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Beschreibung von Cod. Guelf. 575 Helmst.
geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil IV: Cod. Guelf. 462 bis 615 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Thomas Maulfelt. Quaestiones tractatusque in parva logicalia. Richardus Billingham

Papier — 196 Bl. — 22 × 15 cm — Salzwedel — 1427–1449

Aus vier Teilen zusammengesetzt: I Ir–12v, II 13r–68v, III 69r–140v, IV 141r–185v. Lagen: VI+1 (12)! 5 VI (62)! III (68). 7 VI (152). VI–1 (163). VI (175). V (185). Lagenmitte (mit Ausnahme der letzten Lage) durchweg mit Pergamentfalzen als Heftverstärkung. Bleistiftfoliierung modern: 1185, Zählfehler: Vorderes Vorsatzbl. ungez., die Zählung springt nach Bl. 61 auf Bl. 52 zurück.

Spätgotischer Koperteinband aus einem beschriebenen, am oberen Rand gefalteten (Plica einer Urkunde ?) Pergamentblatt; die Umschlagklappe und der daran befestigte Verschluss, vermutlich ein Wickelverschluss, fehlen. Die auf den Außenseiten befindliche ursprüngliche Beschriftung ist nicht mehr lesbar. Die Lagen sind mittels Kettenstichheftung an vier Bundstellen direkt durch den Umschlag auf eine rechteckige, an den Längsrändern mit eierstabartigen Zierkerben versehene Rückenverstärkung aus Buchenholz geheftet. Auf dem VD die Bibliothekssignatur (?) D und die Titelaufschrift (16./17. Jh.): Parva Logicalia von der gleichen Hand wie bei Cod. Guelf. 694 Helmst. Auf dem VS stark verblasste Federproben, auf dem HS u.a. der Name eines der Schreiber (Tilemannus Gandersem) und ein Besitzvermerk (s. unten).

Herkunft: Die einzelnen Teile des Codex entstanden zwischen 1427 und 1449 in Salzwedel im Kontext der dortigen Stadtschule, wobei die enthaltenen sprachlogischen Grundlagentexte sonst eher im universitären Milieu überliefert sind. Die beiden namentlich genannten bzw. ermittelbaren Schreiber Tilemannus und Henricus Gandersem waren vermutlich Verwandte und könnten sich beide in Salzwedel zu Unterrichtszwecken aufgehalten haben. Beide schrieben zur gleichen Zeit und teilweise auch auf Papier mit identischen Wasserzeichen die inhaltlich und kodikologisch sehr ähnlichen Hss. Cod. Guelf. 694 Helmst. und 800 Helmst. Tilemannus Gandersem war auch der Eigentümer von Cod. Guelf. 648 Helmst., den er auch eigenhändig um einen Nachtrag (13v–14r und 15r) ergänzte. Paläographisch und im Buchschmuck sehr ähnlich ist außerdem die 1444 entstandene Hs. Leipzig, UB, Ms. 1391 mit etwas abweichenden Quaestionen zu den parva logicalia. Über die beiden Schreiber ist sonst bislang aus urkundlichen oder archivalischen Quellen nichts Näheres bekannt; ob es sich bei Henricus Gandersem um den im Sommersemester 1448 zum Jurastudium in Köln immatrikulierten gleichnamigen Priester und Magister handelt (so Matrikel Köln 1 (2), 511 Nr. 238.26), ist nicht völlig gesichert. — Später gehörte die Hs. einem weiteren Verwandten (?), Johannes Gandersem, vgl. den entsprechenden Besitzvermerk auf dem HS: Johannes Gandersem est possessor huius libri. Ihm gehörte nachweislich auch der von anderen Händen geschriebene 874 Helmst.; vermutlich stammen auch Cod. Guelf. 694 Helmst. und 800 Helmst. aus seinem Besitz, der entsprechende Vermerk dürfte jedoch in letzterem mit dem Originaleinband verlorengegangen sein. — Wann, auf welchem Wege und über welche weiteren Vorbesitzer die Hs. in die Universitätsbibliothek Helmstedt gelangte, ist ebenso wie bei den übrigen genannten Codices unbekannt. Sie ist erstmals 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 31r) unter den Miscellanei MSSti in quarto gemäß der Titelaufschrift als Parva Logicalia beschrieben, auf dem VS die entsprechende Helmstedter Signatur Misc. 4to 44. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 575 aufgeführt.

Heinemann Nr. 623. — R. Grass, Schlußfolgerungslehre in Erfurter Schulen des 14. Jahrhunderts. Eine Untersuchung der Konsequentientraktate von Thomas Maulfelt und Albert von Sachsen in Gegenüberstellung mit einer zeitgenössischen Position, Amsterdam 2003 (Bochumer Studien zur Philosophie 37), 60 Anm. 131 und 64 Anm. 146.

I

Papier — 13 Bl. — 22 × 15 cm — 1447

Mohrenkopf mit einzelnen Haaren, zwischen zwei Bindedrähten: WZIS DE4620-PO-20685 (1446), DE4620-PO-20677 (1447, beide auch in Teil IV und in Cod. Guelf. 800 Helmst.). Lagen: VI+1 (12)! Schriftraum: 15,5–16 × 11 cm, dreispaltig (ca. 8 cm breite Textspalte, innen und außen begleitet von jeweils einer max. 2–2,5 cm breiten marginalen Kommentarspalte), meist 20 Zeilen. Den Text 1r–11v schrieb Tilemannus Gandersem in regelmäßiger jüngerer gotischer Kursive (Haupttext) und kleiner, stark abgekürzter jüngerer gotischer Kursive (Kommentare sowie Marginal- und Interlinearglossierung); seine Hand vgl. auch unten in Teil IV, 141r–175v; außerdem in Cod. Guelf. 694 Helmst., 1r–58v, sowie Cod. Guelf. 800 Helmst., 1r–79v und 147r–179v, dort auch 78v und 79v die Kolophone mit dem Namen des Schreibers. Keine Rubrizierung; am Beginn der einzelnen Abschnitte phantasievoll verzierte Lombarden in Tintenfarbe mit diversen Zierelementen wie floralen Schaftaussparungen, vegetabilen und geometrischen Füll- und Begleitmotiven sowie menschlichen Gesichtern (8r,), Büsten (2v,) und Ganzfiguren (8v) im Binnenfeld. Da sich in den übrigen Codices, die Tilemannus Gandersem angefertigt hat (Cod. Guelf. 694 Helmst., 13r–58v; Cod. Guelf. 800 Helmst., 1r–79v und 147r–179v), identischer Buchschmuck befindet, dürfte er diesen selbst eingefügt haben. 1r tintenfarbige Fleuronnéeinitiale Q in Unzialform über 8 Zeilen, Buchstabenkörper mit axialsymmetrischen vegetabil gestalteten Schaftaussparungen und konturbegleitendem Perlen- und Knospenbesatz, Cauda mit langem Fadenrankenausläufer mit Perlen- und Fibrillenbesatz, im Binnenfeld ein großes Knospenbüschel.

Ir Probationes pennae. Enthält von den Händen der beiden Hauptschreiber vor allem zahlreiche federgezeichnete cadellenartige Buchstaben (W, S u.a.), daneben eine Fleuronnéelombarde S mit Knospenbüscheln im Binnenfeld und eine große Initiale D mit Knospenähre im Buchstabenkörper, aber auch diverse Worte und Satzfragmente wie In nomine domini, Sancta Maria virgo, Ersamen ersamen hern, Hic auctor ponit aliam dictionem … u.a. Sehr ähnliche Federproben von den gleichen Schreibern auch unten, 185v sowie in Cod. Guelf. 800 Helmst., Ir.

Iv Notae diversae. Enthält von zwei Händen diverse Notizen, zunächst Varianten des Satzes Dignissima creatura est homo, anschließend nicht näher identifizierbare Ausführungen zur Sprachlogik unter den Stichworten Superius, Inferius und Addicio.

1r–11v Thomas Maulfelt: De consequentiis cum glossis marginalibus interlinearibusque. Quoniam in sophismatibus probandis et improbandis utimur consequenciis quocirca ut iuniorum probitas in dyalectica collacione utilitas animetur alique in hoc opere de consequenciis videamus … — … et tu non es omnis homo. Ne ergo stili prolixitas animum reportancium perturbat induplavi [!] et sic est finis etc. Explicit textus consequenciarum scriptus in Zoltwedel. Auch in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 149v–157r. Zu Beginn reiche, später spärlichere Marginal- und Interlinearglossierung von einer Hand; Beginn: Iste liber cuius subiectum est est ille terminus …. Ungedruckt (die seit 1982 mehrfach angekündigte kritische Edition von Maulfelts Traktaten ist bislang nicht erschienen). Literatur: A. Maierù, Terminologia logica della tarda scolastica, Roma 1972 (Lessico intellettuale europeo 8), 31f. und 277–290; W. Risse, Bibliographia logica, Bd. 4: Verzeichnis der Handschriften zur Logik, Hildesheim 1979 (Studien und Materialien zur Geschichte der Philosophie 1), 150f. Nr. 1028 (ohne Kenntnis dieser Hs.); N. J. Green-Pedersen, Early british treatises on consequences, in: The rise of British logic. Acts of the 6. European symposium on medieval logic and semantics, Balliol College, Oxford, 19–24 June 1983, Toronto 1985 (Papers in mediaeval studies 7), 285–307, hier 297 Nr. 5 (ohne Kenntnis dieser Hs.); Destructiones modorum significandi, hrsg. und mit Einleitung und Registern vers. von L. Kaczmarek, Amsterdam 1994 (Bochumer Studien zur Philosophie 9), XX–XXI mit Anm. 28 (XXI Hs. genannt); S. Lorenz, Thomas Manlefelt (Maulefelt). Zu Leben und Werk, in: Schule und Schüler im Mittelalter. Beiträge zur europäischen Bildungsgeschichte des 9. bis 15. Jahrhunderts, hrsg. von Dems., M. Kintzinger und M. Walter, Köln, Weimar Wien 1996 (Beihefte des Archivs für Kulturgeschichte 42), 145–164, bes. 153–159; Grass Schlußfolgerungslehre (s. oben), 58–60 (60 Anm. 131 Hs. genannt), 63f. (64 Anm. 146 Hs. genannt), 129–152, 178–187; Sharpe, 668 Nr. 1790.10. – 12r–v leer.

II

Papier — 66 Bl. — 22 × 15 cm — 1427 und 1445

Wasserzeichen: Zwei Schlüssel, gekreuzt, zweikonturiger Schaft, runder Griff: WZIS DE1185-S722_119 (1420/1430), DE2040-PO-120998 (1427, zwei weitere Typen nicht nachweisbar, diese auch in Cod. Guelf. 800 Helmst.). Lagen: 5 VI (62)! III (68). Kustoden auf dem Fußsteg der ersten Rectoseite jeder Lage: Primus sexternus in disputatis parvorum loycaliumSextus. 13r–65v Schriftraum: 17 × 10,5 cm, einspaltig, 44–48 Zeilen; 66ra–68rb Schriftraum: 18 × 11 cm, zweispaltig (die innere Spalte jeweils 5 cm, die äußere jeweils 5,5 cm breit), 46–48 Zeilen. Kleine, stark abgekürzte jüngere gotische Kursive von zwei Händen, Hand 1: 13r–65v, die kommentierten Textstellen in Textualis als Auszeichnungsschrift. Da der Text in Cod. Guelf. 800 Helmst., 88r–141v, von der gleichen Hand stammt und sich der Schreiber dort im Kolophon als Henricus Gandersem bezeichnet, dürfte er auch den hier vorliegenden Abschnitt geschrieben haben, obwohl die verwendete Kursive von derjenigen in Teil III unten abweicht, der laut Kolophon vom gleichen Schreiber herrührt. Der Text 66ra–68rb stammt von einer zweiten Hand. Nur die ersten Bl. jeder Lage rubriziert. 13r, rote Fleuronnéeinitiale C in Unzialform über 12 Zeilen mit kopfstempelförmiger, golden gefüllter Schaftaussparung im hinteren Buchstabenkörper, vorn in einem nur rot konturierten Abschnitt eine wechselnd rote und goldene Wellenranke mit vegetabilen Verzierungen; im weißen Binnenfeld eine rote Efeuranke. Die gesamte Kontur der Initiale ist mit Pyramiden aus jeweils drei ungekernten Perlen mit Fibrillenbekrönung besetzt. 56r, rote Initiale C in Unzialform über 8 Zeilen mit Punktverdickungen und goldener Punktierung im Buchstabenkörper; im Binnenfeld zwei einfache rote Wellenlinien. 66ra andersartig gestaltete Fleuronnéeinitiale C in Unzialform über 6 Zeilen; Buchstabenkörper wechselnd von Rot und Gold gevierteilt, im geteilten Binnenfeld jeweils ein Büschel aus sechs gekernten Fleuronnéeknospen in der Gegenfarbe. Die Kontur, von der dünne Fadenranken (nach oben rot, nach unten golden) ausgehen, ist mit ungekernten Perlen und Fibrillen besetzt. Im gesamten Abschnitt Marginalein, und Nota-Vermerke meist der anlegenden Hand, entweder in Wortform oder als filigran und vielfältig gestaltete, federgezeichnete Zeigehände mit diversen Ärmeln und wechselnden Fingerhaltungen. 60v, anstelle der Maniculae eine vollständige menschliche Figur, die vom Seitenrand her auf dem Textspiegel zuschreitet, in zeitgenössischer Tracht (eng anliegendes geknöpftes und gegürtetes Wams, Beinlinge und Schnabelschuhe) mit grinsendem, langnasigem Gesicht, aus deren geöffnetem Mund die Beischrift ecce ibi zu kommen scheint. 65v in marg. zwei analog gestaltete, lang- und spitznasige Zeigefiguren als Brustbild. Der Kolophon ist mit einem stilisierten Schriftband hinterlegt. Gleichartige Federzeichnungen finden sich auch in dem vom gleichen Schreiber stammenden Cod. Guelf. 800 Helmst., 88r–141v.

13r–65v Exercitium sive quaestiones disputatae in libros suppositionum et confusionum. Der Traktat ist zweigeteilt:
(13r–56r) Exercitium sive quaestiones disputatae in librum suppositionum. Disputata libri supposicionum. Circa inicium parvorum loycalium queritur utrum noticia parvorum loycalium sit sciencia. Respondetur quod sic capiendo scienciam large ut non distingwitur contra artem. Pro quo sciendum Ex qua sciencia dicitur quodammodo ad scibile quod triplex est scibile scilicet propinquum remotum et remotissimum … — … ex quo est impossibile … convertere etc et sic est finis istius libri etc in crastino Blasii episcopi [4.2.1427] . Direkt im Anschluss folgen:
(56r–65v) Exercitium sive quaestiones disputatae in librum confusionum. Circa inicium libri confusionum. Circa inicium confusionum queritur primo utrum noticia confusionum sit sciencia. Respondetur quod sic capiendo scienciam large ut non distingwitur contra artem. Pro quo sciendum multipliciter habetur de aliqua sciencia … — … per hoc patet quid sit dicendum de totali materia confusionum et de aliis incidentiis. Expliciunt disputata librorum supposicionum et confusionum sub anno incarnacionis domini Mo CCCCo vicesimo septimo in crastino beati Ambrosii episcopi [5.4.1427] etc. (Colophons 6563). 54r wurde offenbar versehentlich Text ausgelassen, worauf im laufenden Text folgender Verweis aufmerksam macht: Hic est defectus et lectionem istius quere immediate post finem presentis libri scilicet confusionum, dazu das marginale Verweiszeichen ⊕. 65v unter dem Kolophon findet sich wie angekündigt das wiederholte Verweiszeichen + sowie unter der Rubrik Defectus est hoc der fehlende Text. Darunter ist der Rückverweis mit Angabe des ersten Verweiszeichens zu lesen: Verte iam duodecim folia retrorsum et lege in ulterius ubi crux circumdatur circulo etc. Beide Texte sind mit diesen Initien so bislang nur hier nachgewiesen und ungedruckt.

66ra–68rb Tractatulus de initiis librorum logicalium. Circa inicium cuiuslibet libri quedam preambula sunt considerati. Primo idcirco subiectum queritur … — … communia circa inicia librorum recitantur ad removendum ignoranciam negacionis ut dictum est et sic est finis pro quo deus sit laudatus in communi. Anno domini Mo CCCCo XLV sexta feria post pentecosten [21.5.1445] (Colophons 6563). Ungedruckt, in dieser Form bislang nur hier nachgewiesen. – 68v leer.

III

Papier — 72 Bl. — 22 × 15 cm — 1446

Wasserzeichen: Ochse, zweikonturige Hörner: WZIS DE0960-Mlf246_6 (1443/1458), DE6300-PO-86258 (1441). Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern, darüber einkonturige Stange, darüber Stern (zwei Typen, nicht nachweisbar). Schriftraum: 16 × 10 cm, zweispaltig (die innere Spalte jeweils ca. 4 cm, die äußere jeweils ca. 4,5 cm breit), 45–53 Zeilen. Kleine, stark abgekürzte jüngere gotische Kursive von der Hand des Schreibers Henricus Gandersem (vgl. oben, Teil II), dazu Textualis als Auszeichnungsschrift der kommentierten bzw. diskutierten Lemmata. Keinerlei Rubrizierung 69ra, und 118ra, tintenfarbige federgezeichnete Fleuronnéeinitialen C über jeweils 12 bzw. 10 Zeilen in einem quadratischen Rahmen, um den der Textbeginn herumläuft. 69ra, ist der Buchstabenkörper der Initiale im Zickzackschnitt geteilt, das Binnenfeld ist mit geometrischen Figuren und Schraffen gefüllt. 118ra, sind die Rahmenzwickel mit Flechtmustern schraffiert, der transparente Buchstabenkörper ist gepunktet und das Binnenfeld mit vegetabilen Ornamenten versehen. Die Ausführung läßt vermuten, daß die Initialen von Schreiber eingefügt wurden, wozu auch passt, daß am Beginn der beiden übrigen Abschnitte (91rb, und 131ra) lediglich zwei unverzierte Lombarden in Umrisszeichnung eingefügt sind.

69ra–137rb Exercitium sive quaestiones disputatae in veterem artem logicae. Circa inicium veteris artis primo queritur. Circa inicium veteris artis primo queritur utrum loyca sit sciencia. Notandum primo quod iste terminus loyca capitur dupliciter uno modo concretive pro aliquo subiecto habente in se scienciam loycalem … — … et sic insunt repugnanda quoad quantitatem etc. Explicit exercicium veteris artis per manus Hinrici Gandersem anno domini Mo CCCCo XLVI sabbativa die post completorium ante dominicam Iudica [2.4.1446] pronunciatum a Gherhardo baccolario in Soltwedel ad sanctam Mariam (Colophons 6563). Et sic est finis huius. Der Text ist folgendermaßen untergliedert: Der erste Abschnitt (69ra–91rb) umfasst die Quaestiones in librum Porphyrii Isagoge, es folgen (91rb–117vb) die Quaestiones in librum Praedicamentorum, (118ra–131ra) die Quaestiones in librum I Perihermenias und schließlich (131ra–137rb) die Quaestiones circa secundum Perihermeniarum. Das Initium ist weitgehend identisch mit anderen inhaltlich nahestehenden Traktaten zur Logica vetus, vgl. Risse Bibliographia logica (s. oben), 34 Nr. 186 (Conradus de Soltau), 90 Nr. 613 (Johannes de Wesalia) oder 103 Nr. 700 (Michael Schrick). Da jedoch keiner dieser Texte gedruckt vorliegt, kann ein Vergleich an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Ungedruckt. – 137v–140v leer.

IV

Papier — 45 Bl. — 22 × 15 cm — 1447–1449

Mohrenkopf mit einzelnen Haaren, zwischen zwei Bindedrähten: WZIS DE4620-PO-20685 (1446), DE4620-PO-20677 (1447, beide auch in Teil I und in Cod. Guelf. 800 Helmst.). Krone ohne Bügel, Mittelzinken einkonturig, Enden blattförmig, oben offen, Reif zweikonturig: WZIS DE2610-PO-50142, DE2610-PO-50143 (beide 1447). Traube mit zweikonturigem Stiel: WZIS DE1335-PO-129078, DE1335-PO-129079 (beide 1448). Dreiberg, darüber zweikonturige Stange, darüber zweikonturiges Kreuz: WZIS DE6405-PO-151410, DE7320-PO-151497 (beide 1448). Schriftraum: 15,5–16 × 11 cm, dreispaltig (ca. 8–9 cm breite Textspalte, innen und außen begleitet von jeweils einer max. 2–2,5 cm breiten marginalen Kommentarspalte, 176r–184r Kommentarspalte nur außen), je nach Hand 18–26 Zeilen, im Kommentar meist wesentlich mehr. Zwei Hände, der Text 141r–175v in regelmäßiger jüngerer gotischer Kursive (Haupttext) und kleiner, stark abgekürzter jüngerer gotischer Kursive (Kommentare sowie Marginal- und Interlinearglossierung) stammt von der Hand des Tilemannus Gandersem wie oben in Teil I; den Text 176r–184r schrieb eine zweite Hand ebenfalls in jüngerer gotischer Kursive. Nur anfangs rubriziert; am Beginn der einzelnen Abschnitte phantasievoll verzierte Lombarden in Tintenfarbe (vermutlich vom ersten Schreiber selbst eingefügt) mit diversen Zierelementen wie floralen Schaftaussparungen, vegetabilen und geometrischen Füll- und Begleitmotiven sowie menschlichen Gesichtern (180v), im Binnenfeld, einige Lombarden nur in Umrisszeichnung wiedergegeben. 141r, rot-schwarz konturierte Fleuronnéeinitiale E in Unzialform über 3 Zeilen, Buchstabenkörper mit Blattmotiven gefüllt, im Binnenfeld vor senkrecht schraffiertem Hintergrund zwei Knospenbüschel. 154v, federgezeichnete Initiale A in Unzialform über 4 Zeilen in Umrisszeichnung, Buchstabenkörper mit zopfartigem Flechtband und großem Knospenbüschel gefüllt, der linke Buchstabenstamm läuft in eine Fadenranke mit Perlen- und Fibrillenbesatz aus. 164r, Flechtbandinitiale C in Federzeichnung über 5 Zeilen; der Buchstabenkörper besteht aus einem breiten, schwarz-weiß gerauteten Flechtband (links) und einem zopfartig gewundenen Flechtband mit Punkten (rechts), das Binnenfeld dazwischen füllt ein mächtiges Knospenbüschel. Analoge Flechtbandinitialen, z. T. mit Knospenbüschel (die entfernt an die Psalterinitialen der sog. thüringisch-sächsischen Malerschule des frühen 13. Jh. erinnern) auch 165r,, 167r, und 171v, diese auch mit vegetabilen Endausläufern aus Eichenblättern und Eicheln. Eine sehr ähnliche Initialgestaltung zeigt neben den übrigen von Tilemannus Gandersem angefertigten Codices (vgl. oben in Teil I) auch die 1444 entstandene Hs. Leipzig, UB, Ms. 1391, die ebenfalls Quaestionen zu den Parva logicalia enthält.

141r–154r Thomas Maulfelt: De suppositionibus cum glossis marginalibus interlinearibusque. Expedit ut terminorum acceptio lucide cognoscatur quamobrem presentis tractatus … — … utrum iste proposiciones de virtute sermonis sunt vere hoc patet in libro consequenciarum et hec sufficiant. Expliciunt supposiciones Mauwelveldes 1447. Auch in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 140r–149r. Zu Beginn reiche, später spärlichere Marginal- und Interlinearglossierung von einer Hand; Beginn: Nota subiectum istius libri est supposicio. Iste liber qui intitulatur liber supposicionum Mauvelvelt principali sua distinctione dividitur in duas partes …. Vgl. zu Autor und Text oben, 1r–11v, außerdem Risse Bibliographia logica (s. oben), 151f. Nr. 1032 (Hs. genannt); Sharpe, 668 Nr. 1790.6.

154v–163v Thomas Maulfelt: De terminis confundentibus. Affectuose cognicionem summariam terminorum vim confundendi habencium desiderantibus presens capitulum de eis intuendum est … — … melius et perfectius inveniatur etc. Et sic est finis huius libri confusionum magistri Mauwelvelt 1448 altera die epiphanie domini [7.1.1448] (Colophons 6563). Auch in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 161v–167r. Zu Beginn reiche, später spärlichere Marginal- und Interlinearglossierung von einer Hand; Beginn: 'Affectuose' id est desideranter. 'Cognicionem' id est plenaria noticia …. Ungedruckt, vgl. zu Autor und Text oben, 1r–11v, außerdem Risse Bibliographia logica (s. oben), 151 Nr. 1029 (ohne Kenntnis dieser Hs.); Sharpe, 668 Nr. 1790.4.

164r–165r De restrictionibus. Circa restrictiones primo est notandum de numero terminorum alius kathegorematicus alius sinkathegorematicus. Kathegorematicus est qui per se significat aliquam rem vel aliquas res … — … omnis copula restringit predicatum ad standum pro differencia temporis sui nisi aliquid impediat iuxta istud predicatum tunc stat pro tempore istius verbi: Sortes est currens. Expliciunt restrictiones 1448. Weitgehend textidentisch mit dem edierten Traktat in: Marsilius of Inghen: Treatises on the properties of terms. A first critical ed. of the Suppositiones, Ampliationes, Appellationes, Restrictiones and Alienationes …, by E. P. Bos, Dordrecht u.a. 1983 (Synthese. An international journal devoted to present-day cultural and scientific life 22), 238–245 (Text 238–240).

165r–167r De ampliationibus cum glossis interlinearibus. Ampliacio est accepcio termini pro aliquo vel pro aliquibus ultra hoc quod actualiter est pro quo vel pro quibus accipi denotatur … — … quod aliquando ampliacio prohibetur per illud 'quod est' vel 'qui est' ut dicendo 'qui est albus fuit niger' 'quod est senex erit puer' et sic de aliis. Et sic est finis huius 1448. Bei dem kurzen Text handelt es sich, wie ein Vergleich ergibt, zweifellos um eine abbreviierende, aber meist sehr wortgetreue Bearbeitung von Albertus de Saxonia: Perutilis logica, cap. II,11 (De ampliatione), hier vergl. mit der Edition: Albert von Sachsen: Logik. Lateinisch-Deutsch, übersetzt, mit einer Einleitung und Anmerkungen hrsg. von H. Berger, Hamburg 2010 (Philosophische Bibliothek 611), 368–394. Literatur zum Ursprungstext: Risse Bibliographia logica (s. oben), 7 Nr. 33 (ohne Kenntnis dieser Hs., dazu ähnliche Kurztraktate ibid. 238 Nr. 1826 und 1827); CALMA 1, 139 Nr. 23. – 165r–166r zunächst dichte, dann rasch abnehmende interlineare Glossierung des Textes, zumeist nähere Erläuterungen der Begriffe (aus der Unterrichtspraxis?). Ähnlich in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 157v–158r.

167r–170r De appellationibus. Appellacio est proprietas predicati solemus enim dicere predicatum appellare suam formam in ordine ad verbum quod est copula illius proposicionis … — … patet ergo si illud est verum 'Deus est' non scis tunc esse A tunc nullum verum scis esse A. Et sic est finis 1448 secunda feria post Invocavit [12.2.1448] . Bei dem kurzen Text handelt es sich wiederum um eine abbreviierende Bearbeitung von Albertus de Saxonia: Perutilis logica, cap. II,12 (De appellatione), hier vergl. mit der Edition: Albert von Sachsen: Logik (s. oben), 394–408. Literatur vgl. beim vorhergehenden Text. Ähnlich in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 158r–v.

170r–171r De reduplicationibus. Reduplicacio est proposicio kathegorica in qua ponitur aliqius istorum terminorum … — … omnis homo est animal vel quia Socrates est homo Socrates est animal. Et sic est finis 1448 etc. Ungedruckt, vgl. mit ähnlichem Initium den umfangreicheren Traktat bei Risse Bibliographia logica (s. oben), 191 Nr. 1371. Ähnlich in Cod. Guelf. 69.22 Aug. 2°, 160r–v.

170r–v De potestatibus syllogismorum. Potestates syllogismorum sunt sex: Prima est plura concludere et est eundem syllogismum posse inferre plures conclusiones … — … et talis conclusio semper est falsa et impossibilis. Et sic est finis 1448 quarta feria post Invocavit [14.2.1448] . Ungedruckt, zur Parallelüberlieferung vgl. den Nachweis des Textes bei Risse Bibliographia logica (s. oben), 194 Nr. 1429; M. J. F. M. Hoenen, Speculum philosophiae medii aevi. Die Handschriftensammlung des Dominikaners Georg Schwartz († nach 1484), Amsterdam 1994 (Bochumer Studien zur Philosophie 22), 79 (beide ohne Kenntnis dieser Hs.).

170v–171r De inventione medii. De invencione medii nota sex regulas constantes. Quorum prima est: Ad concludendum universalem … — … exemplum trahis inde etc. Et sic est finis 1448 quarta feria post Invocavit [14.2.1448] . Ungedruckt, vgl. den Nachweis des Textes bei Risse Bibliographia logica (s. oben), 185 Nr. 1312 (mit abweichendem Explicit, ohne Kenntnis dieser Hs.); Hoenen Speculum philosophiae medii aevi (s. oben), 79 (beide ohne Kenntnis dieser Hs.).

171va–184r Richardus Billingham: Speculum puerorum sive De probationibus propositionum cum commento.
(172r–184r) Textus. Terminus est in quem resolvitur proposicio ut predicatum et de quo predicatur composito esse vel diviso non esse id est in proposicione affirmativa vel negativa … — … duo termini mediati scilicet 'tantum currit' et utraque responsio est sustentabilis. Et sic est finis 1449 in vigilia pentecostes [31.5.1449] . Gehört zur Textfassung I (recensio prior). Edition: A. Maierù, Lo Speculum puerorum sive terminus est in quem di Riccardo Billingham, in: Studi medievali 10/3 (1969), 297–393, Text 338–384, hier bis 383 (leicht abweichend, ohne Kenntnis dieser Hs.); L. M. de Rijk, Some 14th century tracts on the Probationes terminorum. An edition of four current textbooks with an introduction and indexes: Martin of Alnwick OFM, Richard Billingham, Edward Upton and others, Nijmegen 1982 (Artistarium 3), 45–64 (ohne Kenntnis dieser Hs.). Literatur: Risse Bibliographia logica (s. oben), 127 Nr. 864 (ohne Kenntnis dieser Hs.); Sharpe, 461 Nr. 1290.6.
(171va–175r) Commentum. Circa inicium libri Biligam est sciendum quod loyca habet tres partes scilicet demonstrativam dyalecticam et sophisticam. Sciencia libri Biligam non est demonstrativa … — … aliquos terminos exponibiles. Der marginale Kommentar ist nach den beiden ersten Spalten marginal neben dem Text zu finden; im Anschluss beschränkt er sich auf knappe marginale Bemerkungen am Beginn der einzelnen Kapitel und schließlich auf Zwischenüberschriften. In dieser Form bislang nur hier nachgewiesen und ungedruckt.

184r Nota de statu. Status est accepcio termini pro omnibus suis suppositis vel pro quolibet suo supposito … — … vel de preterito termini ut 'Adam fuit animal' vel de futuro termini ut 'Adam erit' etc. Et sic est finis eodem die [31.5.1449] . In dieser Form bislang nur hier nachgewiesen und ungedruckt. – 184v–185r leer.

185v Probationes pennae. Enthält ähnlich wie oben, Ir, von den Händen der beiden Hauptschreiber zahlreiche federgezeichnete cadellenartige Buchstaben (W, R u.a.) und verschiedene Notizen, unter anderem: Argumentum capitur triplex: Primo modo … probante aliquam conclusionem … Secundo modo pro oracione sumpta … Tercio modo sumitur pro termino …, und Formeln wie Vnsern deynest tho vorn wertten leuen lude.


Abgekürzt zitierte Literatur

CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
Colophons Colophons de manuscrits occidentaux des origines au XVIe siècle, Bd. 1–6, ed. par les Bénédictins du Bouveret, Fribourg/Schweiz 1965–1982 (Spicilegii Friburgensis Subsidia 2–7)
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Matrikel Köln 1 (2) Die Matrikel der Universität Köln, Bd. 1: 1389–1475, bearbeitet von H. Keussen, Bonn 1928, 2., verm. und erw. Aufl. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 8)
Sharpe R. Sharpe, A Handlist of the Latin Writers of Great Britain and Ireland before 1540, Turnhout 1997, Additions and corrections (1997–2001), Turnhout 2001 (Publications of the Journal of medieval Latin 1)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil III.
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