Sakramentar (Fragment)

Süddeutschland (?) — 11. Jh., 1. Viertel

Provenienz: Das Doppelblatt diente ehemals als Einbandüberzug und wurde von Otto von Heinemann (Leiter der Herzog August Bibliothek von 1868–1904) abgelöst. Der zugehörige Trägerband ist unbekannt.

Pergament — 2 Bl. — 23 × 18,5 cm

Das Pergament von guter Qualität, aufgrund der Benutzung als Einschlag zerknittert. Schriftraum: 15 × 13,5 cm, einspaltig, 20 Zeilen. Karolingische Minuskel von einer Hand. Rubrizierte Versüberschriften in Capitalis Rustica. Die Textanfänge in vergrößerter Unzialis. Satzanfänge mit 2–3zeiligen roten unverzierten Initialen. Auf 1r der Versbeginn mit einer roten 4zeiligen unverzierten Initiale.

INHALT

1r–2v Sacramentarium , zum erhaltenen Text vgl. Butzmann Weißenburg, 229; Text stimmt überein mit einem palimpsestierten Sakramentarfragment aus München, BSB, Clm 6333, 9. Jh., Benediktbeuren (?); von Dold bezeichnet als "Ben", vgl. A. Dold, Palimpseststudien II. Altertümliche Sakramentar- und Litanei-Fragmente im Cod. lat. Monac. 6333, Beuron 1957, hier 9–15.

AUSSTATTUNG

5 Initialen.

Initialen: Zu den Versanfängen auf 1v (2x), 2r (2x) und 2r (1x) Spaltleisteninitialen, einige Buchstabenstämme gefüllt mit Stufenband (1v und 2r), auf 2v mit Spange (3,2–5,4 cm). In den Binnenfeldern und Abläufen schlanke Knollenblattranken, die in Achterschlingen verlaufen und teils die Buchstabenstämme umschlingen. Im Endbesatz Knospen mit eingerollten Seitenblättern (1v und 2r) und eine Vierpassblüte (2v). Auf 1v als Buchstabenendung ein rankenspeiender Fabelwesenkopf.

Farben: Die Initialen sind mit Minium vorgezeichnet (als Kontur und Spaltleistenfüllung teilweise noch sichtbar). Bei den Füllfarben handelt es sich um Dunkelblau, Grün (teilweise stark abgerieben) und Dunkelrot. Die Flechtbänder in den Binnenfeldern dunkelrot hinterlegt.

STIL UND EINORDNUNG

Das ehemals als Einbandmaterial verwendete Sakramentarfragment wurde von H. Butzmann unter Vorbehalt paläographisch nach Süddeutschland gegeben und ins 11. Jh. datiert, in der Forschung jedoch bisher nicht berücksichtigt. Die qualitätvoll ausgeführt Initialornamentik bestätigt den Lokalisierungsvorschlag Butzmanns. Die blockhafte Anlage der Flechtranken, die Knospen und Knollen, sowie die Initialform sprechen für eine Entstehung des Fragments um 1000/im frühen 11. Jh. Ähnlichen Initialschmuck, jedoch mit Abweichungen in Details, zeigen Handschriften aus Regensburg (München, BSB, Clm 14649, Regensburg, Anfang 11. Jh. und München, BSB, Clm 14737, Bl. 1–140, Regensburg(?), um 1000 oder Anfang 11. Jh.; Klemm Ill. Hss. 2, Nr. 10 und 11, Abb. 21 und 23). Auch in der Freisinger Buchmalerei um 1000 sind Parallelen in Rankenverlauf und Rankenbesatz zu erkennen (vgl. München, BSB, Clm 6400, Freising, 4. Viertel 10. Jh. und München, BSB, Clm 17043, Freising(?), Ende 10./Anfang 11. Jh.; Klemm Ill. Hss. 2, Nr. 58 und 60, Abb. 127 und 129). Eine genaue Skriptoriumszuordnung erscheint aufgrund des in der Wolfenbütteler Handschrift sehr allgemeinen süddeutschen Formenrepertoires nicht möglich.

Butzmann Extravagantes, Novi, Novissimi, 229–230.

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Abgekürzt zitierte Literatur

Butzmann Extravagantes, Novi, Novissimi	H. Butzmann, Die mittelalterlichen Handschriften der Gruppen Extravagantes, Novi und Novissimi, Frankfurt/M. 1972 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 15)
Butzmann Weißenburg	H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10)
Klemm Ill. Hss. 2	Katalog der illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, Bd. 2: Die ottonischen und frühromanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, beschrieben von E. Klemm, Wiesbaden 2004

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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).

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