Calcidius, Übersetzung von Platons Timaeus mit Kommentar
Essen, Kanonissenstift — 11. Jh., 3. Viertel
Provenienz: 1r Liber … pa … . Tollenti maledictio, servanti benedictio. Si quis abstulerit folium vel curtaverit anathem [!] sit. Die Inschrift datiert etwas später als der Text (12./13. Jh.) und ist zum Teil durch Reagenzien des 19. Jh. zerstört (vgl. , Nr. 4420.). Dieselbe Inschrift befindet sich auch in der Essener Handschrift Cod. Guelf 149 Extrav., 30v; dort ist sie vollständig erhalten und lautet Liber sancte Marie et sancti Liborii in Patherburnen. Tollenti maledictio servanti benedictio. Si quis abstulerit vel curtaverit folium anathema sit. Für beide Handschriften lässt sich somit feststellen, dass sie sich im 12. /13. Jh. im Besitz der Paderborner Dombibliothek befunden haben (der Besitzvermerk wurde auch für die Benediktinerinnenabtei von Liesborn in Anspruch genommen; vgl. , 62). Von gleicher Hand auf 1v Plato cum calcidio. Ob es sich bei der Handschrift um den vom Jesuiten Johannes Gamans um 1640 beschriebenen Platon-Codex gehandelt hat, den ein gewisser Imad der Paderborner Dombibliothek schenkte, ist nicht gesichert ( , 153 Anm. 341; , Aus der Blütezeit der Paderborner Domschule, in: Von der Domschule zum Gymnasium Theodorianum in Paderborn, Paderborn 1962, 49–64, hier 50 Anm. 4). Der Codex wurde nachweislich von Bernhard Rottendorff (1594–1671) in der Benediktinerabtei Liesborn erworben ( , 125f.; , 62f.).) und gelangte über ihn in die Sammlung Gude (vgl. , 272).
Pergament — 90 Bl. — 27 × 19,5 cm
Lagen: 5 IV (40). VI-3 (45). 5 IV (85). IV-3 (90). Vorsatzblätter Papier. Bl. 57–90 untere Blattränder mit Feuchtigkeitsschaden; Bl. 64–88 untere Blattränder vermodert (Blatt-/Schriftverlust). Buchblock ist stark beschnitten (Verlust von Glossen und Nachträgen). Schriftraum: 22 × 14 cm, einspaltig, 32 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Händescheidung (nach 1v Z. 2–4, 1v Z. 5–6r, 7r–9r, 9v Z. 5–27r Z. 13, 36r Z. 20–37r Z. 25 und Z. 28, 40v, 82v Z. 31–84r Z. 13. Hand B: 1v Z. 4-Z. 5. Hand C: 6v. Hand D: 9v. Hand E: 27r Z. 13–32r; 32v Z. 9–33r Z. 6; 33r Z. 9–34r Z. 26; 34v–36r Z. 19; 46r–49v; 50r Z. 11–53v; 65v–66v Z. 2. Hand F: 32v Z. 1–9. Hand G: 33r Z. 6–9. Hand H: 34r Z. 27–32. Hand I: 36r Z. 19–20. Hand J: 37r Z. 25–28. Hand K: 41r–42r Z. 4; 42r Z. 17–20; 42r Z. 22–42v Z.24; 42v Z. 26–44r Z. 29; 44r Z. 31–45r Z. 5; 45r Z. 12–45v; 86r–88r; 88v Z. 3–90r. Hand L: 42r Z. 4-17. Hand M: 42r Z. 20–22; 44r Z. 29–30. Hand N: 42v Z. 24–26. Hand O: 45r Z. 6–11. Hand P: 50r Z. 1–11. Hand Q: 54r–58v Z. 28 (?); 58v Z. 32–64r Z. 23; 64v Z. 10–65r; 66v Z. 2–69v Z. 23; 69v Z. 27–71r Z. 23; 71r Z. 27–77v Z. 17; 78r–82v Z. 31; 84r Z. 13–85v. Hand R: 58v Z. 29 (?)-32. Hand S: 64r Z. 24–64v Z. 10. Hand T: 69v Z. 24-27. Hand U: 71r Z. 23–27. Hand V: 77v Z. 17–32. Hand W: 88v Z. 1–2. Nach Hoffmann finden sich eine ähnliche Hand zu Hand H im Fragment Kassel, UBLMB, 2° Ms. theol. 165 (hier Hand I). Hand A ist eine ähnliche (identische?) Hand wie Hand H von Cod. Guelf. 54 Gud. lat. ( , 66f.) und Hand M ist identisch mit der Hand B von Cod. Guelf. 149 Extrav. ( 65f.). Beide Wolfenbütteler Vergleichshandschriften sind ebenso wie Gud. lat. 116 im Essener Kanonissenstift im 3. Viertel des 11. Jh. entstanden. Zur Händescheidung vgl. auch , 152f. Anm. 338. Zu den Kapiteln dreizeilige, rubrizierte, schmucklose Initialen, die Buchstaben des anschließenden Textbeginns mit roten Begleitstrichen. Lombarden, marginale Einträge und Ergänzungen und die Diagramme inkl. Bezeichnungen wurden zum Teil nachgetragen. 50r altsächsische Glosse ( , 67.).
, 67): Hand A:Roter Pappeinband, beklebt mit einem spätmittelaterlichen Missalefragment (16. Jh.). Blaugesprenkelter Schnitt. Bindebänder. Ähnlicher Einband bei Cod. Guelf. 51 Gud. lat.
INHALT
1r–9v : Übersetzung von Platons Timaeus cap. 1–23 (Teil II fehlt). 9v–90r : Kommentar zu Platons Timaeus Unvollständig, endet in cap. 330 (Edition der Übersetzung und des Kommentars: ).
AUSSTATTUNG
Diagramme zum Kommentar:
11r Arithmetik des Zweidimensionalen (Flächenverbindungen in der Arithmetik - Darlegung einer flächenhaften Verbindung). Zwei Diagramme mit jeweils drei Rechtecken, die durch eine fortlaufende Linie miteinander verbunden sind. Die Felder beinhalten im linken Diagramm die Zahlen vi, xii und xxiiii und im rechten Diagramm dieselben Zahlen aufgegliedert in ein Vielfaches der Ziffer i, entspricht iii / iii, iiii / iiii / iiii und iiiiii / iiiiii / iiiiii / iiiiii. Die Zahlen beziehen sich auf den vorausgehenden Satz Sunt linea duodecim ut vides (Es sind 12 Linien, wie du siehst), der die 12 Linien jedes Diagramms beschreibt. An den Seiten der äußeren Felder des linken Digramms die Zahlen ii und iii (links) sowie iiii und vi (rechts). Sie erläutern die Zweidimensionalität des Diagramms. Zum Diagramm vgl. , 39f., Abb. 1, 2. Text: , Kap. 9, 134f., Diagr. 1. 10 × 2 cm.
11v Geometrie des Zweidimensionalen (Flächenverbindungen in der Geometrie - gleiche Vierecke und gleiche Dreiecke). Obere Blatthälfte: Drei im rechten Winkel aneinander gefügte Quadrate. Untere Blatthälfte: Drei aneinander gefügte Dreiecke. Bei beiden Diagrammen sind Eck- und Schnittpunkte mit griechischen Buchstaben markiert. Zum Diagramm vgl. , 42f., Abb. 2–5, Farbabb. 1. Text: , Kap. 11 und 12, 136ff., Diagr. 2 und 3 . Oben: 3,1 × 3,4 cm; unten: 4 × 4 cm.
12v Arithmetik des Dreidimensionalen (die Beschaffenheit von festen Körpern in der Arithmetik). Beigefügte Überschrift: Descriptio solidarum figurarum cum numeris iuxta arithmeticam disciplinam (Eine Beschreibung von Körpern mit Zahlen gemäß der Arithmetik). Vier Kubische Formen (Würfel), denen Zahlen zugeordnet sind. Die jeweils rechte Seite des Kubus zeigt das jeweilige Produkt (von o.l. nach u.r. xxiiii, xlviii, xcvi und cxcii). Die linke, die obere und die vordere Seite zeigen jeweils die Faktoren des Produktes (Beispiel o.l.: ii, iii und iiii). Die auf der unteren Fläche angegebene Zahl ist der Flächeninhalt (Beispiel o.l.: vi als Produkt der Faktoren ii und iii). Zum Diagramm vgl. , 44f., Abb. 3, 6 7. Text: , Kap. 14, 140f., Diagr. 4 . Gesamt: 7,3 × 7,4 cm, ein Würfel: 3,2 × 3,2 cm.
13r Obere Blatthälfte. Arithmetik des Dreidimensionalen. Arithmetische Verknüpfung von Körpern (Verbindungen, die durch proportionale Verhältnisse hergestellt werden, ergeben nicht immer ein zusammenhängendes Ganzes). Drei nach oben geöffnete Halbkreise (Bogenformen). Entlang des linken Bogens die Inschrift: Continuum competens in tribus finibus (Das Fortlaufende, an drei Enden Zusammentreffende). Aufgeteilt auf die Innenflächen der beiden andern Halbkreise die Inschrift Distans competens in quator finibus (Das Auseinanderliegende, an vier Enden Aufeinandertreffende). Die Enden des ersten Bogens belegt mit den Zahlen ii (links) und viii (rechts). Am oberen Ende der hier eingefügten Mittelsenkrechten die Zahl (Mittelgröße) iiii (durch die Angabe der Mittelgröße 4 wird eine Verbindung der äußeren Punkte 8 und 2 geschaffen). Die Enden der anderen beiden Bögen belegt mit den Zahlen viii/iiii und vi/iii (hier befindet sich keine Mittelgröße - kein zusammenhängendes Ganzes). Zum Diagramm vgl. , 47f., Abb. 8, 9. Text: , Kap. 16, 142f., Diagr. 5. Gesamt: 3,6 × 12,2 cm; ein Halbkreis 3,6 cm.
13r Untere Blatthälfte. Geometrie des Dreidimensionalen. Struktur des Körpers in seinen Einzelteilen. In zwei Reihen angeordnet jeweils vier Würfelflächen. Die Ecken belegt mit griechischen Buchstaben. Die Flächen tragen Bezeichnungen, die auf ihre Platzierung im Gesamtkörper hinweisen. So ist z.B. die Würfelfläche o.l. als plana superficies (Oberfläche) bezeichnet. Zum Diagramm vgl. , 46f., Abb. 9. Text: 18, 68,23–71,9. 3,7 × 12 cm; eine Würfelfläche: 1,5 × 1,5 cm.
17r Die Weltseele (forma triangularis). Ein Dreieck mit an beiden Seiten jeweils flankierend drei Stufen. Oben abschließend ein weiteres kleines Feld. Die seitlichen Stufen links v.o.n.u. bez. mit den Zahlen ii, iiii und viii; rechts iii, viiii und xxvii (Potenzfolgen). Das obere Feld mit der Zahl i. Dazu der Text: Ista ergo descriptio quae oartium ex quibus anima constare dicitur genituram seu coagmentationem deliniat, ostendit rationem animae corporisque coniugii (diese Zeichnung also, die die Hervorbringung oder Verbindung der Teile, aus denen die Seele dem Vernehmen nach besteht, im Umriss zeichnet, zeigt die Regelhaftigkeit der engen Verbindung von Seele und Körper). Zum Diagramm vgl. , 51f., Abb. 11–13, 14 (diese. Hs.), Farbabb. 2. Text: , Kap. 33, 47, 95, 170f., 196f., 282f., Diagr. 7. 5,7 × 6,2 cm.
19v Die Weltseele. Dreieckig angelegter Stufenturm mit zwei Zahlenabfolgen. Vgl. 17r. Text: , Kap. 41 und 47, 184f., 196f., Diagr. 8. 6,5 × 5,6 cm.
22r Die Weltseele. Pyramide mit Zahlenabfolgen. Auf der Spitze ein Kreuz. Vgl. 17r. Text: , Kap. 48, 198f., Diagr. 9. Inkl. Kreuz: 6,4 × 10 cm.
26r Nachweis der Erdkrümmung. Sphärische Form des Meeres. Ein auf der Spitze stehendes Dreieck. Über der Basis ein Kreisbogen. Im Dreieck eine mittlere Senkrechte. Eck-, Kreuz und Scheitelpunket bez. mit griechischen Buchstaben. Die Spitze des Dreiecks (bez. K) gilt als tiefergelegene Erdpunkt, die Basis des Dreiecks als flacher Meeresspiegel. Der gerade Blick von K zum Meeresspiegel ist der kürzeste, erst seine Verlängerung bis zum Scheitel des Kreisbogens (bez. H) gibt ihm die gleiche Länge, wie die Seiten des Dreiecks sie besitzen. Füllt man die Konstruktion gedanklich mit Wasser, wird dieses zum tiefsten Punkt streben und sich sodann gleichmäßig in die Form ergießen. So wird der Wasserpegel bis zum Punkt H anwachsen (vgl. , 76). … woraus klar ersichtlich ist, dass auch die Oberfläche des Meeres und des gesamten Wassers rund ist. Zum Diagramm vgl. , 75f., Abb. 26. , Kap. 62, 220f., Diagr. 10. 9,8 × 4,9 cm.
27v Ordnung der äußersten, fixsterntragende Himmelssphäre. Kreis mit 6 horizontalen Zonen, einer teilenden Senkrechten, deren Enden jeweils mit Polus bez. sind. Bezeichnungen der Zonen: Unterste Zone australis (südliche Hälfte), zweite v.u. Tropicus brumalis (Wintersonnenwende), zweite v.o. Tropicus aestiuus (Sommersonnenwende). Innerhalb der mittleren beiden Zonen schräg verlaufend der Tierkreis, bez. Zodiakus. Der äußere Rand bez. mit orizo[nta] limi[tans] (begrenzender Horizont). Zum Diagramm vgl. , 78, Abb. 27, 28. Text: , Kap. 67, 229, Diagr. 11. 7,0 cm.
29r Anordnung der Wandelsterne. Kreis mit 8 Bahnen und Mittelpunkt. Die Bahnen werden durch drei Diagonalen in 6 Felder geteilt. Bezeichnungen (z.T durch Abrieb unleserlich): Äußerer Rand: Magnitudo. 1. Feld (oben): äußerer Rand i. Aplanes; Zonen (v.a.n.i): ii. Solis, iii. Lunae, iiii. Veneris, v. Iovis, vi. Saturni, vii. Mercurii. 2. Feld (u.l.), Zonen (v.a.n.i.): i. Aplanes, ii. Saturni, iii. Iovis, iiii. Martis v. Mercurii vi. Veneris vii. Solis, viii. Lunae. 3. Feld. (u.r.): äußerer Rand: Aplanes maxima; Zonen (v.a.n.i.): Saturni minima, Iovis penultima, Martis iiii., Mercurii tertia, Veneris tertia aequalis, Solis tertia aequalis, Lunae secunda. Zum Diagramm vgl. , 80f., Abb. 29. Text: , Kap. 73, 238, Diagr. 12. 7,5 cm.
30v Sonnenbahn. Kreis mit innerem Kreis und außen verlaufender, 12fach unterteilter Bahn. Ausgehend vom inneren Kreis eine mittlere Senkrechte und eine mittlere Waagerechte, mit denen der Kreis in vier Viertel geteilt wird. Bezeichnungen: In den 12 Feldern der äußeren Bahn die ersten Buchstaben der Tierkreiszeichen. In der Mitte des inneren Kreises Θ (im Text als Erde erklärt). In den vier Kreisfeldern die Benennung Anzahl der Tage in der jeweiligen Jahreszeit (vo.l.n.u.r): XCIIII. S. (Frühjahr) XC ς. (Winter), LXXXVIII ς. (Herbst) und XCII S. (Sommer). Dort, wo die Senkrechte und die Waagerechte den Tierkreis treffen, die griechischen Buchstaben v.o. im Uhrzeigersinn: A, Δ, Γ und B (A/Γ Tag-und-Nacht-Gleiche sowie B/Δ Wendepunkte zu Sommer- und Winterbeginn). Zum Diagramm vgl. , 82f., Abb. 30. Text: , Kap. 78, 246f., Diagr. 13. 8,5 cm.
31r Die exzentrische Sonnenbahn. Äußerer Kreis mit konzentrischem Innenkreis. Eine mittlere Senkrechte, die bis an den äußeren Kreis führt, eine mittlere Waagerechte die bis an den inneren Kreis führt. Der Mittelpunkt beider Kreise bez. mit M, die Schnittpunkte des inneren Kreises mit den Geraden bez. mit (v. o. im Uhrzeigersinn): E/A,Δ/K, H/Γ und B/Z (innerer Kreis = die Sonnenbahn). Unterhalb des Mittelpunkts, auf der mittleren Senkrechten die Bez. Θ (Erdmittelpunkt). Die Pole der mittleren Senkrechten bez. mit N (oben) und ς (unten). Analog zu 30v in den vier Kreisfeldern die Benennung Anzahl der Tage in der jeweiligen Jahreszeit. Zum Diagramm vgl. , 84f., Abb. 31, 32. Text: , Kap. 79, 248f., Diagr. 14. 7,1 cm.
32r Epizykel-Modell. Äußerer Kreis mit konzentrischem Innenkreis, der Kreismittelpunkt zusätzlich von zwei kleinen Kreisen umgeben. Die Kreise werden durch eine mittlere Senkrechte und eine mittlere Waagerechte durchschnitten. Die Schnittstellen der Geraden mit dem inneren Kreis markieren die Mittelpunkte von vier weiteren Kreisen, deren Mittelpunkte im Uhrzeigersinn bez. mit M, M (darunter korrigiert mit Ξ), M (darunter korrigiert mit N) und O. Dort, wo die Senkrechte und die Waagerechte den äußeren Kreis (Tierkreis) treffen, die griechischen Buchstaben v.o. im Uhrzeigersinn: A, Δ, Γ und B. Die Schnittstellen der kleinen Kreise mit den Geraden und dem inneren Kreis bez. mit E, K, H und Z (im Uhrzeigersinn). Der oberste kleine Kreis (solstitialis circulus) flankiert von zwei weiteren Geraden. Auf dem kleinen Kreis (im Text bez. als Epizykel) verläuft die Sonne von West nach Ost (von E nach K usw.). Der Kreis selbst wird auf der inneren Kreisbahn entgegengesetzt von Ost nach West bewegt. Zum Diagramm vgl. , 86f., Abb. 33, 34. Text: , Kap. 81, 254f., Diagr. 15. 8,1 cm.
33r Richtungswechsel in den Planetenbewegungen. Äußerer Kreis mit einer mittleren Senkrechten. Auf dieser ein etwas nach oben versetzter Erdmittelpunkt (bez. Θ). Von diesem weg führen zwei Diagonalen bis zum Kreisrand. die Schnittpunkte der Geraden mit dem Kreis bez. mit A, Δ, Γ und B. Auf dem oberen Abschnitt der mittleren Senkrechten ein Epizykel (Bez. analog zu 32r). Zum Diagramm vgl. , 87f., Abb. 35. Text: , Kap. 85, 262f., Diagr. 16. 7,9 cm.
34r Sonnenfinsternis. Vertikale Achse mit drei Kreisen. V.u.n.o. in der Größe zunehmend, der mittlere bez. mit Luna, der obere mit Sol (Erde, Mond und Sonne). Seitlich des Mondes jeweils die Beschriftung Umbrae (Schattenumriss). Zum Diagramm vgl. , 70f., Abb. 24. Text: , Kap. 87, 266f., Diagr. 17. 11,4 × 5,5 cm.
34v. Schattenformen. Oben: Zylindrischer Schatten (entsteht, wenn der Licht spendende und der beleuchtete Körper gleich groß sind). Senkrechte Achse mit zwei übereinander folgenden, gleich großen Kreisen (unten Lichtquelle, an den Rändern bez. mit A und B; oben Lichtempfänger, an den Rändern bez. mit Γ und Δ). Beide Kreise mit einer mittleren Waagerechten. Die Kreise werden seitlich von zwei Geraden eingefasst (Schattenränder). 10,4 × 3,8 cm. Unten: Becherförmiger Schatten (entsteht, wenn der beleuchtete Körper größer als die Lichtquelle ist). Gleich angelegtes Diagramm wie oben, nur mit kleinerer Lichtquelle unten (Schattenansätze bei der Lichtquelle bez. mit H und Θ, beim Empfänger mit Γ und Δ). Zum Diagramm vgl. , 71f., Abb. 25. Text: , Kap. 89, 270f., Diagr. 18. 10 × 4,2 cm.
35r Mondfinsternis. Vertikale Achse mit drei Kreisen. V.u.n.o. in der Größe zunehmend, der untere Luna, der mittlere bez. mit Terra, der obere mit Sol (Mond, Erde und Sonne). Seitliche flankierend zwei Geraden (Schattenwurf). Zum Diagramm vgl. , 72f., Abb. 16. Text: , Kap. 90, 272f., Diagr. 19. 13,6 × 4,5 cm.
35v Weltseele und Weltkörper. Links: Die Spaltung der Fügungsreihe der Weltseele und die anschließende kreisförmige Verbindung der beiden Teile. Links eine senkrecht stehende Gerade, ein I, mit den bez. Endpunkten a (oben) und B unten (vollständige Fügungsreihe). Rechts davon der Buchstabe Chi, bestehend aus den beiden kreuzförmig übereinander gelegten Teilen der Fügungsreiche. Die Endpunkte bez. mit E, Δ, Z und Γ. Rechts neben den Buchstaben zwei sich überschneidende Kreise - gemäß des Textes, die zum Kreis gekrümmten Geraden des Chi. Beide Teile der Weltseele (beide Kreise) werden von einem dritten Kreis umfangen, dem Weltkörper. Letzterer wird von Calcidius als kugelförmig und begrenzt durch die Fixstern tragende Himmelssphäre beschrieben. Zu den Diagrammen vgl. , 62f., Abb. 16, 22 (diese Handschrift), Farbabb. 3. Text: , Kap. 92, 276., Diagr. 20. Gesamt: 7,5 × 14,2 cm. Kreis: 7,5 cm.
39v und 40r Venus (Morgenstern) und Hesperus (Abendstern). Auf 39v ein Kreis mit zwei Bahnen und einem kreisförmigen Zentrum. Unten, in der äußeren Bahn der Punkt X (Erde und Himmel). Ausgehend von diesem, nach oben führend eine mittlere Senkrechte und zwei flankierende Schrägen. An den Schnittpunkten mit dem äußeren Kreis die Bez. A, B und Γ (Tierkreis). Auf der Hälfte der mittleren Senkrechten die Bez. K (Zentrum der Sonne) und darunter die Bez. E, Z und H für den Epizykel. Die linke Schräge XA zeigt den Verlauf der Venus im Osten und die Schräge XΓ im Westen den Verlauf des Hesperus. Auf 40r Erde, Sonne und Venus zusätzlich als Kreisformen auf der mittleren Geraden markiert. Text: , Kap. 111, 304f., Diagr. 22 . 7,9 cm /8 × 6,9 cm.
60r Spiralförmige Planetenbewegung am Beispiel der Venus. Kreis, außen umrandet mit den Anfangsbuchstaben der Tierkreiszeichen. Innenliegend eine äußere Bahn, die in der oberen Hälfte zwei zum Mittelpunkt ragende Schrägen aufweist. In dem sich ergebenden Feld eine fadenförmige Spiralform, deren Ende nach links ausschwingt und mit einem Stern (Venus) endet. Text: , Kap. 116, 310f., Diagr. 23. 7 cm.
61r Kreisbahnen der Planeten in Bezug zur Weltseele. Ein Kreis mit 7 konzentrischen Bahnen und einem kreisförmigen Mittelpunkt. Letzterer bez. mit Terra. durch den Mittelpunkt teilt eine mittlere Waagerechte den Kreis in zwei Hälften. In der oberen Hälfte sind die Bahnen bez. mit (v.a.n.i.): Saturni, Iovis, Martis, Mercurii, Veneris, Solis, Lunae. In der unteren Hälfte mit den Zahlen (v.i.n.a.): i, ii, iii, iiii, viii, viiii und xxviii (27?) gemäß der forma triangularis (vgl. 17r). Zum Diagramm vgl. , Abb. 17 Text: , Kap. 96, 284f., Diagr. 21 . 11 cm.
Farben: Die Diagramme gezeichnet mit roten Linien. Die Beschriftung überwiegend tintenfarbig, teilweise auch rot.
STIL UND EINORDNUNG
Der vorliegende Timaeus-Kommentar des Calcidius wurde von H. Hoffmann paläographisch dem Essener Kanonissenstift zugeordnet und entstand dort wohl im 3. Viertel des 11. Jh. (Zusammenstellung der Essener Gruppe aus dem Umkreis des Theophanuevangeliars, Essen, Domschatz, Hs. 3, vgl. Cod. Guelf. 54 Gud. lat.; , 125f; Bodarwé beurteilt diese Zusammenstellung unter kodikologischen Gesichtspunkten kritisch und hält die Schreibschule in Essen um die Mitte des 11. Jh. für fraglich - , 145–149). Die formale Schlichtheit seiner Ausstattung, ohne Initialen und ohne weiteren ornamentalen Schmuck, beruht auf dem Texttypus, der in nahezu allen überlieferten Codices schmucklos gehalten ist. Ein Beispiel des für Essen in der zweiten Hälfte des 11. Jh. typischen Initialstils gibt Cod. Guelf 54 Gud. lat. Insgesamt liegen aus dem 11. Jh. (1025–1075) 14 Handschriften mit der Timaeus-Übersetzung des Calcidius vor. 11 von ihnen beinhalten zusätzlich seinen Kommentar (Zusammenstellung vgl. , 34 Anm. 20, 36). Beide Texte, Übersetzung und Kommentar, wurden im 11. und 12. für den Unterricht an Dom- und Kathedralschulen verwendet, wie es in diesem Fall für Paderborn zu vermuten ist (s. Provenienz)., Nr. 4420. — , Bd. 4, 125f. — , 127, 129, Abb. 28, 29. — , 152f. — , 34 Anm. 20, 45 Anm. 63, 47 Anm. 69, 58 und Anm. 103, 61 Anm. 116, 63 und Anm. 127 (hier falsche Folioangabe), 77 Anm. 168, 82 Anm. 186. — , 67f.
Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).