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Beschreibung von Cod. Guelf. 349 Helmst. (Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil II: Cod. Guelf. 277 bis 370 Helmst. Mit einem Anhang: Die mittelalterlichen Handschriften und Fragmente der Ehemaligen Universitätsbibliothek Helmstedt, beschrieben von Bertram Lesser. Wiesbaden 2022.)
Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil II: Cod. Guelf. 277 bis 370 Helmst. Mit einem Anhang: Die mittelalterlichen Handschriften und Fragmente der Ehemaligen Universitätsbibliothek Helmstedt, beschrieben von Bertram Lesser (im Erscheinen).
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Ilias latina. Vergilius

Pergament — 101 Bl. — 28,5 x 10,5 cm — Nordostfrankreich — 11. Jh. und um 1200

Aus zwei Teilen zusammengesetzt: I 1r7v, II 8r101v. Zwei Bifolia sind palimpsestiert (71rv / 74r–v und 72r–73v, vgl. unten). Lagen: III (6). IV+1 (15). 4 IV (47). III+1 (54). III+1 (61). III+1 (68). IV (76). V–1 (85). 2 IV (101). Befolgung der Gregory-Regel, mit Ausnahme der hinzugefügten Bl. Tintenfoliierung modern: 1101. Auf dem VS Inhaltsverzeichnis (19. Jh.) von der Hand des Wolfenbütteler Bibliothekars K. P. C. Schönemann.

Ganzledereinband des 18. Jh., aus der Werkstatt des Buchbinders Anton Friedrich Wirck in Helmstedt, vgl. bei Cod. Guelf. 308 Helmst.

Herkunft: Nach den paläographischen Merkmalen und dem spärlichen Buchschmuck zu urteilen wurde der Codex um 1200 im nordostfranzösischen Raum geschrieben; eine genauere Lokalisierung ist bislang nicht möglich. Für diese Schriftheimat sprechen außerdem die Übereinstimmungen mit der Glossierung in der französischen Hs. Cod. Guelf. 155 Gud. lat. sowie das hochrechteckige Format des Bandes, das auch bei anderen Hss. mit klassischer Dichtung, z. B. Cod. Guelf. 164 Gud. lat., 180 Gud. lat. und 194 Gud. lat. verwendet wurde. — Später gelangte er auf unbekanntem Wege in den Besitz von Matthias Flacius Illyricus, 1r auf dem Fußsteg Signaturnummer der flacianischen Bibliothek: № 180. Die Inhaltsangabe Aeneida Vergilii auf dem gleichen Bl. stammt nicht von Flacius, sondern von der Hand eines Mitarbeiters oder Sekretärs der Centuriatoren wie in Cod. Guelf. 277 Helmst. — Zusammen mit der übrigen Bibliothek des Matthias Flacius Illyricus am 20.4.1597 von Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg erworben, 1614 im Gesamtkatalog der Wolfenbütteler Hofbibliothek von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 23 [19]) unter Nr. 2 der Poëtae Graeci, Latini Gallici etc. als Aeneis Virgilii manuscripta in membranis ligt drüber genannt. 1618 aus Wolfenbüttel in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt. 1644 in deren Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 29v) als Virgilii Aeneidos libri. In membrana, liegt quer über. Ohne band unter den Miscellanei MSSti in folio nachgewiesen, auf dem VS die entsprechende Helmstedter Signatur Misc. 32. Im Katalog von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 269 verzeichnet.

Ebert Nr. 674, 916. — Heyne Virgilii opera 1, LXIII. — Heinemann Nr. 384. — W. Milde, The Library at Wolfenbüttel, from 1550 to 1618, in: The modern language review 66 (1971), 102–112, hier 105. — N. F. Palmer, Von der Paläographie zur Literaturwissenschaft, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 113 (1991), 212–250, hier 240. — Hartmann, 230. — Schneider Vergil, 35f. Nr. H 6.

I

Pergament — 7 Bl. — 28 × 10,5 cm — Nordostfrankreich — um 1200

Der gesamte Faszikel zeigt starke Gebrauchsspuren; zu Beginn fehlt eine Lage unbekannten Umfangs. Bl. 7 beschnitten, misst nur noch 7,5 x 8,5 cm; es gehörte ursprünglich zur ersten Lage und wurde bei der Neubindung im 18. Jh. an die zweite Lage geheftet. Schriftraum: 24,5 × 5,5 cm, einspaltig (mit Versalienspalte), 64–66 blindliniierte Zeilen, Punkturen an den Blatträndern sichtbar. Kleine, noch sehr runde frühe Textualis von zwei Händen, Hand 1: 1r7r; Hand 2: 7v; 2v nachgetragene Verse (s. unten) von anderer, aber relativ gleichzeitiger Hand.Keinerlei Buchschmuck, Raum für Initialen ausgespart.

1r7r Baebius Italicus (?): Ilias latina (partim). (Text setzt ein) … Equius adversis tecum concurrat in armis | Impiger Atrides spectet Danaumque Frigumque … — … Ipsa tuas depone liras ades inclita Pallas | Tuque fave cursu vatis iam Phebe peracto.Explicit iste liber non hic tamen incipit alter‹. Die Verse 1–266 fehlen durch Blattverlust. 2v wurden die Verse 521–526 vom Schreiber durch Zeilensprung ausgelassen und von einer anderen Hand neben dem Text quer zur Schreibrichtung nachgetragen. Auch in Cod. Guelf. 76.3 Extrav., 1r–18v; 301 Extrav., 16v–292r; Fragmente im Einband von Cod. Guelf. 797 Novi. Edition: Baebii Italici Ilias Latina. Introduzione, edizione critica, traduzione italiana e commento a cura di M. Scaffai, Bologna 1984, 21997 (Edizioni e saggi universitari di filologia classica 28), 83–191, hier ab 109 (mit dieser Hs., 42 genannt, Sigle h). Literatur: Poetae Latini minores, hrsg. von J. C. Wernsdorf, Bd. 4: Carmina heroica de diis et hominibus rebusque illustribus tenens, Altenburgi et Helmstadii 1785, 599 (Hs. genannt); F. Vollmer, Zum Homerus latinus. Kritischer Apparat mit Commentar und Überlieferungsgeschichte, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Philologische und Historische Klasse 1913/3, München 1913, 16 (Hs. genannt); M. Scaffai, Tradizione manoscritta dell’Ilias Latina, in: In verbis verum amare. Miscellanea dell’Istituto di Filologia Latina e Medioevale Università di Bologna, hrsg. von P. Serra Zanetti, Firenze 1980 (Università di Bologna. Pubblicazioni della Facoltà di Magistero, Nuova serie 5), 205–277 (233f. Hs. beschrieben); Reynolds, 191–194 (193 Hs. genannt, Sigle h); A. Cancela Cilleruelo, A Munich fragment of the Ilias latina (Clm 14843), in: Scriptorium 71 (2017), 99–114 (104 Anm. 23 Hs. genannt). Direkt im Anschluss folgt:
(7v) Accessus ad Iliadem latinam. Materia huius libri est Troiana historia … — … liber potest dici apocriphus apo valde crifus obscurus. Ungedruckt.

II

Pergament — 94 Bl. — 28,5 × 10,5 cm — Nordostfrankreich — um 1200

Der Teil zeigt starke Gebrauchsspuren; nach Bl. 76 fehlt ein Quaternio mit entsprechendem Textverlust. Bl. 7 gehörte ursprünglich zur ersten Lage und wurde bei der Neubindung im 18. Jh. an die zweite Lage geheftet. Schriftraum: 24 × 6–6,5 cm, einspaltig, 40–60 blindliniierte Zeilen. Haupttext in kleiner früher Textualis von zwei Händen, Hand 1: 8r77r; Hand 2: 77r101v. Glossen und Nachträge von mindestens fünf Händen. 8r einfache rote sekundäre Initiale A in Unzialform über 5 Zeilen, verblasst. 34v Initiale A über 3 Zeilen in Unzialform in Tintenfarbe, mit konturbegleitender geschwungener Fleuronnéeranke; 43r unverzierte Initiale I über 6 Zeilen in Unzialform; 52v unverzierte Initiale S über 3 Zeilen in Unzialform; 61v Initiale T über 3 Zeilen in stark geschwungener Unzialform in Tintenfarbe, mit weißen Schaftaussparungen und konturbegleitendem, fein gestricheltem Palmettenfleuronnée; 76v Initiale A über 5 Zeilen in Unzialform in Tintenfarbe, mit weißen Schaftaussparungen im Welllenschnitt;. 92v Initiale T über 5 Zeilen in Unzialform in Tintenfarbe, mit weißen Schaftaussparungen und konturbegleitendem, fein gestricheltem Palmettenfleuronnée. Sonst Raum für Initialen ausgespart. 92v in marg. die nachträgliche Bleistiftzeichnung einer Rosette mit drei Blattkränzen (15. Jh.).

8r101v Publius Vergilius Maro: Aeneidos libri XII. ›Explicit ultimus liber Eneidos Virgilii qui est duodecimus‹. Zum Text vgl. Cod. Guelf. 332 Helmst., 140r–334v. Argumenta: 16v zu Buch 2 mit dem Monostichon aus Anthologia latina 1 Nr. 634 und dem Decastichon aus Anthologia latina 1 Nr. 1, ebenso 26r zu Buch 3. 34v zu Buch 4 nur das Decastichon aus Anthologia latina 1 Nr. 1; 42v Monostichon und Decastichon aus Anthologia latina 1 Nr. 1 zu Buch 5, ebenso 52rv zu Buch 6 und 92r zu Buch 12. Die Argumente zu Buch 2, 4 und 6 stehen jeweils am Ende des vorhergehenden Buches noch vor dessen Explicit. Der erste Buchstabe (Bl. 14r64r auch der letzte) eines jeden Verses als Majuskel, ebenso die Schlussrubrik und einige Halbverse. Nach Bl. 76v Textlücke (9,12 – 10,92) durch Blattverlust. Der Text ist von mindestens drei Händen reich marginal und interlinear glossiert, ab Buch 4 werden die Glossen jedoch immer seltener. Inhaltlich lassen sie sowohl eine Kenntnis des Kommentars von Servius als auch anderer Texterklärungen, etwa der anonymen Glossen aus Cod. Guelf. 155 Gud. lat. und 323 Gud. lat., erkennen. 101v wurden von einem der Glossatoren einige, heute stark abgegriffene und am Seitenende gänzlich abbrechende Scholien zum Beginn der Aeneis nachgetragen; Beginn: 'Arma virumque' id est armatum virum et endiadis quidem figura …; das Übrige nicht mehr lesbar. Kürzer, aber im Wortlaut vielfach übereinstimmend mit den Aeneisglossen in Cod. Guelf. 155 Gud. lat., 1ra–vb, und 323 Gud. lat., 39r–v.
(101v) Accessus ad Aeneidos libros XII. Virgilius sicud ad laudem Polionis [!] bucolicas scripsit ita ad laudem Cesaris Eneidem composuit … — … a propositione ergo ita incipiens: Arma virumque cano etc. Die ungedruckte Passage ist Teil eines Accessus zum Gesamtwerk Vergils, der separat in Cod. Guelf. 7 Aug. 2°, 64v, überliefert ist und auch die Aeneisglossen in Cod. Guelf. 155 Gud. lat., 1ra, und 323 Gud. lat., 39r, einleitet.

Unterer Text

Pergament — 4 Bl. — 28,5 × 11 cm — Nordostfrankreich — 11. Jh.

Die beiden Bifolia (71rv / 74rv und 72r73v) sind quer zur ursprünglichen Heftungsrichtung zweitverwendet (die Perforationen der originalen Heftung sind noch erkennbar); die ursprüngliche Blattgröße betrug ca. 23 x 14 cm. Die Palimpsestierung erfolgte äußerst materialschonend, sorgfältig und offenbar unter Benutzung von Reagentien, so dass der untere Text selbst unter UV-Licht kaum mehr lesbar ist. Schriftraum: 17 × 9 cm, einspaltig, 23 blindliniierte Textzeilen erkennbar. Haupttext in regelmäßiger karolingischer Minuskel von einer Hand (Gesangsteile in kleinerer Schrift abgesetzt); die auf den Fuß- bzw. Kopfstegen nachgetragenen liturgischen Gesangsteile wurden von einer zweiten Hand in karolingischer Minuskel hinzugefügt. Über den zum Urspungstext gehörenden Gesangsteilen linnienlose adiastematische Neumennotation, aufgrund des Erhaltungszustandes nicht näher bestimmbar; über den auf den Kopf- oder Fußstegen nachgetragenen Stücken nicht näher spezifizierbare Notation auf Linien. Rubriziert, dazu abwechselnd rote und grüne Satzmajuskeln in Capitalis quadrata und Unzialis.

71r74v Breviarium (Proprium de tempore). Aufgrund der sorgfältigen Palimpsestierung ist der in zahlreiche Abschnitte gegliederte (›le[ctio ?] II‹ und ›le[ctio ?] III‹ sind erkennbar) und mit neumierten Gesangsteilen (72v) abwechselnde Breviertext mit den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln nicht genauer identifizierbar. Ein konkretes Zuordnungsindiz bildet 71r auf dem ehemaligen Fußsteg das nachgetragene Invitatorium CAO 1168 in feria II maioris hebdomadae.


Abgekürzt zitierte Literatur

Anthologia latina 1 Anthologia latina Bd. 1: Carmina in codicibus scripta, Ps. 1, hrsg. von F. Buechler und D. R. Shackleton Bailey, Stuttgart 1982
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)
Ebert F. A. Ebert, Bibliothecae Guelferbytanae Codices Graeci et Latini Classici, Leipzig 1827 (Zur Handschriftenkunde 2)
Hartmann M. Hartmann, Humanismus und Kirchenkritik. Matthias Flacius Illyricus als Erforscher des Mittelalters, Stuttgart 2001 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 19)
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Heyne Virgilii opera P. Virgilii Maronis Opera…, illustrata a C. G. Heyne, editio altera emendatior et locupletior, 2 Bde., Leipzig 1789
Reynolds Texts and transmission. A survey of the Latin classics, ed. by L. D. Reynolds, Oxford 1983
Schneider Vergil B. Schneider, Vergil. Handschriften und Drucke der Herzog August Bibliothek. Katalog der Ausstellung in der Bibliotheca Augusta, 5. Oktober 1982 bis 27. März 1983, Wolfenbüttel 1982 (Ausstellungskataloge der Herzog-August-Bibliothek 37)

Korrekturen, Ergänzungen:
  • Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt. (schassan, 2019-08-20)
  • Normdaten ergänzt bzw. korrigiert. (schassan, 2015-09-04)
  • Überarbeitung abgeschlossen; gleicher Stand wie im gedruckten Katalog. (lesser, 2023-01-15)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil II.
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