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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. jurid. 1 Cim.
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Antonius de Bitonto

Pergament — III, 267, III Bl. — 22 × 16,5 cm — Ferrara — um 1450

Lagen: II+1 (5) V (15) V-1 (24) 5 V (74) IV+1 (83) 9 V (173) V-1 (182) 4 V (222) V-1 (231) 3 V (261) IV-2 (268). Verlust einiger Blätter, wahrscheinlich um illuminierte Initialen zu entwenden (Beginn von Buchstaben B, R, T), daher Lücke von einem Blatt zwischen fol. 16 und 17, fol. 178 und 179, fol. 223 und 224. Die neuen Vorsatzblätter nicht foliiert. Moderne Foliierung mit arabischen Zahlen (schwarze Tinte). Benutzungsspuren, Flecken an den Rändern, in den ersten Blättern auch durch Schimmel (entfernt). Gelegentlich die noch nicht trockene Farbe der einfachen Fleuronnée-Initialen verwischt. Farbe und Gold in den illuminierten Initialen oft abgesprungen. Einige Blätter entfernt (s.o.). Zweispaltig. 43 Zeilen. Schriftraum: 15,3 × 11,5 cm Die ersten leer gebliebenen Blätter (fol. 1r-5v, 267v) wurden von Peter Gosmann benutzt, um eigenhändige Notizen und Gedichte zu schreiben. Semitextualis (nach Derolez, S. 119-121). Auch "Semi-humanistic minuscule" für Cambridge, Pembroke College MS 267 or "Semi-gothic" in englischsprachigem Raum genannt. Eine Hand (fol. 6ra-266va). Rubriziert und gestrichelt. Ausstattung der Initialen: I. 2,5 bis 3 cm hohe ornamentale Feldinitialen in Deckfarben und Gold zu Beginn der einzelnen Buchstaben des Alphabets (bis auf Verluste). II. Rote und blaue Fleuronnée-Initialen. Fleuronnée in den Farben Rot, Hellrot und Violett. Alternierende rote und blaue Paragraphenzeichen. Die ornamentalen Initialen in Deckfarben (I) stehen im schwarz konturierten rechteckigen Goldfeld. Im Binnenraum blauer Grund mit Weißlinienfiligran (Ranken und Punkten). Geteilter Buchstabenkörper in den Farben Hellrosa und Pink, mit Weißlinienfiligran. Im Binnenraum als Besatz- oder Ersatzmotiv aus einer Knolle entspringende mehrfarbige Blattranken oder sich einrollende Palmettenblätter. Blattranken in verschiedenen Farben auch als Ausläufer. Schwarzes Tintenfleuronnée, mit kreisförmigen Voluten, darin dreieckige Blätter, Blumenknospen, Blütenrosetten und bewimperte Goldpollen. Gelegentlich vier bewimperte Goldpollen neben dem Buchstabenkörper in Form eines Kreuzes gestellt. Farben: Rot, Orange, Gelb, Blau, Hellblau, Grün, Rosa, Violett, Braun, Weiß, Grau, Schwarz, Gold. In den Fleuronnéeinitialen (II) Fleuronnée-Besatz und -Leisten aus parallel laufenden Linien gebildet, mit Perlenbesatz. Fadenausläufer, mit c-förmigem Ende, häufig auch mit langen gewellten Fibrillen endend, die insgesamt ein Dreieck bilden, nicht selten mit einer Spirale ansetzend. Gelegentlich wird das Motiv des Kreuzes im Fleuronnéefaden durch das Hinzufügen eines Querstrichs und vier kleiner Punkte an den Extremitäten des Kreuzes dargestellt. Die Art der Fleuronnéeinitialen, des schwarzen Tintenfleuronnée bei den ornamentalen Initialen, mit gewimperten Blumenrosetten, rosa und blauen Blumen (vierblättrig), deren Blätter in zwei Farbtöne geteilt sind, mit weißem Filigran, erinnert an Ferrareser Beispiele, wie Firenze, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 29.33 (Giovanni Bianchini, Illuminator Giovanni d'Alemagna, ca. 1450), das sog. Breviario di Lionello d'Este (verstreute Blätter), den Codex Ferrara, Biblioteca Comunale Ariostea, MS Classe II 132, illuminiert in Ferrara 1453 für Borso d'Este (sog. la Spagna in rima); das Missale Modena, Biblioteca Estense Universitaria, Lat. 239 = alfa.W.5.2. (Messale di Borso d'Este, 1449-1457). Vgl. Kat.-Nr. 6, Giovanni Bianchini, Tabulae Astrologiae, in Miniatura a Ferrara, S. 88-89; Kat.-Nr. 7, La Spagna in rima, in ibid., S. 89-91; Kat.-Nr. 9. Missale secundum consuetudinem Romanae Curiae, in ibid., S. 92-96. Dort (z. B. fol. 158r) auch die gleiche Form des Fleuronnéeausläufers, der mit einer Spirale beginnt. Digitalisat unter http://bibliotecaestense.beniculturali.it/info/img/mss/i-mo-beu-alfa.w.5.2.html; F. Toniolo, Il lungo viaggio del Breviario di Lionello d'Este tra le due sponde dell'Atlantico, in Medioevo: arte e storia. Atti del convegno internazionale di studi Parma, 18 - 22 settembre 2007, hrsg. von C. Quintavalle, Milano 2008 (I convegni di Parma 10), S. 564-577. Diese Codices stehen auch in Verbindung mit dem Illuminator Giorgio d'Alamagna, tätig in Ferrara zwischen 1441 und 1462. Vgl. F. Toniolo: Giorgio d'Alemagna, in Dizionario biografico dei miniatori italiani, Milano 2004, S. 267-272. Generell zur Buchmalerei in Ferrara in dieser Zeit vgl. G. Mariani Canova, La miniatura a Ferrara, in Miniatura a Ferrara, S. 15-38; F. Toniolo, La miniatura a Ferrara: crogiolo delle arti, in Cosmè Tura e Francesco del Cossa. L'arte a Ferrara nell'età di Borso d'Este. Catalogo della mostra, Ferrara 23.09.2007-06.01.2008, hrsg. von M. Natale, Ferrara 2007, S. 111-123; Ead., La miniatura in Emilia Romagna, in La miniatura in Italia. II. Dal tardogotico al manierismo, hrsg. von A. Putaturo Donati Murano e A. Perriccioli Saggese, Roma 2009, S. 372-398, Figg. 498-553. In der Göttinger Handschrift lässt sich auch der Einfluss des Bologneser Künstlers aus Bologna Giovanni di Antonio erkennen, der u. a. in Ferrara bis ca. zur Mitte des Jh. wirkte: Vgl. z.B. die Ähnlichkeit im vegetabilen Besatzmotiv einer runden Knospe (Margarite?) in den Farben Grün und Rot, das auch in den Handschriften und Fragmenten vorkommt: Bologna, Collezione privata, vgl. Kat.-Nr. 2, Pagina staccata di Salterio con Cristo benedicente, in Miniatura a Ferrara, S. 80-81; Ferrara, Museo Civico di Palazzo Schifanoia, Cod. I. inv. OA/1314, vgl. Kat.-Nr. 3. Salterio-Innario, in ibid., S. 81-83; Cesena, Biblioteca Malatestiana, S. XIII, 3, vgl. Kat.-Nr. 4. Tito Livio, Ab urbe condita. Decas IV, in ibid., S. 83-85. Zu diesem Künstler vgl. auch M. Medica, Per una storia della miniatura a Bologna tra Tre e Quattrocento. Appunti e considerazioni, in Il tramonto del Medioevo a Bologna. Il cantiere di San Petronio, hrsg. von R. D'Amico und R. Grandi, Bologna 1987, S. 161-192, bes. S. 187-188; Id., La miniatura a Bologna, in La miniatura in Italia. II. Dal tardogotico al manierismo, hrsg. von A. Putaturo Donati Murano e A. Perriccioli Saggese, Roma 2009, S. 291-297, Fig. 399-408, hier S. 296; Id., Kat.-Nr. 113a-b in: Le miniature della Fondazione Giorgio Cini. Pagine, ritagli, manoscritti. Catalogo della mostra, hrsg. von M. Medica und F. Toniolo, Cinisello Balsamo 2016, S. 311-312; J. J. G. Alexander, The painted book in Renaissance Italy: 1450-1600, New Haven 2016, S. 110-111. Liste der ornamentalen Initialen: 6ra: A. 23rb: C. 46ra: D. 60ra: E. 85va: F. 91vb: G. 92vb: H. 101ra: I. 128va: K. L 134vb: M. 146rb: N. 149ra: O. 160ra: P. 196ra: S. 229vb: U.

Eine Restaurierung fand laut Dokumentation in der Restaurierwerkstatt der Universität Göttingen zwischen dem 23.02. und dem 09.06.1999 statt. Restaurierungsprotokoll Nr. 5161. Daraus resultieren: Neuer Halbledereinband, Holzdeckel mit Überzug aus hellblauem Papier, Rücken (vier Bünde) mit weiß gefärbtem Schweinsleder überzogen, eine Riemenschließe (Kappenverschluss), mit einem Dorn in der Deckelkante, VS und HS aus Papier, jeweils 3 Bl. Papier als Vorsatz vor und nach dem Buchblock. Auf dem Rücken zwei Papierschilder mit moderner Signatur. Schnitt in roter Farbe gesprenkelt. VS: Angabe über moderne Signatur (Bleistift) und Schild zu vorhandenem Mikrofilm. Zwischen VS und Vorsatzblätter zwei vorgedruckte Formulare zur Benutzung der Handschrift. Der erste Eintrag belegt, dass die Handschrift zwischen dem 26.02.und dem 09.03.1895 nach Kiel, Universitätsbibliothek, ausgeliehen wurde (vgl. Herkunft).

Herkunft: In seiner Beschreibung der Handschrift vertraute W. Meyer (s. Göttingen 1, S. 288) den Angaben über die Datierung des Codex in die Jahre 1348-1349, die auf Rasur (fol. 250r) geschrieben wurden. In einer Rezension, veröffentlicht in: Literarisches Zentralblatt für Deutschland 45 (1894), Sp. 604-608, hier Sp. 605, verwies aber Emil Steffenhagen (1838-1919) aus Kiel auf die von Meyer übersehene Notiz auf demselben Blatt der Handschrift, in der der Verfasser des Werkes, Antonius de Bitonto, seinen Namen nennt. Dementsprechend sei die Handschrift ins 15. Jh. zu datieren. Steffenhagen vermutete ferner, dass die Notiz getilgt wurde, um die Handschrift für den Verkauf älter zu machen. Vgl. auch unter Provenienz zum Verkaufskatalog des 18. Jh., wo das ältere, gefälschte Datum angegeben wird. In seiner Stellungnahme zu der Rezension: Glossen zu einigen juristischen Handschriften in Göttingen, in Nachrichten von der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-historische Klasse 4 (1894), S. 313-363, hier S. 328, korrigierte daraufhin Meyer die Zuweisung und die Datierung der Handschrift unter der Rubrik "Berichtigungen". Auf die scharfen kritischen Töne in der Antwort Meyers auf seine Rezension reagierte Steffenhagen mit einer Replik: E. Steffenhagen, Zu den Göttinger Rechtshandschriften. Eine nothwendige Antwort auf den Artikel in den Göttinger Nachrichten, Kiel 1895. Darin, Nr. 6, S. 11, korrigierte er nachträglich einige falsche Lesearten des Kolophons im Katalog Meyers. Antonius de Bitonto (ca. 1385-1465) vollendete dieses (unedierte) Werk im Jahr 1449 in Mantua, wie er selbst schreibt. In dem in anderen Handschriften überlieferten Prolog nennt der Autor den von ihm ausgewählten Werktitel ("Speculum animae ipsum appellari constitui"). Er verweist auf eine Zeit in Bologna unter der geistlichen Führung eines "pater reverendissimus" und nun "ecclesie sancte cardinalis reverendissimus", der auch als Widmungsempfänger des Werkes gilt. Es handelt sich um Astorgius Agnesi († 1451), Kardinal der Titelkirche St. Eusebio, ernannt am 28.12.1448, und Legat in Bologna. Vgl. N. Calvini, Agnesi, Astorgio, in Dizionario Biografico degli Italiani 1 (1960), S. 439-440; C. Piana, Antonius de Bitonto O.F.M. praedicator et scriptor saec. XV, in Franciscan Studies 13 (1953), S. 178-197, hier S. 181-182. Das Göttinger Exemplar wurde in Oberitalien ungefähr in den Jahren der Vollendung des Werkes hergestellt, wie der Stil der Ausstattung belegt. Die ersten fünf Blätter, liniiert, aber ursprünglich nicht beschrieben, boten genug Platz für einen Prolog, der allerdings hier nicht abgeschrieben wurde. Wenn der Codex noch im Auftrag des Autors entstand, gab es vielleicht nach dem Tod des Kardinals Agnesi 1451 Überlegungen für einen anderen Widmungsempfänger aus dem Kreis der mit der Kurie verbundenen Prälaten. In Frage könnte der Bischof von Ferrara, ab 1447 Franciscus de Lignamine, kommen. Zu seiner Bibliothek vgl. A. Franceschini, Inventari inediti di biblioteche ferraresi del sec. XV. La biblioteca di F. D. vescovo di Ferrara, in Atti e memorie della Deputazione provinc. ferrarese di storia patria, s. 3, 24 (1977), S. 51-86, aber auch einen Herrscher in der Stadt. Es ist auch denkbar, dass Antonius de Bitonto noch unmittelbar nach der Vollendung des Werkes an eine andere Widmung oder an eine Schenkung an einen weiteren Patron dachte. Der Codex hätte eventuell mit einer anderen Fassung des Prologs ausgestattet werden müssen, blieb allerdings in dieser Hinsicht unvollendet. In Ferrara kam Leonello d'Este in Frage (s.u.), und unmittelbar nach der Vollendung des Werkes, das dort begonnen worden war, ereignete sich ein Regierungswechsel nach dem Tod des Leonello am 1. Oktober 1450. Sein Bruder Borso wurde sein Nachfolger und im Jahr 1452 von Kaiser Friedrich III. zum Herzog von Reggio und Modena erhoben. Vgl. dazu auch B. Saletti, La successione di Leonello d'Este e altri studi sul Quattrocento ferrarese, Padova 2015. Unter den dem neuen Herrscher gewidmeten Werken vgl. zuletzt auch Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Class. 86. Dazu: K.-G. Pfändtner, Ein unbekanntes Meisterwerk für Borso d'Este in Bamberg. Die Quaerimonia des Baldessarre Fontanella mit einem Porträt des Borso d'Este von Taddeo Crivelli Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Class. 86, in Codices Manuscripti 76/77 (2011), S. 39-41. Generell vgl. F. Toniolo, Fantasia e intellettualismo nei manoscritti miniati per i principi di Ferrara, in Este a Ferrara una corte nel Rinascimento, hrsg. von J. Bentini, Cinisello Balsamo 2004, S. 116-121. Antonius de Bitonto hatte jedenfalls in Bologna schon 1442 gepredigt und war auch 1449 dort in S. Petronio aktiv. Vgl. C. Piana, Lettera inedita di S. Bernardino da Siena ed altra corrispondenza per la storia del pulpito di S. Petronio a Bologna nel '400, in Archivum Franciscanum Historicum 47 (1954), S. 54-87, hier Nr. 4, S. 65-67. Diese Tatsache könnte die Kontakte mit dem Illuminator Giovanni di Antonio da Bologna erklären, dem die Dekoration der ornamentalen Initialen nahe steht. Er war ebenfalls sowohl in Ferrara als auch, gegen 1449, in Bologna, Modena und Cesena tätig; in Ferrara wirkte er mit anderen Künstlern, die mit ihm arbeiteten oder von ihm beeinflusst wurden. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass viele der von Giovanni di Antonio illuminierten Codices für Franziskaner als Auftraggeber entstanden. Vgl. M. Medica, Art. Giovanni di Antonio da Bologna, in Dizionario biografico dei miniatori italiani, Milano 2004, S. 283-285. Antonius da Bitonto ließ jedenfalls auch von dem von ihm in jenen Jahren vollendeten Werk Expositio sententiarum magistri Petri Lombardi ein aufwendig illuminiertes Exemplar mit ausführlichem Prolog anfertigen, heute Città del Vaticano, Vat. lat. 1088. Dieser Codex wurde mit einem Dedikationsbrief an Leonello d'Este eröffnet: Ad illustrissimum et religiosum principem dominum Leonellum Extensem Ferrarie marchionem ordinis minoris devotissimum …. Ein zweiter Widmungsbrief (fol. 1v) war an Papst Nikolaus V. (1397-1455) adressiert. Die Sermones dominicales per totum annum, die erst nach seinem Tod 1492 in Venedig gedruckt wurden, waren Federico von Montefeltro, Herzog von Urbino (1422-1482) gewidmet. Vgl. digitalisiertes Exemplar München, Bayerische Staatsbibliothek, Inc.c.a. 125: Antonius de Bitonto / Philippus de Rotingo: Sermones dominicales per totum annum fratris Antonij de bito[n]to ordinis fratru[m] minorum de obseruantia, Venedig 1492 (GW 2210). Wenn der Codex einen anderen Auftraggeber als den Autor hatte, lässt sich das Fehlen des Prologs eher mit einer bewussten Distanzierung von der urprünglichen Widmungssituation und dem Widmungskontext erklären. — Provenienz: Vorbesitzer der Handschrift im 16. Jh., mit Sicherheit in den Jahren 1531-33, war Peter Gosmann, tätig als Kleriker in Paderborn und ab 1527 vom Paderborner Bischof nach Lemgo geschickt, um die Reformation zu bekämpfen, trat aber zu dem Protestantismus über. Vgl. Lippische Regesten. Aus gedruckten und ungedruckten Quellen, bearbeitet von O. Preuß und A. Falkmann, Bd. 4: Vom J. 1476 bis zum J. 1536, Detmold 1868, Nr. 3155, S. 368-369, zum Jahr 1527; H. Clemen, Die Einführung der Reformation zu Lemgo und in den uebrigen lippischen Landen nach Hermann Hamelmann nebst Nachrichten über Hamelmanns Leben und Wirken, Lemgo 1846, S. 17; H. Schilling, Konfessionskonflikt und Staatsbildung. Eine Fallstudie über das Verhältnis von religiösem und sozialem Wandel in der Frühneuzeit am Beispiel der Grafschaft Lippe, Gütersloh 1981 (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 48), S. 77-78, 98-100; P. Wehlt, Art. Lemgo,- Dominikanerinnen, in Westfälisches Klosterbuch. Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung. Teil 1: Ahlen - Mülheim, hrsg. von K. Hengst, Münster 1992 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 44. Quellen und Forschungen zur Kirchen- und Religionsgeschichte 2), S. 499-505, hier S. 503 unter Ev. Pastoren: "Peter Goßmann alias Gattendorf 1527/1533". Wie er in den Besitz der Handschrift kam, bleibt unbekannt. Im 18. Jh. gehörte sie Lüder Kulenkamp (1724-1794). Vgl. Besitzvermerk auf fol. 6r: L. Kulenkamp 1787. Dieser folgte 1755 dem Ruf nach Göttingen als reformierter Prediger und wurde dort ab 1764 ordentlicher Professor der Philosophie und 1787 erlangte er den Titel des Doktors der Theologie. Ein Auktionskatalog erschien ein Jahr nach seinem Tod mit einem Vorwort von Christian Gottlob Heyne. Die Auktion fand am 06.05.1796 statt. Vgl. Bibliotheca Lvderi Kvlenkamp, SS. Theol. Et Philos. D. Prof. P. O. Coetvsqve Reformat. Apvd Gottingenses Pastoris Qvondam Dignissimi: Ordine Digesta; Qvae Gottingae Postridie Festi Ascensionis Christi A. MDCCLXXXXVI. Pvblica Avctionis Lege Divendetvr, Göttingen 1795. Dort werden auf S. I-IV 39 Codices manuscripti aufgelistet. Unter Nr. 15, S. II wird die Handschrift, wie folgt, beschrieben: Vocabularius iuris. Cod. MS in membranis, scriptus Saeculo XIV. Exemplar egregie conservatum. Ldb. Zu seiner Bibliothek und zu den Erwerbungen für die Universitätsbibliothek vgl. Gutenberg und der europäische Frühdruck, S. 66; A. Pozzo, Membra disiecta. Inhalt und Wirkung der Bibliothek des Göttinger Professors Lüder Kulenkamp (1724-1794), Berlin 2014 (Berliner Arbeiten zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft 25), hier S. 119. Die falsche Datierung ins 14. Jh. wurde dort übernommen. — Der Erwerb von Seiten der Universität ist im Manual 1796 dokumentiert. Vgl. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Bibliotheksarchiv, Manual 1796, S. 148: Ex Bibliotheca Luderi Kulenkampii Profess. Gottingensis 1796 Codices manuscripti. … pag. II. Nro. 15. Vocabularius Juris. Cod. Msc. membr saec. XIV . Auch unter Libri Msti 1, In Quarto, Juris praecognita, mit dem Titel Vocabularium juris, in Bibliotheksarchiv, Kataloge, 67:4, S. 1. Ein ovaler schwarzer Stempel befindet sich auf fol. 1r: EX BIBLIOTHECA REGIA ACAD. GEORGIÆ AUG: (in Benutzung ab ca. 1765 bis ca. 1850), und auf fol. 2r: EX BIBLIOTHECA REGIA ACADEM. GEORGIAE AUG. (in Benutzung ab ca. 1850). Vgl. Bibliotheksstempel, S. 93.

Göttingen 1, S. 288. — P. Carmassi, Il prologo tra autore, scriba e manoscritto. Indagini su uso e funzione di un particolare paratesto in codici della Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, e della Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen, in Les scribes et la présentation du texte (de l'Antiquité à 1550 environ). XXe Colloque international de paléographie latine. Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University (New Haven, CT, USA), 6 - 8 septembre 2017, Turnhout 2018 (Bibliologia) [im Druck].

1r-5v Peter Gosmann: Notae et carmina. (1r) Anno domini 1533 quattuor … una cum adolescentulo … observante apud … casus sub dubio … an apiarius debeat et quos satisfacere seu … ... reus ...per me Petrum Gosmannum per … (1v) De tumultu facto Padefontii me Petro Gosmannio ibidem archididascolo. Anno parte (?) gratie sesqui millesimo vicesimo octavo pridie lucis dive Margareten horribilis exoriebatur rusticorum tumultus. Text geschrieben auf zwei Spalten, der mittelalterlichen Liniierung des Blattes folgend. Mit Ergänzungen und Korrekturen. (2r) ›Van der geraden‹. (Deutsch). (2v) ›Petri Gosmannji in quendam tetrastichon qui vetuli eum nomine depinxit‹. Vitulus … (3r) ›Petri Gosmanni phrasiphili ad Iodocum Segenensem suum epistola‹. En carmen tibi Iodoce suavis suus Cum euphemeres sane. (3v) Petri Gosmanni phrasiphili carmen de neglectu scientiarum ad Iodocum Segenensem Ex tempore effusum carmen. Propositio. Quamvis in expers pegaseia ad littora Renis … (4r) De immatura morte magistri Johannis Florken apud Vengenses iam dudum fato … (?). O pater … Die ersten Worte in Griechisch. In der unteren Hälfte des Blattes eine gestrichene Zeile (Besitzvermerk?): A (?). (4v) ›Carminis analecta a Petro Gosmanno …O pater … (5r) ›In quendam procacem barbatulum Petri Gosmanni …‹ (5r-v) ›Petri Gosmanni in Guylhelmum Gelrie ducem panegirikon‹. Ferulis amissum thesaurum Gelria deflet … Bezieht sich auf Wilhelm den Reichen (1516-1592).


(6ra-250ra) Antonius de Bitonto: Speculum animae. ›De abbate et primo de eius ydoneitate, cap III, p. III‹. Abbas ut sit ydoneus debet esse etatis legitime … — … Zelus … Aliter et multo magis propheta in psalmo dicens Zelus domus tue comedit me quo visum est visum mihi etiam aliquibus signis indigno famulo dei fratri Antonio de Botonto ordinis minorum hoc opus assumere ut in eius principio dixi et ad finem usque complere auxiliante gratia domini mei Iesu Christi Cui cum patre et spiritu sancto sit honor virtus et gloria in seculorum secula amen. Nach den Tafeln die Rubrik: ›Explicit opus gloria Christo‹. (250ra) Kolophon: Explicit opus hoc ad honorem dei et gloriosissime matris eius et serafici confessoris fratris ordinis minorum cuius indigne professionis sum beati Francisci Inceptum Ferrarie anno domini m°ccc° [!] xlviii° mense maii quo tempore et anno [legi et] compilavi commentarie [!] super primo libro sententiarum [mediatum]vero Bononie sed consumatum Mantue anno domini m°ccc° [!] xlviiii° mense decembris prima ebdomada adventus die veneris huius eius mensis hora XIII noctis. [= 05.12.1449]. Ergänzungen der beschädigten Stellen durch Vergleich mit anderen überlieferten Exemplaren aus dem 15. Jh. möglich. Siehe Parallelüberlieferung. Der Prolog fehlt in dieser Handschrift, auch wenn es im Kolophon darauf verwiesen wird ("ut in eius principio dixi"). Die Angaben über die Jahrhunderte (m°ccc°) und wenige weitere umliegende Worte sind mit schwarzer Tinte in einer plumpen Imitation der mittelalterlichen Schrift auf Rasur in der Moderne geschrieben worden. Auch die letzten Worte in den mittleren Zeilen wurden ausradiert. Im Original stand die Datierung m°cccc° … (250rb-253va) ›Incipit tabula capitulorum ymo specialiter rerum dictarum per ordinem alphabeti‹. (254rb-253va) ›Rubrice decretalium‹. Inkludiert auch den Liber sextus. (253va-254rb) ›Declarationes super abbreviaturis in hoc opere positis et notatis‹. (255vb-256ra) ›Rubrice clementinarum‹. (256ra-257rb) ›Alia tabula quinque librorum decretalium …‹ (257rb) ›Distinctio decretalium per versus‹. Prima creat clericos. Walther I 14547 (257rb-266va) ›Rubrice iuris civilis‹. Am Ende des Textes: Deo gratias Amen. (267r) leer bis auf Liniierung. (267v) Anmerkungen von der Hand des Peter Gosmann, mit Erwähnung des Jahres 1531 in Speyer. Armatura contra primum edictum Cesaris. ›Ad Casparum Sigardum‹. Zwei Distichen. (IV-VI) Unnummerierte Vorsatzblätter: leer.

Literatur: R. Pratesi, Art. Antonio da Bitonto, in Dizionario Biografico degli italiani 3 (1961), S. 539. C. Piana, Antonius de Bitonto O.F.M. praedicator et scriptor saec. XV, in Franciscan Studies 13 (1953), S. 178-197, bes. S. 181-185. Edition des Prologs: S. 181-183. CALMA 1, S. 340-341, hier Nr. 11, S. 341, ohne Erwähnung dieser Handschrift. Mohan, S. 241.

Parallelüberlieferung: Bruxelles, Bibliothèque Royale, ms. 2732 (10573). Vgl. J. van den Gheyn, Catalogue des manuscrits de la Bibliothèque Royale de Belgique, T. 4, Jurisprudence et Philosophie, Bruxelles 1904, S. 162. Napoli, Biblioteca Nazionale, VII. F. 9. Vgl. C. Cenci, Manoscritti francescani della Biblioteca Nazionale di Napoli II, Grottaferrata 1971 (Spicilegium Bonaventurianum VIII), Nr. 323, S. 543. Napoli, Biblioteca Nazionale, XII. A. 20. Vgl. ibid., Nr. 537, S. 883-884. Paris, Bibliothèque Nationale, MSS lat. 3525 (a. 1460). Vgl. Catalogue des manuscrits en écriture latine portant des indications, de date, de lieu ou de copiste, T. 2: Bibliothéque Nationale, Fonds Latin. Nos 1 à 8000, Paris 1962, S. 177, Pl. CXXVII.


Abgekürzt zitierte Literatur

Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Gutenberg und der europäische Frühdruck H. Kind und H. Rohlfing, Gutenberg und der europäische Frühdruck. Zur Erwerbungsgeschichte der Göttinger Inkunabelsammlung, Göttingen 1995
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Miniatura a Ferrara La miniatura a Ferrara dal tempo di Cosmè Tura all'eredità di Ercole de Roberti, direzione della mostra A. M. Visser Travagli. Progetto e coordinamento scientifico G. Mariani Canova. Cura del catalogo F. Toniolo, Modena 1998
Mohan G. E. Mohan, Initia operum Franciscalium (XIII–XV s.), St. Bonaventure/NY. 1975–1978 (Franciscan Studies 35, 37, 38)
Walther I H. Walther, Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris Latinorum, Göttingen 1959 (Carmina medii aevi posterioris Latina 1)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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