Einleitung
1. Historische Einleitung
„Eines sächsischen Maidlein Klag und Bitt“ ist nicht datiert; da aber in Strophe 6 das
Interim erwähnt wird und da der Sammelband aus dem Besitz
Johann Wigands, in dem der
seltene Druck erhalten geblieben ist, die Jahreszahl 1549 trägt, so ergibt sich als
Entstehungszeitraum der Bereich zwischen Mitte 1548 und Ende 1549. Die Spuren der
Verwüstungen infolge des Schmalkaldischen Krieges waren noch frisch, noch trieben
fremde Söldner im Lande ihr Wesen. Nach der Gefangennahme
Johann Friedrichs von Sachsen
und
Philipps von Hessen fehlte es auf protestantischer Seite mehr denn je an einer
Führungsgestalt, die die Opposition gegen
Karl V. hätte einen können. Dabei vermutete
man in der Unterwerfung der evangelischen Stände lediglich einen ersten Schritt zur
Verwirklichung noch weiter reichender Pläne des Kaisers. Letztlich gehe es ihm um eine
grundstürzende Umgestaltung der alten Ordnungen des Reiches zur Stärkung der
Zentralgewalt in Gestalt eines habsburgischen Erbkaisertums, unter Minderung der
hergebrachten Rechte der Reichsstände.
1 Dem wirksam entgegenzutreten musste auch im Interesse der altgläubigen Stände
liegen.
2. Inhalt
Das anonym veröffentlichte Lied umfasst 18 vierzeilige Strophen in Knittelversen. Es
ist formuliert als Klagegebet einer jungen Frau, die ihr Vaterland
Sachsen, aber auch
Deutschland insgesamt und seine Bewohner aufs höchste gefährdet sieht durch landfremde
Mächte, nämlich durch den Papst, durch den in den Niederlanden geborenen Spanier Kaiser
Karl V. und durch dessen spanische Söldner und Gefolgsleute. Nach den Verheerungen und
Zerstörungen, die der Schmalkaldische Krieg bisher bereits über Land und Leute gebracht
hat und die bei gewaltsamer Durchsetzung der kaiserlichen Anordnungen noch zunehmen
werden, drohe nun mit dem Interim eine Vergewaltigung auch der Gewissen. Hilfesuchend
hält die Beterin Ausschau nach einem Retter aus dieser Not, dem allein sie Freundschaft
und Zuneigung zu schenken verspricht. Zwei Gestalten von entscheidender Bedeutung für
die ‚deutsche‘ Geschichte nennt sie, nämlich den Cheruskerfürsten
Arminius und Kaiser
Otto III., und sie erbittet nun einen dritten solchen Helden, der
Deutschland die
Freiheit zurückbringen soll, einen Jehu, das heißt kaum verschlüsselt: einen
Tyrannenmörder.