- Auszeichnungsschriften. 8 Textzierseiten. 4 Initialzierseiten mit Seitenrahmungen.
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Initialzierseiten:
Das für Tours übliche System der Schriftenhierachie wurde in der Handschrift weitestgehend umgesetzt. Auf den Initialzierseiten zu den Evangelien findet sich Capitalis mit anschließender Unzialis, jedoch in unterschiedlicher Zusammenstellung. Zu Matthäus gehen die beiden Schriften in einem Diminuendo ineinander über. Zu den anderen drei Büchern finden sich entweder eine (Mc und Io) oder vier (Lc) Zeilen Capitalis mit anschließender Unzialis in Gold (Mt und Lc) oder in Silber und Gold, zeilenweise wechselnd (Mc und Io). Die Incipits der Praefationes in ein- (Mt - in Rot und Io - in Gold) oder zweiliger (Mc - in Gold und Lc - in Rot) Capitalis, mit anschließenden 2-3 Zeilen Unzialis (zu Io mit zusätzlich eingeschobener Rustica-Zeile). Die Capitula entweder mit einer Zeile Capitalis (zu Mt - in Rot) oder Unzialis (Mc - in Gold, Lc und Io - in Rot). Explicits, Inschriften und die Evangelistenverse in Capitalis Rustica.Zu den Textanfängen der vier Evangelien je eine gerahmte Initialseite (Rahmen: 20 x 14,5 × 15 cm; 5r Li-Ligatur zu Mt, 48r, 79r Q-Initiale zu Lc, 131r I-Initiale zu Io; 12-22). Die Initialen erscheinen in die Seitenrahmungen intgriert. Nach , Bd. 1, 189 sind im Initialtypus drei unterschiediche Varianten zu unterscheiden. Es handelt sich um den Aderbandtypus in Metallausführung (5r und 131r) mit Metallband als Konturlinie sowie Gliederungs-, Gelenk- und Endgeflechten, der metallisierte Rahmentypus (48r) und der Silhouettentypus (79r). Die Initialen (5r, 48r, 131r) und der Rahmen mit gerahmten purpur- oder türkisfarbenen oder ungerahmten goldenen Paneelen (vgl. 131r). Als Füllmotive der Initialen und Rahmen (Peneele), das Seilband (5r, 79r), die Ranke (5r, 48r), Zickzackmuster und Rautenmuster (48r). Im Besatz Profilpalmetten (5r,48r ) und Stauden 5r (48r, 79r). Die im Besatz geführten Motive zu Beginn (5r und 48r) großflächiger, auf 79r und 131r zunehmend kleinteiliger.
5r LI-Ligatur, in Seitenrahmung integriert. Textanschluss in kleiner werdender goldener Capitalis mit anschließender goldener Unzialis. Im unteren Zwickel der Ligatur ein Medaillon mit in Gold ausgeführter Darstellung eines Geistlichen (betitelt in goldener Capitalis Rustica: SACERDOS), der in Proskynese einem thronenden Erzbischof (betitelt in goldener Capitalis Rustica: ARCHIEPISCOPUS) ein Buch übereicht. Die Metallrahmung der Seite mit Eck- und Gliederungsgeflechten. Mittig im oberen Rahmenbalken ein Medaillon mit dem Evangelistensymbol des Engels für Matthäus. Dieser ist mit der Rechten schreibend, das Buch in der Linken dargestellt. Der nimbierte Kopf zeigt eine Drehung nach rechts und ist im Profil wiedergegeben. Das Medaillon begleitet von der Inschrift: Hoc Mattheus Agens Hominem Generaliter Implet. 20,5.
48r I-Initiale, in Seitenrahmung integriert. Textanschluss in silberner Capitalis und goldner Unzialis. Die initiale im Rahmentypus mit bekrönendem Blütenkelch, unten mit abschließender Halbpalmette. Als Gliederungselement ein in den Initialstamm vollständig integrierter Flechtbandknoten. Der Rahmen in den Ecken nach innen verziert mit Weinstauden, nach außen mit kurzen Blütenansätzen. Mittig im oberen Balken ein Medaillon mit dem Evangelistensymbol des Löwen für Markus. Der Löwe springend mit dem Buch in den vorderen Tatzen. Flankierend die Inschrift Marcus Vt Alta Fremens Vox per Deserta Leonum. 19.
79r Q-Initiale, in Seitenrahmung integriert. Textanschluss in goldener und silberner Capitalis, zeilenweise wechselnd. Anschließend goldene Unzialis. Die Initiale als einfache Silhouetteninitiale mit zarter, doppelt geschlungener Fadenbanderole. Im Initialbinnenfeld ein Medaillon, farbig grundiert mit dem geflügelten Stier - dem Lucassymbol. Dieser hält zwischen den vorderen Hufen das Buch. Darüber die Inschrift Iura Sacerdotii Lucas Tenet Ore Iuvenci. Desweiteren das Binnenfeld gefüllt mit zarten, von der Initiale ausgehenden Stauden- und Rankenansätzen. Der Rahmen mit Gliederungs- und Eckgeflechten, nach innen gerichtet zusätzlich Staudenbesatz. 12.
131r I-initiale, in die Seitenrahmung integriert. Textanschluss in goldener Capitalis und anschließend in silberner und goldener Unzialis, zeilenweise wechselnd. Die Initiale im in Metall ausgeführten Aderbandtypus mit End- und Gliderungsgeflechten und feiner Punktrandung. Das untere Endgeflecht begleitend ein Hund und ein Reh. Mittig auf dem oberen Rahmenbalken das Evangelistensymbol des Adlers mit einer Schriftrolle in den Klauen. Begleitend die Inschrift More Volans Aquilae Verbum Petit Astra Iohannis. Der Rahmen mit Gliederungs- und Eckgeflechten, zusätzlich mit Stauden-, Blatt- und Blütenbesatz. 22.
Textzierseiten:
Vorausgehend zu den Initialzierseiten jeweils zwei Textzierseiten. Hiervon jeweils eine Incipitseite (109r, 47r, 78r, 130r) mit zeilenweise wechselnder goldener und silberner Capitalis auf Purpurstreifen. Das Incipit zu Matthäus (109r) ergänzt durch einen mittig gestellten Purpurstreifen mit silberner Palmettenranke. Das Wort Incipit in der ersten Zeile ebenfalls flankiert von einem Rankenansatz. Darauf folgend jeweils eine Seite mit dem Evangelistengedicht entsprechend dem nachfolgenden Evangelium (4v, 47v, 78v, 130v). Zu Mc (47v) und Lc (78v) jeweils 5 Purpurstreifen beschriftet mit goldener und silberner Capitalis Rustica zeilenweise wechseln. Zu Iohannes (130v) ausschließlich goldener Rustica-Schriftzug auf Purpurstreifen. Zu Mt (4v) der Rustica-Schriftzug in Rot zwischen den 5 Pupurstreifen und in Silber auf dem mittleren Streifen. Die restlichen 4 Purpurstreifen mit silbernem und goldenem Rankenornament mit Blütenansätzen. Das Evangeliar besaß ursprünglich dem Text vorangehende Kanontafeln, davon zeugt ein Abdruck auf der ersten Textseite (1r). Zu erkennen sind eine getreppte Basis, Flechtbandkapitelle mit Hörnern und Blütenrosetten in den Zwickeln der Arkade. Als Füllmotive dienten ebenfalls kleine Blütenrosetten und ein Rankenmotiv. -
Farben:
Meist silbernes (korridiertes) Randband für Initialen und Rahmen, für die Initialen teilweise auch goldenes. In den Füllungen Braun und Gold auf Türkis und Metall auf Violett. Besatzmotive von Initialen und Rahmen in Gold, Türkis, Rot und Braun.
- 5r-44v Matthaeus: Evangelium. Vorangehend: 1r-1v Praefatio, 1v-3v Capitula, 4r Incipitseite, 4v Gedicht zu Matthäus: Mattheus E Sacro Totus Spiramine Fretus / Ordine Iucundo Volitans Per Nomina Patrum / Qualiter Exierit Cecinit Generatio Christi / Et Quoniam Sobria Hoc Potuit Ratione Videre / Humana Meruit signari Rite Figura ( 1, 293; , 158, 191).
- 48r-74v Marcus: Evangelium. Vorangehend: 45r-45v Argumentum, 46r-46v Capitula, 47r Incipitseite, 47v Gedicht zu Markus: Marcus Divini Petro Narrante Repletus / Faminis Effremuit Vox Vt Deserta Ferarum / Quo. In o. Torva Decuit Sub Fronte Leonis 7 Dogmata Post Fidei Tuta Est Aegyptus Ab Ipso / Normam et Apostolicae Complevit Legis Vtrimque ( 1, 293, 294).
- 79r-126r Lucas: Evangelium. Vorangehend: 75r-75v Praefatio, 76r-77v Capitula, 78r Incipitseite, 78v Gedicht zu Lukas: Lucas Ore Dei Medicina Fultus At Inde / Scribens Gesta dei Novit Moderamina Mentis / Quodque Saerdotum Meminit Presumere Iura / Aligeri Faciem Novit Gestare Iuvenci / Tandem Et Apostolicos Scripsit Feliciter Actus ( 1, 294). 126v und 127r leer.
- 131r-162r Iohannes: Evangelium. Vorangehend: 127v-128r Praefatio, 128v-129v Capitula, 130r Incipitseite, 130v Gedicht zu Johannes: Virgo Supra Pectus Christi Accubitare Iohannes / In Cena Meruit Viva Exanclando Fluenta / Scilicet Hinc Aquilae Petiit Trans Aethera pennis / Divinam Retegens Naturam Hominum Rationi / Qualiter Et populis Habitans Verbum Caro Factum Est ( 1, 294).
- 162v Schatzverzeichnis von Erstein. Eine Bestandsaufnahme, die vermulich von einem Kleriker des Straßburger Bischofs in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts erstellt wurde ( , Bd. 1, 292; , 32, 33, Nr. 23).
- , Nr. 2186, 201-204.
- A. Boinet, La miniature carolingienne. Ses origines, sons développement, Paris 1913, Taf. 38.
- J. Prochno, Das Schreiber- und Dedikationsbild in der deutschen Buchmalerei. Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (800-1100), Leipzig/Berlin 1929 (Veröffentlichungen der Forschungsinstitute an der Unversität Leipzig. Institut für Kultur- und Universalgeschichte. Die Entwicklung des menschlichen Bildnisses 2, hrsg. von W. Goetz), XII.
- , Bd. 1,1, 187-194 (Ausstattung), 196, 197, 199-202, 206, 207, 212, 214, 215, 217 und 218 (Verhältnis zur Bamberger Bibel), 246-249 (Verhältnis zum Sakramentar in Autun), 257-259 (Verhältnis zu Prümer Evangeliar in Berlin), 320 (Vorstücke), 329 (Kapiteleinteilung), 339, 340, 348-361 (Text), 385 und 386 (Beschreibung), Bd. 1,2, 99-102, Taf. 41.
- , Nr. 39.
- E. K. Rand, An Unrecognized Sacramentary of Tours, in: Harvard Studies in Classical Philology 60 (1951), 235-261, hier 161, Nr. 128.
- B. Bischoff, "Ars Sacra (München 1950)", in: Scriptorium 5 (1951), 306-308, hier 306.
- , Bd. 1, 123, 124, Abb. 26.
- R. Will, L'inventaire du trésor de l'abbaye carolingienne d'Erstein, in: Cahiers alsaciens d'archéologie, d'art et d'histoire (1957) 132.
- Mittelalterliche Schatzverzeichnisse, Teil I: Von der Zeit Karls des Großen bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, hrsg. in Zusammenarbeit mit B. Bischoff, München 1967 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstegschichte 4,1), 32.
- E. J. Beer, Die Initialen, in: Faksimile: Die Bibel von Moutier-Grandval, British Museum Add. Ms. 10546, Bern 1971, 121-148, hier 136-144.
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- B. Fischer, Die Alkuin-Bibeln, in: Faksimile: Die Bibel von Moutier-Grandval, British Museum Add. Ms. 10546, Bern 1971, 49-98.
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- B. Fischer, Zur Überlieferung des lateinischen Textes der Evangelien, in: Recherches sur l'histoire de la Bible latine : colloque organisé à Louvain-la-Neuve pour la promotion de H.J. Frede au doctorat honoris causa en théologie le 18 avril 1986, sous la dir. de R. Gryson et P.-M. Bogaert (Cahiers de la Revue Théologique de Louvain 19), Louvain-la-Neuve 1987, 75.
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- F. O. Büttner, Der illuminierte Psalter im Westen, in: The illuminated Psalter. Studies in the Content, Purpose and Placement of its Images, hrsg. von F. O. Büttner, Turnhout 2004, 1-106, hier 3, Anm. 6
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- F. Mütherich, Studies in Carolingian manuscript illumination, London 2004, 360 Anm. 34.
- Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Anlässlich der Ausstellung "Krone und Schleier. Kunst aus Mittelalterlichen Frauenklöstern" vom 19. März bis 3. Juli 2005 im Ruhrlandmuseum Essen: "Die Frühen Klöster uns Stifte, 500 - 1200" und in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn: "Die Zeit der Orden, 1200 - 1500", München 2005, Kat.Nr. 130.
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- Lizenzangaben korrigiert (schassan, 2020-04-17)
Abgekürzt zitierte Literatur
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