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Beschreibung von Cod. Guelf. 1085 Helmst. (geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil VI: Cod. Guelf. 930 bis 1160 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.)
Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil VI: Cod. Guelf. 930 bis 1160 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung).
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms "Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung"

Psalterium. Preces. Officium defunctorum

Pergament — 179 Bl. — 16,5 x 11,5 cm — Deutschland — 11.–15. Jh.

Aus zwei Teilen zusammengesetzt: I 1r–172v; II 173r–177v. Lagen: III (5)! I+1 (8). 9 IV (79)! III+1 (87). IV (95). IV–1 (102). 3 IV (125)! III+1 (133). III+1 (141). 2 IV (158)! IV–1 (165). IV–1 (172). IV–3 (177). Bleistiftfoliierung modern: 1177, Zählfehler: Nach Bl. 8 und nach Bl. 106 je ein Bl. ungez., Bl. 146 übersprungen. Der Buchblock weist zahlreiche, wohl über einen längeren Zeitraum entstandene Beschädigungen auf: Initialen und Miniaturen sind durch Wassereinwirkung, Farbfraß und Silberoxydation z. T. erheblich beschädigt. Bereits im 15. Jh. wurden das erste Bl. ersetzt, die letzte Lage mit einer aktualisierten Litanei hinzugefügt und zahlreiche Fehlstellen, insbesondere auf dem unteren Bundsteg der Bl. 118r/v – 125r/v durch geschickt angesetztes Pergament ausgebessert und der verlorene Text sorgfältig nachgetragen, ebenso sämtliche, in mittlerweile verblasster Capitalis rustica ausgeführten Anfänge der Psalmen und Cantica. Auf Bl. 126r wurde das durch Farbfraß entstandene Loch im Blatt ebenfalls durch ein Pergamentstück geschlossen, die zerstörte Rankeninitiale durch eine rote Lombarde ersetzt und der 126v fehlende Text korrekt ergänzt. In diesem Zusammenhang dürfte der Codex auch mit dem gegenwärtig erhaltenen Koperteinband versehen worden sein; bei der Neubindung kam es zu einigen Bindefehlern mit falscher Blatt- und Textzuordnung; so wurden die fünfte und vierte Lage vertauscht, ebenso je ein Doppelbl. aus den Lagen 11, 17 und 18 (s. unten). Zum einem unbekannten späteren Zeitpunkt wurden vor allem die Bl. in den ersten sechs Lagen durch Wassereinwirkung und Nagetierfraß z. T. erheblich beschädigt, in der ersten Lage (ursprünglich ebenfalls ein Quaternio) sogar fast völlig zerstört. Der Codex wurde zwischen Oktober 1957 und Januar 1958 in der Werkstatt von Hans Heiland in Gera umfassend restauriert, dabei wurden 5 ungez. Papierbl. als hinteres Vorsatz und als Träger für den Restaurierungsbericht (masch., mit Fotos) und den abgelösten Spiegel (s. unten) hinzugefügt; vgl. neben dem eingelegten Bericht auch die Akten in BA IV E 198, s.v. "Heiland".

Der ursprüngliche romanische Einband ist verloren. Jetzt in einen spätgotischen dreiteiligen Koperteinband mit VD, HD und vollständig erhaltener Umschlagklappe aus Schweinsleder gebunden; letztere ist am HD mit Lederstreifen vernäht. Die Lagen sind mit Kettenstichheftung (drei Haupt- und zwei Kapitalbünde) direkt durch die durchgehende Heftverstärkung, den jetzt abgelösten Spiegel (s. unten) und durch den Umschlag auf die aus einer durchgehenden Holzplatte bestehende Rückenverstärkung geheftet. Der Knopf-Wickelverschluss besteht aus einer mit Kettenstich auf einer roten Lederverstärkung am HD befestigten Hanfkordel und einem rot gefärbten, an den VD genähten Lederknopf. Zum Einband vgl. auch Scholla, 260.

Fragment: Spiegel. Deutschland. 14./15. Jh. Papier. 1 Bl. 28 × 16 cm. Schriftraum: 22 × 14 cm (beschnitten, Fraß- und Wasserschäden), zweispaltig (Spalten ca. 8 cm breit), max. 50 Zeilen erhalten. Kleine, stark abgekürzte ältere gotische Kursive von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck. I*ra–vb Textus philosophicus. Eine Identifikation ist anhand des erhaltenen Materials nicht möglich, Schrift und Textgestaltung lassen auf ein akademisches Entstehungsumfeld schließen.

Herkunft: Der Codex wurde in der zweiten Hälfte des 11. Jh. angefertigt, die sorgfältige Schrift und vor allem die kostbare und qualitätvolle Ausstattung verweisen auf das Benediktinerkloster Tegernsee als Entstehungsort. — Wann und auf welchen Wegen des Psalter in das Gebiet der Diözese Hildesheim gelangte, kann nicht mehr ermittelt werden. Wahrscheinlich spielten beim Transfer die Kontakte des Hildesheimer Bischofs Godehard von Hildesheim (960–1038, Bischof seit 1022) ins Kloster Tegernsee eine Rolle, dem er 1001/1002 als Abt vorgestanden hatte. Über eventuelle Vorbesitzer oder Vorbesitzerinnen ist mangels Besitzvermerken o. ä. nichts bekannt. Die Litanei in Teil II des Psalters, worin Christophorus an prominenter Stelle zu finden ist (er wurde auch auf Rasur an gleicher Stelle der originalen Litanei ergänzt), legt allerdings die Vermutung nahe, dass sich der Band zumindest im 15. Jh. im dem Jacobus maior und Christophorus geweihten Augustiner-Chorfrauenstift Steterburg befunden haben könnte, wo er wohl auch ergänzt, ausgebessert und neu gebunden worden ist. — Sofern diese Hypothese zutrifft, gelangte der Codex am 18.3.1572 mit den übrigen Steterburger Codices in die Hofbibliothek nach Wolfenbüttel, wo er 1588 von Eberhard Eggelinck unter den Pergamenthandschriften der Hofbibliothek (NLA – StA Wolfenbüttel, 1 Alt 22, 83, 22r–35v, hier 31v) als Psalterium vff Pergamein geschrieben in octavo vnd Pergamein gebunden verzeichnet wurde. Der sonst übliche Einkunftsvermerk fehlt aus Platzgründen. Im 1614 von Liborius Otho angefertigten Gesamtkatalog (Cod. Guelf. A Extrav.) kann der Codex unter den sehr summarisch und stets mit gleichen Formulierungen beschriebenen Psalterien nicht eindeutig identifiziert werden. — Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 in deren Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 23v) in einem Sammeleintrag In dem Kasten mit A gezeichnet: XXXIV alte lateinische psalteria in octavo duodecimo sedecimo, theils in membrana, ohne band, zerrissen und defect unter den Theologici MSSti in Octavo enthalten; im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 1136 aufgeführt.

Heinemann Nr. 1188.

I

Pergament — 173 Bl. — 16,5 × 11,5 cm — Tegernsee — 11. Jh., 2. Hälfte

Schriftraum: 13–14 × 8 cm, einspaltig (nur Litanei 161ra–162rb zweispaltig, dazu Versalienspalten), 20 blindliniierte Zeilen, Punkturen z. T. an den Blatträndern sichtbar. Zwei Hände, der gesamte originale Text (2r–159v und 161r–172v) in äußerst klarer und sorgfältiger runder karolingischer Minuskel von einer Hand (die Antiphonen und Responsorien des Totenoffiziums sind in kleinerer Schrift abgesetzt), sämtliche Nachträge (1r–v, 160r–v vollständig, Textergänzungen und -korrekturen im gesamten Codex) in Textualis des 15. Jh. von einer weiteren Hand. Überaus qualitätvolle Ausstattung, die aus mindestens zwei ganzseitigen Miniaturen und drei Initialseiten gemäß der formalen Dreiteilung des Psalters bestand; das Bl. mit der Beatus-Initiale ging schon im Laufe des Mittelalters verloren und wurde im 15. Jh. durch das gegenwärtig vorhandenen Bl. 1 mit einer schlichten roten Initiale in Unzialform ersetzt. Einen Eindruck von dem verlorenen Bl. vermitteln die Beatus-Seiten zweier ebenfalls in Tegernsee um die Mitte des 11. Jh. hergestellter kommentierter Psalterien, und zwar des sog. Ellinger-Psalters (München, BSB, Clm 18121, 8r, vgl. dazu Klemm Ill. Hss. 2, 133–135 Nr. 115, mit Abb. 236; Müller Bernward-Psalter, 370 mit Farbabb. 18)) und des Codex Città del Vaticano, BAV, Ross. 184, 9r (BAV Codici miniati I.1, 330–335). Erhalten sind hingegen: 51r Initialseite zu Ps 51: Rankeninitiale Q mit Psalmtextanschluss UID GLORIARIS IN MALICIA QUI POTENS ES INIQUITATE in schwarz oxydierter Argyrographie (im 15. Jh. in Textualis auf dem Fußsteg wiederholt), Schrifthierarchie aus Unzialis und anschließender Capitalis rustica auf verblasstem, gerahmtem Purpurgrund. Der 13,5 x 9,5 cm messende Rahmen besteht aus einer äußeren Gold- und einer inneren Silberleiste mit einem schwarz grundierten, verblassten Blattfries aus symmetrisch angeordneten Halb- und Vollpalmetten in Rosa, Grün, Gelb und Blau. Der Buchstabenkörper der Initiale besteht aus goldenen Spaltleisten mit mennigroten Spaltfüllungen, Kontur- und Binnenzeichnungen, deren mit Spangen befestigte Ausläufer sich in vier symmetrischen Ranken spiralig in das blaue grundierte Binnenfeld erstrecken. Alle Spangen, Seitentriebe und Endmotive der Ranken, wie blütenartige Dreiblätter, Knollen und Herzblätter, sind in stark oxydiertem ausgelaufenem Silber gehalten. Die lange, drachenartig gewundene Cauda ist mit einer silbernen Spange am Buchstabenkörper befestigt; ihr Ende reicht über den Rahmen hinaus. Vgl. die analoge Gestaltung in den genannten Tegernseer Psaltern München, BSB, Clm 18121, 72v; Città del Vaticano, BAV, Ross. 184, 77v. 98r Initialseite zu Ps 101: Rankeninitiale D mit Psalmtextanschluss OMINE EXAUDI ORATIONEM MEAM ET CLAMOR MEUS AD TE VENIAT in schwarz oxydierter Argyrographie (im 15. Jh. in Textualis auf dem Kopfsteg wiederholt), Schrifthierarchie aus Unzialis und anschließender Capitalis rustica auf verblasstem, gerahmtem Purpurgrund. Der 13,5 x 9,5 cm messende Rahmen besteht aus einer äußeren Gold- und einer inneren Silberleiste mit einem blau grundierten Fries aus roten und rosafarbenen Rauten mit dazwischen gestellten hellgrünen Dreiecken. Der Buchstabenkörper der Initiale besteht aus goldenen Spaltleisten mit mennigroten Spaltfüllungen, Kontur- und Binnenzeichnungen und für Tegernsee typischen langgezogenen spitzigen Eckausläufern; in das blau grundierte Binnenfeld erstrecken sich zwei große miteinander und durch die Spalten mit dem Buchstabenkörper verflochtene Spiralranken. Spangen, Seitentriebe und Endmotive, vor allem Knollen und Herzblätter, sind in stark oxydiertem ausgelaufenem Silber gehalten. Vgl. die analoge Gestaltung in den genannten Tegernseer Psaltern München, BSB, Clm 18121, 133v; Città del Vaticano, BAV, Ross. 184, 144v. 50v Miniatur des mit dem Drachen kämpfenden Erzengels Michael, stark verblasst und beschädigt, in einem 13,5 x 9,5 cm messenden Rahmen aus zwei Goldleisten mit einem schwarz grundierten Mäanderfries aus wechselnd rotem und goldenem Knickband, der nur an der unteren, linken und rechten Seite ausgeführt ist. Den oberen Rand der Miniatur bildet sich eine sorgfältig ausgeführte Stadtabbreviatur aus zinnengekrönten Gebäuden mit Rundbogenfenstern sowie halbrunden Dächern in rosa und grün. Darunter befindet sich auf zwei silbernen Säulen mit goldenen Basen und Kapitellen eine silberne Arkade; die Zwickel zwischen dem Bogen und der bekrönenden Architektur sind mit hellpurpurnem Quadermauerwerk gefüllt. Der Hintergrund der Arkade ist in Gold gehalten, das durch einen umlaufenden blauen Streifen von den silbernen Architekturelementen getrennt ist. Vor dem Goldgrund steht frontal der Erzengel Michael auf dem sich am Boden windenden geflügelten vierfüßigen Satansdrachen, in dessen emporgestreckten Rachen er seine goldene Lanze stößt. Der nimbierte, purpur und weiß geflügelte Erzengel, dessen Gesichtszüge nicht mehr erkennbar sind, trägt eine goldene Stirnbinde und über einer weißen Tunika eine silberne (jetzt oxydierte) Lorica und eine wehende rote Chlamys. Eine ganzseitige Darstellung von Michael als Drachenkämpfer findet sich ebenfalls vor Ps 51 in dem in Tegernsee geschriebenen Psalter Évreux, Bibliothèque-médiathèque, Ms. lat. 78, 66v (Leroquais Psautiers, 197f. Nr. 165); ein jüngeres (um 1220) Beispiel aus Bamberg (später im Zisterzienserkloster Heilsbronn) in Erlangen, UB, Ms. 116, 51v (Die Bilderhandschriften der Universitätsbibliothek Erlangen, beschrieben von E. Lutze. Die Einbände, beschrieben von E. Kyriss, Erlangen 1936, 41–43 mit Abb. 22); zur weit häufigeren Michaelsdarstellung in den historisierten Initialen zu Ps 51 vgl. Büttner Illuminierter Psalter, 24 mit Anm. 98. Eine weitere Miniatur unbekannten Inhalts (segnender Christus?) dürfte sich auf dem zwischen Bl. 97 und 98 herausgetrennten Bl. vor Ps 101 befunden haben. Am Beginn der Psalmen, der Cantica, der Litanei und des Totenoffiziums sowie vor den Abschnitten von Ps 118 für die Tegernseer Buchmalerei charakteristische Rankeninitialen, meist über 3, max. bis 4 Zeilen. Initialranken in Gold auf blauem und grünem Grund, Spangen, Seitentriebe und Endmotive (z. T. blütenartige Dreiblätter, Knollen und Herz- bzw. Lindenblätter) der Ranken in Silber, mennigrote Kontur- und Binnenzeichnungen. Alle Initialen sind von einheitlichem Stil und durch Wasserschaden stark verblasst und ausgewaschen, das Silber ist oxydiert, fast überall erhebliche Beschädigungen durch Farb- bzw. Kupferfraß. Vergleichbare Initialen, sämtlich aus Tegernseer Codices der zweiten Hälfte des 11. Jh., vgl. in München, BSB, Clm 19107, 19108, 18128, 18033–18035, 18840, 28509 und 28912 (vgl. Klemm Ill. Hss. 2, 141–147 Nr. 122–130, mit Abb. 255–272). Rubriken und Überschriften in mennigroter Capitalis rustica (allein 166r–169v im Totenoffizium in Unzialis), dazu im Text rote Satzmajuskeln in klarer Unzialis; die Anfangszeilen der Psalmen und Cantica nach den Initialen in brauner Capitalis rustica, meist verblasst, im 15. Jh. in Textualis ergänzt.

1r–165v Psalterium. Enthält im einzelnen:
(1r–144r) Psalmi. Die Gliederung durch Zierinitialen (s. oben) ist wie in zahlreichen älteren Psalterien allein nach der formalen Dreiteilung des Psalterium Gallicanum (Ps 1, 51 und 101) durchgeführt. Das originale erste Bl. des Psalters mit der Beatus-Initiale ging zu einem unbekannten Zeitpunkt verloren und wurde im 15. Jh. durch eine neues Bl. mit Ps 1,1–2,2 ersetzt. In den ersten sechs Lagen aufgrund der erwähnten Schäden (s. oben) z. T. erheblicher Textverlust. Die Blattfolge ist durch fehlerhafte Bindung vermutlich bereits seit dem 15. Jh. gestört, die korrekte Reihenfolge lautet: Bl. 1r–v, 3r–v, 6r–v, 7r–8v, 4r–5v, 2r–v, 8ar–23v, 32r–39v, 24r–31v, 40r–79v, 137r–v, 81r–86v, 138r–v, 88r–128v, 87r–v, 80r–v, 131r–136v, 130r–v, 129r–v und 139r–144r. Auf dem Fußsteg von Bl. 49v wurde im 15. Jh. die Antiphon CANTUS 206004 nachgetragen.
(144v–156r) Cantica VT et NT. (144r–v) ›Canticum Isaye‹. Stegmüller RB 21g1. (144v–145v) Canticum Ezechiae. ›Canticum …‹ Einleitende Rubrik verblasst. Stegmüller RB 21g2. (145v–147v) Canticum Annae. ›Canticum …‹ Einleitende Rubrik verblasst. Stegmüller RB 21g3. (147v–149r) ›Canticum Moysi‹. Stegmüller RB 21g4. (149r–150v) ›Canticum Abacuc‹. Einleitende Rubrik verblasst. Stegmüller RB 21g5. (150v–154r) ›Canticum Moysi‹. Stegmüller RB 21g6. (154r–155r) ›Ymnus trium puerorum‹. Stegmüller RB 21g7. Über jeder Textzeile mit linienlosen Neumen notiert. (155r–v) ›Canticum Zacharie‹. Stegmüller RB 21h1. (155v–156r) ›Canticum [sancte Marie]‹. Einleitende Rubrik verblasst. Stegmüller RB 21h2. (156r) ›Canticum Symeonis‹. Einleitende Rubrik verblasst. Stegmüller RB 21h3.
(156v) Pater noster. ›Dominica oratio‹. Leicht abweichend vom biblischen Text (Mt 6,9–13).
(156v–157r) ›Symbolum apostolorum‹. Hier liegt der sog. Textus receptus vor. Druck (zuletzt): Denzinger, 30 Nr. 30. Literatur: CPL 824; CPPM 752a.
(157r–158r) Te deum. ›Angelicum carmen‹. Druck (u. a.): PL 86, 944A–D; Daniel 2, 276f. Nr. II. Literatur: CPL 650.
(158r–159v) ›Fides Athanasii‹. Durch Verlust eines Bl. fehlen die letzten drei Sätze des Textes, er bricht ab mit inde venturus est iudicare vivos et mortuos … Druck (zuletzt): Denzinger, 45–47 Nr. 75–76, hier bis § 39. Literatur: CPG 2295; CPL 167; CPPM 38. Bestand und Reihenfolge der nichtbiblischen Cantica entsprechen den ebenfalls aus Tegernsee stammenden Psalterien Città del Vaticano, BAV, Ross. 184, 231r–236r; München, BSB, Clm 18121 (sog. Ellinger-Psalter), 212vb217vb.
(160r–v) Preces adiectae. Auf dem zweitverwendeten, durch sorgfältige Palimpsestierung hergerichteten Bl. (das möglicherweise neben dem Schluss des Athanasianum noch Weiteres enthielt), wurden im 15. Jh. in grober Textualis folgende Stücke nachgetragen: die Antiphon CAO 4689, die Doxologie Per dominum nostrum Iesum Christum filium tuum, qui te cum vivit et regnat … (vgl. CC Corp. orat. 6728), das Benedicamus domino und die Orationes pro defunctis Deshusses 1403 und 1437.
(161r–164r) Kyrie cum litaniis rogationibusque. ›Incipit Letania‹. Die Litanei enthält die Anrufungen an insgesamt 33 Märtyrer, 26 Bekenner und 20 Jungfrauen und entspricht den bereits oben genannten Tegernseer Vorbildern. Zu nennen sind vor allem unter den Märtyrern Sancte Emmeramme ora pro nobis. Sancte Cassiani ora. Sancte QVIRYNE ora. Sancte Castori ora. Sancte Chrisogone ora. Sancte Castule ora (161va, in dieser Reihenfolge), der Tegernseer Hauptpatron Quirinus ist durch Capitalis rustica hervorgehoben, ebenso 162ra unter den Bekennern Sancte MAGNE, dort außerdem Sancte Willibalde ora. Sancte Vunnibalde ora. … Sancte Ruotperte ora. Sancte Gorbiniane ora. Der traditionell an zweiter Stelle der Märtyrer rangierende Linus wurde im 15. Jh. durch Christophorus (wie in der nachgetragenen Litanei unten, 173r) ersetzt. Am Schluss der Rogationes die Responsorien mit Psalmversen und Versikeln CAO 6040 mit 6040a, 8072 und 7343 mit 7343a.
(164r–165v) Preces. Enthält direkt im Anschluss die Gebete CC Corp. orat. 3830, 1135, 3779, 3938c mit Modifikationen (… super famulos tuos pontifices et abbates nostros et super cunctas congregationes illis commissas…), 2177, Deshusses 1266 und CC Corp. orat. 2663, 1483, 1835, 1293 und 4227 mit Abweichungen (Pietate tua quesumus domine nostrorum solve vincula … regem et episcopum nostrum et me indignam una cum omni congregatione et familia sancti N in omni sanctitate custodi omnesque affinitate et fraternitate nobis iunctos et omnes christianos a vitiis purga … vitam eternam pariter et requiem concede. Per).

166r–172v Officium defunctorum.
(166r–169v) Lectiones minores. ›In agenda mortuorum‹. Das Offizium umfasst die Vesperantiphonen CAO 4293, 3038, 2402, 4899, 4159, 4115 und 2244; in I nocturno Antiphonen (CAO 1921, 3875 und 2244), in II nocturno Antiphonen (CAO 3250, 2146 und 1948), in III nocturno Antiphonen (CAO 1861, 4696 und 4972), die neun lectiones minores mit den zugehörigen Responsorien und Versikeln: 14–72–24, 32–57–68, 82–28–40, laut Ottosen, 128, identisch mit einer aus dem Benediktinerinnenkloster St. Margarethen in Waldkirch/Schwarzwald überlieferten Reihe. Ab 168v folgen elf Gebete, davon sieben original (z. T. modifiziert) und vier auf Rasur nachgetragen: CC Corp. orat. 1903, 4846 (modifiziert: Quesumus domine ut fidelium tuorum quorum memoriam agimus…), 16, 5884, 1757c, 2205, 1178, 3809, 4843, 1251 und 191 (modifiziert).
(169v–172v) Lectiones maiores. ›In agenda mortuorum‹. Enthält die neun lectiones maiores; lectio VIII radiert, der Schluss von lectio VIII und lectio IX einschließlich der zugehörigen Responsorien und Versikel fehlen durch Rasur und Blattverlust. Außerdem sind alle Responsorien neu auf Rasur nachgetragen und ergeben nach Ottosen, 195 eine u. a. für Bamberg, aber auch modifiziert in Hildesheim selbst nachgewiesene Reihe: 79–82–83, 58–47–1, 76 (–), vgl. ähnlich in Cod. Guelf. 735 Helmst., 150r–159v; 944 Helmst., 130v–134v; 1010 Helmst., 64vb–68rb.

II

Pergament — 5 Bl. — 15–15,5 × 10,5–11 cm — Steterburg, Augustiner-Chorfrauenstift (?) — 15. Jh.

Schriftraum: 11 × 8,5 cm, Litanei zwei-, sonst einspaltig, 15 blind- und tintenliniierte Zeilen. Regelmäßige Textualis von einer Hand. Keinerlei Buchschmuck.

173r–177v Kyrie cum litaniis rogationibusque et precibus. Die Namen der angerufenen Heiligen sind zweispaltig angeordnet. Die Litanei weicht vom gedruckten Hildesheimer Brevier (GW 5362, FF IIIIrb–Vvb) ab, ist aber aufgrund der u. a. angerufenen Bekenner (173vb) Sancte Epiphane und Sancte Berwarde eindeutig in die Diözese Hildesheim lokalisierbar; bemerkenswert ist wiederum der an zweiter Stelle der Märtyrer genannte Christophorus (vgl. oben). Auf die Rogationes folgen (176v–177v) die Gebete CC Corp. orat. 3938c (modifiziert: … super famulum tuum antistitem nostrum…), 3736 (modifiziert: … ut famulum tuum prelatum nostrum tibi fideliter servire concedas…), 3909 (modifiziert), Deshusses 508, CC Corp. orat. 1053, 1264 und 1532.


Abgekürzt zitierte Literatur

BAV Codici miniati I.1 Catalogo dei codici miniati della Biblioteca Vaticana, I: I manoscritti Rossiani, Bd. 1: Ross. 2–413, a cura di S. Maddalo con la collaborazione di E. Ponzi e il contributo di M. Torquati, Città del Vaticano 2014 (Studi e testi 483)
Büttner Illuminierter Psalter F. O. Büttner, Der illuminierte Psalter im Westen, in: The Illuminated Psalter. Studies in the Content, Purpose and Placement of its Images, hrsg. von dems., Turnhout 2004, 1–106
CANTUS CANTUS: A Database for Latin Ecclesiastical Chant. Indices of chants in selected manuscripts and early printed sources of the liturgical Office (http://cantus.uwaterloo.ca//)
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)
CC Corp. orat. Corpus orationum, Bd. 1–14, hrsg. von E. E. Moeller, J. M. Clément und B. Coppieters ’t Wallant, Turnhout 1992–2004 (Corpus Christianorum. Series Latina 160)
CPG Clavis patrum Graecorum, Bd. 1–6, hrsg. von M. Geerard und J. Noret, Turnhout 1974–2003 (Corpus Christianorum. Series Graeca)
CPL Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina)
CPPM Clavis patristica pseudepigraphorum medii aevi, hrsg. von I. Machielsen, Turnhout 1990– (Corpus Christianorum. Series Latina)
Daniel H. A. Daniel, Thesaurus hymnologicus sive Hymnorum, canticorum, sequentiarum circa annum MD usitatarum collectio amplissima, Bd. 1–5, Leipzig 1855–1862
Denzinger H. Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen (= Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum), verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von H. Hoping hrsg. von P. Hünermann, 45. Aufl., Freiburg/Br., Basel, Wien 2017
Deshusses J. Deshusses, Le sacramentaire Grégorien. Ses principales formes d'après les plus anciens manuscrits, Bd. 1–3, Fribourg 1971–1982 (Spicilegium Friburgense 16, 24, 28)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Klemm Ill. Hss. 2 Katalog der illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, Bd. 2: Die ottonischen und frühromanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, beschrieben von E. Klemm, Wiesbaden 2004
Leroquais Psautiers V. Leroquais, Les Psautiers manuscrits latins des bibliothéques publiques de France, 3 Bde., 1940–1941
Müller Bernward-Psalter M. E. Müller, Der Bernward-Psalter im Wandel der Zeiten. Eine Studie zu Ausstattung und Funktion, mit Beiträgen von A. Corbach, R. Fuchs und D. Oltrogge, Wiesbaden 2013 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 23)
Ottosen K. Ottosen, The responsories and versicles of the latin office of the dead, Aarhus 1993
PL Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865
Scholla A. B. H. Scholla, Libri sine asseribus. Zur Einbandtechnik, Form und Inhalt mitteleuropäischer Koperte des 8. bis 14. Jahrhunderts, Leiden 2002
Stegmüller RB F. Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi, Bd. 1–11, Madrid 1950–1980

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil IV.
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