Troilo (FG 142), der Breslauer katholische Domherr, welcher
Colerus (und Opitz) offenbar als ein geeigneter Empfänger des irenischen Buchs erschien!
Vgl. u. a. 271211 K 3, 271215 K 19, 280401, 280404, 331223 K I 2;
Conermann
III, 141f.,
Opitz: Poemata (1690) II, 356 (Gedicht an Troilo) u.
KL III, 50.
Eine
zweite, vermehrte Auflage konnte Opitz offenbar nicht herausbringen. Vgl.
Dünnhaupt:
Handbuch, 3050 über einen auf postume Sammelausgaben bezüglichen Nachweis v.
Goedeke III, 46.
Opitz: Silvae (StB Braunschweig: C 283
2 8°), von Bernhard Wilhelm
Nüßler herausgegeben und 1631 unter dem Namen von Opitz’ Breslauer Verleger
David Müller in Frankfurt a. M. erschienen. Über eine andere, frühere Sammlung lateinischer
Gedichte (UB Wrocław: R 2305 b), die die Leipziger Zensur nicht passierte und
daher nicht erschien, vgl.
Lindner II, 327ff. und
Szyrocki: Opitz (1956), 98 u. 153.
Clemens Schleich († 1638), Frankfurter und Hanauer Buchhändler, Verleger und Drukker,
aus einer Wittenberger Druckerfamilie, heiratete 1614 Sara, die Tochter von Claude
de Marne, Schwiegersohn des Druckers Andreas Wechel. Die Söhne von Johann Aubry,
Daniel und David, welche mit Schleich die Frankfurter Buchhandlung de Marne’s besaßen,
erhielten 1622 zusammen mit Schleich ein gräfl. hanauisches Privileg zur Fortsetzung
der Druckerei des Johann Aubry und Claude de Marne in Neuhanau. 1626 erschien
bei Aubry und Schleich auch die große Tasso-Nachdichtung Diederichs v. dem
Werder (s. Anm. 10). Nach dem Tode Daniel Aubrys (1628) wurde das Privileg 1629 für || [
412]
David Aubry, Clemens Schleich und Daniels Witwe Rahel Legrand erneuert. Mit dieser
führte Schleich damals die große Buchhandlung weiter. Als Verleger und „ungelernter
Drucker“ [
Benzing: Verleger, 1257; vgl. Ernst-Ludwig Berz: Die Notendrucker und ihre
Verleger in Frankfurt am Main von den Anfängen bis etwa 1630. Kassel 1970 (Catalogus
Musicus V), 111f.] arbeitete Schleich mit anderen, wie hier David Müller, zusammen.
Gustav Könnecke: Hessisches Buchdruckerbuch. Marburg in Hessen 1894, 143–145,
151–157; Alexander Dietz: Frankfurter Handelsgeschichte. Bd. 3, Frankfurt a. M. 1921,
Ndr. 1972, 72, 74–77; Walter Martin Fraeb: Hanau in der Geschichte des Buchhandels
und der Druckschriften. In: Hanauer Geschichtsblätter 10 (1931), 18f.; Fred Lübbecke:
Fünfhundert Jahre Buch und Druck in Frankfurt am Main. Frankfurt a. M. 1948, 77.
Vgl.
Benzing: Drucker, 189f. (Hanau: Aubry u. Schleich). Nüßlers Ausgabe weist neben
der Frankfurter Ortsangabe und der Verlagsbezeichnung David Müllers auch das von
Wechels Nachfolgern weiterbenutzte Pegasus-Signet — wohl als Hinweis auf Schleichs
Rolle als Drucker (und Buchhändler auf der Frankfurter Messe) — in der Form auf, die
Heitz für einen Druck von 1624 der Firma „In Officina Wecheliana. Apud Danielem et
Davidem Aubrios, et Clementem Schleichium“ abbildet: Frankfurter und Mainzer Drukker-
und Verlegerzeichen bis in das 17. Jahrhundert. Hg. Paul Heitz. Straßburg 1896,
Tafel LXIV Nr. 106 u. S. XI. Opitz forderte am 3. 5. 1631 Buchner auf, sich über den
Stand der Veröffentlichung bei Schleich zu erkundigen, der bisher kein Exemplar geschickt
und nicht einmal mitgeteilt habe, ob das Buch erschienen sei.
Opitz: Briefe (Geiger),
360f. (s. Anm. 3). Vgl. Opitz an Buchner, 13. 4. 1631 (s. Anm. 2), 358–360. Als
Nüßler Buchner am 1. 5. 1631 schrieb, hatte er selbst auch noch kein Druckexemplar seiner
Ausgabe erblickt.
Buchner (1720), 695f. Schon am 1. 3. [1631] hatte Buchner an
Opitz geschrieben, Schleich habe mit dem Druck einen Betrug begangen.
Opitz: Handschriften
(Geiger), 60f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 127. Tatsächlich scheint Schleich,
wie Opitz Buchner schon am 4. 1. 1631 berichten konnte, dem Dichter damals mitgeteilt
zu haben, daß Nüßlers Ausgabe der lateinischen Gedichte von Opitz bereits erschienen
sei [Opitz:
Handschriften (Geiger), 59f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 120]. Vgl. die Erwähnung von Schleich in Buchners Brief an Opitz v. 3. 11. 1630 [
Buchner (1679), 18;
Buchner (1720), 11;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 111]. In einem undatierten Brief an
Bernhard Wilhelm Nüßler, der von Ende 1630 bzw. Anfang 1631 stammt, gestand Buchner
„Valde videre aveo latina amici nostri summi poëmata, quibus cur meum tam invenustum
nomen præscribere, causa non erat. Et tamen factum gaudeo [...].“
Buchner
(1720), 438. Durch den Diener eines Straßburger Buchhändlers wollte Opitz am 22. 3.
1631 Exemplare des Buchs — wohl von der bevorstehenden Frankfurter Frühjahrsmesse
aus — nach Straßburg zu Georg Michael Lingelsheim bringen lassen, damit dieser sie
nach Paris an Jean Hotman sieur de Villiers Saint-Paul schicke, der auch Hugo Grotius,
Claude de Saumaise und Nicolas Rigault je ein Exemplar geben sollte.
Reifferscheid,
443;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 136; vgl. 300725 K 1. Das Buch war im Frankfurter
Fasten-Meßkatalog angezeigt: „MArt. Opitii Sylvarum libri III. Epigrammatum liber
vnus, è Musæo Bernhardi Gulielmi Nußleri. Francofurti apud David Möllerum. in 8“,
in: CATALOGVS VNIVERSALIS PRO NVNDINIS FRANCOFVRTENSIBVS VERNALIBVS
DE ANNO M. DC. XXXI. ... Das ist: Verzeichnuß aller Bücher/ so zu
Franckfurt in der Fastenmeß/ Anno 1631. ... auffgelegt ... FRANCOFVRTI, Impensis
& typis Hæredum Sigismundi latomi, Anno 1631, Bl. C 3v. In seiner Antwort auf 310703
wunderte sich Opitz am 15. 8. [1631], daß Buchner bei Abfassung jenes Briefs noch kein
Exemplar besessen habe, obgleich die Wittenberger Buchhändler sich reichlich mit dem
Buch versorgt hätten. Allerdings sei es Nüßlers und seine Pflicht gewesen, Buchner ein
Exemplar zu schicken: „[...] sed Nusslerum negotia sua, me conscius nugarum tuo
aspectu indignarum animus officii negligentes hactenus reddiderunt.“ Opitz: Handschriften
(Geiger)|, 62;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 165.
Tobias Hübners (FG 25) 1631 erschienene Ausgabe und Übersetzung der
Sepmaine des Guillaume de Saluste sieur Du || [
413] Bartas. S. 310000.
Diederich v. dem Werder (FG 31).
Dies ist wohl das Gedicht
„Die Herrligkeit Christi“, von der Werder in der Vorrede zur ersten Fassung
(1626) seiner Tasso-Übertragung (
s. v. dem Werder) eine Kostprobe gegeben hatte (vgl.
260617 K 12 und 290510). An dieser Dichtung, die nicht im Druck erschien, dürfte Werder
bis zum erwähnten ,Arbeitsessen‘ mit Buchner weitergearbeitet haben. War sie gar
schon abgeschlossen? Weniger passend, jedoch nicht ausgeschlossen erscheint es, daß
Buchner das Manuskript der 1631 anonym erschienenen Dichtung Werders sah: Krieg
vnd Sieg Christi Gesungen Jn 100. Sonnetten (Wittenberg 1631: Johann Röhner), s.
310800. Das gemischte Urteil Buchners über die Stärke der Erfindungskraft und die
Mängel der Elocutio Werders entspricht den detaillierteren Äußerungen in Buchners
Schreiben 260617 an Opitz. Die Ausweitung der Kritik auf die Anhaltini scheint hier zumindest
auch Nahrung aus Hübners eben erwähnter
Erster Woche zu ziehen.
Ein
Dokument, in dem Anhalter in der FG darüber klagen, daß Opitz sie nicht auf seiner
Rückkehr begrüßt habe, ist u. W. nicht überliefert. Opitz hatte zur Zeit seiner Aufnahme
in die FG bereits einen Anhalter, d. i. einen Anhaltiner, nämlich F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51), in Breslau kennengelernt. S. 291013, vgl. auch 250700.Über das
erste uns bekannte Zusammentreffen mit F. Ludwig und Werder berichtet Opitz in
331223. Auf seiner Reise von Breslau nach Paris im Jahre 1630 gelangte Opitz entgegen
seiner Absicht (s. 291231 K 6) nicht nach Köthen.
Conermann: Opitz auf der Dresdner
Fürstenhochzeit, 612. Er berührte Anhalt offenbar auch nicht auf seiner Rückreise (Opitz
wollte Ende September/ Anfang Oktober 1630 zehn Tage in Leipzig verbringen). Vgl.
Opitz’ Brief an Buchner v. 27. 9. [1630] [
Opitz: Briefe (Geiger), 356f.;
Opitz-Brieferepertorium,
Nr. 110 u.
Conermann: Opitz auf der Dresdner Fürstenhochzeit, ebd., Anm. 65].
Der Dichter und kursächsische Sekretär Johann Seuße
(Weißensee, Thür. 8. 6. 1566 – Dresden 30. 5. 1631), den Opitz wohl schon 1625 und dann Anfang März 1630
auf seiner Reise nach Frankreich in Dresden getroffen hatte. Herkunft bisher unbekannt,
s. z. B. Heinrich Klenz,
ADB XXXIV, 67f. u. Jörg-Ulrich Fechner: Art. „Seusse“
in:
Literatur-Lexikon XI, 21; ders.: Ein unbekanntes weltliches Madrigal von Heinrich
Schütz. Gelegenheit und Gelegenheitsgedicht, erwogen aus germanistischer Sicht. In:
Schütz-Jahrbuch 6 (1984), 23–51 (mit vorläufigem Verzeichnis der S.-Schriften). Vgl.
Conermann: Opitz auf der Dresdner Fürstenhochzeit, 613f. Anm. 69 (mit Nachträgen zu
Fechner 1984). Vgl. K II u. Opitz| II.2, 653 u. IV.2, 486–489. In
Buchner (1720), 459–
470 u. 614f. sieben undatierte Briefe Buchners an Seuße, worin Buchner Seußes Gedichte
überschwenglich preist (S. 470).
Q. Fabius Maximus Verrucosus, von Livius 30, 26,9 Cunctator genannt, rettete im Krieg gegen Hannibal durch Vermeidung militärischer
Entscheidungen den römischen Staat. Vgl. Enn. ann. 363 Skutch (370 Vahlen): unus homo
nobis cunctando restituit rem. Erst P. Cornelius Scipio Africanus konnte den Krieg
beenden, als er gegen den Widerstand des Cunctator (Liv. XXX 26, 9) nach Afrika übersetzte
und Hannibal 202 bei Zama schlug. Vgl. Plut. Fab.; Pol. 3, 86ff.
Nach der
Eroberung Magdeburgs durch Tilly am 20. 5. 1631 n. St. zog dieser seine Hauptkräfte
im hess.-thüring. Grenzraum um Mühlhausen zusammen. In der hess. Werraregion kam
es zu Zusammenstößen mit Truppen Lgf. Wilhelms V. v. Hessen-Kassel (FG 65), der Tillys
Forderungen nach Parteinahme trotzig zurückgewiesen hatte.
Ritter: Deutsche Geschichte,
492. Vgl. Karl Wittich (Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Berlin 1874, 715
Anm. 2), der die standhafte Antwort Wilhelms (und seiner Stände) quellenmäßig belegt
und die von Ritter und anderen behaupteten weitergehenden Forderungen (Abdankung
der Soldatesca Wilhelms, Einquartierung von fünf Regimentern Tillys, Entrichtung von
Kontribution, Auslieferung der Festungen Kassel und Ziegenhain;
Theatrum europaeum,
Tl. 2, 3. Aufl., 412 [HAB: Ge 4° 54]) auf die Nachricht der Mercurij Ordinari Zeitung
auf das 1631. Jahr“ [München], Littera g. 7 zurückführte: „Relation einer vornemmen
Person, jetzigen Zustand deß Kriegs in Türingen und Hessen belangend.“ (undatiert).
Tilly habe seinen Generalquartiermeister an Lgf. Wilhelm mit den folgenden Forderun- || [
414]
gen gesandt: 1. Einquartierung von 5 Regimentern Tillys in Hessen, 2. Abdankung der
eigenen geworbenen Truppen, 3. Besetzung Kassels und Ziegenhains durch Tilly, 4.
„[...] sich Freund/ oder Feind zuerklären“, 5. Kontribution leisten. Wilhelm habe alle
Forderungen abgelehnt, worauf Tilly die hess. Festungen Schmalkalden und Vach durch
Oberst Hans Philipp Kratz v. Scharfenstein habe besetzen lassen. Vgl. Mercurij Ordinari
Zeitung auf das 1631. Jahr [München], Littera e. 205: „Auß Haala/ im Ertzstifft Magdeburg/
vom 20. Junij.“: „Dem Landgrauen zu Hessen hat Herr General andeuten lassen/
er solle sein Volck abdancken/ oder/ er müsste es wol abdancken/ warauff die Gesandten
12. Tag bedencken gebetten/ welche jhnen geben worden/ [...]“; Littera g. 207:
„Auß Erffurt/ vom 2. Julij“: „Die Tyllische Reutterey ligt hierumb in Weimarischen vnd
deren Orten noch still/ Herr General Tylli aber zu Mülhausen/ man hat noch nichts gewises
vom Einfall in Hessen/ vnd gibt man vor/ der Landgraf schicke jhme Prouiant/
andere aber/ deß er sich noch stets armire/ vnd die Päß starck besetze/ die Landständ
beysamen gehabt/ vermaint/ sie auff sein seyten zubringen/ haben doch etliche von der
Ritterschafft nicht daran gewolt/ sondern vil mehr zur abdanckung rathen wollen/ dahero
etliche in grossem verdacht/ vnd verlaut/ es weren etliche zu Cassel schon arrestirt“;
Littera e. 205: „Auß Franckfort am Mayn/ vom 8. Julij“: „Der Landgraf von Hessen
hat 7000. zu Fuß/ vnnd 1500. geworbenes Volck beysamen/ vnd weiln er in sorgen
vnnd gefahr stehn muß/ auch zum thail etwas kundtschafft gehabt/ es möchte Herr General
Tylli mit seiner Armeè in Hessen einfallen/ vnnd jhne haimbsuchen/ also hat er
sein vnderhabendes Volck nach Cassel vnd Zigenhain erfordert/ vnd dasselb in- vnnd
ausserhalb den Pasteyen vnnd Mauren baider Vestungen gelegt. Weiln auch Herr General
Tylli an bemelten Landgrauen von Hessen/ Volck einzunemmen/ starck begert/ mit
vermelden/ es könde ainmal anders nicht sein/ also hat offtbesagter Landgraf endtlich
vier Regiment Tyllisch Fußvolck/ vnd ain Regiment zu Pferd eingenommen/ vnd ligt
solches Volck anjetzt in den zwo Stätten Eschweeg vnd Vach.“ Hierauf mußten sich Wittich,
717f. und andere auch bei ihren Angaben über die Einfälle tillyscher Offiziere ins
hessische Grenzgebiet stützen: Im
Theatrum europaeum, 2. Tl., 3. Aufl., 412 (HAB: Ge
4° 54) wird neben der Eroberung hess. Grenzfesten wie Schmalkalden und Vach und
dem Rückzug der neugeworbenen, unerfahrenen hess. Truppen ins Landesinnere auch
der siegreiche Überfall einer hess. Partei auf Reiter Tillys bei Rotenburg a. d. Fulda erwähnt.
Im Juni 1631 konnten die in Spandau konzentrierten Schweden Werben (an
der Elbe) den Kaiserlichen entreißen, jedoch trafen Truppen des ksl. und ligist. Reitergenerals
Gottfried Heinrich v. Pappenheim (1594–1632) aus dem Kölnischen noch rechtzeitig
genug ein, um Havelberg zu verstärken. Wittich (s. Anm. 14), 717f. Vgl. Mercurij
Ordinari Zeitung (s. Anm. 14): „Auß Haala/ im Ertzstifft Magdeburg/ vom 20. Junij“:
„Der Schwed zeucht herumb/ vnnd sucht vberal mittel vber die Elb zukommen/ vnnd
weil er sich zu Rottenaw vber die Hauelbruck gemacht/ hat Herr General [Tilly] den
Grauen von Pappenhaim mit etlich Regimentern zu ruck/ nach der alten Marck geschickt/
dem Schweden zu wöhren/ daß er nicht vber die Elb komme.“
Pappenheim.
Das Städtchen Burg, ungefähr 2 Meilen (sächsisch, 18124 m) nördöstlich von
Magdeburg. Der schwedische General Johan Banér (FG 222) besetzte die von Pappenheim
entsetzte und am 8. 1. aufgegebene Stadt Magdeburg am 11. 1. 1632 n. St. Samuelis
Pufendorfi commentariorum de rebus Suecicis libri XXVI. Ab expeditione Gustavi Adolfi
regis in Germaniam ad abdicationem usque Christinæ. Ultrajecti, Apud Johannem
Ribbium, M DC LXXXVI, 62. Vgl. dazu z. B. Max Dittmar (Hg.): Samuel Walther’s
Historia literaria Excidii Magdeburgici. In: Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg
26 (1891), 261–299, hier 283ff. Zur Eroberung Magdeburgs und zur ksl. Besatzungszeit
vgl. 320313 K 0.
Träume, die Gustav Adolf vor großen Entscheidungen
befielen, wurden in seiner Umgebung aufmerksam registriert und als Vorzeichen realer
Vorgänge gedeutet. Vgl. Günter Barudio: Gustav Adolf — der Große. Eine politische
Biographie. Frankfurt a. M. 1982, 506, 689 (u. a. Tilly-Traum in der Nacht vor der || [
415]
Schlacht von Breitenfeld) mit Hinweis auf Hans Hildebrand: Minne af Riksantikvarien
Johannes Bureus, Stockholm 1910, 59 (Eintragung des Bureus am 31. 5. 1623: „drömde
konungen han fick Sigismundum fängen.“). Opitz machte am 8. 8. 1631 Mitteilung von
dem von Buchner erwähnten Traum an Lingelsheim (
Reifferscheid, 472;
Opitz-Brieferepertorium
Nr. 164).
Zum Opitz-Porträt Jacob van der Heydens s. Abb. S. 419 u.
„Zu den Abbildungen“ S. 127f., außerdem bereits 250510 K 11, 271001 K 4, 271010,
280716 u. 290909. Danach malte bzw. zeichnete Opitz’ Freund Bartholomäus Strobel d.
J. den Dichter bereits 1627/1628. Buchner bat Opitz vergeblich um das Bild und ließ,
nachdem er von van der Heydens Straßburger Porträt erfuhr, auch nicht davon ab, seinen
Freund Opitz um einen Abdruck des Kupferstichs zu bitten. Opitz hatte ihm am 27.
9. [1630] mitgeteilt, er habe sich in Straßburg konterfeien (depingi) lassen.
Opitz: Briefe
(Geiger), 357;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 110. Opitz bat Buchner in diesem Brief auch
um ein Epigramm. Dieser konnte es erst nach Opitz’ Weiterreise mit seinem Brief v. 3.
11. 1630 schicken. Er bat bei dieser Gelegenheit gleich um ein koloriertes Bildnis (
Jaski,
64–68,
Buchner (1720), 11f.,
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 111). Offenbar wurde das
Konterfei nur mit Caspar v. Barths Versen veröffentlicht, den Opitz auf seiner Rückreise
von Frankreich nach Breslau auch besucht hatte (Opitz an Lingelsheim, 8. 11. [1630], s.
Anm. 3). Balthasar Venator sollte, wie Matthias Bernegger Opitz am 25. 11. 1630
schrieb, ebenfalls ein Epigramm für das — vom Stecher kaum vor Weihnachten erwartete
— Porträt verfassen (
Reifferscheid, 424;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 116). Also diente
die Heranziehung Venators, wenigstens nach Berneggers Auffassung, und wohl auch die
Buchners einem (den Autoren unbewußten) Wettbewerb um einige dem Abgebildeten
und dem Porträt angemessene Verse. Bernegger zitierte die Anfangsworte des ihm schon
bekannten Barth-Epigramms und erhoffte Besseres von Venator. Auch [zusätzliche?]
französische Verse scheinen in Betracht gezogen worden zu sein, doch überließ Bernegger
hierbei Georg Michael Lingelsheim die Auswahl. Bernegger versprach Opitz am 13.
3. 1631 (
Reifferscheid, 888;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 131), ihm von der Frankfurter
Messe einige Exemplare des Kupferstichs zu senden. Derweil ermahnte Buchner Opitz
und bat nochmals um ein koloriertes Bild (14. 3. 1631, s. Anm. 2). Am 27. 3. 1631 konnte
Bernegger einige wenige Exemplare des Kupferstichs endlich Straßburger Buchhändlern
mitgeben, damit diese sie auf der Messe an Opitz weiterschickten.
Reifferscheid, 447;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 140. Am 3. 5. 1631 (s. Anm. 2) meldete Opitz Buchner zwar
das unmittelbar bevorstehende Eintreffen seines Kupferstichporträts, jedoch mußte er
seinen Freund wegen des kolorierten Porträts noch am 15. 8. 1631 (s. Anm. 7) auf eine
kurze Zeit vertrösten. Der forderte sichtlich verärgert am 27. 2. 1632 [
Jaski, 117–120;
Buchner (1720), 22;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 173], Opitz möge, wenn er ihm das
versprochene Bild Strobels vorenthalte, weil es zu seinem bäurischen Wesen nicht passe,
doch einige Abzüge des Straßburger Kupferstichs, darunter einen kolorierten, schicken,
„ut Hauerus noster exemplar scilicet, unde mihi aliquod instar tui possit excudere, quod
in Museo meo dedicem. Monerem etiam de reliquis, sed nolui te in pudorem dare. Videbis
quid per ista tempora tutò mittj possit.“ D. i. der Maler Johann Hauer d. J., für den
Buchner d. d. Wittenberg 20. 4. 1642 einen allgemeinen Empfehlungsbrief an den Leser
verfaßte, in dem es u. a. heißt: „Ne qua mirari possis scilicet, quod inter Academicos Cives
dudum Johannem Hauerum, Pictorem scitissimum nec illiteratum adscripsimus; &
nunc ejusdem filium cognominem, paternæ artis consecraneum, Tibi commendamus.“
Buchner (1720), 600–602. Tatsächlich finden sich Vater und Sohn in
Mat. Wittemberg
II, 492 (Mai 1602 „Iohannes Hauer Witebergensis non iuravit“) bzw.
Jü. Mat. Wittenberg,
402 (Ost. 1638 „Iohannes Hauer Witeb.“). Ob diese mit dem gleichnamigen Nürnberger
Maler, Ätzmaler, Kupferstecher, Goldschmied, Kunsthändler und Kunstschriftsteller
Johann Hauer (1586–1660) verwandt sind oder ob der ältere Hauer (in der Wittenberger
Matrikel) gar mit dem Nürnberger identisch ist, vermögen wir nicht zu entscheiden.
Thieme-Becker XVI, 127. Opitz versprach am 26. 3. 1632 Buchner, er werde || [
416] sein Bildnis kolorieren lassen und es ihm bald zuschicken. [
Opitz: Briefe (Geiger), 369f.,
ergänzter Text zu
Opitz: Handschriften (Geiger), 64f.;
Opitz-Brieferepertorium, Nr.
177].
Die übrigen Wünsche lassen sich aus dem letzten vorhergehenden (erhaltenen)
Schreiben Buchners an Opitz vom 14. 3. 1631 (s. Anm. 2) nicht mit Gewißheit erschließen.
K I
1 Diederich v. dem Werder (FG 31), auf Reinsdorf (Gem. Görzig, Anhalt), der
Übersetzer von Torquato Tassos Epos
La Gerusalemme liberata u. d. T.
Gottfried von
Bulljon, Oder Das erlösete Jerusalem (Franckfurt a. M. 1626, 2. ü berarb. Auflage Franckfurt
a. M. 1651). Vgl. K und 230819 K 7. Schon das Erscheinungsdatum der Erstauflage
beweist, daß die Datierung des Gedichts Buchners in
MGH und
MAS falsch ist. Wir teilen
es trotz des unbekannten Zeitpunkts seiner Entstehung mit, da es die anerkennende,
jedoch durchaus nicht unkritische Beurteilung des adligen Dilettanten, die sich im Briefwechsel
Buchners (vgl. 260617 u. 310703) ausdrückt, mit der Rhetorik seines Lobgedichts
zu vergleichen erlaubt. Das im Gedicht am Topos Arte et Marte behandelte Thema
ist für die Bestimmung des Verhältnisses von gelehrter und adlig-höfischer Dichtung
in der Fruchtbringenden Gesellschaft von großer Bedeutung. Übrigens schrieb auch
Opitz Ehrengedichte auf Werder. S. 280000, 340912 u. 371121. G. Dünnhaupt, der
Opitz ein Gedicht am Ende von Werders Tasso-Übertragung (
v. dem Werder, Bl. 259r
u. S. 24*) zuschrieb [und Christof v. Krosigk (FG 7) für den Übermittler hielt], gab diese
schon aus stilistischen und metrischen Gründen irrige Annahme später auf. Vgl.
Dünnhaupt:
Handbuch, Art. „Martin Opitz“.
2 Abgeleitet von der Quellnymphe Manto, die
von Tiberis Ocnus empfing, den Erbauer Mantuas; Verg. Aen. 10, 198ff. In
Faber/ Buchner
(1664), 561 verknüpft mit der Tochter des thebanischen Sehers: „Tiresiæ vatis Thebani
filia, à qua Mantua. Virgilii patria, civitas clarissima, dicta est. Eam enim Bianor,
Mantus filius, condidit, ut Servius in Eclog. IX. Virgilii auctor est.“ Es kommt Buchner
in V. 10 also darauf an, die Übereinstimmung der Dichtungen Tassos und Werders mit
den Regeln des Epos Vergils zu betonen.
3 Bezeichnung der toskanischen Sprache.
Buchner wußte offenbar nicht, daß Tasso von der Accademia della Crusca, die die Vorbildlichkeit
des Florentinischen und der Sprache des Trecento verfocht, als Vertreter einer
modernen gesamtitalienischen Sprache angegriffen wurde. Vgl. z. B. Maurizio Vitale:
La Questione della Lingua. Nuova Edizione O. O. (1984), 72ff. u. 155ff.; Beatrice Bagola:
Sprachdiskussionen in Italien und Frankreich. Hamburg 1991, z. B. S. 80 (Benedetto
Fioretto: „L’Accademia della Crusca rimprouerò al Tasso questo peccato di parlar barbaro.“).
F. Ludwig war schon durch Giovan Batista Gelli, einem Mitglied der Accademia
Fiorentina und früheren Vertreter der Vorbildlichkeit des Florentinischen, mit der ,Questione
della lingua‘ bekannt geworden. Er hatte sich als Cruscone in seiner Ausgabe der
Capricci del Bottaio (1619) Gellis zwar der sprachlichen Kriterien der Crusca bedient,
sich im Kommentar zu dem von ihm übersetzten Werk jedoch nicht auf Gellis Verherrlichung
der eigenen Zunge im Dienste der Kulturpolitik des toskanischen Herzogs Cosimo
I. eingelassen. Vielmehr teilte F. Ludwig Gellis Glauben an die Eignung der Muttersprache
für die Wissenschaften und Künste, wendete diese Einsicht aber nur gegen die
Vorherrschaft des Lateinischen und nicht gegen die nichtflorentinischen Dialekte. Ludwig
verallgemeinerte die Idee vielmehr so, daß sie auch dem Deutschen im Konzert der
Volkssprachen eine Chance gab. Conermann in
DA Köthen II.1, *26f
4 T. Vestricius
Spurinna, röm. General und Gesandter des 1. Jh.s n. Chr. Vgl.
Faber/ Buchner (1664),
937 s. v. Spurina: „de quo Tacitus II. Histor. cap. XI. Ejus jam senis ac traducti in otium
vitam & mores Plinius explicat lib. II. Epist. 1.“
5 Gemeint ist wohl das Gastmahl mit
philosophischen Gesprächen, wie es in Platons
Symposion vorgebildet ist. Vgl. Plin.
epist. 3, 12, 1: „Veniam ad cenam, sed iam nunc paciscor, sit expedita sit parca, Socraticis
tantum sermonibus abundet, in his quoque teneat modum.“
6 Scipiades, ein Scipione,
ein (zweiter) Scipio; historisch P. Cornelius Scipio Africanus, der die röm. Nie- || [
417] derlage von Cannae (216 v. Chr.) wettmachte, Hannibal bei Zama (202 v. Chr.) schlug,
Karthago zum Frieden zwang (201 v. Chr.) und triumphierte. Vgl. auch
Faber/ Buchner
(1664), 855 im Plural „Scipiadæ, pro Scipionibus apud Virgil.“
7 Jerusalem. Der titelgebende
Held des Epos Tassos ist Gottfried v. Bouillon (Gottfried IV. v. B., Hz. v. Niederlothringen),
der 1099 König v. Jerusalem wurde.
8 Der Prophet Mohammed.
Nicht er, sondern Omar I. unterwarf 638 Jerusalem der islam. Herrschaft.
9 Im Januar
1627 konnte Diederich v. dem Werder auf einer Gesandtschaftsreise Kaiser Ferdinand
II. sein demselben gewidmetes Gottfried-Epos überreichen. Der Kaiser soll das Werk,
wie die Vorrede der zweiten Auflage von 1651 berichtet, sogleich gelesen und unter die
Bücher seiner Kammer gestellt haben.
K II
1 Geburtsort und Sterbedatum Seußes (s. K 12) scheinen zuerst in der in Q zitierten,
bisher verschollenen Gedenkschrift veröffentlicht zu sein. Sie waren z. B. noch Klenz
und Fechner (s. K 12) unbekannt. Seußes Wappen, das Fechner: Art. „Seusse“ ohne
Nachweis von dem (gänzlich verschiedenen) Wappen der Kollonitz ableiten wollte, ist
schon 1873 in
Siebmacher V.2, 33 u. T. 55 als das des Dichters bezeugt, der dort als
„Seuss, Joannes, geschworner Notar zu Steyer, 1601“ firmiert; Schild „Ein b. Schrägbalken
mit 3. g. Adlern mit offenem Flug belegt. Oben und unten von S. und R. 8 mal schräglinks
getheilt.“ Danach abgebildet in Ottfried Neubecker: Großes Wappen-Bilder-Lexikon
Der bürgerl. Geschlechter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. München
1985, T. 1024. Ist es derselbe oder nur ein verwandter, namens- und berufsgleicher Advokat
Johann Seissius in Graz, dem der Kaiser am 10. 10. 1598 den Adelsstand verlieh
und das Wappen besserte, das Ehz. Maximilian v. Österreich ihm am 30. 3. 1595 bestätigt hatte?
Frank III, 298.
Unsere Annahme, daß es sich um den Dichter handelt, wird
durch einen Hinweis auf die kaiserl. Nobilitierung auf einem der beiden von Fechner
1984, 50f. wiedergegebenen Porträts bestätigt (beide zeigen das erwähnte Wappen). Ob
Seuße aufgrund familiärer Wurzeln oder aus anderen Gründen nach Österreich gelangte,
bleibt zu erforschen. Hier (auf dem Schloß des protestant., 1629 emigrierten Frh.
v. Racknitz im steir. Pernegg, in dessen Diensten er vielleicht stand) heiratete Seusse am
12. 4. 1592 Cordula Ziegler (Leoben 1556 — Dresden 15. 2. 1611), die Tochter des Leobener
Bürgermeisters August Ziegler und Witwe des Verwalters der steir. Hft. Negau,
Aegidius Guntzkopffer († 22. 11. 1588). (Übrigens diente Abraham, der Sohn aus Cordulas
im Mai 1573 geschlossener erster Ehe noch 1611 Frh. Seifried v. Kollonitz in Ungarn.)
Vgl. Eine Christliche Leichpredigt/ Bey de[r Begrä]bnis der ... CORDVLÆ, |
Des Ehrnvesten vnd Hochgelahrten Herrn IOHANNIS SEVSSII, Churfürstlichen Sächsischen
Secretarij, hertzlieben Ehelichen Haußfrawen/ seligen/ welche den 15. Februarij
in diesem 1611. Jahre ... seliglich entschlaffen/ vnd den 18. desselben Monats bey vnser
lieben Frawen Kirchen in Dreßden ... [be]stattet ist. Gehalten durch M. Balthasar Meisnerum,
Stadtpredigern daselbsten. Gedruckt zu Leipzig bey Abraham Lamberg/ Jm Jahr
M. DC. Xi. (HAB: Stolberg 9857), Bl. D ij r „Wie nun aber Anno 1600. die Steyerische
Religions Reformation für genommen worden/ hat sie viel lieber jhre gute Nahrung/
Hauß vnd Hof/ ja jhre liebe Blutsfreunde vnd Vaterland verlassen/ vnd sich ins Exilium
vnd frembde begeben als jhre Christliche Religion vnd Glauben/ darin sie sehr wol fundirt,
vnd eyferig gewesen/ verleugnen vnnd abfallen wollen/ Jhren Seligmacher offentlich
bekennet [...] Sich darauff alsbald mit jhrem geliebten Herrn/ vnd andern verfolgeten
Christen/ darunter die verstorbene Fraw Magdalena Reuterin/ Herr Matthias Tomitzsch/
vnd Herr Veit Pelshöfer/ alle selige/ gewesen/ hieher begeben [...]“. Im Laufe
der 1598 verkündeten und bis 1602 währenden katholischen Reformation Innerösterreichs
(Steiermark, Kärnten, Krain) durch Ehz. Ferdinand, den späteren Ks. Ferdinand
II., wichen also auch die Seußes dem Gewissenszwang aus und zogen nach Kursachsen.
Die genannten Exulantenfamilien Tomitsch und Pelshöfer blieben ihnen eng verbunden,
sei es durch Seußes zweite Ehefrau Sophia Tomitsch, sei es durch die Verfasser von Ge- || [
418] dichten
auf Seuße: Johann Georg Pelshöfer (Prof. med. Wittenberg) und M. Erich Pelshöfer
(Magister; Eloquentiæ in Ducali Gymnasio Steinensi Professor designatus). Vgl.
IOANNIS SEVSSI SECRETARII ELECTORALIS SAXONICI, CVPRESSVS STIRIACA,
Sive Fautorum & Amicorum Epigrammata funebria, super obitum Nobiliss. atque
Honestiss. Matronæ CORDULA ZIEGLERIÆ | Stiræ, conjugis ipsius ... defunctæ.
LIPSIÆ, Ex Officina Typographica, Abrahami Lambergi, Anno 1611, a. a. O. Vgl. auch
Richard Schmertosch v. Riesenthal: Adelige Exulanten in Kursachsen nach Urkunden
des Dresdner Hauptstaatsarchivs. In: Vierteljahrsschrift f. Wappen-, Siegel- u. Familienkunde
XXX (1902), 66–264.
2 Andere Gedichte Buchners auf Seuße auch in
Buchner:
Poemata selectiora, 356–360 bzw.
Buchner: Poemata elegantissima, 356–360: Epithalamium
zu Seußes 2. Hochzeit, Ann. 1613. M. Jan. u. d. T. JANO SEUSSIO, EL. SAX. Secret.
& SOPHIÆ TONITSCHIÆ [
recte Tomitschiæ], inc. „FLora SEUSSII hortulana,
Flora SEUSSII tui,“; auf denselben Anlaß S. 360f. zwei Epigramme; 612–614 ein Briefgedicht
an Seuße „Ann. 1620. M. Dec.“, inc. „AT quæ tam longi venit tibi causa silentı̂“;
473 „In JANI SEUSSII Poëmata., Ann. 1626.“, inc. „DUm furit, & totos Discordia surrigit
angves,“. Vgl.
Buchner (1720), 470 das Kompliment in einem undat. Brief Buchners
an Seuße: „De Carmine gratias ago. Nunquam lego tua, quin exclamen: O Poëtarum ingeniosissime
Seussi! Aliis enim alia censeantur: tuorum Poëmatum laus ingeniositas.“
3 Seußes Garten mit vielen seltenen Blumenarten behandelt ein Gedicht des Arztes Andreas
Schifner (Mildenavius) in CVPRESSVS STIRIACA (s. Anm. 1), Bl. C 3r — [C4]r.
4 Elfenbein, hier metonymisch für die daraus gefertigte Flöte. Vgl. Verg. georg. 2, 193.
5 Von diesem Vers an scheint der Dresdner Buchner insbesondere seine eigene
Dankbarkeit für die Förderung seiner poetischen Begabung durch den Dichter Seusse
ausdrücken zu wollen.
6 Iollas. In Verg. ecl. 3, 79 sagt Phyllis beim Scheiden zu Menalcas:
„longum ,formose, uale uale,‘ inquit, ,Iolla‘;“ Vgl. 2, 57; 3, 76. Nicht der von Hebe
verjüngte Jolaus, Neffe des Hercules; Ov. met. 9, 397. 430.
7 Thamyras, thrakischer
mythischer Dichter, der wegen eines Wettstreits mit den Musen seine Stimme, Leier
(und Sehkraft) einbüßte. Stat. Theb. 4, 182; Prop. 2, 22, 19.
8 Orpheus, Sohn
Apolls und der Kalliope, ist ein thrakischer Sänger. Er wird daher als Oeagrius nach
dem thrakischen Flußnamen Oeagrus (Οἴ𝛼ɣϱοϛ) benannt, der nach einigen auch den Vater
des Orpheus meint. Ov. Ib. 480; Hyg. fab. 14,1.
9 Linus gilt wie Orpheus und Thamyras
z. Tl. als unglücklicher Sohn Apolls und einer Muse (Terpsychore), auch als Lehrer
von Orpheus, Thamyras und Herkules. Verg. ecl. 4, 56, vgl. Theokr. 24, 103 u. Ov.
am. 3, 9, 63. S.
Faber/ Buchner (1664), 532: „Poeta Thebanus, fuit antiquissimus, qui
Herculem literas & Musicam docuit. Quem cum objurgaret, adolescens iratus, tabulam,
in qua literas pinxerat, capiti Lini illisit, quo ictu, Linus mortuus est.“ Als Sohn Apolls
(oder des Amphimarus) und Uranias (oder Psamathes) ließ Linus sich auf einen Wettkampf
mit seinem Vater ein und wurde von ihm erschlagen; Paus. 9, 29, 6f., Hyg. fab.
161 u. Martial. 9, 86, 4.
10 Das Klagelied auf Linus wurde selbst λίνοϛ genannt. Bei
dem Abbild des Sängers, dem Erfinder der Melodie und des Rhythmus, fanden auf dem
Helikon, nahe dem Hain der Musen, jährlich Totenopfer statt. Paus. 2,19,8; 9, 29, 7f.
11 Am Gedichtschluß eine Pointe Buchners, die unprotestantisch, geradezu blasphemisch
wäre, wenn Buchner hier nicht die irdische Gnade hervorhöbe, die Seuße durch
seine Verdienste seinen Freunden erwarb.
12 Patronymikon nach römischem Vorbild.
Vgl. Scipiades in Buchners Gedicht (V. 41; Beil. I) und den Beginn in Buchners „EPIGRAMMA“
(1. Epigramm; s. o. Anm. 2) auf Seußes zweite Hochzeit: „SEUSSIADÆ viduo
Pallas [...]“. Opitz gebrauchte ,Seussiades‘ schon 1625 in einem Gedicht auf Tobias
Hübner (FG 25) im Sinne von ,Seuße‘, s. 250700 I (V. 17).
13 Der Kurfürst von Sachsen.
14 Seuße war kursächs. Konsistorialsekretär.
15 Zur vorläufigen Bibliographie
der lateinischen und deutschen Dichtungen Seußes s. K 12 (Fechner 1984 bzw. Conermann).
16 Zu Seußes Garten vgl. oben Anm. 3.
17 Seuße teilte das Schicksal österreichischer
protestantischer Exulanten, vgl. oben Anm. 1. || [
419] || [
420]