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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. philol. 115
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Ambrosius Theodosius Macrobius

Pergament — III, 81, I Bl. — 22 × 14,5 cm — Nordostfrankreich — 12. Jh. Letztes Viertel

Lagen: II (III). 3 IV (24). IV-1 (31). 5 IV (71). V (81). I (IV). Lagenzählung in römischen Zahlen am Ende der Lagen (I, II, IIII, V, VIIII sichtbar). Das erste Bifolium ist nicht nummeriert, davon dient das erste Blatt als VS. Moderne Foliierung (schwarze Tinte), mit Ausnahme der Vorsatzblätter. Flecken, bes. fol. 1-4, 80-81. Zwischen fol. 24 und 25 fehlt ein Blatt: Das erste Blatt der ersten Lage wurde mit einem Messer abgeschnitten, mit Schaden auch an folgenden Blättern. Restauriert mit Streifen aus Japanpapier. Schriftraum: 16 × 18 cm. Carolino-gothica. Die Rubriken wurden meistens am Rande geschrieben, in roter und gegen Ende auch in grüner Farbe. Spätere Nota-bene Zeichen und Anmerkungen am Rande (15. Jh.). Gelegentlich spätere Korrekturen in dunklerer Tinte. Rubriziert. I. Zwei Deckfarbeninitialen von der Hand des "Simon Master ", in Frankreich auch "der Meister der Kapuzinerbibel" ("maître de la Bible de Capucins") nach Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 16743-46, genannt. Der Name "Simon Master" kommt von dem Abt Simon (amt. 1167-1183) aus dem englischen Kloster St. Alban, wo der Künstler als Hauptilluminator für historisierte Initialen in Handschriften erscheint, die von diesem Abt gestiftet wurden. Cahn vermutet, dass er ab der Mitte der 80er Jahre zurück auf den Kontinent übersiedelte und in der Champagne (Troyes) tätig war (vgl. bes. Paris, Bibliothèque nationale de France, MS latin 16746), während Ch. de Hamel anhand anderer Handschriften aus St. Frideswide meint, dass er in den 80er/90er Jahren in Oxford aktiv war. Siehe zu dem Künstler W. Cahn, St. Albans and the Channel Style in England, in The year 1200. A symposium, hrsg. François Avril, New York 1975, S. 187-211, Fig. 1-38, mit einer Liste von Handschriften, an denen der "Simon Master" beteiligt war, S. 210-211; vgl. auch ND, in Id., Studies in Medieval Art and Interpretation, London 2000, S. 111-156, mit Nachtrag S. 440: "The great variety of provenances among the continental manuscripts ... is perhaps best explained by the assumption that he was an itinerant lay professional, and would now tend to make me less empathic about his connection with St. Albans"; Id., Romanesque Manuscripts. The Twelfth Century, Vol. 2: Catalogue, London 1996, S. 90, 145-146; Ch. de Hamel, Pracht und Anmut. Begegnungen mit zwölf herausragenden Handschriften des Mittelalters, München 2018, S. 374-381, 698-699, mit einer Liste von ihm zugeschriebenen Codices. Bisher war die Göttinger Handschrift nicht mit den Werken dieses Künstlers in Verbindung gebracht worden. Siehe auch unten Herkunft. II. Zwei- bis sechszeilige rot-grüne Silouhetten-Initialen. III. Einfache rote und grüne Lombarden, z. T. mit Punktverdickung. IV. Karten und Diagramme, häufig am Rande, aber auch fol. 48r, 50r Mitte in der Textspalte gezeichnet. Auf fol. 81r-v nur Karten und Diagramme. Farben: Rot, Gelb, Grün, Blau, Rosa, Schwarz, Weiß, Gold. I. Deckfarbeninitialen. 1r C(um): Bewohnte Feldinitiale. Schwarzkonturiertes Feld (4,2 x 3,4 cm), mit einem grünen Rahmen (1 mm). Auf rotem Grund, mit weißem Dreipunktmuster und weißen Kleinkreisen dekoriert, schwarzkonturierter Buchstabe C mit Goldfüllung. Im Binnenfeld auf hellblauem Grund ein sitzender Esel: Auf dem linken hinteren gestreckten Bein die untere Spitze einer Harfe haltend, spielt er an deren Saiten mit dem vorderen rechten Bein, in dem linken ein Plektrum haltend, das Gesicht nach links gedreht, den langen Schwanz zwischen den Beinen. In der Handschrift Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, MS 1098, fol. 180r, hat derselbe Künstler "Simon Master" die zwei Motive für den Buchstaben P vereint, die in der Göttinger Handschrift auf fol. 1r und 5r getrennt eingesetzt wurden: den die Harfe spielenden Esel und den hybriden Drachen. Vgl. zu diesem Codex A. Haidinger, Verborgene Schönheit. Die Buchkunst im Stift Klosterneuburg. Katalog zur Sonderausstellung 1998 des Stiftsmuseums Klosterneuburg, Klosterneuburg/Wien 1998, Kat.-Nr. 95, S. 73, Abb. 95-97. Für das Motiv eines musizierenden Esels in französischen Handschriften des 12. und frühen 13. Jh. vgl. auch Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 8959 (Troyes, 60er Jahre des 12. Jh.), fol. 101v: Mann und Esel, eine Harfe spielend; Angers, Bibliothèque municipale, MS 242, fol. 1r (13. Jh. Beginn, Angers?): bewohnte Initiale mit sitzendem Esel, eine Harfe spielend; ihm gegenüber eine Hase; Besançon, Bibliothèque municipale, MS 138, fol. 40v (13. Jh. Zweites Viertel, Nordfrankreich): bewohnte Initiale, Sitzender Esel, eine Trompete spielend; Paris, Bibliothèque Mazarine, MS 41, fol. 78v (13. Jh. Erstes Viertel, Nordfrankreich, Picardie): bewohnte Initiale mit einem sitzenden, die Harfe spielenden Esel; Paris, Bibliothèque Sainte-Geneviève, MS 1273, fol. 135r (13. Jh. Zweites Viertel, Nordfrankreich, Paris?), bewohnte Initiale, sitzender Esel, die Harfe spielend. Siehe auch L. Cleaver, Disorder in Nature: The example of the Ass and Harp in Twelfth-Century manuscripts, in Art and Nature. Studies in Medieval Art and Architecture, hrsg. von L. Cleaver, K. Gerry und J. Harris, London 2009 (immediations Conference Papers 1), S. 130-142. 5r I(nter): 14 cm lange Initiale (Tierinitiale). Buchstabenstamm aus zoomorphischer Hybride gebildet: mit Kopf eines Drachens, Flügeln eines Vogels, ohne Krallen, die untere Spitze des Körper in einem Goldpollen und eine Halbpalmette auslaufend. Die Figur ist schwarz konturiert, mit grünem Rahmen (1 mm). Auf derselben Seite nachgetragene Initiale R(erum) in roter Farbe. II. Rot-grüne Silouhetten-Initialen. III. Lombarden. IV. Karten und Diagramme. 17v Zu Macr. Comm. I,6,54. Schematische Darstellung der Mondbahn. Farbe: Rot. Viereck: 2,5 x 2,7 cm. 18r Zu Macr. Comm. I,6,55. Kreis mit Darstellung der Mondphasen. Farbe: Rot. Durchmesser: 3,7 cm. In schwarzer Farbe um den Kreis die Angabe der jeweiligen Tagen: Ia ... XXVIIIa. 43v Zu Macr. Comm. I,20,14. Kreisdiagramm zum Zentrum einer Sphäre. Roter Kreis mit hervorgehobenem Mittelpunkt und horizontal gezogene Durchmesserlinie in schwarzer Farbe. Durchmesser: 3,5 cm. 44v Zu Macr. Comm. I,20,23-26. Darstellung einer Sonnenuhr. Ein Halbkreis, geteilt in jeweils sechs Sparten, auf grünem bzw. rotem Grund, die zwölf Stunden des Tages darstellend. Der äußere Rand des Halbkreises mit grünen Pünkten umrandet. Darüber eine strahlende Sonne; rote und grüne Linien verbinden sie mit der Mitte des Kreises. Durchmesser: 4 cm. Farben: Grün und Rot. 48r Zu Macr. Comm. I,21,24-26. Hier wurde eine schematische Darstellung von Erde und Himmel (orbis aeris) hinzugefügt, die sich in der handschriftlichen Überlieferung normalerweise am Ende von Buch I befindet. Vgl. Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 6370 (Tours, 9. Jh.), fol. 68r und in dieser Handschrift, fol. 50r, mit mehr Details. Farbe: Rot. Durchmesser: äußerer Kreis 4 cm, innerer Kreis: 2 cm. Inschriften: Buchstaben ABCD um die innere Sphäre; Buchstaben EFGLM um die äußere Spähre. 50r Zu Macr. Comm. I,22,11-13. Darstellung der Konsequenz der Leugnung der Erdanziehungskraft. Das Schema folgt die Darstellungshinweise in Comm. I,22,11: "Bilden wir die Erde als Kreis mit den Markierungspunkten ABCD ab, sodann um sie herum die Atmosphäre, markiert mit den Punkten EFGLM; ferner schneide eine Linie diese beide Kreise, also den der Erde und den der Atmosphäre von E nach L; der obere Teil ist dann der von uns bewohnte, der andere der unter unseren Füßen". Zitiert nach Macrobius Ambrosius Theodosius, Kommentar zum Somnium Scipionis, hrsg., übersetzt und mit Indices versehen von F. Heberlein, Stuttgart 2019 (Bibliothek der lateinischen Literatur der Spätantike 1), S. 235. Zu den handschriftlichen Varianten dieser Darstellung vgl. Edition Armisen-Marchetti, I, S. 135 (Schemata), S. 134, Anm. 483. Farben: Rot, Gelb, Grün, Blau, Schwarz. Durchmesser: äußerer Kreis: 5,2 cm; innerer Kreis: 2,8 cm. Inschriften: Im inneren Kreis: terra. Dazu rot-grüne vegetabile Motive (Halbpalmetten) in der unteren Hälfte. Buchstaben ABCD um die innere Sphäre; Buchstaben EFGLM um die äußere Spähre. Farbige vertikale zick-zack Linien stellen den Regen dar und füllen die beiden konzentrischen Sphären (bis auf den Halbkreis der Erde mit Vegetabilien) und den Bereich M außerhalb der Sphären. Wie Armisen-Marchetti, I, S. 134, Anm. 483, hervorhebt, füllen einige Handschriften, darunter Paris, Bibliothèque nationale de France, latin 16677 (9. Jh., Fleury), fol. 41v, die Luftzone unter der Erde mit Regen, was im Widerspruch mit der Argumentation des Macrobius steht. 51v Zu Macr. Comm. II,1,15-16. Tabellarische Darstellung der pythagoreischen Intervallenlehre. Farbe: Rot. Text verteilt auf 11 Zeilen, von drei Seiten eingerahmt. Silouhettendekor am linken Rand der Tabelle mit vegetabilen Ausläufern an der oberen und unteren Ecke. Inschriften: III. et. IIII. / Diatessaron / III. et II. / Diapente / IIII. et II. / Diapason / III. et I. / Diapason kai diapente / IIII. et I. / Diapason / IX. et VIII. / tonum. 52r Zu Macr. Comm. II,1,17-19. Tabellarische Darstellung der pythagoreischen Harmonielehre im Bezug auf die musikalische Temperaturder. Auf 11 Zeilen, von drei Seiten eingerahmt, Text alternierend in Rot und Schwarz geschrieben. Am linken Rand der Tabelle Dekoration mit runden Bögen. Inschriften: CXCII XXIIII / tonus / CCXVI XXVII / tonus / CCXLIII / Semitonus / CCLVI XXXII / Tonus / CCLXXXVIII / Tonus / CCCXXIIII. 53r Zu Macr. Comm. II,1,17-20. Die numerische Struktur der Weltseele als Lambdaförmiges Diagramm. Farbe: Rot. Zahlen: I (an der Spitze), II, IIII, VIII (Gerade Zahlen auf der linken Seite); III, IX, XXVII (ungerade Zahlen auf der rechten Seite). 53v Zu Macr. Comm. II,2,14-15. Lambda-förmiges Diagramm zum Gewebe der Weltseele, nach Platons Timaios. Seitenrubrik zu diesem Abschnitt: Qualiter anima mundi facta est. Farben: Rot, Schwarz. Zwei in Schwarz und Rot konturierte Spalten, jeweils in drei Kompartimente geteilt, darüber die Ziffer VI. Inschriften: (links, von oben nach unten): epitritus / VIII / epogdous / IX / epitritus / XII // epitritus / XVI / epogdous / XVIII / epitritus / XXIIII // XXXII / XXXVI / XLVIII. (Rechts): emolius / IX / epitritus / XII / emolius / XVIII // emolius / XXVII / epitritus / XXXVI / emolius / LIIIor // LXXXI / CVIII / CLXII. 54v Zu Macr. Comm. II,2,19-22. Turmförmiges Diagramm, aus vier Etagen gebildet, zu der Tonintervallenlehre. Bei der unteren Etage ein Bogen, von einer Säule in der Mitte getragen, evoziert das Bild eines Eingangs. Die Struktur von Wänden und Böden mit Kreisen und Punkten dekoriert. An den Außenseiten symmetrische Rankenmotive. Inschriften in den Segmenten (von oben nach unten): Extremum VI / II medium / extremum medium / medium extremum / extremum. Zahlen außerhalb der Segmente (rechts): IX, XII, XVIII, XXVII, XXXVI, LIIII, XXXI, CVIII, CLXVII; (links): VII, IX, XII, XVIII, XVIII, XXII, XXXII, XXXXVI, XXXXVII. Um den Turm die Inschriften in brauner Tinte (rechts): Sexquitercius. Sexquioctavus. Sexquitercius. Sexquioctavus. Sexquitercius. Sexquitercius. Sexquioctavus. Sexquitercius. (links): Sexqualter. Sexquitercius. Sexqualter. Sexqualter. Sexquitercius. Sexqualter. Sexqualter. Sexquitercius. Sexquitercius. 58v Zu Macr. Comm. II,5,7. Kreisdiagramm zu den Klimazonen der Erde. Erdkreis, in fünf Parallelzonen geteilt. Farben: Rot, Ocker, Grün, Schwarz. Durchmesser: 4 cm. Inschriften (von oben nach unten): frigida, temperata, calida, temperata, frigida. Abklatsch auf der gegenüberliegenden Seite. 59v Zu Macr. Comm. II,5,16-17. Kreisdiagramm zu den Klimazonen der Erde. Ein Kreis, aus einer Doppellinie gebildet, dazwischen grüne Punkte. Vier horizontale Parallellinien, gezogen zwischen den außerhalb der Sphäre stehenden Buchstaben, bilden 5 Erdzonen. Dazu eine blaue vertikale Linie, die die Buchstaben c und d verbindet und ihn in der Mitte durchschneidet. Farben: Rot, Grün, Blau. Korrekturen des Textes in Schwarz. Durchmesser: 3,4 cm. Inschriften (rechte Halbkugel): Hic est inferior superficies terre; (linke Halbkugel): Hic est superior superficies terre (beide später korrigiert). Inschriften nur in den gemäßigten der Klimazonen: temperata. 62v Zu Macr. Comm. II,7,4-6. Kreisdiagramm. Die Projektion der Himmelszonen auf die Erde. Zwei konzentrische Kreise, jeweils von Buchstaben umgeben. Vgl. für die korrektere Version in der Handschriftenüberlieferung Schema 2 in Edition Armisen-Marchetti, II, S. 211. Farben: Rot, Grün, Gelb, Schwarz. Durchmesser: 5 cm. Inschriften (Zonen von oben nach unten): frigida, temperata, temperata, frigida. In der Mitte, horizontal: equinoctialis circulus; diagonal: zodiacus. 65v Zu Macr. Comm. II,9,8. Kreisdiagramm zu den Wohnzonen. Auf dem Fußsteg gezeichnet, zwei konzentrische Kreise. Farben: Rot, Grün, Schwarz. Durchmesser: 5 cm. Der untere Teil fehlt durch Beschnitt des Blattes. Innerhalb des Erdglobus, in Richtung Äquator jeweils drei horizontale Zonen, mit den Inschriften: inhabitabilis, habitabilis, perusta. Um den grünen Kreis der Erde: die vier Himmelsrichtungen in roter Farbe. In brauner Farbe, zum Teil beschnitten: Refusio oceani ab oriente in austrum; Refusio oceani ab oriente [!] in austrum; Refusio oceani ab oriente in septentrionem; Refusio oceani ab occidente... Ein unvollendetes ähnliches Schema (bestehend aus braunen Linien und konzentrischen Kreisen) auf dem Seitensteg. Durchmesser 3,5 cm. Wahrscheinlich verworfen, weil zu klein für die Inschriften. 81r Weltkarte. Auf ursprünglich leerem Blatt. In den oberen 2/3 des Blattes: Weltkarte nach Macr. Comm. II,9,1-7, vgl. II,9,7: Omnia haec ante oculos. Farben: Rot, Blau, Grün. Durchmesser: 11 cm. Erdkreis in fünf horizontale Klimazonen geteilt, mit den jeweiligen Inschriften (von oben nach unten): Septentrio, Zona habitabilis, Perusta (2x, um die mittlere, heiße Zone, die mit der Inschrift Oceanus bezeichnet wird), Habitabilis zona australis, Frigida australis. Die Meeresströme durch leicht gewellte, farbige Linien dargestellt. In der oberen nördlichen Hemisphäre grobe Zeichnung der bewohnten Länder und Inseln mit folgenden Inschriften: Gades (= Cádiz) in einem Kreis, Angli, im roten Viereck. Dann Italia, Apuleia, Egiptus. Weitere drei rote Kreise (im Meer) sind ohne Inschrift geblieben. Rechts von Ägypten stilisierte Zeichnung eines Tempels (= Jerusalem). Im unteren Teil des Blattes (Nachtrag) Kreisschema. Drei konzentrische Kreise, die zwei Bahnen bilden, jeweils in 13 Segmente geteilt. Darin zwei Reihen von alternierend roten und schwarzen Buchstaben. Farben: Rot und Schwarz. Durchmesser: 7,5 cm. 81v Zwei Kreisförmige Diagramme: 1. Schema des Zodiakus und der Planetensphären, das in den Handschriften normalerweise nach Macr. Comm. I,21,4, vorkommt. Vgl. Edition Armisen-Marchetti, I, S. 196, Anm. 458, und Abb. ibid. S. 122. Durchmesser: 11 cm. Zehn konzentrische Kreise in alternierend Rot und Braun gezeichnet. Ausgehend vom inneren Kreis (der Erde), 12 gezogene Linien zu den außerhalb des äußeren Kreises gelegenen Markierungsbuchstaben des Zodiakus B A M L R I H G F E D C. Dadurch bilden sich 12 Segmente mit jeweils 9 Bahnen. In der äußeren Bahn die Namen der Tierkreiszeichen in der Reihenfolge: Aries, Pisces, Aquarius, Capricornus, Sagittarius, Scorpius, Libra, Virgo, Leo, Cancer, Gemini, Taurus. In den Sphären unter Aries die Namen der Planeten: Saturnus, Iupiter, Mars, Sol, Venus, Mercurius, Luna. In der Mitte hat eine neuzeitliche Hand in schwarzer Tinte Zcelandia geschrieben. 2. Kreischema zum Auf- und Untergang der Tierkreiszeichen. Vgl. Macr. Comm. I,18. Durchmesser: 9,7 cm. Farben: Braun und Rot. Kreis geteilt in 12 Segmente. Inschriften: Den Sternzeichen entsprechend folgt der Text immer demselben Muster - mit veränderten Namen. Vgl. Libra oriente duabus horis occidit aries. Et centrum superioris zodiaci cancer Inferioris vero optinet capicornus, etc. Zwischen den beiden Schemata zwei Zeilen in brauner Tinte (noch 12./13. Jh.), mit Merkversen: Est la. ari. scor. tau. sol. gemi. capri. can. a. le. pis. vir (abgekürzte Namen der Planeten und der Sternzeichen); Quinque inde dias bis septem bis deca tetras. Vgl. zu diesem Vers J. Werner, Beiträge zur Kunde der lateinischen Literatur des Mittelalters. Aus Handschriften gesammelt, Aarau 1905², Nr. 12, S. 8, Vers 5.

Gepresster Pappeinband des frühen 16. Jh. mit Lederüberzug. Pergament benutzt für Spiegel- und Vorsatzblätter, letztere nicht nummeriert. Vorder- und Hinterdeckel mit Streicheisenlinien und Rollenstempeln dekoriert. 1. Ranke, Bewohnte Ranke, mit Vögeln: EBDB r005165. 2. Rautenwerk, gefüllt mit Vierblatt: EBDB r005166. Sämtlich aus Werkstatt: EBDB w007817 (Name: "8° Cod. Ms. philol. 115"). Vier Bünde. Auf dem Rücken Reste von einem alten Zettel mit Inhaltsangaben, diese aber komplett verblasst. Neuer vorgedruckter Papierzettel mit moderner Signatur auf dem unteren Teil des Rückens geklebt. Auf VD in schwarzer Tinte, auf dem Kopf geschrieben: ii 733. Auf VS Signatur (Bleistift): Cod. Ms. philol. 115; aufgeklebter vorgedruckter Zettel mit Verweis auf Mikrofilmierung und Auszug von Meyers Katalog über diese Handschrift. Auf HS getilgte Angabe der alten Signatur (Bleistift): Cod. philol. 56. Darunter eine Zeile ausradiert. Bibliothekarische Prüfzeichen (Gewicht).

Ein Papierzettel (Ende 18. oder 19. Jh.), heute zwischen fol. I und II. 9 x 11,5 cm. Enthält folgende bibliographische Notiz, mit schwarzer Tinte gechrieben: vgl. über diese Handschrift Cod. philol. 115 Macrobius omnia quae supersunt ed. L. Janus 1848 vol I. Prolegomena pg. LXXVIII (nach einer Mitteilung von Schneidewin). Die Notiz bezieht sich auf die Edition von Ludwig von Jan (1807-1869): Macrobii Ambrosii Theodosii V. C. Et Inl. Opera Quae Supersunt. Excussis Exemplaribus Tam Manu Exaratis Quam Typis Descriptis Emendavit: Prolegomena, Apparatum Criticum, Adnotationes, Cum Aliorum Selectas Tum Suas, Indicesque Adiecit Ludovicus Ianus, Voll. I-II, Quedlinburgi 1848-1852, hier vol. I, S. LXXVIII, Nr. 21: ... negligentissime scriptus est. Verebar ergo, ne hoc codice collato augeretur corruptelarum potius quam emendationum numerus. Die gennante Person kann höchstwahrscheinlich mit dem Philologen Max Schneidewin identifiziert werden (1843-1931), der in Göttingen geboren wurde und am Gymnasium in Hameln als Lateinlehrer tätig war.

Herkunft: Die Ausstattung und der paläographische Befund weisen auf Nordostfrankreich für die Entstehung der Handschrift im letzten Viertel bzw. am Ende des 12. Jh. hin. Die Schrift kann z.B. mit Arras, Bibliothèque municipale, MS 70 (12. Jh., Ende; Prov. Saint Vaast Arras); Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. fol. 358, Hautmont, Diözese Cambrai (12. Jh., Ende); Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Theol. lat. qu. 328 (Cambron, 12. Jh. Letztes Viertel) verglichen werden. Vgl. Catalogue générale des manuscrits des bibliothèque publiques des départements, T. IV, Arras, Avranches, Boulogne, Paris 1872, S. 41; Fingernagel Ill. Hss. 4.–12. Jh., Teil 1, Kat.-Nr. 58, Teil 2, Abb. 252-253; Teil. 1. Kat.-Nr. 78, Teil 2, Abb. 233-236. Ähnlichkeiten auch mit St. Omer, Bibliothèque municipale, MS 261 (12. Jh. Letztes Viertel). Die Göttinger Handschrift ähnelt in den Ausstattungsmotiven der Deckfarbeninitialen sehr der Handschrift Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, MS 1098 (siehe oben). Beide Handschriften haben ähnliches Format und könnten im selben Zusammenhang für den Schulgebrauch entstanden sein. Dies wird im Klosterneuburger Codex, mit Texten von Aristoteles latinus, Cicero, Gilbertus Porretanus und Boethius (siehe http://manuscripta.at/hs_detail.php?ID=128), auch durch weitere Miniaturen deutlich: Vgl. auf fol. 164r das Bild eines nackten Mannes gegenüber einem Mann mit Eselkopf, der Mann ein Spruchband mit der Inschrift Tu es asinus haltend, und fol. 1r mit dem Bild des Autors (Porphyrius). Dieser sitzt vor einem Mönch mit Kutte (Benediktiner), welcher Heft und Feder in den Händen hält, zieht mit der linken Hand am Pergament mit dem eigenen Werk. Mit der rechten Hand lehrender Gestus in Richtung des Mönchs und anderer junger Schüler ihm gegenüber. Das Bild eines Benediktinermönches in dieser Miniatur könnte einen Hinweis auf den Entstehungskontext von beiden Handschriften für eine Benediktinerabtei (Saint-Vanne de Verdun; St. Bertin in St. Omer?) darstellen. Dieser Auftrag könnte entstanden sein, als der Künstler in der Champagne oder Nord-Frankreich tätig war. Vgl. für eine vielleicht in St. Omer von dem "Simon Master" illuminierte Handschrift: A Catalogue of Western Book Illumination in the Fritzwilliam Museum and the Cambridge Colleges, ed. by D. Jackson, N. Morgan and S. Panayotova. Part 3: France, volume 1 (Illuminated Manuscripts in Cambridge), London 2015, Kat.-Nr. 46, S. 140-145, zu St John's College, MS C.18 (Psalter, 1170-1180). — Provenienz: Der Codex gehörte im Spätmittelalter einem P. Goberti, dessen Name auf fol. 4r (Kopfsteg) in schwarzer Tinte geschrieben ist. Die Schrift dieses Eintrags könnte auf das Ende des 15. oder den Beginn des 16. Jh. zurückgehen. Ein Pierre Goberti ist als Kanoniker in Verdun im ersten Viertel des 16. Jh. dokumentiert und war Brüder des Abtes von Saint-Vanne in Verdun. Vgl. Revue d'historie et d'archéologie 3 (1862), S. 106-107. Auf fol. 44r hat eine andere Hand auf dem Fußsteg das Datum 1480 geschrieben. Die Zahl 733 auf dem VD könnte auf das Jahr [1]733 verweisen und damit auf einen späteren Besitzer. Auf fol. 1r in der oberen rechten Ecke ein A, in der Frühneuzeit geschrieben. — Auf fol. 1r schwarzer ovaler Stempel: EX BIBLIOTHECA REGIA ACAD. GEORGIAE AUG:, in Benutzung ab ca. 1765 bis ca. 1850. Vgl. Bibliotheksstempel, S. 93.

Göttingen 1, S. 26. — B. Munk Olsen, L'étude des auteurs classiques latins aux XIe et XIIe siècles. Tome III. 2e Partie. Addenda et corrigenda. Tables, Paris 1989, [C. 173], S. 29.

Ir Bibliothekarische Angaben von verschiedenen Händen: M. T. Ciceronis Somnium Scipionis. / Macrobius in Somnium Scipionis / MS. vetus et optime conservatum in membranis in Qto / Folia 81.

Iv-IIIv leer.

1r-80v Ambrosius Theodosius Macrobius: Commentarii in somnium Scipionis. P. A. S. somnium excerptum ex libris M. T. Ciceronis. Cum in Africam venissem … — … universa philosophie continetur integritas. Macrobii A.T. secundus liber explicit. Lücke zwischen fol. 24 und 25 mit Textverlust (siehe unten). (24v) Endet abrupt mit Liber I,10,3, Zeile 10: ... animo predicta morte perte//. (25r) Beginnt abrupt mit I,10,13, Zeile 9: //cogit praesentem copiam non videre .... Die fehlende Stelle in der Edition Willis: S. 42-44. (81r-v) Karten und Diagramme. Siehe unter Ausstattung. — IVr-v leer. Edition: Macrobii Commentarii in somnium Scipionis, ed. J. Willis, Lipsiae, 1970². Macrobe, Commentaire au songe de Scipion. Texte établi, traduit et commenté par M. Armisen-Marchetti, 1-2, Paris 2003 (Collection des universités de France. Série latine 360, 373) Literatur: M. Destombes, Mappemondes. A. D. 1200 - 1500. Catalogue préparé par la Commission des Cartes Anciennes de l'Union Géographique Internationale, Amsterdam 1964 (Monumenta cartographica vetustioris aevi 1. Imago mvndi. Supplement 4), mit Erwähnung dieser Handschrift S. 89, Nr. 4 (Datierung ins 13. Jh.) und Beschreibung der Weltkarte. B. C. Barker-Benfield, The manuscripts of Macrobius' Commentary on the Sommium Scipionis, Maschinenschriftl. Dissertation, Oxford, Corpus Christi College, 1975. B. Munk Olsen, Quelques aspects de la diffusion du 'Somnium Scipionis' de Cicéron au moyen âge (du IXe au XIIe), in Studia romana in honorem Petri Krarup septuagenarii, hrsg. von K. Ascani, Odense 1976, S. 146-153. B. S. Eastwood, Manuscripts of Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis, before 1500, in Manuscripta 38 (1994), S. 138-155, mit Erwähnung dieser Handschrift S. 142. R. Caldini Montanari, Tradizione medievale ed edizione critica del Somnium Scipionis, Firenze 2002 (Millennio medievale 33). M. D. Reeve, Tradizione medievale ed edizione critica del 'Somnium Scipionis', in Gnomon 76 (2004), S. 677-680. Thorndike/Kibre, Sp. 769. Christian Meyer, La théorie des symphoniae selon Macrobe et sa diffusion, in Scriptorium, 53 (1999), S. 82-107.


Abgekürzt zitierte Literatur

Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
Thorndike/Kibre L. Thorndike, P. Kibre, A catalogue of incipits of mediaeval scientific writings in latin, revisited and augmented edition, London 21963 (Mediaeval Academy of America publication 29)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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