Transkription

Sattler, Basilius: Ein Christliche Predigt, Gethan Bey der Tauffe des Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Friderich Vlrichen, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg, [et]c. den 18. Aprilis, Anno 91, Darin auch ...
[Inhaltsverzeichnis]
|| [ID00001]

Ein Christliche Predigt / Gethan Bey der Tauffe des Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Friderich Vlrichen / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. den 18. Aprslis, Anne 91,
[arrow up]

Darin auch Kurtzer vnd Einfeltiger Bericht gethan wird / von dem EXORCISMO. so in etlichen der Augspürgischen Confession verwandten Kirchen noch behalten wird.
[arrow up]

Durch Basilium Satler D. Braunschweigischen Hoffprediger zu Wolffenbüttel.
[arrow up]

M D. X CIII.
[arrow up]

|| [ID00002]
|| [ID00003]

Eine Christliche Predigt / Gethan bey der Tauffe des Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Friderich Vlrichen / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg etc. den 18. Aprilis / Anno etc. 91.
[arrow up]

Tit. 3.
[arrow up]

ERinnere sie / das sie den Fürsten vnd der Oberkeit vnderthan vnd gehorsam sein / zu allem guten Werck bereit sein / Niemand lestern / nicht hadern / gelinde sein / alle sanfftmütigkeit beweisen gegen allen Menschen. Denn wir waren auch weilandt vnweise / vngehorsam / jrrige / dienend den lüsten vnd mancherley wollüsten / vnd wandelten in bosheit vnd neid / vnd hasseten vns vntereinander. Da aber erschein die freundligkeit vnd
|| [ID00004]
leutseligkeit Gottes vnsers Heilandes / Nicht vmb der Wercke willen der Gerechtigkeit die wir gethan hatten / Sondern nach seiner Barmhertzigkeit machter vns selig durch das Bad der Widergeburt / vn̅ Ernewrung des heiligen Geistes / welchen er außgegossen hat vber vns reichlich / durch Jesum Christ vnsern Heiland / auff das wir durch desselbigen gnade gerecht vnd Erben sein des Ewigen Lebens / nach der hoffnung / Das ist gewißlich war.

Außlegung.
[arrow up]

GEliebte im HERRN / Es spricht der Prophet Jesaias am 49. So spricht der HERR HErr / Sihe / ich wil meine Hand zu den Heiden auffheben / vnd mein Pannier zu den Völckern auffwerffen / so werden sie deine Sön in den Armen herzu bringen / vnd deine Töchter auff den Achseln hertragen: Damit Gott die Christliche Kirche tröstet / vnd anzeiget / das es im Newen Testament fein
|| [ID00005]
lustig vnd wol hergchen werde. Denn er wölle sein Wort vnd die Sacramenta / die sein Hand vnd Pannier sein / dabey man die Christliche Kirche erkennen / ja Gatt selber finde̅ vn̅ ergreiffenkan / nicht allein im Jüdischen Volckbleiben lassen / Sondern auch vnter die Heiden bringen / Von welchen wir vnser ankunfft haben / vnd werden alsdann solcher grossen Wolthat nicht allein Alte Leute / sondern auch Junge Kinder / Man vnd Weibs Personen geniessen. Was nun Jesaias also vber Sieben hundert Jar für Christi Geburt geweissaget / vnd zuuor verkündiget hat / das ist Gott lob vnd danck auch vnter vns erfüllet / vnd gehet jetzo noch in vollem schwang. Denn bey vns / deren Vorfarn Heiden gewesen / nicht allein Alte Leute / Man vnd Weibs Personen zu Christi Reich vnd Wolthaten kommen / Sondern man tregt auch täglich die newgebornen Kinder Christo zu / das sie getaufft / dem HErrn Christo / als dem rechten Weinstock einuerleibet / vnd selig werden. E Ben also sind wir jetzund in Gottes Namen zusammen kommen / Dieweil GOtt der Allmechtig (jhm sey dafür lob vnd danck gesagt) die Durchleuchtige / Hochgeborne Fürstin vnd Frawen / Frawen Elisabeth / geborne aus Königlichem Stammen zu Dennemarck / Hertzogin zu Brauuschweig vnd Lü
|| [ID00006]
neburg etc. vnsere gnedige Landsfürstin vnd Frawen / jhrer Frewlichen Bürden mit allen gnaden entbunden / vnd nicht allein J. F. G. vnd derselben Herrn vnd Gemahel / vnsern Gnedigen Herrn / Sondern auch vns alle vnd das gantze Land mit einem Jungen Herrnerfrewet hat / das wir da auch / so viel an vns ist / des Propheten Weissagung ins Werck richten / vnd diesen newgebornen Jungen Herrn auff den armen durch ein gleubiges Gebet zu dem Herrn Christo bringen / auff das er / wie er sonst zu Land vnd Leuten geborn / Also auch durch die Tauffe ein Kind Gottes widergeborn / vnd wie wir wahre Christen alle / ein rechter Himmelsfürste / oder wie die Schrifft redet / ein Himmelskönig werde / der mit Christo vnd allen Ausse welten ewig herrsche. Aus dieser vrsach nun habe ich den gewönlichen Text des Sontäglichen Euangelij anstehen lassen / vnd an desselben stadt diesen schönen vnd trefflichen Spruch des Apostels Pauli verlesen wöllen / das wir mit Christlicher Andacht / dieses hohe Christliche Werck verrichten / vnd nicht / wie es offtmals / sonderlich bey fürnhemer Leute Kindertauff herzugehen pfleget / dabey mit andern frembden gedancken vmbgehen? auff das wir vns also in diese zeit vnd gelegenheit recht schicken.
|| [ID00007]
ES ist aber die meinung Pauli in den verlesenen Worten / das er Titum berichtet / wie er als ein Prediger seine befohlene Zuhörer vermanen soll zu einem Gottseligen Christlichen leben vnd wandel / das sie sich gegen jederman recht halten / als denen / die höher / als sie / vnd im Ampt der Oberkeit sein / sollen sie / ob sie schon Heiden sein / gehorsam leisten / andern jrs gleichen sollen sie auch nach jhren gaben dienen / vnd guts thun / sie nicht lestern oder hassen / sondern sich sanfftmütig vnd gelind gegen jhnen erzeigen. Vnd dieweil sie fürwenden möchten / das die / denen sie gehorsam sein vnd gutsthun solten / Heiden sein / füret er jhnen zu gemüth / das sie selber zuuor auch eben solche Leute gewesen / nemlich vnuerstendig / vngehorsam / dienend den lüsten des Fleisches / Das es aber nun mit jhnen in einem bessern stand sey / das haben sie allein GOtt dem Himlischen Vater zu dancken / der sie aus gnaden ohn jhr verdienst vnd Werck selig gemacht / vnd durch die heilige Tauffe sie newgeborn / vnd den H. Geist vber sie ausgegossen habe / das sie nun in hoffnung das Ewig leben haben. Darumb sey billig / das sie Gottfür solche grosse vnaussprechliche Wolthat mit der that danckbar sein / vnd das sie auch die andern / die noch Heiden sein / wie sie zuuor selbs waren / nicht verachten.
|| [ID00008]
Nnn stehen in diesem schönen Spruch viel nötiger vnd tröstlicher Lehr / Wir wöllen aber die andern alle auslassen / vnd nach der jetzigen gelegenheit allein diese Drey Puncten nach einander betrachten. Erstlich / in was Jammer vnd noth von Natur alle Menschen stecken. Zum Andern / Wie wir von dem Jammer erlöset / vnd selig werden. Zum Dritten / Wie sich die Christen / wenn sie new geborn / vnd selig worden / forthin verhalten sollen. Vnd dieweil auff diesen Dreyen Puncten die gantze Christliche Lehr / vnd alles / was vns in Gottes Wort fürgetragen wird / beruhet / bin ich der zuuersicht / fromme Hertzen werden fleissig darauff achtung geben. Nachdem es aber mit vnserm pflantzen vnd begiessen / das ist / predigen vnd vermanen nicht ausgerichtet ist / wölle Gott hierzu das gedeyen geben vmb Jesu Christi willen / Amen.

Der Erste Teil.
[arrow up]

Vnsern jämmerlichen elenden zustandt / darin wir sein / ehe wir widergeborn vnd Gottes Kinder werden / beschreibet Paulus mit diesen Worten /
|| [ID00009]
Wir waren auch weilandt vnweise / vngehorsame / jrrige / dienend den lüsten / vnd mancherley Wollüsten / vnd wandelten in bosheit vnd neid / vnd hasseten vns vntereinander. Da beschreibet Paulus als ein rechtschaffener Meister / vnd malet vns für / mit lebendigen Farben / was es mit allen Menschen / sie sein wer sie wöllen / vor jhrer Widergeburt für eine gelegenheit vnd zustandt habe. Erstlich seind wir vnweis vnd vnwissend / Denn ob wir schon in eusserlichen sachen etwas verstehn / wie man Haushalten / regieren etc. sol / vnd dergleichen / so sein wir doch in Geistlichen sachen / vnd die vnsere Seligkeit betreffen / vnuerstendig / vnd rechte Thoren / erkennen Gott vnd seinen willen nicht recht. Wie Paulus 1. Corinth. 2. schreibet / Der Natürlich Mensch vernimpt nicht / was des Geistes Gottes ist / Es ist jhme ein Thorheit. Darumb heist vns Johannes Finsternis / Johan. 1. Zum Andern / sind wir vngehorsam. Wir solten / wenn es recht herginge / Gott williglich gehorsam sein / vnd vmb Gottes willen auch der Oberkeit die Gottes Dienerin ist / freywillig vnd gern solchen gehorsam leisten. Aber wir sind vngehorsam / Wenn Gott diß wil / so wöllen wir ein anders / vnd das wiederspiel / beschweren vns der Oberkeit zugehorchen / vnd gehen also allezeit den vnrechten
|| [ID00010]
Weg. Das ist das Paulus sagt / Rom. 8. Fleischlich gesinnet sein / ist eine Feindschafft wider Gott. Zum Dritten / solte vnsers Hertzen lust vnd frewde sein / das wir GOtt liebten von gantzem Hertzen / vnd vnsern Nehesten als vns selber / Aber da gelüstet das Fleisch (welches auch die Widergebornen fühlen) wider den Geist / Galat. 5. Dienen also den Fleischlichen lüsten / haben lieb die Welt / vnd was inn der Welt ist / Da herrschet bey vns Fleisches lust / Augen lust / vnd hoffertiges leben / Da reget sich in vns Neid / Haß / vnd bosheit / das wir einander nicht zu dienen / sondern schaden zuzufügen geneigt sein. Also hat Gott den Menschen nicht geschaffen / sondern wie Gen. 1. stehet / Gott schueff den Menschen jhm zum Bilde / zum Bilde Gottes schueff er jhn / das ist in weisheit / heiligkeit vnd seligkeit. Es kömpt aber dieser schade her von vnsern ersten Eltern / vnd wird vns durch die Leibliche Geburt angeerbet / Derowegen man jhn einen Erbschaden vnd die Erbsünde nennet. Dauon stehet Gen. 5. Adam zeuget einen Son nach seinem Bilde / Vnd Dauid Psam. 51. bekennet / Sihe / ich bin aus Sündlichem Samen gezeuget / vnd meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. Vnd Johan. 3. zeucht Christus solches auff alle Menschen / vnd spricht: Es sey dann / das
|| [ID00011]
jemandt wiedergeboren werde durch das Wasser vnd den heiligen Geist / so kan er nicht ins Reich GOttes kommen. Denn was vom Fleisch geboren wird / das ist Fleisch / Das ist / Sündlich vnd verdamlich / Vnd Paulus Ephes. 2. schreibet / Wir waren von Natur Kinder des Zorns. VNd diesen Mangel haben nicht allein der Heiden / sondern auch der Jüden Kinder / vnd die so von Gleubigen Christlichen Eltern geboren sein. Wie denn Paulus Roman. 3. schreibet / Hie ist kein vnterscheidt / sie sind allzumal Sünder / vnd mangeln des rhums GOttes / vnd hie / wie auch Ephes. 2. zelet sich Paulus mit vnter die / so vnwissend / vngehorsam gewesen / vnd den lüsten gedienet haben / vnd also von Natur Kinder des Zorns sein. Aus solcher verderbung folget / das Gott vber die Menschen zürnet / vnd sie von seinem Reich ausschleust / Daher sein die Menschen von Natur vnter der gewaldt des Teuffels / Ephes. 2. Coloss. 1. vnd ist also ein Mensch von Natur viel ein elender Creatur / als ein Schlang oder Kröten / das jhm / wo er nicht wiedergeboren wird / zu wünschen were / das er nicht geboren were. WJR sollen aber diese Lehr darumb mercken / Erstlich / Das wir solchen grossen
|| [ID00012]
Erbschaden / darinn wir empfangen vnd geboren sein / nicht verachten vnd in Wind schlagen / Darüber denn der grösseste hauff der Menschen verdampt wird / weil aus solcher Thorheit auch herkömpt / das sie Gottes angebottene gnade ausschlagen / Sondern wir sollen denselbigen Jammer betrachten vnd zu Hertzen nhemen / vnd vns denn vmb hülff vmbsehen / welches also gleich als die erste Staffel ist zur Seligkeit. Zum Andern / sollen wir diese Lehr darumb mercken / das wir hinwider auch erkennen GOttes Wolthaten / was er an vns gewandt / vnd bey vns gethan habe / vnd noch thue. Denn wer nicht recht weis vnd bedencket / in was Jammer vnd noth er stecke / der verstehet auch nimmermehr die Wolthaten / die jhm Gott erzeiget / vnd gibt Gott seine gebürliche Ehr nicht / das er allein aus grossen gnaden jhn selig mache / vnd aus dem Ewigen Verderben erlöse. Zum Dritten / das wir vns hüten für falscher Lehr in diesem stück / Wie denn der Teuffel allwege in der Kirchen Leute erwecket hat / vnd noch erwecket / die diese Lehr verfelschen. Denn das bringt jhm grossen vorteil / wenn die Leute jhren schaden geringe achten / vnd etlicher massen jhnen das zuschreiben / das Gott gebürt / so wird Gott sein Ehr entzogen / vnd werden die Leute verführet. Solche
|| [ID00013]
falsche Lehrer sind gewesen / das ich der andern geschweige / die Pelagianer / vnd heutiges tages volgen jhnen die Papisten / die mit jhren Schultheologen im grund Pelagianer sind / vnd ist das einer von den gründen / darauff das gantze Basthumb stehet. Neben diesen finden sich auch andere / die sonst in vielen Puncten der Lehr wieder die Papisten mit vns einig sein wöllen / die Caluino vn̅ andern seinen adhaerenten nachahmen / welche fürgeben / das die Kinder / so von gleubigen Eltern geboren / für den Kin dern der Vngleubigen einen vorteil haben / das sie im Bund Gottes vnd heilig sein / vnd germen fidei, das ist / ein Wurtzel des Glaubens haben / nicht weil sie durch die heilige Tauff newgeboren werden / Sondern weil sie von einem oder beiden gleubigen Eltern geboren sein. Daher vnd aus diesem grund auch etliche jetziger zeit den Exorcismum abschaffen. Nun sein wir nicht die Leute / die den Exorcismum also wöllen vertheidigen / als sey er bey der Tauffe nötig / wissen wol / das es an der ordnung Christi gnug ist / wenn die gegalten wird. Wir verdammen auch die nicht / so jhn sonst mit gutem Rhat vnd bescheidenheit fallen lassen haben / oder nicht gebrauchen: Sondern das allein ist dißmal die Frage / Ob man jhn mit gutem Gewissen
|| [ID00014]
dülden könne / oder ob man jhn jtziger zeit / den Widersachern / die der Gleubigen Kinder für der Vngleubigen Kinder im Reich Christi einen vorteil geben / zugefallen / abthun sol. Darauff ist vnser erklerung / das man den Exorcismum wol könne dülden / vnd sol jhn / sonderlich jtziger zeit / die Wiedersacher in jhrem falschen wahn / von der Gleubigen Kinder vortheil zustercken / vnd die vnsern zuergern / nicht abthun. Denn eben mit dieser Lehr vom vortheil der Gleubigen Kinder / darauff des Exorcismi abschaffung gegründet ist / wird eigentlich die Lehr von der Erbsünde verfelschet / als wenn die Kinder / weil sie von Gleubigen Eltern geborn / auch etwas gutes / vnd nicht allein eitel Sünde erbeten. Denn in den Gnadenbundt GOttes / das sie von Gleubigen Eltern entsprossen sein / mit eingemenget wird. Da hinwider GOttes Wort der Gleubigen Kinder so wenig vorteil gibt / als der Vngleubigen Kinder / Sondern sagt / Was vom Fleisch geboren wird / das ist Fleisch / Item / Wir waren von Natur Kinder des Zorns. Zum Andern / wird hiedurch die Tauffe / als ein Mittel von GOtt zu vnser Seligkeit verordnet / Wie wir im andern Teil hören werden / jhrer krafft vnd wirckung beraubet.
|| [ID00015]
Zum Dritten / werden die Leute von GOtt vnd seiner Ordnung abgeführet / auff einen Triebsand / vnd sehr bawfelligen Grundt / das wenn sie wissen wöllen / ob sie GOtt wölle selig machen / sollen sie auff jhre Eltern sehen / ob die Gleubige gewesen. Für dem faulen grundt / vnd jämmerlichen trost behüte vns GOtt / das wir ja die Seligkeit darauff nicht setzen. Zum Vierden / Daß das aller fürnembst / ist dawieder GOttes Wort. Denn je Johannis 1. stehet / GOttes Kinder sein nicht geboren von dem Geblüt / noch von dem willen eines Mannes / etc. vnd Roman. 9. zeuget Paulus. Wie auch die Historien von der Heiligen Kinder / das nicht alle die Abrahams Samen sein / die sein auch Kinder / Wie Esau / Absolons / vnd dergleichen Exempel gnugsam aus weisen. DAmit wir nun nicht dieser Irrthumb vns theilhafftig machen / behalten wir jtziger zeit den Exorcismum / doch allein in dem verstande / das die einfeltigen erinnert werden dieses Jammers / das das Kind wegen der angebornen Sünde / sey Geistlich vnter der gewaldt vnd Reich des bösen Feindes / vnd helffe es gar nichts / das es von Gleubigen Eltern geboren / Sondern jhm sey nötig / das es durch die heilige Tauffe widergeboren werde.
|| [ID00016]
Sagt einer / Gott hat nicht befohlen / das man den Exorcismum sol gebrauchen. Antwort / Er hat viel dinges nicht befohlen / das wir gleichwol inn Christlicher Freyheit zur erbawung behalten. Als / er hat nicht befohlen von der Cantzel zupredigen / das ist darumb nicht vnrecht / vnd bricht man darumb die Cantzel nicht ab. Er hat nicht befohlen / ein Vermanung bey der heiligen Tauff zuthun / oder das Vater vnser zusprechen / wir thun es gleichwol. Sagt einer weiter / Der Exorcismus ist Papistisch. Antwort. Nicht vrsprünglich / sondern allein aus erfolgtem mißbrauch. Denn wie aus Cypriano / Augustino / Nazianzeno etc. zubeweisen / der Exorcismus etliche hundert Jar für dem Bapsthumb gewesen. Wenn aber die Papisten auff solche dinge tringen als nötig / oder daraus einen Aberglauben machen / darin sein wir mit jhnen nicht einig. Ey / die Wort / sagt einer / sind all zu schrecklich. Antwort: Wenn man sie recht verstehet / von dem angebornen Jammer der Menschen / so sein sie nicht zu schrecklich. Denn der so gros ist / das er mit keinen Worten kan ausgesprochen werden. Denn wir ja von Natur sein vnter der gewaldt vnd Reich des bösen Feindes / Gen. 3. 1. Joh. 3. Eph. 2. Col. 1. das ist noch erger / als leiblich besessen sein. Denn einer der Leiblich besessen ist / wenn er an Christum gleubet / (wie ich hie eine Person in der Nachbar
|| [ID00017]
schafft weis) kan selig werden. Aber ein Mensch / der nicht wiedergeborn ist / kan nicht selig werden / Johan. 3. Das meinet man / wenn man saget / Fahre aus du vnreiner Geist / vnd das wil man den vmbstehenden zuuerstehen geben / Liebe Leute / ob man wol dem Kinde eusserlich nichts ansihet / das jhm mangelt / so ist doch grosser Jammer vorhanden / es ist in Sünden emfangen vnd geboren / steckt vnter der gewalt des bösen Feindes / darunder müste es ewig bleiben vnd verderben / das behertziget / vnd bittet Gott fleissig für diß Kind / vnd gedencket / das Gott hie ein gros Gnadenwerck verrichte / vnd des Teuffels Werck zerstöre / etc. So sollen wir diesen Jammer behertzigen / damit wir hernach auch die Gnade vnd Wolthaten / die vns Gott in Christo durch das Wort vnd Sacramenten erzeiget / recht erkennen. Wie vns aber aus solchem Jammer vnd noth geholffen werde / dauon im Andern Teil.

Der Ander Teil.
[arrow up]

ES ist wol ein gros Liecht / vnd herrliche Geistliche Weisheit / das ein Mensch weis vnd erkennet / den schaden / der vns auff dem Halse ligt / ja / von vnsern Eltern angeboren wird. Aber noch ein höhe
|| [ID00018]
re vnd heimbliche Weisheit / Wie Dauid Psal. 51. redet / ist dieses / das wir aus GOttes Wort lernen können / vnd wissen / wie vns von solchem Jammer geholffen werden möge. Diese Weisheit ist allen Creaturen / auch den Engeln verborgen gewesen / aber Gott hat sie durch seinen lieben Sohn im Euangelio geoffenbaret. Dieweil nun dem also / vnd es sonsten auch / damit nicht ausgerichtet ist / das einer wisse / was jhm schade oder mangele / Sondern da ligt mehr an / das einer auch wisse / wie jhm möge gerhaten vnd geholffen werden / sollen wir diesen Andern Theil mit fleis mercken. Es fasset aber dieses auch alhie der Apostel Paulus mit kurtzen vnd deutlichen / jha gar herrlichen Worten / vnd spricht. Da aber erschein die freundligkeit vnd leutseligkeit Gottes vnsers Heilands etc. Damit gibt Paulus zuuerstehen / das wir oder keine Creatur der sachen zu rathen gewust / Sondern Gott habe das beste gethan / vnd wie er zuuor in der Schöpfung seine grosse liebe gegen vns Menschen erzeiget / in dem er vns zu seinem Ebenbilde erschaffen / Also habe er nicht weniger / sondern noch mehr dieselbige liebe scheinen lassen / das man zu spühren hette / das er ein sonderlicher Menschenfreund sey / vnd zu dem Menschen ein sonderliche zuneigung habe / Summa / er habe sich bewiesen mit der that /
|| [ID00019]
als einen Heiland der Menschen / der jhnen aus der noth hülffe / vnd sie nicht darin / wie die Teuffel / stecken vnd verderben liesse / Sondern sie selig machte. Dieweil aber die Menschen jhnen starck einbilden / auch die vernunfft gibt / das sie auch das jhr zu solcher hülff thun / oder je mit jhren Wercken solche hülff vnd die Seligkeit verdienen müssen / wie denn die Phariseer mit jhren Wercken die Seligkeit verdienen wolten / Vnd auch auff diesen Irthumb das gantze Bapsthumb erbawet ist / das man die Sünde mit guten Wercken büssen / oder je durch die Wercke sich die Seligkeit zueignen müsse / vnd aber solche Lehr vnrecht vnd verführisch ist / so wiederlegt S. Paulus dieselbige mit deutlichen Worten / vnd setzet jhr entgegen GOttes lautere vnd grundlose Barmhertzigkeit / vnnd spricht / Nicht vmb der Werck willen der Gerechtigkeit / die wir gethan hatten / Sondern nach seiner grossen Barmhertzigkeit machet er vns selig. Derowegen wir hie lernen sollen / vnser Seligkeit allein GOtt zuzuschreiben / Dem Vater / der seinen Eingebornen Sohn zu vnserm Mitler verordnet hat / vnd vmb des willen er die Sünde vergibt / Dem Sohn / der vns die Seligkeit
|| [ID00020]
Seligkeit verdienet vnd erworben hat / Des Gehorsam der Himlische Vater ansihet / vnd vns zurechnet / dem heiligen Geist / der in vns solch Liecht des Glaubens anzündet / vnd vns der Gnaden Gottes in Christo versichert. Denn also wird hie der Drey vnderschiedlichen Personen gedacht. Wie sonsten Paulus es mit einem Wort fasset / Gott ist der da gerecht machet / Rom. 8. vnd Ephes. 2. Aus Gnaden seid jhr selig worden / Gottes gabe ist es. Vnser Werck aber werden ausgeschlossen aus dem Articul der Rechtfertigung vnd seligmachung / nicht das man keine Gute Werck thun soll / Sondern das man jhnen die Seligkeit vnd Gerechtigkeit / so für Gott gilt / auff keinerley weise zuschreibe / Sondern das Gott seine Ehr vngeschmelert bleibe / das er wie Dauid Psalm. 51. spricht / Recht behalte in seinen Worten / vnd rein bleibe / wenn er gerichtet wird / vnd er gerecht sey / Rom. 3. vnd das wir auch vnser Seligkeit gewiß vnd versichert sein / vnd vns derselbigen bestendiglich trösten können / welches nicht geschehe / wenn wir auch auff vns vnd vnsere Wercke sehen müsten. Wie S. Paulus sagt Roman. 4. durch den Glauben / auff das die Verheissung gewisse sey. Vnd abermal sagt er aus dem 32. Psalm. Die Seligkeit sey des Menschen / dem die Sünde vergeben ist. Vnd Phil. 3. helt er seine eigene Gerechtigkeit Dreck vndschaden / das er Christum gewünne.
|| [ID00021]
Hieher gehören andere dergleichen Zeugnis mehr / als Jesai. 45. Allein im HERRN habe ich Gerechtigkeit / wie es in seiner Sprach lautet / Eph. 2. Aus gnaden seid jhr selig worden / nicht aus euch / Gottes Gabe ists / Auff das sich niemandt rhüme. DArumb sollen wir vns für der Papisten Irrthumb hüten / die dahin gehen (sie verdrehen es auch wie sie wöllen) das man die Wercke mit einmengen soll in den Articul der Rechtfertigung vnd Seligmachung / von welchen sie Paulus vnd sonsten die Propheten vnd Apostel deutlich ausschliessen. Wie denn auch mitten im Bapsthumb viel frome Hertzen / als Bernhardus vnd andere in den anfechtungen mit der that befunden / das diese Lehr den stich nicht halte. Derowegen sie / wenn sie in der anfechtung der Sünden auff die prob gesetzt worden / allein auff das Verdienst Christi sich verlassen haben / wie zu andern zeiten weitleufftiger ausgeführet wird. Diese hohe Lehre nun / so vns Gott in diesen letzten zeiten wider geoffenbaret hat / sollen wir nicht allein wissen / sondern auch vns nutz machen / vnd recht gebrauchen / nicht das wir nichts gutes thun / Sondern wenn vnser Gewissen vns für Gottes gericht stellet / vnd der böse Feind darzu kömpt / vns anklaget vnd verdampt / vnd da alle vnsere gute Werck vns zu Wasser werden / das wir das Dispu
|| [ID00022]
tiren von vnsern guten Wercken fahren lassen / vnd vns geben / vnd erkennen / das wir schüldig sein / vnd billich verdampt werden / vnd setzen da vnser vertrawen allein auff die Barmhertzigkeit Gottes / vnd das Verdienst Christi / welches vns durch den Glauben / den der heilig Geist wircket / zur Gerechtigkeit zugerechnet wird. Hie fraget man aber weiter / Wodurch denn GOtt die heilige Dreyfaltigkeit vns solche Güter / als nemlich / die Gerechtigkeit vnd Seligkeit schencke vnd anbiete. Es gibt vns Gott solche Güter nicht ohn mittel / wie jhnen die Enthusiasten einbilden / Sondern hat vmb vnser schwacheit willen / gewisse Mittel darzu verordnet / dabey wir jhn mit solchen Wolthaten ergreiffen vnd fassen müssen. Denn dißfals recht gesagt wird / das wir an den blossen Himel vns nicht halten können. Das Mittel nun ist die heilige Tauffe / vnd das Wort des heiligen Euangelij / das in der heiligen Tauff mit eingeschlossen / vnd darin begriffen ist / Vnd darumb werden wir getaufft im Namen des Vaters / Sohns / vnd heiligen Geistes / anzuzeigen / GOtt der Vater wölle vns das Verdienst Christi zueigenen vnd zurechnen / Christus der Sohn Gottes wölle vns seinen Gchorsam vnd
|| [ID00023]
Verdienst schencken / dadurch wir gerecht vnd selig werden / Der heilige Geist / wölle vns newgeberen zu Gottes Kindern / vnd Erben des Ewigen Lebens. Ein solch Mittel ist auch das heilige Nachtmal. Das aber die heilige Tauffe / dauon wir jetzt fürnemlich handeln / ein Mittel sey / dadurch Gott vns selig machet / das hat gewaltigen starcken grundt in GOttes Wort. Es sagt je Christus / Wer gleubet vnd getaufft wird / der wird selig. Worumb gedencket er hie neben dem Glauben der Tauff / als darumb / Dieweil die Tauffe ein mittel ist / dadurch vns GOtt die Seligkeit gibt? Darumb treibet er auch Johan. 3. die Tauffe so gewaltig / das / wo ein Mensch nicht newgeborn werde / durch das Wasser vnd den heiligen Geist / so könne er das Reich GOttes nicht sehen. Darumb saget Petrus Actor. 2. Thut Busse / vnd lasse sich ein jeglicher teuffen zur Vergebung der Sünden. Darumb hat Ananias Actor. 22. zu Paulo gesagt / Stehe auff Bruder Paule / vnd lasse dich teuffen / vnd abwaschen deine Sünde. Vnd Paulus Roman. 6. schreibet / Wisset jhr nicht / das alle / die wir in Christum getaufft sein / die sein in seinen Todt getaufft. Vnd 1. Corinth. 12. Wir sein durch einen Geist alle zu einem Leib getaufft / Vnd Galat. 3. Souiel ewer in Christum getaufft sein /
|| [ID00024]
die haben Christum angezogen / Ephes. 5. Christus hat seine Gemeine gereiniget durch das Wasserbad im Wort. Col. 2. Wir sein beschnitten durch die bescheidung ohn Hände / mit der Beschneidung Christi in dem / das jhr mit jhm begraben seid / durch die Tauff / Vnd hie spricht Paulus / Er machet vns selig durch das Bad der Widergeburt. Das ist kein ander Bad / als dauon Johan. 3. stehet / Es sey denn / das jemandt widergeboren werde / durch das Wasser vnd den heiligen Geist. Darumb schreibet Petrus 1. cap. 3. Das Wasser mache vns nun in der Tauffe selig / nicht durch ablegung des eusserlichen vnflats des Fleisches / Sondern der Bund eines guten Gewissens mit Gott. Darumb singet die Kirche im Symbolo Nicaeno, oder viel mehr Constantinopolitano, Credo vnum Baptisma in remissionem peccatorum, Ich gleube eine Tauffe zur Vergebung der Sünden. Sölche krafft vnd herrligkeit ist vns fürgebildet bey der Tauff Christi / da sich der Himmel auffthut / der Himlisch Vater sich mit gnediger Stim̅ vernhemen lesset / Das ist mein lieber Son / an dem ich wolgefallen habe. Vnd der heilige Geist in Tauben gestalt / auff de̅ getaufften Christum herunter fehrt / das wir nicht sollen zweiffeln daran / wenn wir getauffet werden / all drey Person getauffet han. Da thut sich vber dem Teuffling der Himmel auff / Gott
|| [ID00025]
der Vater nimpt jhn zu seinem Kinde an / Christus schencket jhm seine Gerechtigkeit / der heilige Geist zündet in jhm den Gluaben vnd ernewert jhn. VND eben das ist die andere vrsache / das man bey der Tauffe den Exorcismum / das ist / diese wort brauchet / Fahre aus du vn reiner Geist. Item / Ich beschwere dich du vnreiner Geist / das du ausfarest / etc. Das man die Leute berichte / das wenn mit der Tauffe Christi Ordnung gehalten / das Element des Wassers gebraucht / GOttes Name angeruffen / vnd seiner Gnaden verheissung durch die heilige Tauff einem jeden applieieret vnd zugeeignet werde / so werde man gereiniget von Sünden / los gelassen vom Zorn GOttes vnd Fluch / vnd werde ördentlicher weise aus dem Reich der Finsternis / oder des Teuffels / versetzet in das Gnadenreich vnsers HErrn Jesu Christi. Denn je gewiß / das wir wegen der angebornen Sünd vnter des Teuffels Reich vnd gewaldt sein / vnd daß das Christi Ampt ist / das er vns aus solchem Reich vnd gewaldt erlöset / vnd in sein Gnadenreich versetzt. Darumb brauchet Gott Gen. 3. von Christi Wolthaten diese Wort / Des Weibs Samen wird der Schlangen den Kopff zutretten / das ist / die Menschen von des Teuffels (der durch die schlangen geredt) gewaldt vnd Reich erlösen. Thut das
|| [ID00026]
nicht Christus / vnd verrichtet er nicht solches täglich durch das Wort / vnd die heiligen Sacramenten? Eben das meinet auch Johannes 1. cap. 3. Darzu ist erschienen der Son GOttes / das er die Werck des Teuffels zerstöre / vnd ist des Predigampttes Krafft Teuffel austreiben. Vnd Paulus Ephes. 2. Wir haben auch weilandt vnter dem Fürsten der Welt vnsern wandel gehabt. Aber GOtt hat vns lebendig gemacht. Das thut Gott durch die ördentliche Mittel / das Wort vnd Sacrament. So schreibet er Coloss. 1. GOtt hat vns errettet von der Oberkeit der Finsternis / vnd hat vns versetzt in das Reich seines lieben Sons. Das nu vnsere Wiedersacher hie der heilige̅ Tauff solche krafft entziehen / vnd die Leute von der heiligen Tauffe vnd Wort abführen / vnd ausserhalb dieser Mittel auff GOttes Ewige Versehung weisen Item / jhnen den elenden Trost geben / das sie von Gleubigen Eltern geboren / Darinne können wir jhnen nicht beypflichten. Denn das der Eltern Glaube den Kindern die Seligkeit nicht anerbe / zuuor gnugsam erwiesen / Vnd hat der heilige Augustinus contra Donatistas diesen Irrthumb gewaltig wiederlegt / Das wie von einem Oelbaum ein wilder Oelbaum werde / also werden von Heiligen nicht heilige Leute / sondern verdampte Sünder geboren. Das auch durch die Tauffe die Seligkeit
|| [ID00027]
gegeben werde / ist aus oberzelten Zeugnissen klar vnd offenbar. Also brauchen wir den Exorcismum / das wir vnser Bekentnis thun von der heiligen Tauffe / das es ein Mittel sey / dadurch vns GOtt aus dem Reich des Teuffels in das Reich Christi versetzet. Wie wir gar tröstlich singen / Das Aug allein das Wasser sicht / wie Menschen Wasser giessen / der Glaub im Geist die krafft versteht / des Blutes Jesu Christi / vnd ist für jhm ein rothe Fluth / von Christus Bluth geferbet / die allen Schaden heilen thut / von Adam her geerbet / vnd von vns selbs begangen. Ey / sagt einer / Worumb werden denn so viele verdampt / die getaufft sein? Antwort. Darumb das sie die Wolthaten / so jhnen in der Tauff angebotten werden / mit wharem Glauben nicht ergreiffen / Sondern mit Vnbußfertigkeit vnd Vnglauben ausschlagen / oder je wieder verlieren. Denn durch den Glauben wir die Seligkeit ergreiffen / vnd annhemen / / Wer gleubet vnd getaufft wird / der wird selig / Wer aber nicht gleubet / der wirdt verdampt / spricht Christus Marci 16. Wie den̅ alte Leute solchen Vnglauben an tag geben. Was aber die kleine Kinder belangt / weil wir von solcher Tauff nach der algemeine̅ gnadenverheissung vrteilen solle̅
|| [ID00028]
vnd Christus sagt / Lasset die Kinder zu mir kommen / Denn solcher ist das Reich GOTtes / lassen wir es billich bey solchem Beuehl vnd Vrtheil Christi bleiben / vnd gebühret vns nicht / GOttes heimblichen Rhat zuforschen / Oder / da wir keine Zeichen des Vnglaubens haben / wieder Christi Wort / solcher ist das Reich Gottes / sie zuuerdammen. Fraget einer weiter / Werden denn die vngetaufften Kinder verdampt? Antwort. Das sagen wir auch nicht / das GOtt ohne die Mittel (wo sie nicht verachtet werden) nicht wölle oder könne selig machen / Sondern das die Tauffe das ördentliche Mittel sey / dadurch GOtt new gebiert / vnd selig macht. Wir lassen aber / wie billich / GOtt frey / das er auch etliche von Mutter Leibe an heiliget / vnd im nothfall ohn die Tauff selig machen kan. DIese Lehr nun sollen wir nicht allein wissen / sondern auch zu vnserm trost gebrauchen / das wenn wir wissen wöllen / wie wir mit Gott daran sein / wir nicht dürffen anfangen von Gottes ewiger versehung / die dergestalt nicht zuergründen / Sondern anfangen von seinem vns geoffenbarten willen / Gott machet mit dem Menschen in der Tauff einen Bundt / machet selig. Nun bin ich ja auch getaufft / vnd in solchen Bundt Gottes auffgenommen / das reuwet jhn nicht / vnd da ich schon abgewichen /
|| [ID00029]
wird doch solcher Bundt ernewert / wenn ich mich bekere / vnd nimpt er mich wider auff in solchen gnadenbundt. Vnd helt ein Christ den tag seiner Tauffe für seinen herrlichsten Tag / den er sein lebenlang gehabt hat / des er sich frewet / wenn er daran gedencket / vnd singet dauon aus Jesaia mit frewden: Ich frewe mich im HERRN / vnd meine Seel ist frölich in meinem Gott / Denn er hat mich angezogen mit Kleidern des Heils / vnd mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet. Wie denn S. Paulus an die Galater schreibet / Ihr seid allzumal Kinder Gottes durch den Glauben in Christo Jesu / Denn souiel ewer getaufft sein / die haben Christum angezogen. Also wird durch den Glauben die Seligkeit die vns Gott im Wort vnd Sacramenten anbeut / ergriffen vnd angenommen. Darumb sol ein Christen also sich seiner empfangener Tauff trösten. Tröstet sich doch Dauid / da er vmb Israel wil sein leben wagen / vnd mit Goliath kempffen wil. Desgleichen thut auch Jonathan / da er allein mit seinem Waffenträger mit vielen Feinden streiten wil. Worumb wollen wir vns nicht wider vnsere Geistliche Feinde vnser empfangenen Tauff trösten / die an der Beschneidung stadt kommen / vnd daran so deutlich die Verheissung der Gnaden vnnd Seligkeit gehenget ist. Es ist wol war / das man gleuben mus / wie vn
|| [ID00030]
sere Wiedersacher vns auch fürwerffen. Es ist aber die Frage / Woran sich der Glaube halten sol? Ob er nicht an die allgemeine Gnaden verheissung im Wort vnd Sacrament / vnd also auch an die Tauff sich müsse halten. Vnd wölle sich hie gleich wol ein Christen eben wol fürsehen / vnd gedencken / wo es zuletzt mit vnsern Wiedersachern hinaus wölle / vnnd was wir entlich für trost behalten werden. Sie geben für / Christus sey nicht für alle Menschen gestorben / die tröstliche Absolution / da man wie Nathan / Christus / Petrus / Paulus gethan / sonderliche Personen von Sünden los zelet / verwerffen sie / vnangesehen / das Christus Johan. 20. saget / Wie mich mein Vater gesandt hat / so sende ich euch / Welchen jhr die Sünde erlasset / denen sind sie erlassen. Die gegenwart des Leibes vnd Bluts im Abendtmal Christi auff Erden leugnen sie / sie thun gewalt den Sprüchen von der heiligen Tauffe / vnd machen die daran gehengte gnaden verheissung zweiffelhafftig / heissen darauff sehen / ob man Gleubige Elter gehabt. Woran wil sich doch ein betrübet Gewissen halten / sonderlich / wenn es (wie offt geschicht) den Glauben nicht fühlet / vnd gleichwol (als einer der ersauffen wil) gerne wornach griffe / daran es sich gewiß halten / vnd damit es sich trösten köndte? Wir bleiben billich bey vnserm Catechismo / vnd
|| [ID00031]
Gottes Wort / darin diese Lehr von der krafft / wirckung vnd nutz der Tauffe so gewaltig gegründet ist.

Der Dritte Teil.
[arrow up]

WEnn ein Mensch die beide Stücke / dauon bißhero gehandelt / recht verstehet vnd behertziget / seinen Jammer erkennet / vnd sich der Gnad vnsers HERRN Jesu Christi / vnd der Liebe GOttes / vnd der Gemeinschafft des heiligen Geistes / so jhm im Wort vnd Sacramenten angeboten wird / tröstet / so ist er selig in hoffnung. Nun ist es aber nicht gnug / das wir solches wissen / Sondern wir müssen weiter berichtet werden / wie die Apostel / vnd sonderlich Paulus / es in jhren Schrifften allweg wol in acht haben / das wir auch vnsern Glauben mit einem Gottseligen leben vnd wandel bezeugen / vnd diese Gabe GOttes / vnd Ewige Seligkeit nicht wiederumb verlieren. Denn solches eben so grosse gefahr auff sich hat / als wenn man diese Güter nicht erlanget hette. Dauon berichtet nun Paulus in den verlesenen Worten auch / vnd zeiget an / wie sich die Wiedergeborne vnd in hoffnung selige Christen verhalten sollen / beides gegen denen / die Ampts halben höher sein als sie / vnd denn gegen andern Menschen in gemein.
|| [ID00032]
Den Obern / als der Oberkeit / Fürsten / vnd wer sie sein / die in der Oberkeit Ampt sitzen / sollen sie gehorsam sein. Denn ob wir wol für Gott im Geistlichen reich Christi gleich sein / so hebet doch solches in der Welt die vngleicheit der Stände nicht auff / Sondern bleibet das Vierde Gebot / vnd die darunter begriffene Haustafel vnd vngleicheit der Stände in der Welt. Derowegen so lange die Oberkeit nichts heisset / das wider GOtt vnd sein Wort ist / man jhr vnderthenig vnd gehorsam zu sein schüldig ist / wie Joseph Gen. 50. nicht ohn des Königs befehl verreiset / Daniel seine Ehrerbietung gegen dem Gottlosen König Balthasar bezeuget / Joseph der Man Mariae nach Keyserlichem befehl sich schätzen lest. Da sie vns aber etwas zumuthen / das wider Gott vnd sein Wort ist / da müssen wir / wie die Apostel sagen / Gott mehr gehorchen / denn den Menschen / Actor. 5. Wie Daniel vnd seine Gesellen / als jhnen in Religions sachen wieder Gott zuhandlen zugemuthet wird / Gott mehr als die Menschen in acht gehabt. Gegen seines gleichen sol ein getauffter vnd wiederborner Christen / mit einem Wort zusagen / die liebe beweisen / vnd jhnen guts thun / vnd solches sol aus einem gleubigen Hertzen herfliessen / Das meinet Paulus / wenn er hie saget / Wir sollen zu allem guten Werck geschicket sein.
|| [ID00033]
Darzu sein wir geschaffen / vnd wie Paulus in vorhergehendem Capitel anzeiget / von Christo erlöset vnd gereiniget / das er jm zurichtete ein volck / das da fleissig were zu guten Wercken. Darzu werden wir newgeboren / vnd wird vns darzu der H. Geist in der Tauff gegeben / Eph. 2. Wir sein sein geschöpff geschaffen zu guten Wercken / das wir darin wandelen sollen. Wir sein GOttes newgeborne Kinder / darumb sollen wir vns auch als Gottes Kinder halten vnd erzeigen. Er erzelet aber etliche stück insonderheit / dafür sich die Christen hüten sollen / als / LESTERVNG. Das ist gar ein gemeine Sünde in der Welt / da man andern vbel nachredet / vnd einen bösen Namen machet / vnd sonderlich jhnen jhr Wort vnd Werck verkeret / vnd auffs ergest deutet / wie der Doëg den Priester Abimelech lestert vnd verunglimpffet bey Saul / als das er es mit Dauid halte. Vnd das geschicht bißweilen aus hoffart oder neid / bißweilen aus angeborner bosheit / oder vmb geniesses willen / als da Ziba den Mehiboseth lestert. Dafür sol sich ein Christ hüten Prouer. 4. Thue von dir einen verkerten Mund / vnd ein lestermaul las fern von dir sein. Denn es ist eine Teuffelische Sünde / vnd sollen die lesterer das Reich GOttes nicht besitzen / Gal. 5. werden auch / wie der 52. Psalm. aus weiset in dieser Welt schrecklich gestraffet.
|| [ID00034]
Zum Andern / sollen sich die Christen hüten für HADER / welcher auch sehr gemein ist. Denn dieweil wir Adams Kinder durch die Sünde verderbet sein / so begibt es sich baldt / das einer dem andern mit Worten oder Wercken zunahe ist. Da folget denn / das man einander hasset / mit Worten oder Wercken wieder beleidiget / bißweilen einander schmehet / oder nach des andern Gut trachtet / vnd sich wol müde rechtet. Nun kan ein Christen dessen nicht allwege geübriget sein / nach dem gemeinen Sprichwort / Niemandt kan lenger frieden haben / denn sein Nachbaur wil. Prediger müssen auch bißweilen zancken / entweder vmb der Leut ergerlichen lebens / oder falscher Lehre willen. Aber wenn einer selber weis / wie offt geschicht / das er vnrecht hat / vnd hadert gleichwol / vnd dürffte doch das Recht nicht am Cammergericht / oder dergleichen örten holen / man köndte es wol neher / jha in seinem Hertzen / finden / da kan man nicht selig werden / Matth. 5. Lasse allda deine Gabe / vnd versöne dich mit deinem Bruder. 1. Corinth. 6. Die Vngerechten sollen das Reich Gottes nicht besitzen. Wenn man aber je rechten mus / wil man anders seine Ehr vnd Gut vertheidigen / so sol man sich eigener rachgyrigkeit begeben / GOtt die
|| [ID00035]
Rach befehlen / das Recht sich scheiden / vnd an dem / was einem jeden das Recht gibt sich genügen lassen. Wo das nicht geschicht / so ist freylich solcher Hader vnd Haß ein Werck des Fleisches / das die solches thun / das Reich GOttes nicht erben sollen / Galat. 5. Hinwider erzelet Paulus etliche Tugent vnd gute Werck / deren sich die Christen befleissigen sollen / vnd spricht erstlich / Sie sollen gelinde sein / das ist / alle ding / so etwa zweiffelhafftig / vnd vbel ausgelegt werden köndten / so viel mit gutem Gewissen geschehen kan / auffs beste deuten / nach dem löblichen Deudschen Sprichwort / Der Man ist weis vnd wolgelert / der alle ding zum besten kehrt. Vnd ist eben das Paulus zum Phil. 3. schreibet / Euwer lindigkeit lasset jederman kundt sein. Diese Tugend sol allenthalben im schwang gehen / Also sollen Zuhörer den Predigern / vnd Prediger den Zuhörern / desgleichen Vnderthanen der Oberkeit / Oberkeit den Vnderthanen / nicht alles auffs ergeste / sondern zum besten deuten. Vnd je ein Christ soll des andern Reden vnd Werck nicht vbel / sondern im besten auffnehmen. Zum Andern / sollen die Christen sich der sanfftmut befleissigen / das ist / nicht alles so genaw mit ein ander suchen / Sondern einander etwas zu gut halten / vnd wenn schon einer bißweilen dem andern
|| [ID00036]
zunahe ist / es vergeben / auch einer dem andern weichen / / vnd etwas nachgeben. Denn gar wol gesaget ist / Allzu scharff macht schärtig. Hergegen saget Christus / Selig sind die sanfftmütigen / deun sie werden das Erdreich besitzen. Da sich die Hirten Abrahams vnd Loths vnter einander nicht vertragen können / vnd einer von dem andern ziehen mus / lest Abraham dem Loth die wahl / er mög einnemen / welchen theil Landes er wil / vnangesehen / das er gleich als Loths Vater ist / vnd Loth jm billich hette weichen sollen. Joseph vergibt seinen Brüdern alles / was sie jhm zu leide gethan. Solche Sanfftmut sollen wir alle einander beweisen. Damit aber wird nicht verbotten / das Prediger / Oberkeit vnd andere / denen es Ampts halben gebüret / nicht solten gebürlichen ernst vnd eifer im straffen gebrauchen. Freilich gebüret einem Prediger keines wegs darzu zulachen / wen̅ Gottes Wort verfelschet / vnd der Name Gottes verlestert wird. Wer wird geergert / vnd Ich brinne nicht? spricht Paulus 2. Cor. 11. Sölcher Christlicher eifer gefellt GOtt wol. Hergegen verderbts Eli / da er höret / das seine Kinder sich schendlich hielten / vnd hette nicht ein mal saur darzu gesehen / 1. Sam. 3. vnd Saul thut vnrecht / das er mit dem König Agag wider Gottes klares Wort gelinde fehret / vnd jhn leben lest. Die alten Kirchen Lerer haben recht vnd wol daran ge
|| [ID00037]
than / das sie wider die Ketzer geeiffert haben. Sonsten aber vnd ausserhalb dessen sollen wir gegen jederman vns sanfftmütig erzeigen. Also sol die Tauffe bey vns wircken ein newes leben / Wir sind sampt Christo durch die Tauffe begraben / spricht Paulus Rom. 6. das wie er aufferstanden ist durch die herligkeit des Vaters / also sollen auch wir in einem newen leben wandeln. Darumb heist hie Paulus die Tauff nicht allein ein Bad der Widergeburt / sondern auch der ernewerung des Heiligen Geistes / vnd bedeutet das eintauchen / so anfenglich bey der Tauffe gebraucht worden / das der alte Adam vnd sündliche Feisch sol erseufft werden / vnd das heraus ziehen / das aufferstehen vnd wider herfür kommen sol ein newer Mensch / der in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit lebe. Wie es in dem Catechismo recht erkleret wird. Wir sind in der heiligen Tauff Gottes Kinder werden / Galat. 3. Darumb sollen wir als Gottes Kinder wandlen / Wir sind gewaschen von Sünden / vnd haben ein schön Kleid der vnschuldt Christi angezogen / welches das Westerhembd bedeutet / Darumb sollen wir vns nicht (wie ein Schwein / das gewaschen / sich wieder im schlam̅ waltzet) auffs new besudeln. Der Himmel ist vns auffgeschlossen / wie in der Tauffe Christi / Mat. 3. fürgebildet wird / oder wie hie Paulus sagt / Wir sind gerecht vnd Erben des Ewigen Lebens
|| [ID00038]
worden / darumb sollen wir vns nicht selber den Himel wiederumb zuschliessen / vnd vns des Ewigen Lebens nicht wiederumb verlustig machen / welchs denn geschicht / wenn man in Sünden wieder das Gewissen lebet. Denn das vnser Wiedersacher fürgeben / Man behalte gleich wol den heiligen Geist / vnnd die Seligkeit / wenn man schon in Sünden wider das Gewissen lebe / darauff es denn etliche getrost wagen / vnd ohne schew in den tag hinein sündigen / in stetem Geseuffe / Vnzucht / Neid vnd Haß / Vngerechtigkeit / Geitz / vnd dergleichen Sünden leben / das ist GOttes Worte vngemeß / vnd zuwieder. Denn das zeuget klärlich Roman. 8. So jhr nach dem Fleisch lebet / so werdet jhr sterben müssen. Vnd 1. Corinth. 6. Weder die Hurer / noch die Abgöttischen / noch die Ehebrecher / noch die Weichlinge / noch die Diebe / noch die Geitzigen / noch die trunckenbolt / noch die lesterer / noch die Reuber / werden das Reich GOttes ererben. Vnd wird solches Galat. 5. Ephes. 5. vnd Apocal. 21. widerholet. Also hat Saul / vnangesehen / das er beschnitten gewesen / Vnd den heiligen Geist gehabt / wie er GOtt vngehorsam worden / den H. Geist verloren. Darumb sollen wir von Sünden abstehen / vnd in einem newen leben wandlen. Ist vnser angefangener newer Gehorsam schon vnuolkommen /
|| [ID00039]
so wil vns doch GOtt / weil er vns in der heiligen Tauffe zu Kindern angenommen hat / solche schwacheit vergeben / Denn die Widergeburt inn dieser Welt allein angefangen / Aber am Jüngsten tage erst vollendet wird / Derowegen Christus Math. 19. die Aufferstehung die Wiedergeburt nennet. Also ist E. L. dißmal von Dreyen Puncten berichtet. Erstlich / in was noth von Natur alle Menschen stecken / Nemlich / das sie in Geistlichen sachen sind vnwissend / vngehorsam dem Wort GOttes / vnd dienen nicht GOtt / sondern den lüsten. Gölchen schaden sollen wir behertzigen / GOtt / das er vns dauon hilfft / dancken / vnd vns hüten / das wir vnser Ersten Geburth nichts guts zuschreiben / Sondern erkennen / das wir von Natur stecken vnter Gottes Zorn / im Reich des Teuffels / vnd verdamnis / wir sein von Gleubigen oder Vngleubigen Eltern geborn. Zum Andern / Haben wir gehört / wie wir gerecht vnd selig werden / nemlich / ohn vnsere Wercke / aus gnaden durch das Verdienst Christi / welche wolthaten vns durch das Wort vnd die heiligen Sacramenten angeboten / vnd geschencket werden / Wir sollens im Glauben ergreiffen / vnd vns des
|| [ID00040]
von Hertzen trösten / das Gott vns in der Tauffe zu Kindern angenommen / vnd durch das Predigampt die Sünde vergibt / vnd Christus vns im heiligen Nachtmal vns mit seinem Leib vnd Bluth speiset vnd trencket / vnd also wie er gegen vns gesinnet sey / sich gnugsam erkleret. Zum Dritten / wie wir vns forthin / wenn wir widergeboren / halten sollen / nemlich / der Oberkeit gehorsam sein / sonsten den Nehesten nicht lestern / nicht hassen / Sondern gelind vnd sanfftmütig sein / damit wir Gotts gnad / den heiligen Geist vnd die Seligkeit / so wir in der heiligen Tauff empfangen / nicht widerumb verlieren / Das verleihe vns Gott der Vater durch seinen heiligen Geist vmb Jesu Christi vnsers HErrn willen / AMEN. Gedruckt zur Heinrichstadt durch Conrad Horn / Anno 1593.


XML: http://diglib.hab.de/drucke/da-608-1s/tei-transcript.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/rules/styles/projekte/oberhofprediger/tei-transcript.xsl