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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod. Ms. jurid. 55
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Juristische Sammelhandschrift

Papier — I, 285 Bl. — 30-30,5 × 21 cm — Deutschland — 15. Jh. Zweites Viertel

Die Handschrift besteht aus zwei verschiedenen Teilen: I. 1ra-172vb. II. 173r-282v. Lagen: 1 Bl. (I). 3 VI (33c). VI+1 (46). 2 V (66). 3 VI (102). VII (116). VIII (132). VI (144). 2 VII (172). 2 VI (196). VII (210). 6 VI (282). Lagenzählung in römischen Zahlen unten rechts, I bis XIIII (Pars I); in der Mitte de Kopfstegs in arabischen Zahlen (Pars II), wobei Sprung von 7 zu 9. Gelegentlich Reklamanten im erste Teil. Zwischen fol. 33 und 34 drei leere Blätter, nicht foliiert (hier: 33a-c). Moderne Foliierung (Bleistift). Partielle mittelalterliche Foliierung auf dem Kopfsteg zwischen den Spalten (arabische Zahlen, braune Tinte), nur fol. 102-113 (modern: fol. 91-102). Partielle mittelalterliche Paginierung (286-333) auf fol. 145-170. Flecken und z. T. Wasserrand. Verschmutzung an den Blattkanten, auf dem ersten und letzten Blatt. Spuren von Insektenfrass. Gelegentlich Risse. Buchblock wellig.

Spätmittelalterlicher Holzdeckeleinband mit rot gefärbten Lederüberzug. Streicheisenlinien. 5 Bünde. Zwei Schließen. Auf den unteren Deckelkanten jeweils 5-6 Beschlagnägel, als Hinweis, dass das Buch (auf einem Pult-Regal) gestanden hatte. Auf VD oben Spuren von einem verlorenen Inhaltszettel. Fünf Bünde. Auf dem Rücken oben Papierzettel mit moderner Signatur. Auf VS (Pergament) moderne Signatur (Bleistift), zwei aufgeklebte Papierzettel (Auszug aus Meyers Katalog zu dieser Handschrift und Angabe zum vorhandenen Mikrofilm), mittelalterliche Notiz (Bastarda, schwarze Tinte) zum Inhalt der Handschrift: Nota in hac lectura nichil haberi de primo et 2° institutionum Sed incipit tamen in tercio titulo de obligationibus et continuatur tertius cum 4° usque in finem. Eine moderne Hand (19. Jh.?) hat in schwarzer Tinte darunter die Notiz traskribiert und eine eigene Anmerkung zum Codex geschrieben: In diesem aus dem 15. Jahrhundert herrührenden Manuscripte ist enthalten 1, ein Commentar über tit. XIII (de oblig.) und folg. das III u. IV Buchs der Institutionen, 2, der Text der Institutionen. Fidler (?). Amtsr. HS aus Pergament, darauf Prüfangabe (Gewicht) und alte Signatur (Bleistift). In einem separaten Papierumschlag einige Reste, die im Buch waren, gesammelt: Zwei Streifen Papier, die eine mit Werbung für einen universitären Taschenkalender für das Jahr 1893/4, wahrscheinlich als Lesezeichen von Meyer benutzt. Ein Pergamentfragment (Lektionar?) aus dem 13./14. Jh., auf dem Recto den Text von Act 17,1-2 erkennbar. Ein ähnlicher Pergamentschnipsel zur Verstärkung der Lagenmitte zwischen fol. 178 und 179 geblieben (Niederdeutsch: dat de ...). Der Überzug weist Flecken, Risse, Kratzer und Fehlstellen auf. Obere Schließe durch Restaurierung gesichert.

Herkunft: E. Steffenhagen hatte in seiner Rezension zu Meyers Katalog 1894 darauf hingewiesen, dass Johannes de Matiscone (Jean de Maçon) in der Lectura Institutionum erwähnt wird. Dieser war ein in Orléans promovierter Jurist und lehrte dort an der Universität bis zu den ersten Jahrzehnten des 15. Jh. In Jahr 1382 wird er als "doctor nationis Alamaniae" genannt. Todesjahr zwischen 1446 und 1448. Vgl. zu seiner Person auch M. Duynstee, L'enseignement du droit civil à l'Université d'Orléans du début de la Guerre de Cent Ans (1337) au siège de la ville (1428), Frankfurt am Main 2013 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 253), S. 103-104. Es ist denkbar, dass die Lectura, in der die Lehre des Johannes rezipiert wurde, durch deutsche Studenten in Frankreich, wahrscheinlich Orléans, abgeschrieben und weiter in (deutschen) Universitäten überliefert wurde. In diesem Milieu sind auch die beiden Handschriften zu verorten. Wann genau und wo die zwei Teile zusammengebunden wurden, bleibt ungewiss. Pars II ist am äußeren Rand leicht beschnitten. Die Verweise zwischen den beiden Teilen bestätigen die Verwendung für das Studium. — Provenienz unbekannt. — Ovaler schwarzer Stempel (4,1 x 3 cm) auf dem Fußsteg von fol. 1r: EX BIBLIOTHECA REGIA ACADEM. GEORGIAE AUG., in Benutzung seit 1880, vgl. Bibliotheksstempel, S. 93. Auf dieser Seite auch eine ältere Signatur (Bleistift): Codd. MSS Jurid. Jus Roman. 2.F. Diese auch auf dem HS wiederholt.

Göttingen 1, S. 319. — Göttingen 3, S. 540, Nachträge zu Band 1. — T. von Dydýnski, Beiträge zur handschriftlichen Überlieferung der Justinianischen Rechtsquellen. I. Institutionen. Heft 1, Berlin 1891, S. 22, Nr. 43. Zu diesem Zeitpunkt war die Handschrift schon in der Bibliothek, der Autor konnte aber noch keine Signatur nennen. — Manuscripta juridica (G.R. Dolezalek): http://manuscripts.rg.mpg.de/manuscript/3385/

Ir-v leer.

Pars I

Papier — I, 172 Bl. — 30 × 21,5 cm — Deutschland — 15. Jh. Zweites Viertel (um 1430-1440)

Zweispaltig. Ca. 45-64 Zeilen. Schriftraum: 21-26,5 × 10,5-15 cm. Bastarda von verschiedenen Händen. Textualis für die Lemmata, diese nicht bis zum Ende durchgeführt. Am Rande gelegentlich Kreuze, Maniculae, kurze Notizen und Korrekturen. Rot gestrichelt nur fol. 1r-15r. Zwei bis drei cm hohe Rot-braune Fleuronnée-Initialen, mit Ausläufern bis zu 12 cm. Rubrizierung nur bis zu fol. 15r. Fleuronné-initialen (1ra, 4vb, 6ra): Rotes Buchstabenkorpus mit braunem Fleuronnéebesatz, bestehend aus Perlenreihen (Froschlaichmotiv), mit oder ohne Kern. Auf fol. 1r durch braune Striche ein Feld um den Buchstaben gebildet, rechts, links und oben von einer Perlenreihe umrahmt, oben fortgesetzt als horizontaler Ausläufer in den Kopfsteg.

1ra-172vb Lectura Institutionum. Betrifft Inst. III,13 bis Ende. In nomine filii virginis unigeniti domini videlicet nostri Ihesu Christi Amen. Percelebres patres ac domini mei preeminentissimi mihi vero immerito … — … de ulteriori tractatu coram proponenti supersedeo etc.Et sic est finis huius lecture institutionum‹. Parallelüberlieferung: Hannover, Stadtbibliothek, Ms. Mag. 32, 15. Jh. 3. Viertel, fol. 78r-176r, vgl. Hannover SB, S. 67; Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. II.1.4° 16, fol. 151r (nur Prolog), vgl. Augsburg UB 1,3, S. 202; Erfurt, Universitätsbibliothek, Cod. Ampl. 2° 195, Anf. 15. Jh. fol. 211r-416r, vgl. Erfurt, S. 121-122. Unediert. E. Steffenhagen hatte darauf hingewiesen, dass Johannes de Matiscone (Jean de Maçon) in der Lectura erwähnt wird. Literatur: E. Steffenhagen, Rezension zu Meyers Katalog, in Literarisches Zentralblatt für Deutschland 45 (1894), Sp. 604-607, hier Sp. 605. W. Meyer, Glossen zu einigen juristischen Handschriften in Göttingen, in Nachrichten von der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-historische Klasse 4 (1894), S. 313-363, hier S. 325-328. E. Steffenhagen, Zu den Göttinger Rechtshandschriften. Eine nothwendige Antwort auf den Artikel in den Göttinger Nachrichten, Kiel 1895, hier S. 9-10. A. A. Schuering, Un civiliste orléanais peu connu. Jean de Mâcon, sa vie et son oeuvre, in Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 42 (1974), S. 283-306.

— 33ar-33cv leer. — 45v leer.

132va Anmerkung des Schreibers nach den ersten drei geschriebenen Zeilen (der Rest der Seite ist leer): Hic nichil defuit.

Pars II

Papier — 109 Bl. — 30,5 × 21,5 cm — Deutschland — 15. Jh. Erste Hälfte

Einspaltig. Ca. 20-32 Zeilen. Schriftraum: 13-23 × 8-14 cm. Bastarda von verschiedenen Händen. Interlinear- und Marginalglossen. Lemmata in den Glossen oft rot unterstrichen. Rubriziert und gestrichelt. Zwei bis vier Zeilen hohe rote Initialen. Lombarden mit Punktverdickungen, Aussparungen im Buchstabenstamm (Zacken- und Wellenband). Gelegentlich als Füllungornamentik auch Knospen, in Büschel geordnet. Zu Beginn manche ursprünglich braun gezeichnete Initialen rot übermalt. Repräsentanten.

173r-174v Iustinianus: Constitutio Imperatoriam maiestatem cum glossis. Imperatoriam maiestatem non solum armis decoratam … — … credendam gubernari. Edition: Corpus iuris civilis, Vol. I, Institutiones recognovit P. Krueger. Digesta, recognovit Th. Mommsen, Editio stereotypa quinta decima, Berolini 1928, o. Seitenangabe (vor den Institutiones). Corpus Juris Civilis, ad fidem codicum manuscriptorum aliorumque Subsidiorum criticorum recensuit, commentario perpetuo instruxit E. Schrader [...], Berolini 1832, unter Verwendung dieser Handschrift, erwähnt S. IX, XIX (Gottingensis), S. 8-14.

174v-279r Iustinianus: Institutiones cum glossis. Libri I-IV. Iustitia est constans et perpetua voluntas … — … deo propitio adventura est. ›Explicit liber institutionum sequuntur tytuli legales‹. Danach werden die Tituli in zwei und ab fol 279v in drei Spalten angeordnet. (173r-273v) Interlinear- und Marginalglossen. Randglosse: Imperatoriam. Summa princeps in regno … — Die Randglossen oft durch Nota eingeführt. Die Glossierung ist sehr unterschiedlich im Umfang von Blatt zu Blatt und folgt keinem einheitlichen Layout. Glossen gelegentlich mit roter Tinte unterstrichen. Ausreichender Raum dafür ist am Rande gelassen, zumindest bis auf fol. 207. Ab fol. 271 Verweise am Rande auf die Paginierung im ersten Teil (ab 286).

279ra-282vc Tituli. Alphabetisch geordnet - auch für die anderen Bücher des Zivilrechtes.


Abgekürzt zitierte Literatur

Augsburg UB 1,3 Lateinische mittelalterliche Handschriften in Quarto der Universitätsbibliothek Augsburg: Die Signaturengruppen Cod. I.2.4° und Cod. II.1.4°, bearbeitet von H. Hilg, Wiesbaden 2007 (Die Handschriften der Universitätsbibliothek Augsburg 1. Die lateinischen Handschriften 3)
Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Göttingen 3 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 3: Universitäts-Bibliothek: Nachlässe von Gelehrten, Orientalische Handschriften, Handschriften im Besitz von Instituten und Behörden, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1894 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 3)
Hannover SB U. Kühne, Handschriften in Hannover: Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv, Landeskirchliches Archiv, Wiesbaden 1991 (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen. Kurzkatalog 1)
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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