Josephus Scottus, Epitome commentariorum Hieronymi in Esaiam
Weißenburg, Benediktinerkloster — um 825
Provenienz: 1r Benediktinerkloster Weißenburg, Besitzvermerk: Codex sancti Petri in Wyßenburg. Oberer Rand Expositio Ysaie excerpta ex dictis sancti Jeronymi (15. Jh.). 1v Weißenburger Signaturenbuchstabe: .C. (14. Jh.). Die Handschrift gelangte über Heinrich Julius von Blum 1690 in den Besitz des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig. 2°27 ( , 3–18).
Pergament — 127 Bl. — 29 × 20,5 cm
Lagen: 2 IV (16). III (22). II (26). 3 IV (50). III (56). 3 IV (80). II (84). 2 IV (100). III (106). III-1 (111). 2 IV (127). Lagenbezeichnung in tintenfarbigen römischen Zahlen am Lagenende, Blattmitte unten. 84v III fol. 111v V fl. Auf dem ersten Lagenblatt Namenangaben der Schreiber. Die Einträge sind radiert, außer 35r nand- (Nandeger (?) und 81r Notker. Neuere Tintenfoliierung. Guter Zustand. Blattverlust am unteren Blattrand: Bl. 14 und 80. 1969 die ersten Blätter durch Radierer und Schaber aufgehellt. Blätter geglättet. Schriftraum: 22,5 × 17 cm, zweispaltig, 27 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Incipits und Explicits der Bücher in schwarzer und roter Capitalis Rustica. Hervorgehobene Textpassagen in roter Minuskel.
Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1969).
INHALT
1r Grabgedicht für einen Diakon Heinrich, verstorben am 23. Januar (wahrscheinlich 11. Jh., vgl. Epitome commentariorum Hieronymi in Esaiam ( 2, 90; 99, 821). 127vb Domine, puer meus iacet paraliticus in domo et male (Mt 8,6; 11. Jh.). Daneben Beginn eines Offiziums für Maria Magdalena (nur mit Gesangsteilen, mit Neumen des 12. Jh.), enthält allein die Vesperantiphon 206081 und den Beginn des Invitatoriums 100209. Das vollständige Officium exceptis lectionibus in 51 Weiss., 132r–132v.
, Bd. 1, 312.; , 186.; , Nr. 14149). 1v–127v :AUSSTATTUNG
4 Initialen.Initialen: Zu den Textabschnitten vereinzelt kleine Initialen (1v, 11v, 17v, 22v, 101r; 1,2–3 cm). Davon zwei einfache unkolorierte Hohlbuchstaben (17v, 22v). Als Füllmotive die Schlange (11v; ausgespart) und das Stufenband (1v). Im Besatz die Palmette (1v, doppelt konturiert mit Rückensteg, 101r) und das am Faden hängende Kleeblatt (1v).
Farben: Rote und schwarze Schreibfarbe, keine zusätzliche Kolorierung.
STIL UND EINORDNUNG
Die von dem Angelsachsen Josephus Scotus redigierte Fassung des Hieronymus Jesaja-Kommentar gilt aufgrund von übereinstimmender Anordnung des Textes und der Initialen (vl. Textbeginn) als Vorlage für die Handschrift St. Gallen, StiB, Cod. Sang. 254, entstanden um 860 in St. Gallen zur Zeit des Abtes Grimald (841–872), der 847–870 ebenfalls Abt von Weißenburg war (Cimelia Sangallensis. Hundert Kostbarkeiten aus der Stiftsbibliothek St. Gallen, beschrieben von , und , St. Gallen 1998, 84, 85.). Die namentlichen Anweisungen für die Schreiber Nandeger (?) und Notker (35r, 81r, s.o.) verweisen auf Namen, die in St. Gallen häufig belegt sind (vgl. , 186.). Die Initialausstattung der Handschrift gleicht der von Codices der sogenannten, nach Butzmann definierten Waldmann-Schule (vgl. u.a. 4 Weiss., 19 Weiss., 63 Weiss. und 64 Weiss.). Der Codex wurde von Butzmann jedoch nicht genauer paläographisch bestimmt und von ihm, bei Weißenburger Lokalisierung, in die 2. Hälfte des 9. Jh. gegeben. , Nr. 7398 nennt bei gleicher Lokalisierung das 1./2. Viertel des 9. Jh. Bei den Motiven des Weißenburger Repertoires in 49 Weiss. handelt es sich um die Palmette als Bogenersatz (49 Weiss., 101r; vgl. 4 Weiss., 74v; 63 Weiss., 10v; 46 Weiss., 170v; 22 Weiss., 197v; 66 Weiss., 7v und 60 Weiss., 78r), die I-Initiale mit dem Schlangenmotiv (49 Weiss., 1v); vgl. 4 Weiss., 11v und 19 Weiss., 3r), das Stufenband (49 Weiss., 1v; vgl. 18 Weiss., 25r) und das am Faden hängende Kleeblatt (49 Weiss., 1v; vgl. 4 Weiss., 133v)., Nr. 4133 (Heinemann Nr.). — , 186, 187. — , Nr. 7398. — , Bd. 1, 312. — , 134, 136. — , Bd. 1,1.2, 824. — Cimelia Sangallensis. Hundert Kostbarkeiten aus der Stiftsbibliothek St. Gallen, beschrieben von , und , St. Gallen 1998, 84. — , 92. — , 361, 369.
Abgekürzt zitierte Literatur
Bibliotheca hagiographica Latina antiquae et mediae aetatis, 2 Bde., ed. Socii Bollandini, Bruxelles 1898 und 1901 (Subsidia hagiographica 6), Bd. 3: Supplementi editio altera, Bruxelles 1911 (Subsidia hagiographica 12) | |
B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Teil 3: Padua–Zwickau, aus dem Nachlass hrsg. von B. Ebersperger, Wiesbaden 2014 | |
H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10) | |
CANTUS: A Database for Latin Ecclesiastical Chant. Indices of chants in selected manuscripts and early printed sources of the liturgical Office (https://cantusdatabase.org/) | |
R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12) | |
C. Grifoni, Auf Otfrids Spuren in der frühmittelalterlichen Bibliothek Weißenburg, in: | , 79-101|
H. Hoffmann, Schreibschulen des 10. und 11. Jahrhunderts im Südwesten des Deutschen Reichs, 2 Bde., Hannover 2004 (MGH Schriften 53) | |
W. Kleiber, Otfrid von Weißenburg. Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung und Studien zum Aufbau des Evangelienbuches, Bern/München 1971 (Bibliotheca Germanica 14) | |
S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1) | |
Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865 | |
H. Walther, Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris Latinorum, Göttingen 1959 (Carmina medii aevi posterioris Latina 1) | |
S. Westphal, Karolingische Buchmalerei aus dem elsässischen Kloster Weißenburg, in: Die Handschriften der Hofschule Karls des Großen. Individuelle Gestalt und Europäisches Kulturerbe, Tagung Trier 2018, Trier 2019, 357–391 | |
Liste der von H. J. Blum im Jahre 1673 der Wiener Hofbibliothek angebotenen Handschriften meist Weissenburger Herkunft, in: T. Gottlieb, Die Weissenburger Handschriften in Wolfenbüttel, Wien 1910 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 163,6) | |
Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 3: Die Weissenburger Handschriften, beschrieben von O. von Heinemann, in: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 2 Teil 5, Wolfenbüttel 1903, 268–443 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).