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Beschreibung der Handschrift Kiel, Universitätsbibliothek, Cod. ms. Bord. 116
Die Bordesholmer Handschriften der Universitätsbibliothek Kiel, beschrieben von Kerstin Schnabel. Wolfenbüttel 2020
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Aristoteles

Papier — 132 Bl. — 21 × 14 cm — Rostock — 1446

Wasserzeichen: Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöcher, darüber einkonturige Stange mit Stern: Drei Typen bisher nicht nachgewiesen. Lagen: IV+2 (10). VII (24). 9 VI (132). Falzstreifen aus Pergament in der Mitte jeder Lage. Tintenfoliierung aus dem 19. Jh. 1–132. Die letzten Bl. ab ca. 105 mit Löchern oder Eindrücken von den Nägel der Kettenbefestigung im oberen mittigen Blattteil. Bl. 26 in der Breite reduziert, 13,5 cm. Text mit Schriftraum: 12,5–13,5 × 5,5–6,5 cm. 10–12 Zeilen. Glossierung auf den Randleisten mit Schriftraum: 12,5–13 × 3,5–4 cm. Bis 38 Zeilen. Von der Hand des Franciscus Sassen in Bastarda geschrieben. Rubriziert. Initialen mit Blattornamentik und Knospenfleuronné in den Schäften, Binnenräumen und an den Außenrändern in Rot, Grün und Gelb über drei bis vier Textzeilen an den Buchanfängen, 1r, 11v und 101v. Initialen über zwei Zeilen z. T. mit Knospenfleuronné, 28v, 27r, 43r, 50v, 56v, 59v, 65r, 68r, 76v, 79v, 84v und 93r.

Spätgotischer Holzdeckeleinband mit ehemals rotem Lederbezug, stark abgerieben. Streicheisenlinien. Einzelstempel aus unbekannter Werkstatt, Blüte mit vier Blättern. Auf dem VD oben Abdrücke von Signaturschildern, 2,5 × 4 cm sowie 1,5 × 3 cm. Titelschild aus Pergament, 3,5 × 10,5 cm, Aufschrift Textus de anima. Dieses wird z. T. überdeckt von einem Signaturschild aus dem frühen 17. Jh. aus Papier, 4 × 3,5 cm, Aufschrift Inferioris / Classis secundae / Scamni quinti / tertii / … IV. Am oberen Rand des HD vier Löcher von der Befestigung der entfernten Kettenöse. Darüber ein zusätzlicher Kantenbeschlag. Auf dem VD ein Kantenbeschlag unten, der zweite verloren, zwei Eckbeschläge, auf dem HD zwei Kanten- und zwei Eckbeschläge. 2 x 4 Buckel mit dreieckiger Grundfläche, Hohlguss. Die Mittelbeschläge mit viereckiger Grundfläche. Drei Doppelbünde, an Kopf und Schwanz einfache Kapitalbünde. Zwei Schließenlager in Vogelkopfform mit Fensteröffnung und Gegenbleche erhalten, oben auch ein Teil des Schließenriemens vorhanden. Restauriert 2005 von Anne-Katrin Haase, Hamburg.

Fragment: Pergamentstreifen auf dem hinteren Innendeckel, 20,5 × 7 cm. Teilweise vom Holz abgelöst, hier nur noch der Abklatsch erhalten. Quer zur Leserichtung eingefügt. Oberer Teil einer Urkunde aus dem 15. Jh. Bastarda. Der rechtsseitig kaum erhaltene Text auf dem Holzdeckel beginnt In nomine domini amen. Anno a nativitate domini millesimo quadringentesimo XXIIa hora nona …

Herkunft: Die Handschrift entstand laut Kolophon 1446 in Rostock. — Im Katalog von 1488 (Cod. ms. Bord. 1a) unter der Signatur F iv mit dem Titel Textus de anima aufgeführt. Im Verzeichnis von 1606 (Cod. ms. Bord. 2a) ebenfalls mit diesem Titel versehen. Um das Jahr 1665 (Cod. ms. Bord. 1b) benannt mit Textus de anima Johannis Frank cum nota.

Merzdorf, 37. — Steffenhagen Nr. CCLXV. — Ratjen, 112. — Krämer, 100. — Kristeller 3, 587. — Schnabel, 229, 302, 528.

1r–132v Aristoteles: De anima (translatio nova Guilelmi de Moerbeka) cum glossis marginalibus et interlinearibus. Textus. Liber I. Bonorum honorabilium notitiam opinantes magis autem alteram altera aut secundum certitudinem aut ex eo quod meliorum aut mirabiliorum est … — … auditum autem ut significetur aliquid ipsi linguam autem habet quatinus significet aliquid alteri. Et sic est finis textus de anima Aristotelis collectus in alma universitate Rostockensi a venerabili viro magistro Johanne Franck anno domini MCCCCXLIIIIII secunda die Francisci [5.10.1446] per Franciscum Sassen. Franciscus Sasse stammte laut den Matrikeln der Universität Rostock aus Lübeck und immatrikulierte sich 1443. Vier Jahr später, 1447, wurde er zum Bakkalar promoviert. Matrikel Rostock 1, 66 und 80. Am Ende des ersten Buches (11r): Et sic est finis huius primi. Danach Merkverse: Et sunt potentes animam primi sapientes … Druck mit Abweichungen: VD16 G 3951, 203. Darunter in roter Tinte: In hiis metris continentur errores. Buch 2 von 11v–101r, Buch 3 beginnt 101v. (1r–130r) Johannes Franck: Glossa. Item anima et materia tamquam est substantiam huius libri … Randglossierung ab dem zweiten Buch nur noch sporadisch. Die Interlinearglossierung verläuft jedoch durchgängig. Edition des Textes: Aristoteles Latinus XII/1 (kritische Edition von † J. Decorte und J. Brams in Vorbereitung, als Arbeitstext in der ALD-Datenbank von Brepols erreichbar). Sancti Thomae de Aquino Opera omnia iussu Leonis XIII. P.M. edita, Bd. 45/1: Sententia Libri de Anima, Rom 1984, 1–260. GW 23432345 und weitere Ausgaben mit diversen Kommentaren. Literatur: Aristoteles Latinus Codices 1, 58 Nr. 27; 136f. Nr. 27; 693 Nr. 954 (Hs. erwähnt). Thorndike/Kibre, 179 [Nr. 5].


Abgekürzt zitierte Literatur

Aristoteles Latinus Aristoteles Latinus, hrsg. von L. Minio-Paluello, C. Steel, G. Lacombe und G. Verbeke, Bruges, Leiden, Turnhout 1939– (Corpus philosophorum Medii Aevi I, 1–)
Aristoteles Latinus Codices 1 Aristoteles Latinus, Codices, Bd. 1, hrsg. von G. Lacombe u. a., Rom 1939 (Corpus philosophorum Medii Aevi)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Kristeller P. O. Kristeller, Iter Italicum, accedunt alia itinera. A finding list of uncatalogued or incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in italian and other libraries, Bd. 1–7, Leiden 1963–1997
Matrikel Rostock 1 Die Matrikel der Universität Rostock, Bd. 1, hrsg. von A. Hofmeister, Rostock 1889
Merzdorf J. F. L. Th. Merzdorf, Bibliothekarische Unterhaltungen. Neue Sammlung, Oldenburg 1850
Ratjen H. Ratjen, Zur Geschichte der Kieler Universitätsbibliothek. Schriften der Universität zu Kiel 1862–1863, Kiel 1862–1863 (Programm zum Geburtstage Frederiks VII.)
Schnabel K. Schnabel, "Liber sanctae Mariae virginis in Bordesholm …" Geschichte einer holsteinischen Stiftsbibliothek, Wiesbaden 2014 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 33)
Steffenhagen E. Steffenhagen, Die Klosterbibliothek zu Bordesholm und die Gottorfer Bibliothek. Zwei bibliographische Untersuchungen, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte 13 (1883), 66–142
Thorndike/Kibre L. Thorndike, P. Kibre, A catalogue of incipits of mediaeval scientific writings in latin, revisited and augmented edition, London 21963 (Mediaeval Academy of America publication 29)
VD16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts, Online-Ressource: http://gateway-bayern.bib-bvb.de/aleph-cgi/bvb_suche?sid=VD16

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der Bordesholmer Handschriften in der Universitätsbibliothek Kiel.
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