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Beschreibung von 4° Cod. Ms. philol. 184-IV
Lukas Wolfinger: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen volkssprachigen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Lukas Wolfinger.

'Amadas et Ydoine' (Fragm. G)

Pergament — 2 Bl. bzw. 1 Doppelbl. (Fragm.) — 20-20,4 × 13,5-14 cm — England / anglonormannisch — um 1200 / oder 13. Jh., erstes V.

Pergament. Lagen: Der Umstand, dass zwischen dem Text von Bl. 1 und Bl. 2 eine größere Zahl von Versen des Textes fehlt, zeigt, dass es sich um ein Doppelbl. aus dem äußeren Teil der Lage handelt. Wie Nixon Amadas et Ydoine and Erec, S. 229-231 zeigen konnte, bildete das Göttinger Fragment wohl das zweite Blatt der zweiten Lage des ursprünglichen Manuskripts. Tintenfoliierung (modern): 1-2. Die beiden Bll. sind im Wesentlichen vollständig, auch wenn die Ränder wohl ein wenig beschnitten sind. Das Pergament ist durch die Zweitverwendung auf der Außenseite eines Einbandes etwas vergilbt und auf 2v stärker abgerieben, die Schrift dort deshalb schwer lesbar. Schriftraum: 14,2-15,5 × 10,5-11,5 cm; zweispaltig, 35-37 Zeilen (bzw. 34-38 Zeilen in Fragm. V aus derselben Handschrift; s. zu demselben unter Herkunft); Verse abgesetzt. "The Amadas is composed in octosyllabic couplets and the opening letter of the first verse of each couplet is detached and set out left, while the second verse of the couplet is indented. [...] in column a, the last letter of each verse is detached and set out to the right and staggered along the two vertical lines according to the placement of the opening letter of the verses. When the opening letter is set out to the left, then the final letter is set on the second (far right) vertical line. When the opening letter is indented, then the final letter is set on the first (near right) vertical line. There is no punctus." (T. Nixon, Amadas et Ydoine and Erec et Enide. Reuniting membra disjecta from early old French manuscripts, in: Viator, Bd. 18, 1987, S. 227-251, hier S. 232). In regelmäßiger, aber etwas unruhiger frühgotischer Minuskel, vielleicht von einer Hand, vermutlich aber von zwei Händen. Hand 1: Stellt die Haupthand der erhaltenen beiden Fragmente dar; der in der Vatikanischen Bibliothek liegende Teil (s. unter Herkunft) stammt zur Gänze von dieser Hand und von dem Göttinger Doppelbl. ist wenigstens der Teil von 1ra bis zur Mitte von 2va gleichfalls von derselben geschrieben. An dieser Stelle ist jedoch ein Wechsel sowohl in der Tinte als auch der Schrift zu erkennen, der entweder auf einen Neuzuschnitt der Feder zurückzuführen ist, oder auf einen Schreiberwechsel. "A hand change seems more likely, as the form of the 'g' and tironian note is altered and the use of straight 'd' and capital 'N' formed with two cross strokes is new." (Nixon Amadas et Ydoine and Erec, S. 233). Hand 2 (oder identisch mit Hand 1?): 2va (Mitte) bis Ende 2vb (s. zu derselben auch oben, bei Hand 1). Anders als bei der in der Vatikanischen Bibliothek erhaltenen ersten Lage der Handschrift sind im Göttinger Doppelblatt die eingeplanten zweizeiligen (und am Seitenrand klein vorgeschrieben) Initialen nicht ausgeführt; nur Versalien in schwarzer Tinte. Im Zusammenhang mit der Ausstattung des Manuskripts ist die "notation 'imago' dans les marges des f. 61rb, 62a, 63vb" im Fragm. V von Interesse; "il s'agit sans doute d'une annotation codicologique ou peut-être l'indication d'une image dans l'exemplaire copié ou à copier" (Careri - Ruby - Short Livres et écritures, S. 212-213).

Das Doppelbl. ist an jenen Streifen angeklebt, der vom abgeschnittenen zweiten Blatt eines Doppelblattes übrig ist, das früher offenbar den alleinigen (Papier)Umschlag des vorliegenden sowie eines weiteren (mittelhochdeutschen) Fragments bildete (s. unter Beilagen).

Beilagen: I) Notizbl. bzw. früherer Umschlag mit der Angabe: Nro. 2. 3.: 1. Ein altfranzösisches Bruchstück; 2. Ein mittelhochteutsches Bruchstück (steht jetzt unter Nro. IV.); der Vermerk in der Klammer später ergänzt (von anderer Hand?); zudem ist auf diesem Bl. mit Bleistift eingetragen die aktuelle Signatur (Philol. 184, N. IV); II) Sonderdruck von Hugo Andresen, Bruchstück aus dem altfranzösischen Roman Amadas et Ydoine (Zeitschrift für romanische Philologie, Bd. 13, 1889, S. 85-97).

Herkunft: Das Göttinger Fragment stellt einen von drei bekannten Überlieferungsträgern des gegen Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen altfranzösischen Werkes dar. Seine Sprache verweist auf England bzw. den anglo-normannischen Bereich als Entstehungsraum der Handschrift. Wie Terry Nixon gezeigt hat (Nixon Amadas et Ydoine and Erec), stammt es - anders als das zuvor gesehen worden war - von derselben Handschrift wie jenes 'Amadas et Ydoine'-Fragment, das sich in der Vatikanischen Bibliothek in einer Sammelhandschrift der Bibliotheca Palatina erhalten hat: Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1971 (zu Beschreibungen dieser Handschrift s. K. Christ, Die altfranzösischen Handschriften der Palatina, Leipzig 1916, S. 77-84; Careri - Ruby - Short Livres et écritures, S. 210-215; zudem den entsprechenden Eintrag in: Archives de littérature du Moyen Age; ebenso die Angaben bei P. Eley et. al., Partonopeus de Blois. An electronic Edition, Sheffield 2005). Dieser Band enthält neben neben Partonopeus de Blois noch andere Fragmente altfranzösischer Texte, darunter eben auch eine Lage (Bl. 61r-68v), die den Beginn bzw. die ersten 1130 Verse von 'Amadas et Ydoine' bietet (Fragm. V), während das Göttinger Fragment (Fragm. G) aus der zweiten Lage des ursprünglichen Manuskripts stammt. Paläographische wie textgeschichtliche Gründe sprechen für eine Datierung der Handschrift auf die Zeit um oder kurz nach 1200 (vergleichbar schon Andresen Bruchstück aus dem altfranzösischen Roman, S. 85). "The fragments [...] belong to a small manuscript with careful organization of the text on the page, comparable to a number of early Old French manuscripts of popular works in verse that were probably made for the lay audience addressed by the literature. [...] The Vatican and Göttingen fragments date close to the time of Amadas et Ydoine's composition and reflect the initial circulation of the poem." (Nixon Amadas et Ydoine and Erec, S. 244). — Wann genau das ursprungliche Manuskript zerteilt und das Göttinger Doppelbl. makuliert wurde, ist unbekannt. Während die Geschichte des Göttinger Fragments also weitgehend im Dunkeln liegt, ist von der Sammelhandschrift mit Fragm. V nicht nur bekannt, dass sie sich im Besitz von Ulrich Fugger (gest. am 19. April 1510) befand, sondern auch, dass ihre verschiedenen Teile bereits zusammengebunden waren, als sie aus der Fuggerschen Sammlung an die Heidelberger Universitätsbibliothek gelangten (und mit dieser 1623 nach Rom). Somit dürfte das 'Amadas et Ydoine'-Manuskript bereits zur Zeit Ulrich Fuggers nicht mehr in der ursprünglichen Form bestanden haben und zumindest aufgeteilt, wenn nicht bereits weitgehend zerstört gewesen sein. Ein frühneuzeitlicher Eintrag auf 1r und 2v des Göttinger Fragments (Thomas ...) verdeutlicht, dass das Doppelbl. zu dieser Zeit als Buchdecke bzw. Bezug oder Umschlag eines Einbandes diente. Wo E. P. Spangenberg das Fragment entdecke oder erwarb, wurde von ihm nicht mitgeteilt.

Göttingen 1, S. 45. — Andresen Bruchstück aus dem altfranzösischen Roman. — Reinhard Amadas et Ydoine (zum vorliegenden Fragment hier S. V; zum Text desselben S. 68-76 und S. 93-101). — Ferlamoin-Acher – Hüe Amadas et Ydoine (der Text des Göttinger Fragments im Appendix). — Nixon Amadas et Ydoine and Erec, S. 229-231. — Careri - Ruby - Short Livres et écritures, S. 212-213.

altfranz.

1r-2v Amadas et Ydoine. (1r-v) Der Text setzt ein mit ... Out majur dol ignelepas/ Que ne fist unches Amadas ... und schließt mit ... Qu'il requergent vostre seinnur/ Le duc qui vus vout grant honur ... . Dieser Abschnitt enthält 140 Verse und entspricht bei Hippeau Amadas et Ydoine, V. 1110-1246). (2r-v) Der Text setzt auf 2r ein mit ... A Nuvers la riche cite/ Amadas l'ot mut (est) deshaite ... und schließt auf 2v mit ... Dunt maint hume et femme doluse/ Tresque la nuuele est seue ... . Das Blatt enthält 146 Verse, deren Text bei Hippeau Amadas et Ydoine, dem Abschnitt von V. 1791 bis. ca. V. 1928 entspricht. Zum restlichen, in einer Handschrift der Vatikanischen Bibliothek erhaltenen Teil dieser anglo-normannischen Fassung von 'Amadas et Ydoine' s. unter Herkunft; allgemein zum Text, seiner Überlieferung und weiterer Literatur auch den enstprechenden Eintrag in: Archives de littérature du Moyen Age. Druck. Druck (der Göttinger Fragmente): Andresen Bruchstück aus dem altfranzösischen Roman, S. 87-97; Edition: Hippeau Amadas et Ydoine (noch ohne Kenntnis des vorliegenden Fragments); Reinhard Amadas et Ydoine (der Text des Göttinger Fragments hier S. 68-76 und S. 93-101); Ferlamoin-Acher – Hüe Amadas et Ydoine (das Göttinger Fragment - ebenso wie jenes der Vaticana - am Ende als Appendix gedruckt).


Abgekürzt zitierte Literatur

Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Volkssprachige Handschriften.
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