Aurelius Augustinus. Alcuinus Flaccus
Pergament — 59 Bl. — 19 × 14,5 cm — Fulda — 9. Jh., 3. Viertel
Lagen: III+1 (8). I+1 (11). 6 IV (58)! In der ersten Lage Lagenzählung Ius auf dem Fußsteg der letzten Versoseite; Lagenzählung setzt ab Lage 3 neu ein: I–V (meist durch Beschnitt fragmentiert). Zusätzlich auf dem Fußsteg der ersten Rectoseite jeder Lage Lagensignaturen a–h des 16. Jh. mit Rötelstift (von M. Flacius?). Tintenfoliierung modern: 1–58, letztes, leeres Bl. ungez. Im gesamten Codex Schwemmränder eines Wasserschadens. Die Blätter der ersten beiden Lagen sind durch Fraßspuren in der rechten oberen Ecke beschädigt. Bl. 1 besteht aus einem dreieckigen Fragment und misst max. 13,5 x 10 cm. Schriftraum: 15–16 × 10,5–11 cm, einspaltig, 28 Zeilen, Blindliniierung. Punkturen an den Blatträndern sichtbar. Karolingische Minuskel mit insularen Merkmalen (mehrfach offenes Minuskel-a) von einer Hand. Kapitelüberschriften in roter Unzialis oder karolingischer Minuskel, einige auch in Capitalis rustica. Satzmajuskeln in Unzialis oder Capitalis rustica, meist rot gefüllt. Am Beginn der einzelnen Werke und Kapitel schlichte, vermutlich von Rubrikator ausgeführte Initialen über 3–7 Zeilen in Capitalis quadrata- oder Unzialform, entweder mit einfachen roten Flächen oder mit rot-schwarzen Mustern gefüllt, die meist geometrisch-ornamental, in eingen Fällen (insbesondere bei O und Q) auch als menschliche Gesichter gestaltet sind. Die Konturen aller Initialen werden nach insularem Vorbild von roten Punktreihen begleitet.
Halbledereinband mit dunkelbraunem Kiebitzpapierüberzug (wie bei Cod. Guelf. 1034 Helmst.), angefertigt in der zweiten Hälfte des 18. Jh. in der Werkstatt des Buchbinders Anton Friedrich Wirck in Helmstedt.
Herkunft: Entstehungsort und -zeit liegen nach der paläographischen Analyse von B. Bischoff in Fulda im 3. Viertel des 9. Jh. In den erhaltenen Bibliothekskatalogen des Klosters sind zwar die enthaltenen Werke verzeichnet, jedoch nicht innerhalb eines Eintrages bzw. Bandes, so dass ein endgültiger Nachweis für den weiteren Verbleib des Codex in Fulda derzeit nicht erbracht werden kann (vgl. Cod. Guelf. 93 Weiss., als auch mit den übrigen süddeutschen Überlieferungsträgern überein. — Frühestens 1556 von Matthias Flacius erworben (vgl. , 101), von seiner Hand möglicherweise die Lagenzählung (siehe oben), charakteristische Unterstreichungen mit Rötel auf Bl. 44v–45r sowie der Hinweis auf Bl. 47r: ›Hęc epistola non est impressa‹. Der Vermerk auf dem Kopfsteg von Bl. 2r: 1. Sermones Augustini de moribus clericorum. 2. Alchuinus de Trinitate stammt nicht von Flacius, sondern wie in Cod. Guelf. 277 Helmst. von der Hand eines Mitarbeiters oder Sekretärs der Centuriatoren. Auf dem Fußsteg des sonst leeren Bl. I*v die Signaturnummer der flacianischen Bibliothek: № 173. — Zusammen mit der übrigen Bibliothek des Matthias Flacius am 20.4.1597 von Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel erworben, 1618 aus Wolfenbüttel in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt. 1644 im Handschriftenkatalog der Universitätsbibliothek (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 18v) unter den Theologici in quarto fälschlich als Retractatio Augustini in libro de Trinitate, in membrana beschrieben; auf dem VS die entsprechende Helmstedter Signatur T. 4° 150b. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 51) unter Nr. 490 genannt.
, Handschriften, siehe unten, 59). Textfassung und Textgestaltung der drei enthaltenen Werke Alcuins stimmen fast vollständig sowohl mit dem zweiten Wolfenbütteler Exemplar,— , Welche erhaltenen mittelalterlichen Handschriften dürfen der Bibliothek des Klosters Fulda zugerechnet werden? Teil 1: Die Handschriften, Frankfurt/M. 1995 (Fuldaer Hochschulschriften 23a), 23, 58f. , 102, 243. — , 20, 30–32. — — , , Bibliotheca Fuldensis. Ausgewählte Handschriften und Handschriftenfragmente aus der mittelalterlichen Bibliothek des Klosters Fulda, Fulda 2010 (Dokumentationen zur Stadtgeschichte 29), 106f. , Die Handschriften der Werke Alkuins aus dem 9. Jahrhundert, in: Alkuin von York und die geistige Grundlegung Europas (siehen oben), 185–194, hier 188. — , 505 Nr. 7343.
Nr. 1147. — , 515. — , 283. —1r Titelangabe Sermones Augustini de moribus clericorum et de aliis causis. Darunter von anderer Hand als Probatio pennae mehrfach wiederholt. – 1v leer.
2r–11v : De vita et moribus clericorum suorum sermones II. (2r–6r) Sermo I (= Serm. CCCLV). ›Incipit sermo primus de moribus clericorum sancti Agustini [!]. Hic insunt sermones duo de moribus clericorum‹. Propter quod volui et rogavi … — … in verbo dei serviant vobis. (6r–11v) Sermo II (= Serm. CCCLVI). ›Incipit alius de moribus clericorum‹. Caritati vestre hodie de nobis … — … tamen vobis cum ibi regnemus. Die Rubrik der ersten Predigt ist fast völlig verblasst. Edition: 39, 1568–1581; Sancti Aurelii Augustini Sermones selecti duodeviginti, hrsg. von , Utrecht 1950 (Stromata patristica et mediaevalia 1), 123–143 (mit dieser Hs., Sigle γ). 284; , 255–257 (257 Hs. genannt).
12r–47r : De fide sanctae et individuae trinitatis. Domino glorioso Carolo imperatori augustissimo atque christianissimo humilis levita Alchuinus … — … iudicaturus est mundum cuius maiestatis visio aeternum est omnium sanctorum beatitudo et gloria. Enthalten sind Epistola nuncupatoria (12r–13v), Capitula lib. I–III (13v–15r), Liber I (15r–22r), Liber II (22r–33r), Liber III (33r–45r), Invocatio (45r–v), Hymnus (45v–46r) und Symbolum (46r–47r). Die im Text ausgelegten Schriftzitate sind jeweils in marg. durch Anführungszeichen (diple) in einfacher s-Form gekennzeichnet. Laut (Alcuin’s Theology, siehe unten, 104) gehört vorliegende Abschrift zum Hyparchetyp ε der ersten Fassung und repräsentiert diese Textstufe zusammen mit der Hs. Avranches, Bibliothèque municipale, Ms. 109, 37r–73v. Mit identischer Gliederung auch in Cod. Guelf. 93 Weiss., 1r–52v (Hyparchetyp ζ). Edition: 101, 11D–58C (Epistola nuncupatoria, Textus, Invocatio, Symbolum) und 1409C–1410C (Hymnus); Monumenta Alcuiniana, hrsg. von , und , Berlin 1873 (Bibliotheca rerum Germanicarum 6), 671–674 Nr. 191 (Widmungsbrief und Verse); 414–416 Nr. 257 (Widmungsbrief und Verse, ohne diese Hs.); 249, 5–147 (mit dieser Hs., XLV beschrieben, Sigle Wo1). Literatur: 2, Nr. 191; 289 und 11029 mit Suppl.; 39f. Nr. 87.14; 2, 134–139 (137 Hs. genannt); 1, 147 Nr. 19, , Alcuin’s Theology, in: Alkuin von York und die geistige Grundlegung Europas. Akten der Tagung vom 30. September bis zum 2. Oktober 2004 in der Stiftsbibliothek St. Gallen, hrsg. von und , St. Gallen 2010, 91–105 (104 Hs. genannt, Sigle Wo1).
47r–50v : De trinitate ad Fredegisum quaestiones XXVIII. Desiderantissimo filio Fredegiso Alchuinus salutem … — … caro dimisit dum emisit in cruce spiritum Christus. Enthalten sind die Epistola nuncupatoria (47r–v) und der Text (47v–50v), in dem die rubrizierten Sprecherrollen ›Interrogatio‹ und ›Responsio‹ meist abgekürzt wurden. Ohne Rubrik direkt an den vorhergehenden Text angeschlossen. Mit identischem Text und Gliederung auch in Cod. Guelf. 93 Weiss., 52v–58r, dort ebenfalls ohne Überschrift direkt an den vorhergehenden Text angeschlossen. Edition: 101, 57D–64A; 447f. Nr. 289 (Widmungsbrief, ohne diese Hs.); 249, 149–162 (mit dieser Hs., XLV beschrieben, Sigle Wo1). Literatur: 40f. Nr. 87.16; 2, 151–153 (152 Hs. genannt); 1084 und Suppl.; 1, 148 Nr. 26.
50v–58v : De animae ratione ad Eulaliam virginem. Carissime in Christi caritate sorori Eulaliae virgini Alchuinus in domino salutem … — … tibi gratiarum actio semper ubique in secula sempiterna Amen. Enthalten sind die Epistola (50v–57r), Carmen elegiacum (57r–v), Carmen adonicum (57v), Laudes Caroli (57v–58r) und Litania (58v), das Schlussgedicht fehlt. Auch in Cod. Guelf. 93 Weiss., 58r–71r (dort zwei Verse des Schlussgedichts als Explicit). Edition: 101, 639A–650D; Monumenta Alcuiniana (siehe oben), 780–787 Nr. 243 (ohne cap. 2–12 und Schlussgedicht); 473–478 Nr. 309 (ohne cap. 2–12 und Schlussgedicht, ohne diese Hs.). Literatur: 38 Nr. 87.11; 2, 121–125 (123 Hs. genannt); 13293 mit Suppl.; 1, 147 Nr. 12.
Abgekürzt zitierte Literatur
- Lizenzangaben korrigiert (schassan, 2020-04-17)
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil V.