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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod. Ms. jurid. 23
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Digestum vetus cum glossa Francisci Accursii. Additiones

Pergament — III, 314, III Bl. — 41,5 × 26 cm — Bologna (?) — 14. Jh. Erstes Drittel

Lagen: I (II). V+1 (10). 4 V (50). III+1 (57). 10 V (156). IV (164). 9 V (249). V+1 (260). 4 V (300). IV+1 (IV). I (VI). Reklamanten in der Mitte des Fußstegs, meist sichtbar. Moderne Foliierung (19. Jh.?) in arabischen Zahlen (schwarze Tinte) bis zum Bl. 308. Einige Blätter doppelt gezählt: 152a-b, 196a-b, 213a-b, 224a-b, 235a-b, 237a-b). Diese Tatsache und die Gesamtzahl der Blätter in einer bibliothekarischen Notiz fol. IVr verzeichnet. Pergament verwellt. Flecken aus Wasserschaden (bes. fol. 261-308). Einige Blätter mit Quetschfalten. Spuren von Insektenfraß fol. III und letzte Lage. Gelegentlich kleinere und längere Einschnitte, fol. 212 Riss in der Blattmitte. Tinte teilweise abgerieben. Zweispaltig. Ca. 45-50 Zeilen (Haupttext). Layout: Vier-Spalten-Klammerform. (s. Powitz, Abb. 6, S. 62). Glosse: bis zu 115 Zeilen. Schriftraum: ca. 22-25 × 14,5 cm. (Textus inclusus). Schriftraum: ca. 28-40 × 14,5 cm. (Klammerglosse). Rotunda für Text und Hauptglosse des Accursius, diese von einer zweiten, sehr ähnlichen Hand, gleichzeitig und im selben Schreibort tätig. Auszeichnungschrift (runde Majuskel) für die ersten Worte in der ersten Zeile zu Beginn von Hauptteilen. Titulus currens auf der Rectoseite mit aktuellem Buch in römischen Zahlen und Inhaltsangabe (Nachtrag). Italienische Textualis für Text und Apparat. Bei der Majuskelschrift gelegentlich als Besatz feine Filigranornamentik in brauner Tinte. Additiones von verschiedenen Händen (14. und 15. Jh.): Bastarda. Neben den Additiones auch kürzere Marginal- und Interlinearglossen, Maniculae, Nota Bene, Hervorhebung von Textstellen am Rande durch gewellte Linien und Gesichter im Profil. Einige Ergänzungen unleserlich gemacht. Rubriziert. Raum für Hauptinitialen und Miniaturen zu Beginn der Haupttexte und Bücher frei gelassen, diese aber nicht ausgeführt. Weitere Initialen: Drei Zeilen hohe blaue Lombarden als Versalien zwischen den Spalten ausgeführt, mit ausgeprägten längeren Serifen. Repräsentanten. Kleinere, eine Zeile hohe rote Lombarden im Text-Corpus. Rote und blaue Paragraphenzeichen im Glossenapparat. Gelegentlich figürliche Zeichnungen am Rande als Markierung von Stellen: Adler, menschliche und Monstergesichter (im Profil), z.B. Mann mit Rüssel. Am Rande von fol. 141r Zeichnung von einem Messer auf einem Holzbrett. Verbindungslinien zur Fortsetzung einer Glosse manchmal mit geometrischem Ornament.

Renaissance-Einband. Gepresster Pappeinband mit Kalbslederüberzug. Streicheisenlinien, Rollen und Einzelstempeln. 1. Köpfe in Medaillon, 4 Köpfe, Blattwerk: EBDB r005161. 2. Bandwerk: EBDB r005163. 3. Wellenranke, mit Blumen und Blättern: EBDB r005164. 4. Weibliche Figuren, mit Textzusatz, Helena (S ELENA), Lucretia (LVCRECIA), Judith (IUDITH), Veturia (VETVRIA): EBDB r005154. 5. Palmette, Palmettenfries: EBDB r005162. 6. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037756. 7. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037757. 8. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037759. 9. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037760. 10. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037761. 11. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037762. 12. Ornamente, pflanzliche: EBDB s037763. Sämtlich aus der nicht lokalisierten Werkstatt: EBDB w007811. Vor und nach dem Buchblock originale Vorsatzblätter aus Pergament (heute III, vorne, und IV, hinten) und jeweils ein Binio aus modernem Papier, alle nicht nummeriert. Beide Pergamentblätter weisen Löcher aus Tierfraß auf, vielleicht Spur von einem früheren Einband. Zwischen VS und Vorsatzblättern moderner vorgedruckter Benutzungszettel der Universitätsbibliothek und Papierstreifen über vorhandenen Mikrofilm. Auf VS moderne Signatur (Bleistift) und römische Zahl I (schwarze Tinte), die nicht der Nummer der Auflistung im Auktionskatalog entspricht. Dazu aufgeklebter Zettel mit Auszug von Meyers Katalog über diese Handschrift. Auf HS Prüfangaben (Gewicht) von 1976 bis 2009 und alte Signatur (Bleistift): Ms. Jurid. 2. Auf dem Rücken (5 Bünde, Doppelbünde) modernes Signaturschild. Goldprägung, z. T. abgesprungen: Goldlinien um die Bünde; Titelangabe in Majuskelschrift DIGESTUM VETUS / MS. Rückenrundung am Kopf verformt. Kopfschnitt vergraut. Deckel verzogen. Lederüberzug weist Kratzer und Abrieb auf. Rücken mit Flecken, Rissen, Brüchen in der Narbenschicht.

Herkunft: Auf Grund der Schrift ist eine Herkunft der Handschrift aus Norditalien, Bologna, als höchstwahrscheinlich anzunehmen. Vgl. z. B. die Handschriften Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 14343, die in Bologna in den Jahren 1335-40 angefertigt wurde, latin 4478, Bologna, 14. Jh. 2. Viertel, und latin 14342, Bologna, 14. Jh. 2. Viertel. Dazu F. Soetermeer, A propos d'une famille de copistes. Quelques remarques sur la librairie à Bologne aux XIIIe et XIVe siècles, in Studi medievali Ser. 3, 30 (1989), S. 425-478, ND in Id., Livres et juristes au Moyen Âge, Goldbach 1999 (Bibliotheca eruditorum 26), S. 95*-148*, hier S. 97*; F. Avril - M.-T. Gousset, Manuscrits enluminés d'origine italienne. 3: XIVe siècle. 2: Émilie-Vénétie, Paris 2012 (Manuscrits enluminés de la Bibliothèque nationale), Kat.-Nr. 28, S. 79-82, Nr. 26, S. 71-73, Nr. 23, S. 65-68. Für weitere Vergleiche s. auch München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 2933 (Bologna, um 1346-1350). Dazu Bauer-Eberhardt, Illuminierte Hss. ital. Herkunft, 2, Textband, Kat.-Nr. 27, S. 37-38. Im Gesamtlayout und den Initialen ist auch die Abschrift des Digestum vetus, wenngleich fragmentarisch erhalten, Leipzig, Bundesverwaltungsgericht, MS nov. 7, der Göttinger Handschrift sehr ähnlich, vermutlich in derselben Werkstatt entstanden. Digitalisat in Manuscripta mediaevalia (Beschreibung von M. Eifler). — Provenienz: Vorbesitzer der Handschrift war im 18. Jh. der Altdorfer Professor Christian Gottlieb Schwarz (1675-1751). Zu seiner Person siehe Beschreibung von 2° Cod. Ms. jurid. 26 Cim.. Dieser Codex wird mit einer Gruppe von zusammengehörenden Rechtshandschriften im Auktionskatalog von 1769 genannt. Vgl. Bibliothecae Schwarzianae [...] Pars 2: Catalogus Librorum continens Codices Manuscriptos Vetustos Et Libros Saeculo XV ab incunabulis [...], Norimbergae 1769, S. 1 (auf die Nr. I-VI bezogen): "Opus Mst. membranaceum insigne, optimeque conservatum, ius Iustinianeum continens, atque sex voluminibus in folio maiore, singulis corio suillo compactis, constans". Beschreibung dieser Handschrift ibid., S. 2: "Vol. III complectitur digestorum libros XXIII et duos titulos libri XXIIII, cum glossis. Constat ex foliis 313, sine figuris, et bene conservatum est, nisi quod ultima folia aqua paullulum maculavit". Die anderen Göttinger Codices, die zusammen in die Universitätsbibliothek eingingen, sind: 2° Cod. Ms. jurid. 24, 25, 26 Cim., 27 Cim. und 28. — Aus dem Verkauf der Schwarz' Bibliothek kamen viele Bücher in die Universitätsbibliothek. Der Katalog verzeichnete "61 Handschriften und 1.011 Drucke (davon 138 undatierte Ausgaben, 612 datierte Inkunabeln, 260 Drucke des 16. und ein Druck des 17. Jahrhunderts)" ... "Die Göttinger Bibliothek erwarb 55 Nummern (40 Titel), darunter 39 Inkunabeln, die am 15. März 1770 in der Bibliothek eintrafen." Zitat aus Einführung zu Kap. 8, in Göttinger Kostbarkeiten, S. 174-175. Zu der Gruppe der Handschriftem des Corpus iuris civilis vgl. die Beschreibung in Bibliotheksarchiv, Kataloge, 67:4, S. 2, unter dem Titel Jus Romanum, Codices manuscripti latini, Folio, Juridici: Codex membr. … Corpus juris glossatum, quinque voluminibus [= 23-27], zu dem auch Nr. 28 hinzugefügt wird. Zu diesem Codex steht: Redemptus hic codex ab heredibus Chr. Gottl. Schwarzii anno 1772. Nach Meyer, Göttingen 1, S. 312, wurde diese Gruppe von Handschriften von Schwarz' Schwiegersohn Johann Nikolaus Weiss, Professor der Anatomie in Altdorf (1702-1783) im Jahr 1773 durch die Universität erworben. Zu der ursprünglichen Gruppe von Handschriften gehört auf Grund der gleichen Einbandstempel auch die Handschrift 2° Cod. Ms. jurid. 155 Cim., die allerdings getrennte Wege der Überlieferung genommen hat und durch andere Vorbesitzer in die Göttinger Bibliothek kam. Auf fol. 1r schwarzer ovaler Stempel: EX BIBLIOTHECA REGIA ACADEM. GEORGIAE AUG., in Benutzung ab 1910.Vgl. Bibliotheksstempel, S. 93.

Chr. G. Heynii Professoris Eloqv. Et Poes. … Opvscvla Academica Collecta Et Animadversionibvs Locvpletata. Volvmen II, Gottingae 1787, S. 315-331. — Bibliothecae Schwarzianae [...] Pars 2: Catalogus Librorum continens Codices Manuscriptos Vetustos Et Libros Saeculo XV ab incunabulis [...], Norimbergae 1769, S. 2. — Göttingen 1, S. 312. — Dolezalek, Bd. I. — Manuscripta juridica (Dolezalek): http://manuscripts.rg.mpg.de/manuscript/3377/. — E. Spangenberg, Einleitung in das Römisch-Justinianeische Rechtsbuch oder Corpus juris civilis Romani, Hannover 1817, S. 515-516, hier S. 516, Nr. 2.

— Ir-IIIv leer. (1ra-3ra) Constitutio Omnem. ›Imperator Cesar Flavius Iustinianus Alamanicus Gothicus ... illustribus et antecessoribus suis Salutem‹. Text: Omnem totius nostre rei publicae sanctionem … — … et ipsis iudicibus observanda. Data Constantinopoli domino nostro Iustiniano perpetuo ter consule Augusto. (1ra-3ra) Glosse: Imperator quia imperat subditis … — … quidam extraneus ut in aut. de consulibus. (3rb-308vb) Digestum vetus cum glossa Francisci Accursii. Libri I-XXIV,2. ›In nomine domini nostri Ihesu Christi Amen. Domini Iustiniani sanctissimi principis perpetui augusti iuris enucleati et omni veteri iure collecti dig[estorum] seu pandectarum feliciter incipit liber primus de iustitia et iure‹. Text: [I]uri operam daturum prius nosse oportet unde iuris nomen descendat … — … et si concubinam sibi adhibuerit idem erit probandum. Dazu von einer späteren Hand die Notiz: Finit Tit. II. Libr. XXIV digest. (3rb-308vb) Glosse: In nomine domini. In compilatione digestorum fuit dictum non quoniam leges factae fuerunt … — … habere non licet ut § de concubinis l.1. ac. Am Ende der Glosse 3rb: Accursius Florentinus. Häufig sonst auch die Sigle ac. am Ende der einzelnen Hauptglossen. Die Glossen werden durch alternierende rote und blaue Paragraphenzeichen und durch Minuskelbuchstaben in alphabetischer Reihenfolge eingeführt. (1r-308r) Additiones. Von verschiedenen Händen und in unterschiedlichen Phasen nachgetragen. Als Autoritäten, durch Siglen gekennzeichnet, lassen sich u.a. erkennen: Andr., And. de Ravello, M.s. [= Martinus Syllimani], Dinus [= Dinus Mugellanus], Bar. de Capua [= Bartholomaeus de Capua], Ia. de Arena [= Jacobus de Arena], N [= Nicolaus Matarellus?], Dy., Io., Ia., Fra., Ja. de Capua [= Jacobus de Capua], Benedictus [Benedictus de Isernia?]. Druck: Corpus iuris civilis, I, Digesta, recognovit Th. Mommsen, retractavit P. Krueger, Editio stereotypa quinta decima, Berolini 1928, S. 10-12; 29-356. Vgl. auch Corpus iuris civilis. Text und Übersetzung, auf der Grundlage der von Theodor Mommsen und Paul Krüger besorgten Textausgaben, hg. von O. Behrends, 1-5: Digesten, Heidelberg 1995-2012. Für die Glosse vgl. Druck GW 07656: Corpus iuris civilis. Digestum vetus mit der Glossa ordinaria von Accursius Florentinus, Perugia 1476. Literatur: Coing, bes. S. 155-160, 168-176. W. P. Müller, The Recovery of Justinian's Digest in the Middle Ages, in Bulletin of medieval canon law 20 (1990) S. 1-29. H. H. Jakobs, Das Ende des Digestum vetus, in Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung 120 (2003), S. 1-41. H. H. Jakobs, Magna Glossa. Textstufen der legistischen glossa ordinaria, Paderborn 2006 (Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft. N.F. 114), mit Erwähnung dieser Handschrift. Ch. M. Radding und A. Ciaralli, The «Corpus Iuris Civilis» in the Middle Ages. Manuscripts and Transmission from the Sixth Century to the Juristic Revival, Leiden-Boston, MA 2007 (Brill's Studies in Intellectual History 147). H. H. Jakobs, Hugolinusglossen im accursischen Apparat zum Digestum vetus, Frankfurt a. M. 2017 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 307), unter Verwendung dieser Handschrift. Nach Jakobs gehört die Göttinger Handschrift zu der Gruppe, "die den Text der gl. ord. in dessen ursprünglicher Version überliefern." (S. 200). (IVr) leer, bis auf moderne Notiz zur Blattzahl. — IVv-VIv leer.


Abgekürzt zitierte Literatur

Bauer-Eberhardt, Illuminierte Hss. ital. Herkunft, 2, Textband U. Bauer-Eberhardt, Die illuminierten Handschriften italienischer Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek. Teil 2 von der Mitte des 14. Jh bis um 1540. Textband, Wiesbaden 2014 (Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek in München 6. Die illuminierten Handschriften italienischer Herkunft Teil 2)
Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
Coing H. Coing, Römisches Recht in Deutschland, Milano 1964 (Ius Romanum Medii Aevi 5,6)
Dolezalek G. Dolezalek, Verzeichnis der Handschriften zum Römischen Recht bis 1600, Bd. 1–4, Frankfurt/M. 1972
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Powitz G. Powitz, Textus cum commento, in: Codices manuscripti. Zeitschrift für Handschriftenkunde 5 (1979), 80–89, ND in Ders., Handschriften und frühe Drucke. Ausgewählte Aufsätze zur mittelalterlichen Buch- und Bibliotheksgeschichte, Frankfurt/M. 2005 (Frankfurter Bibliotheksschriften 12), 57–81

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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