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240319
Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg an Herzog August d. J. von Braunschweig und Lüneburg
[Inhaltsverzeichnis]
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240319

Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg an Herzog August d. J. von Braunschweig und Lüneburg


Antwort auf 240125 und [240308].
Krankheit verzögerte F. Christians I. (FG 26) Antwort auf die Schreiben Hz. Augusts d. J. (FG 227) vom 26. 1. und 8. 3. 1624. — Der Fürst sendet dem Herzog ein Manuscriptum in Steganographicis zurück, das er mit einem etwas kürzeren kryptographischen Gegenstück verglichen hat. Diese Handschrift und ein Bedenken de fabrifactione armorum Achillis habe er 1603 am kaiserlichen Hof erhalten. Nach Christians Meinung gleichen solche Werke spitzfindiger Geister ungeborenen Kindern. — F. Christian bedankt sich für die Übersendung der Bögen, die ihm noch an Hz. Augusts Cryptomenytices et cryptographiae libri IX fehlten. Zu bestimmten Passagen in diesem kryptographischen Handbuch und in Hz. Augusts Das Schach- oder König- Spiel hofft F. Christian bei Gelegenheit Auskunft zu erhalten. — Sollte der Fisch, dessen Abbildung Hz. August F. Christian geschickt hatte, wirklich in Polen gefangen worden sein, hält Christian dies für ein Vorzeichen, dessen Grund und Umstände genau zu erforschen wären.

Beschreibung der Quelle

QBA II, 2 Briefe: Herzog August Nr. 138-141, Nr. 140, 1 BL, 1rv; Schreiberhand, mit eigenh. Unterschrift F. Christians.

Anschrift

AFehlt.

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[Handschrift: [1 BL, 1r]]Hochgeborner Fürst, freundlicher lieber Oheim vnd Schwager, Das ELd vf dero beide ganz freundliche handbrieflein vnd communicirte vertreuliche Sachen, Nemlich vom 26 tenJanuarij vnd 8 tenMartij1 Jch bishero wieder meinen willen vnbeantwortet laßen mußen, ist vornemlich verursacht aus dem schweren lager, darmit mich der liebe Gott in die funffte Wochen heimbgesucht, das Jch weder hende noch füße gebrauchen können, zimliche große vngelegenheit vnd schmerzen ausgestanden,2 Mit welchen quærimonijs Jch billich bedencken trage, ELd. weiter zu molestiren, versehe mich aber ganz freundlich, es werden mich ELd solcher eingewandten Ehehafften3 halber freundlichen vnd zum besten für entschuldigt halten, vnd bedancke mich nachmals zum aller vleißigsten, das ELd mit dero schreiben mich so vleißig hembgesucht, vnd wunsche die gelegenheit zu vberkommen, es wiederumb freundlichen zuuerdienen, Betreffende das erste schreiben, vberschicke Jch ELd wiederumb das Communicirte Manuscriptum in Steganographicis,4 so Jch alhier mit dem meinigen, so Jch Anno1603 am Kay: hof vberkommen,5 Collationirt, doch in E LdExemplar ein blat 2. oder 3. mehr als in dem mejnigen befunden, Es wurde mir damahl[s]a zugleich Communicirt ein bedencken de fabrifactione Armorum Achillis,6 Es sind aber alles nur foetus ingenio- || [257] soru[m] hominum, die doch ohne sonderlichen effect ausgehen, vnd befinde in dem lezern ELd schreiben die erfüllung der bögen dero operis Occultographicj,7 welches wol seinen Meister loben wirdt, Da mich nun E.Ld darzu eines volkommenen werden würdigenn [Handschrift: [1v]] wollen,8 will Jch solches zum vberflus mit grossem danck annehmen, Bekenne aber gar gerne, das Jch so wol im schachbuch9 als in dem Vorigen eczliche paßus befinde, deren Jch vor mich alleine ohne fernern Anweiser nicht mechtig zu werden getraue, Derentwegen Jch solches Jn kunfftiger occasion von ELd selbsten verhoffentlichen einzunehmen stellen thue.
Wann der Jhenige vberschickte Fisch revera also in Polonia solte gefangen worden sein,10 were es ein sehr groß portentum, vnd were der mühe gar wol werth, das sich des grunds vnd vmbstende mit allem vleis erkundiget würde,

Befehle ELd damit dem getreuen Gott vnd verbleibe
ELd Allezeit treuer dienstwilliger Oheim vnd Schwager

Christian fzAnhalt

Flenßburg den 19 tenMartij Anno 1624.

240319I

Die von Herzog August d. J. an Fürst Christian I. gesandte Abschrift der Steganographia nova Graf Friedrichs von Oettingen-Wallerstein

Beschreibung der Quelle

QSteganographia Comitis Fridericj Öttingensis in Wallerstein.1
- HAB: Cod. Guelf. 56 Aug. 4°, Bl. 9v-12v u. 72v-103v. Abschrift, Schreiberh. Eigenh. Vermerk Hz. Augusts auf der Titels.: „Nach des D. Caroli Widemanni Bericht, 2 sol dieses Buch Anno 1601, Imperatori Rudolpho p. m. vor 4000 ducaten communicieret seyn.” — 1 Bl. vacat, 1r Titels., 1v vacat, 1 nichtfol. Bl., 2r-12v Vorrede, 12v-31v 1. Tl. in 13 Kapiteln, 31v-42v 2. Tl. in 6 Kapiteln, 42v-56v 3. Tl. in 8 Kapiteln, 56v-72v 4. Tl. in 8 Kapiteln, 72v-103v 5. Tl. in 7 Kapiteln. Vereinzelt Tafeln und Noten. — Weißer Lederhalbband (Rücken abgefallen) mit grünen Papierdeckeln. Bl.größe 18,5 x 15,3 cm. — Vgl. HAB: Cod. Guelf. 54.4 Aug. 4°: „Steganographia nova, das ist, Ein Buch von verborgenen reden vndt Schreiben, Auch wie man ohne brieff vnnd botten dem abwesenden freundt, etwas zu wissen thun möge, Allein discursweiße ad imitationem Johannis Trithemii geschrieben, vndt Jn funff theil abgetheilt, deren inhalt zu ende der vorrede folio 8 et seqq. zufinden. [Monogramm:] DMP. Anno Christi 1602. 54. 4. Mss.” 3

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[Handschrift: [Bl. 9v]] Jnn welches ersten theils nach erklärung deß sehr leichten fundaments, Jch vnterschiedliche wege anzeige, wie einer gar leichtlich geschwind, vnuermerckt vnd vnuerdachta inn einem gemach, es sey vber Tisch, vber einb Spiel, innc || [258] Rahtschlagungen, oder andern handtlung, einen andern der dieser Wißenschafft theilhafftig, seine meinung zuewißen thun, vnndt eben so wol alß wann er die stim brauchet, reden könne, vnnd zwar dieses viel auf ein leichter, vnd annder art, alß dieselben vor zeiten Beda geschriebend . [Handschrift: [Bl 10r]]
Jnn andern Theil fuhre Jch ferner aus wie Jhre zwen huius artis gnari, da sie schon nit einem gemach, sondern vber ein gaßen, auf eine zimbliche distantz, voneinander doch gleicher gestalt, ohne einige stimm, mitt einander reden mögen. Thue auch mite Exempla anzeigen, wie nit allein einer, mit einem gefangenen der auf einem hohen thurn were, vnd nur durch ein gering fensterlein sehen könndte gleichen Effect verrichten: Sondern wie auch ettwan, ein belegerte betrangte stadt Jhr noht gleich so wol alß durch schrifften ebenmeßig Jhrem freund anzeigen möchte. Würd darbey ferner vermeltet, wie etwan Jhrer zwen da sie schon durch eine Mauer, vnterschiedenf , vnd einander nit sehen köndten, [Handschrift: [Bl. 10v]] Kurtzweil halber, vnd da vielleicht der eine gefangen vnd dergleichen, doch ohn alle wort, vnd ohn alle verdacht deß vmbstandts einander Jhre Notturfft zue wisßen thun können.
Jm dritten theil, erklär Jch erstlich welcher maßen alle verborgene schrifften, so da inn versetzung der Buchstaben oder sonderlichen ziffern vnd Alphabeten iemals erfunden, oder noch erdacht werden können, gantz auf eine andere art, viel leichter vnd sicherer gemacht, vnd geandert werdeng können, darneben weil wir etwas anders suchen alß verborgene schrifften, so eben damit vnserm proposito nit gnug [Handschrift: [Bl. 11r]] thun, weil sie nit ohneh Verdacht, wir erforschen wie mann auf das sicherst ohne Argwon inn geheim schreiben könne, da Jch dann etlicher anderer meinung erzehlen, endlich aber dahin kommen willi , wie mann auf vnterschiedliche wege, ohne allen Argwon, vnd deß Trithemij meinung gleich allso schreiben möge, daß auch ein ieder Buchstab einen andern bedeut, wie droben aus dem Trithemio ein Exemplum angezogen.
Jm vierdten theil, dieweil Trithemius auch gedencket, wie mann ohne schrifften bey einem iedenj botten Sein meinung dem abwesenten freunde, möge zuewisßen thun, thue Jch ad ejus imitationem[Handschrift: [Bl. 11v]] wiewolk sein Jntentio mirl nicht gnugsam bekanndt, etliche Exempla anzeigenm , wie mann schier auff vnzeheliche weis aus obsetzten Fundamento dergleichen verrichten, vnd gar ohn allen Argwohn, was mann will, ohne brieff oder schrifft vberland schicken möge.
Jm funfften theil, will Jch von demjenigen was Trithemius schreibtn , daß [er]o ohnep schrifft vnd botten wie oben gemeld, doch naturlicherweis, vber viel meil wegs dem abwesentenq , wann er auchr schon vnter der Erden säße, sein gemuth eröffnen könne, handlen, vnd mein gedunckens anzeigen,t welche Jch für die best hielte, da Jch dann præsuppositou medio, welches [Handschrift: [Bl. 12r]] ob es wol von mir noch nit Experimendirtv , doch inn einen andern Jntento von vielen leuthen ein solcher Effectus erfahren, vnd geglaubt wurdw , welcher zue vnserm proposito gantz dienstlich. Derowegen Jch alß per simplicißimam applicationem einen solchen weg weisen will, darinx ieder præsuppositou tamen isto medio bekennen mußy , daß das Jenige so Trithemius furgeben gantz muglich vnd war. Weil aber simplex illa applicatioz noch rohe vnd vnbequem, will Jch darbey weiter discu[r]ren- || [259] doaa erforschen, wie die selbe zuuerbeßern, zuuerkurtzen, vnd was inn Experimendoab weiter zu observirn, vnd wie mann endlich per practicam dahin kömmen mögte, daß diese Jnvention inn groser herrn wichtigen geschefften[Handschrift: [Bl. 12v]] mit gelegenheit möchte gebraucht werden.ac
[...]
[Handschrift: [Bl. 85v]] Es ist nun mehr gemein, wasad die waffen salbe, so etliche Vnguentum Constellatum nennen, wann ein Mensch oder Thier verwundet, ein Pferdt getruckht oder vernagelt, für wunderbarlicheae wirckhung thun vnnd bezeugen die Jenigen, welche solche vielmals gebraucht, vnd sehen brauchen, [Handschrift: [Bl. 86r]] daß durch dieselbe die patienten welcheaf viel meil wegs dauon nit allein geheilt,ag sondern auch Jhnen schmerzen zuegefugt, vnd wieder gestillet wordenn,
Ob nun wol wir die eigentliche vrsach solcher wirckung mit vnserm nach dem fall Adamß jnn erforschung der Natur, sehr verfinsterten verstanndt, nicht ergrunden, noch außsinnen mögen, so vberzeugt vns dochah die vielfaltige erfahrung, daß es anders nichts, alß ein von Gott inn die Natur eingepflantzte eigenschafft einigkeit, verwandnuß oder Sympathia deß gebluts sey von welchen die Heilige schrifft selbsten sagt, daß das leben darinnen wohne. Sintemal auch außer der WaffenSalb [Handschrift: [Bl. 86v]] gleichmeßige wirckhung sich erzeigen, wie solches der gebrauch deß Krauts Persicariæ frisch Schweinen Schwer, vnd frischer Speckh offtermalß beweisen, vnndt ist an vielen orten gleichsamb lanndtbreuchig, wann einer verwund wird, daß mann das Meßer oder Waffen, da das Blutai anhanget, in eine frische Seithen Speckhs stecket, welches keineaj superstition (wie es etliche mehr der Grammatic vnnd schulen, denn der Naturkundigkeit liebhabent, vnuerstendig deuten), Sondern der langhergebrachten erfahrenheit, vnndt verborgenen eigenschafft deß gebluts zuezuschreiben, [Handschrift: [Bl. 87r]] wie esak dann andere auch das erfarn, wann etwann einerak sehr gschweiset, daß mann nur sein Naßtuch, mit dem Schweiß allso warm genommen, vnd noch wol inn ein ander Hauß getragen, vnd daßelb inn ein gestoßen [victriol]al gesteckhet, davon Jhm der Schweis gestanden. Eben aus diesem fundament kombt deß Theophrasti proceß, da er einen kranckhen zur Adern leßet, deß geblut aufhebet, vnd wie er es nennet, zue einer Mumia machet, vnndam zuerichtet, daßelb hernach einem Thier zueeßen gibt, welches die kranckhheit bekombt, vnd dagegen der kranck deroselben entlediget wirdt, Jst auch noch so viel weniger zuuerwundern[Handschrift: [Bl. 87v]] weil doch in ipsis excrementis ein Sympathia zuefinden, ohne nocht anietzo etwas dauon zuemelden, Weilan dann aus ietzgemelter erfahrenheit, gnugsamb offenbar, Weilnao es naturlicher Weis muglich einem der vber viel meil wegs von vns etwasap fuhlen machen, vnnd aber ander mitteil die Naturlich, vnnd durch dergleichen Experimentzaq beweislich mir, wie Jch oben bekanndt, gantz vnwißent, so weis Jch daßelbe, daß wir zue mehr gemelten proposito begern beweißlich inn keinen andern Medio zuesuchen, alßar eben inn diesem, bin auch der Hofnung, wann mann diesem mittell ferneras nachgehetat , [Handschrift: [Bl. 88r]] vnndt inn der practic nachgehet, es werde vil eher zue gewunscheten Effect etwas darein gefunden werden, alß inn der oberwehneten Magnetischenau Speculationibusav , welche zwar gantz scheinliche, Spitzfindige vnndt anmutige || [260] furgebenaw , Aber inn diesemax Nötigsten theil, ob sie muglich oder nicht,ay ohne alle Experientz auf bloße Jmaginationes vnndt vnnutze Phantasias gegrundet vnd gewidmet sein,az 4 [...] [Handschrift: [Bl. 98v]] Jch dann diß maln disen Discurs ein enden machen, vnndt es biß auff mehre erfarung bleiben lassen will.5
Ein schon Magisch stuekh wie mann einem durch ein gesang [Handschrift: [Bl. 99r]] ohne Argwon kan schreiben, vnd zuuerstehen geben, was mann will. Erstlich ist zue wißen, daß inn einen Jeden gesanng nur 6 Notæ sein, die da können ausgesprochen vnnd genennet werden, Alß da sein, vt re mi fa sol la, deren sich alle Musici gebrauchen, Vnder denen vns allein die funff vt re mi fa sol. dienstlich sein, zueschreiben was mann begert. Nun ist zuemerckhen, daß etliche dienstbare geister oder Engell sein allen Menschen zuedienen, vnndt zuegehorsamen verordtnet, dem man sich auch notwendig inn dieser kunst gebrauchen muß, Vnnd haben alleweg zwo Notæ[Handschrift: [Bl. 99v]] einen dienstengell alß: deren zwo Noten vt Re ist ihr dienstengell Druziell, dagegen aber der andern 2 Noten alß re ut, ist ihr dienst Engell Lofarchiel, wie im nachfolgenten täfelein zuesehen, darinn aller dieser Engellnamen, durch welche der verstanndt der Noten geoffenbaret wird, begriffen seinndt.

Folget die Tafell der Engel.
Engel
vtfasolmre
vtEnquirielKeraffielSestarielLytarchielDruziel
solTowielFæxamielAmyrielKazielLalalala
faStanielGabrielMichaëlHedrurielStefaniel
miWalfarielTumarchielDonazielPhorchielRaphael
reLofarchielSegnielEphanaelVrielJlkariel

[Handschrift: [Bl. 100r]] Wer sich nun solcher kunst gebrauchen will, der muß der Coniuration, vnndt beschwerung, dardurch sie zue gehorsamb gebracht werdenn, Vnnd dieselbe ad vnguem können, welche von wort zue wort also lautet.
Jmaretilo Atnatonedj Omaitreto
Jrutineunin Pitnerrucnoci Soitapsa
Omuratoni Amurallis Vnir
Anemone Vsuiuca Silegnas
Asuillif Moetona Xæudo Jrepmesa

FIAT, FIAT, FIAT.

An der beschwerung, vnnd an denn Engeln ligt die gancze kunst, dann da du ieczt gesetzte beschwerung nit recht gebrauchest, spotten die Engell nur deiner, Vnnd seint dir nit [Handschrift: [BL 100v]] gehorsamb, Nun will ich dir ein Exempell sezen, wie damit vmb zuegehen, vnnd dich dern gebrauchen sollest: Alß wann du einem wilt zuuerstehen geben, diese wort, Hutt dich vor deinen diener Hansen, dann || [262] Er soll dich bey nacht erwurgen. Nun dieses inn das werckh zueseczen, so mache dich darüber, schlage alle andern gedanckhen auß, vnd bilde dir daß so du im Sinn zueschreiben hast, starck ein, darnach R. [rücke] dein Tafell für dich, vnd sprich die abgesetzte beschwerung 4 mal, auf die vier ort der welt, wann du nun recht mit [Handschrift: [Bl. 101r]] vmbgehest, so werdenn die Engell dir erscheinen, vnnd dich lernen, vnndt vnterrichten ein solches vnd dergleichen gesang zue Componirn wie folgt,6
Folget das Gesang
[S. 261 Abb.] hiet dich for deinem diener hansen dan er sol [Handschrift: [BL 101v]] dich bey nacht erwirgen

Wann du nun dieses gesang7 hast, alßdann leg deine Tafeil von dir vnnd beurlaub die Engell mit gemeiner danckhsagung, biß du dern wieder bedurfftig bist, das gesang vberschicke dem, so du warnen wilst, entweders allein oder mit 4 oder 5 Stimmen Componirt zu, mann mag auch für ein Text da- [Handschrift: [Bl. 102r]] runder richten vnd settzen, was mann will geistlich vnnd weltlich. Alßbaldt er das empfahet, nimbt er seine Tafell. Dann er eben dergleichen Tafell mit denn Engelln vnnd namen der Noten gleich wie du haben must vnndt die Conjuration oder beschwerung, so wol können vnndt wißen alß du für sich, vnd spricht die Conjuration, mit strackher Intention ebenmeßig, wie du gesprochen hast, gegen den vier orten der Welt, so erscheinen Jhme die Engell so ers recht senndt mit verstanndt beschwert williglich, vnd eröffnen Jhme denn verstanndt deß gesangs von wort zue wort allso: Hut dich vor deinem diener Hansen, dann Er soll dich bey nacht erwurgen. Wann nun solches beschehen thut er seine Tafell von sich vnd beurlaubet die Engell wie du gethan, biß er Jhr wieder bedarff. Da aber ein vnuerstendiger oder vnerfahrner dieser kunst solche tafell vnd conjuration gleich bekäme, vnndt sich dern gebrauchen, keinen glauben zuestellen solte wurden sie Jhme nit erscheinen noch gehorsamb sein, Vnnd also damit nichts ausrichten, Diß ist ein schönes geheimes stuckh so Jch selbsten, nach vieler muhe, [103r] durch hülff dieser Engell, (deren Jch mich von Jugent auf gebraucht) erfunden, Vnnd damit sie einen andern so wol alß mir gerne gehorsamen (dann es guete vnd nit böse Geister sein, gebrauchen kan vnd mag) so hab ich die Conjuration, darinnen die Namen der Engel sein, wie auch die zwo Noten darüber ein ieder Engell regirt, die erst neben, die ander ob dem Täfelein, iederman zue guetem hierhero geseczt, vnd so es einer 2 oder 3 mal recht gebraucht, vnnd die Engell seiner gewonen, darff er die Conjuration nicht mehr [103v] sprechen, oder dem sich gebrauchen, sondern sie werdenn Jhm ohne die Conjuration gern dienen vnnd zue seinem werckh so offt er will verhülflich vnnd willig sein,
Wolle derowegen ein Jeder sich deßen zue gueten, vnnd nicht zue bösen gebrauchen, damit er nit von Gott dem Allmechtigen gestrafft werde.

vera Deo Semper, tribuatur gloria vero mppriaba

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Textverlust am Rande. Folgt zusätzliches damahls

T I
a 54.4 Aug. 4°, Bl. 8v vnuerdeckt,
b || [263] 54.4 Aug. 4° dem
c In 54.4 Aug. 4°folgt Rhatschlagung, oder anderer handtlung einem anderen
d Aus beschrieben Vgl. 54.4 Aug. 4°, Bl. 9r beschrieben.
e 54.4 Aug. 4° durch
f 54.4 Aug. 4° vnderscheiden
g In 54.4 Aug. 4°, Bl. 9v folgt können. Darnach weiln wir etwas mehr suchen, als allein verborgene
h In 54.4 Aug. 4° folgt verdacht, wollen wir erforschen
i 54.4 Aug. 4° wirt
j Fehlt in 54.4 Aug. 4°.
k Folgt in 54.4 Aug. 4° sonst sein
l nur Fehler. Konj. nach 54.4 Aug. 4°, Bl. 10r: mir, dort folgt noch nit gnug
m 54.4 Aug. 4° anziehen
n 54.4 Aug. 4° sagt
o 54.4 Aug. 4° er
p Folgt in 54.4 Aug. 4° alle
q In 54.4 Aug. 4° folgt freundt
r Fehlt in 54.4 Aug. 4°.
s 54.4 Aug. 4°, Bl. 10v gutt duncken
t Folgt in 54.4 Aug. 4°, Bl. 10v demnach hiervon vnderscheidtliche meinungen, welche
u præ supposito.Getrenntschreibung hier und im folgenden korrigiert nach 54.4 Aug. 4°. Folgt in 54.4 Aug. 4°certo
v 54.4 Aug. 4°experimentirt
w 54.4 Aug. 4° wirt
x 4.4 Aug. 4° dz ein
y bekommen muß Fehler. Konj. nach 54.4 Aug. 4°: bekennen müße
z Folgt in 54.4 Aug. 4° etwas
aa 54.4 Aug. 4°discurrendo
ab 54.4 Aug. 4°experimentando
ac Folgt in 54.4 Aug. 4°, Bl. 11r Jm sechsten vnd letzten theil, weil man sagt, omne tulit punctum, qui miscuit vtile dulcj, will ich Fehlt in 56 Aug. 4°. Der sechste Teil selbst wurde nicht ausgeführt bzw. fehlt auch in 54.4 Aug. 4°.
ad 54.4 Aug. 4° dz
ae 54.4 Aug. 4° wunderliche
af w. 54.4 Aug. 4°, Bl. 76v: welche
ag gehelit, 54.4 Aug. 4° geheilt
ah Fehlt in 54.4 Aug. 4°.
ai Folgt in 54.4 Aug. 4° noch
aj 54.4 Aug. 4 ° Bl. 77r: keiner
ak Fehlt in 54.4 Aug. 4°.
al Zeichen. 54.4. Aug. 4°, Bl. 77v: victriol
am machet, vnnd fehlt in 54.4 Aug. 4°.
an 54.4 Aug. 4° dz
ao 54.4 Aug. 4°, Bl. 78r: daß
ap etwan 54.4 Aug. 4° etwas
aq 54.4 Aug. 4°: experientz
ar alß eben inn diesem, fehlt in 56 Aug. 4°.
as Fehlt in 54.4 Aug. 4°.
at 54.4 Aug. 4°: nachsuchet
au Eigenh. Zusatz Hz. Augusts nach 54.4 Aug. 4°: und Mohnscheinigen
av 54.4 Aug. 4°:speculation
aw Eigenh. Zusatz Hz. Augusts haben,
ax 54.4 Aug. 4°: dem
ay Eigenh. Zusatz Hz. Augusts weyl diese
az Eigenh. Zusatz Hz. Augusts kan nichtes gründliches oder warhafftes von diesem weder gehalten noch affirmieret werden.
ba Die Zeile ist ein eigenh. Zusatz Hz. Augusts .

Kommentar
1 Das Konzept oder die Ausfertigung des Briefs sind nicht erhalten. Zum Datum des erstgenannten Schreibens s. 240125 K 7.
2 Die der Leichenpredigt auf F. Christian I. beigefügte Lebensbeschreibung berichtet, daß „Jhre Fürstl. Gn. etliche Jahr für dero Seligen Hintritt/ mit beschwerlichen LeibsSchwachheiten/ als dem Podagra, Calculo vnd Asthmate [...]” heimgesucht wurden. Johannes Leuthnerus: TodtenKlage/ Neben Prophetischer vnd Apostolischer außsage: Wodurch dieselbe zu mässigen sey? (1633: Zerbst), Bl. M ij r.
3 Zwingende Umstände. S. Stieler, 816: „Ehehaft [...] in Jure est legitimum impedimentum, qvalia sunt: raptivitas, morbus [...] ab Ehe antiqv. Lex [...].”
4 Hz. August hatte das Manuskript mit seinem Brief 240125 übersandt. S. Beilage I.
5 Hz. Augusts Bemerkung auf dem Titelblatt des in der Beilage zitierten Werks belegt, daß Gf. Friedrichs Buch in Prag angeboten wurde. F. Christian dürfte eine Abschrift erhalten haben.
6 Unbekannt.
8 Hz. August sandte F. Christian ein Exemplar am 7. 9. 1624. S. 240907.
9 S. 231210.
10 Es handelt sich vermutlich um die Abbildung eines wundersamen polnischen Fisches, ähnlich jener Darstellung in: Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. u. 17. Jh.s. Hg. Wolfgang Harms. Bd. 1. Tübingen 1985, 446f. Vgl. Georg Stengel: De monstris et monstrosis. (Ingolstadii 1647), 19 u. 21, wo von dem hier gemeinten Wunderfisch die Rede ist: „Anno salutis 1623, die Septembris [...] in Polonie [...] prope Warsauiam [...] vni vexillo litterae A. D. I. H., alteris F. R. F.” Vgl. auch 380302A: F. Ludwig v. Anhalt-Köthen schickt Hans von Dieskau (FG 212) die Abbildung eines als Prodigium gedeuteten Fisches.

K I
1 || [264] Gf. Friedrich v. Oettingen-Wallerstein (1556-1615), Rat Ks. Rudolfs II. , auch kurköln. Rat. Vgl. Georg Adam Michel: Der Oettingischen Bibliothek Dritter und letzter Theil. Oettingen 1768, 141 nach ,J. W. v. Göbel: Discursus gratulat. ad L. F. Comitem de O.', 18: „,Sic Fidericus quidam de Steganographia conscripsit librum, qui in Bibl. Augusta Guelferbyti asseruatur manuscriptus.' Jn der Note hiezu stehet: ,Augustus gloriosæ memor. Dux propria manu adiecit, a Rudolpho II. Caesare 400. [!] aureis librum comparatum esse. Huius forte scripti Fridericus lineæ Wallersteinensis caput, qui Rudolphi istius tempore vixit, auctor fuit.'” Gf. Friedrich schrieb auch: Die vier Eüangelisten Sambt der Apostel geschieht in reimen gebracht durch mich Friedrichen Graüen zü Otingen Vnd geschriben im Jare. 1605 (Handschrift im Fürstl. Oettingen-Wallersteinischen Archiv, Harburg in Schwaben: Oetting. Bibliothek [= OeB]: VI 2 4° 20); Das Newe Testament Jn Teutsche Reime gebracht und geschrieben ... Angefangen zu schreiben diß den Sechzehnden Septembris Eben in Jare wie das gleichfalls der Reime hernach meldet... [1607-1610] (Handschrift, OeB: VI 2 2° 1). Vgl. G. A. Michel: Der Oettingischen Bibliothek Zweeter Theil. (Oettingen 1762), 162. In der Beilage werden die Inhaltsübersicht der Vorrede und diejenigen Passagen der Steganographia nova zum erstenmal veröffentlicht, welche der Erläuterung des Briefwechsels Hz. Augusts mit F. Christian (231210, 240106, 240116, 240125, 240319, 240907) dienen.
2 Carl Widemann (1555/56-1637), M. D. Padua (Doctor bullatus) u. Dôle, Arzt in Augsburg . Joseph Ahorner: Chronologisches Verzeichniß aller Mitglieder des ehemaligen hiesigen Collegii medici [SuStB Augsburg]. Der betreffende Artikel in: Beilage zum Intelligenz-Blatte. [Augsburg] No. 47 (1834), 205f. Vgl. DBI 1363, 238ff. Führender Rosenkreuzer und wichtiger Korrespondenzpartner F. Augusts v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) [freundl. Mitteilung v. Herrn Dr. Carlos Gilly, Basel]. Widemann schickte Hz. August von Augsburg aus am 13. 5. 1621 (n. St.?) seine Handschrift der Steganographia, von der der Herzog offenbar eine Abschrift nehmen ließ, zusammen mit einigen anderen Manuskripten mit den Worten: „Aber nu vff e. f. g. gnediges begehren, haben sie hiebey wohl verwartt zue empfangen. 1: Steganographiam manuscriptam ad Imitationem Trithemij Abbatis. Welche Mir (Meines theills.) wohlgefeldtt, v. vill schöne v. ghaime sachen darinnen tractirt werden, auch Jch nitt glaub daß sie vilen sej zue sehen worden, dise hab Jch in instructissima Bibliotheca Rudolphj. II. Imperatoris (laudatiss.ae memoriae) zue Prag vor disem bekommen, wie anderes vnd dessen wegen ain geraume Zeitt Mich doselbsten aufgehaldtten nit mitt geringem costen. versaumnus v. verehrung. 2. Libellum Octocedrontis, quod ars diuinandj est, v. gleicherweiß vill feine gehaimnus Jnn sich heldtt. 3: Apostolorum sortilegia seu Veterum sortes. 4. Geomantiam seu spagÿricam Theophrastj Paracelsj. Mitt den Puncten: Obwoln e. f. g. Melden daß sie selber (lautt des beigelegten verzaichnus:) ettliche Geömantische büechlein haben; Nichts desto weniger, kan sie dieses auch durchsehen ob es ainerlay oder nitt. Damitt dise sachen so ein fernen weeg desto gschmeidiger wurden hab Jch sie auß gebundenen büchern geschnitten, hoff solle e. f. g. wohl behagen, sie kan ein Abschrifft dauon nemen v. Mir wider zue senden.” (HAB: BA II, 10 Briefe: Hz. August: Carl Widemann). Laut eines Exzerpts (28. 1., 4. 2. u. 11. 2. 1621) hatte der Herzog seinem Augsburger Agenten Philipp Hainhofer mitgeteilt: „Wan etwas von Steganographicis, oder occultis scribendi modis, aufzutreiben wehre, geschehe mir an deren communication zu gefallen; sinthemahl mein vorhabendes wercklein, zum ende eÿlet.” Gobiet 1979, III, Nr. 728.Hainhofer erteilte seinem Herrn am 8. 4. 1621 n. St. anläßlich eines Schreibens Widemanns einen wichtigen Rat. Dieser habe zwar „seim fürgeben nach [...] allerhand ghaÿme schrifften, auch etwas steganographisch, obs aber würdige Sachen, waiß Ich nit, er ist sonst mit seinen sachen sehr theur [...].” Da Widemann diese Schriften vermutlich Hz. Philipp II. [recte: Bogislaw XIV. oder Ulrich] || [265] v. Pommern anbieten werde, mahnte Hainhofer Hz. August zur Eile. S. Gobiet 1984, 326. August schrieb sogleich an Widemann und hielt auch Hainhofer am 14. 4. n. St. dazu an, ihm die „steganograffica" zur Verarbeitung in seinem Werk zu verschaffen (ebd.). Hainhofer teilte Hz. August am 5./15. 4. auch mit, er habe um „das Mss.tum Trithemÿ” an Hz. Maximilian I. v. Bayern geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten (a. a. O., 327). Dabei handelte es sich nicht um eine andere Handschrift des oettingischen Werks, sondern um die Steganographia des Trithemius , die August schon am 10. 3. n. St. angefordert hatte (a. a. O., 322). Hainhofer sandte seinen Sekretär und Gehilfen Dr. Georg Nathan deshalb nach München , jedoch war das Buch nicht in der herzoglichen Bibliothek vorhanden (a. a. O., 328). Am 5. 5. 1621 n. St. schrieb der Herzog an seinen Agenten: „Meine Hofnung, wegen des Ms. Steganographici, fellet in den brunnen” (Gobiet 1979, III Nr. 748). Die Verhandlungen mit Widemann und Hainhofers Suche nach anderen kryptographischen Schriften (in Venedig ) liefen jedoch weiter (Gobiet 1984, 322. 324f. 329). Am 3./13. 5. konnte Nathan dem Herzog schreiben: „[...] hiemit folgen EFG von herren Dr. Wideman neben seinem vnderthänigen schreiben, etliche Steganographica [...]” (a. a. O., 331). Hz. August antwortete am 19. 5. n. St.: „[...] hiemit schicke ich dem Dr. Widemannum wieder, was ich vor achte tagen von ihm empfangen: und habe ich solches albereit, unlängst von Nürnberg erlanget, und zu meinem vorhabenden wercke, gebrauchet. Nichtes destoweniger, dieweÿl ich seinen guten willen hierbey verspüre, bin ich zufrieden, daß ihm mein contrafeht, gleich wie Dr. Nathan newlich empfangen, muge zugestellet und verehret werden [...].” (Ebd.). Zusammen mit diesem Brief sandte Hz. August über Hainhofer offenbar die Steganographia Gf. Friedrichs und die anderen im zuerst zitierten Brief erwähnten Handschriften an Widemann zurück. Der bestätigte Hz. August in seinem Brief vom 10. 6. den Empfang „dero gnad: S L: sambt Meinen sachen durch h. Phil. hainhofer ” (HAB: BA II, 10). Statt des Gnadenpfennigs zahlte Hainhofer Widemann zwölf neue Reichstaler aus (a. a. O., 333).
3 Nach Strasser, 104 wohl Gf. Friedrichs Autograph. Signatur vielleicht von Hz. Augusts Hand. Alte Foliierung, Bl. 1-87 (Bl. 22r-23v vier kolorierte Zeichnungen, welche in 56 Aug. 4° fehlen). Bl.größe 18,1 x 14,5 cm. Einband: mittelalterl. lat. Pergamenthandschrift. Obgleich der Text inhaltlich weitgehend mit 56 Aug. 4° übereinstimmt, ist 54.4 Aug. 4° nicht als „Original von” 56 Aug. 4° anzusehen, wie Otto v. Heinemann behauptete: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel. Tl. 2 Die Augusteischen Handschriften 1-5. Wolfenbüttel 1890-1903, Nr. 3589. Vgl. Strasser, 104. Die Vorlage der Handschrift Cod. Guelf. 56 Aug. 4° ist wahrscheinlich die Abschrift eines unbekannten (Prager?) Manuskripts. Oberdeutsche sprachliche Eigenheiten sind darin zum Teil an das Mitteldeutsche angeglichen, die Zeichensetzung ist reguliert, der Satzbau und Ausdruck gelegentlich vereinfacht oder verdeutlicht. Diese Eingriffe, die Abschreibfehler und das fehlerhafte Latein können kaum allesamt von einem einfachen Kopisten verursacht worden sein. Der Text in Anhang I berücksichtigt nur die für den Sinn wichtigen und für die Korrektur des Wortlauts benötigten Lesarten aus Cod. Guelf. 54.4 Aug. 4°. Hz. August ließ diese Handschrift in seinem Bücherradkatalog (HAB: BA I, 322, S. 5118) erst 1657/1658 eintragen, erwarb das Manuskript daher wohl auch erst spät. Vgl. Maria v. Katte: Herzog August und die Kataloge seiner Bibliothek. In: Wolfenbütteler Beiträge I (1972), 168-199, bes. S. 181; dies.: Die „Bibliotheca Selenica” von 1586 bis 1612. Die Anfänge der Bibliothek des Herzogs August zu Braunschweig und Lüneburg. A. a. O. III (1978), 135-153; Helmar Härtel: Herzog August als Büchersammler. Zum Aufbau seiner Bibliothek. In: Sammler Fürst Gelehrter, 314-334. Cod. Guelf. 56 Aug. 4° wird zwar nicht in Augusts erstem (alphabetischem) Bücherverzeichnis (HAB: BA I, 320, geführt || [266] 1611/12-1625) unter den auf dem Titelblatt genannten Anfangsbuchstaben (durchgesehen: F, O, S, T und nichtalphabet. Nachtrag) erwähnt, stellt aber nach Widemanns Brief eine Erwerbung des Herzogs aus dem Jahre 1621 dar. Sie wurde daher auch in der Neuverzeichnung der fürstlichen Bibliothek seit dem 25. 2. 1625 unter den damals vorhandenen Handschriften aufgeführt (Bücherradkatalog, S. 1528; eigenh. Eintragung etwa 10. 8. 1627, vgl. Katte 1972, 179). In diesem Zusammenhang fällt ein handschriftlicher Hinweis auf S. 2529 des Bücherradkatalogs auf, der sich wohl auf den dort unter der Signatur 513.2 Theol. 4 (recte 513.3 Theol., vgl. S. 5868) ausführlich verzeichneten langen Titel einer Leichenpredigt auf F. Christian I. bezieht. S. oben K 2. Vielleicht erinnerte sich der Herzog nach dem Tode F. Christians an die Übersendung des Manuskripts und damit an seinen kenntnisreichen Briefpartner. Auch wenn man das Zeugnis dieser auf andere Weise nicht erklärbaren Verweisung unberücksichtigt läßt, muß Cod. Guelf. 56 Aug. 4° als die F. Christian gesandte Handschrift identifiziert werden. Christians 1603 erworbenes Manuskript, dessen Verbleib unbekannt ist, beruhte vielleicht auf der Fassung Cod. Guelf. 54.4 Aug. 4° und entbehrte darum der in Augusts übersandter Handschrift enthaltenen Hinzufügungen, namentlich des Gesangs „hiet dich for deinem diener hansen” (Bl. 101rv, mit Noten).
4 Zur Kritik des Herzogs in T I zz vgl. 240116 K I 4.
5 Der Text des folgenden, das Buch abschließenden Abschnitts ist ein Zusatz, der in 54.4 Aug. 4° fehlt. Im obigen Brief dürfte sich F. Christians Bemerkung, daß sich in Hz. Augusts Handschrift „ein blat 2. oder 3. mehr” als in seinem Manuskript befänden, auf diese Hinzufügung beziehen. In seiner Steganographia (Lunæburgi 1624) hat Herzog August diesen Abschnitt im 19. Kapitel („De Transformatione Obliquâ Notarum Musicalium") des 6. Buchs (S. 321-326) verarbeitet.
6 Herrn Thomas Ernst (University of Pittsburgh) verdanke ich die folgende Erläuterung: Dieses musikalische Kryptogramm erscheint in Form zweier solmisierter, übereinandergestellter Quinten, f-g-a-b-c und c-d-e-f-g, wobei das Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Noten jeweils einen Buchstaben des Klartexts repräsentiert. Das ut der unteren Quinte ist identisch mit der tiefsten Note des chiffrierten Textes. Jedes Intervall wird in seinem natürlichen zeitlichen Ablauf von der ersten zur zweiten Note verstanden und ebenso, nämlich von links nach rechts, in der Tafel der Engelsnamen durch den dritten Buchstaben jedes Namens dechiffriert. So setzt sich zum Beispiel der Name „Hansen” aus der Sequenz folgender Intervalle zusammen: re-sol = H, fa-ut = A, mi-sol = N, ut-sol = S, fa-re = E, mi-sol = N. Wenn auf jedem Ton der Quinte die fünf Intervalle Prim, Sekunde, Terz, Quarte und Quinte aufgebaut werden, ergeben sich maximal 25 Kombinationsmöglichkeiten, um ebensoviele Symbole zu repräsentieren. Im Prinzip würde für eine solche monalphabetische Chriffre eine einzige Quinte mit beliebigem Grundton ausgereicht haben. Um jedoch die bei Wiederholung identischer Intervalle von gleicher Tonhöhe auftretende Gefahr leichterer Dechiffrierbarkeit zu vermeiden und dem Kryptogramm gleichzeitig ein ,musikalisches' Aussehen zu verleihen, werden zwei Quinten verwendet. Diese zwei aufeinanderfolgenden Quinten sind nicht vollkommen voneinander getrennt, sondern überlappen sich an einer Nahtstelle, an der sich das sol der ersten Quinte und das ut der zweiten Quinte auf gleicher Tonhöhe (Note c) treffen. Der C-Schlüssel liefert dem Adepten an dieser Stelle einen Hinweis auf diesen Treffpunkt. — Die Signifikanz der sechs Pausen, die den Notentext in sieben Abschnitte unterteilen, scheint anfangs darin zu bestehen, den jeweiligen Solmisationswechsel auf der gemeinsamen Note c anzuzeigen; so ist zum Beispiel die Note c im ersten Abschnitt als sol zu verstehen (Intervall re-sol = Buchstabe H), während im zweiten Abschnitt der gleiche Notenwert in der Lesart ut (Intervall re-ut = Buchstabe F) erscheint. Im dritten Abschnitt tritt die Note c allerdings in beiden Funktionen auf, || [267] als sol für den aus dem vorhergehenden Abschnitt herübergezogenen Buchstaben N (mi-sol) und als ut im Buchstaben R (ut-fa), während in den letzten beiden Abschnitten die Note c durchgehend als sol gelesen werden muß. Daher ist anzunehmen, daß trotz der fast regelmäßigen Solmisationswechsel zwischen Pausenzeichen (3 sol-Pause-2 ut-Pause-1 sol, 1 ut-Pause-3 sol-Pause-5 ut-Pause-5 sol-Pause-2 sol) wohl eher die musikalische Bewegung im jeweiligen Quintenraum für die Lesart der Wechselnote ausschlaggebend ist: so wird der Wechsel im dritten Abschnitt durch die vorangehende Stimmführung in der Oberquinte vorbereitet. Das einzige Mißverständnis könnte auf dem Buchstaben A des Wortes „dan” entstehen: die Note c wird aus der Unterquinte angestrebt, ist jedoch als ut zu lesen (fa-ut). In diesem Fall zeigen ein Pausenzeichen und die nachfolgende Bewegung in der Oberquinte die Lesart c=ut an. Bei der eigentlichen paarweisen Dechiffrierung der Noten wird über die Pausenzeichen einfach hinweggelesen, wie z. B. beim letzten Buchstaben des dritten Abschnitts (A in „Hansen” ), der in den vierten Abschnitt hinübergezogen wird: fa-Pause-ut = fa-ut = Buchstabe A. An anderer Stelle setzt sich ein Intervall ohne trennendes Pausenzeichen aus Stufen der beiden Quinten zusammen, zum Beispiel beim ersten E im Wort „Diener” : fa (1. Quinte)-re (2. Quinte) = E. Der Länge der Notenwerte und der Richtung des Notenhalses kommt an keiner Stelle kryptographische Bedeutung zu. — Wenn man das Engelsdiagramm seiner magischen Staffage beraubt und auf den dritten Buchstaben jedes Namens reduziert, läßt sich folgender Schlüssel erstellen:
utfasolmire
utQRSTU
solWXYZ-
faABCDE
miLMNOP
reFGHIK
Da dieses Alphabet aus nur 24 Buchstaben besteht, ergibt sich eine ,Leerstelle' nach dem letzten Buchstaben Z auf dem Intervall sol-re. Das Konzept eines solchen Koordinatensystems zur Dechiffrierung einer doppelstelligen Variablen läßt sich auf das Feuersignalsystem in Pol. 10, 45f. zurückführen: Sender und Empfänger verteilen das 24 Buchstaben umfassende griechische Alphabet auf fünf Schreibtafeln und signalisieren mit der erforderlichen Anzahl von Fackeln zuerst die Nummer der Tafel (linke Seite des Senders = vertikale Koordinate) und dann die Position des gewünschten Buchstabens auf der betreffenden Tafel (rechte Seite des Senders = horizontale Koordinate). Ein solches quadratisches Arrangement von 24 Symbolen — Hz. August begnügt sich a. a. O., S. 321, sogar mit Chiffriertafeln für 4 x 4 Buchstaben — läßt sich leicht memorieren und auf alle möglichen anderen zweistelligen Chiffrensysteme übertragen.
7 In seiner Steganographia (a. a. O., 325f.) hat Hz. August dem Beispiel aus der Handschrift eine Komposition über die chiffrierte Botschaft „Der Spinola ist in die Pfaltz gefallen vae illis” hinzugefügt, welche dieses musikalische Kryptogramm durch den Bezug auf ein Ereignis des pfälzischen Kriegs als eine zeitgenössische Komposition ausweist. Wie mir Prof. Dr. Gerhard F. Strasser (Pennsylvania State University) freundlicherweise mitteilte, ist der Verfasser („à Friderico Hollandto, Lunæburgense Cive” ) unbekannt und der Name daher vielleicht als Pseudonym (des Herzogs?) zu werten. Nach Herrn Ernst, der das Kapitel im Rahmen einer eigenen Veröffentlichung zu untersuchen plant, variiert dieses Kryptogramm die in Anm. 6 erklärte Chiffriermethode, wobei der vierstimmige Satz den verschlüsselten Text in der Tenorstimme versteckt. Diese Tarnung erlaubt die Beschränkung auf nur eine Quinte. Die musikalische Chiffre aus dem Hz. August vorliegenden Manuskript behandelte auch — vielleicht nach dem Buche des || [268] Herzogs — Johannes Balthasar Friderici: Cryptographia oder Geheime schrifft- mündund würckliche Correspondentz/ welche lehrmässig vorstellet eine hoch-schätzbare Kunst verborgene Schrifften zu machen und auffzulösen (Hamburg 1684) Vgl. erweiterte Neuauflage: Cryptographia oder Geheime schrifft- muend- und wuerckliche Correspondentz/ welche lehrmaessig vorstellet eine hoch-schaetzbare Kunst verborgene Schrifften zu machen und auffzulösen (Hamburg 1685), 184-186. Eine andere musikalische Chiffre, in der jedem der 24 Buchstaben des Alphabets je ein Halbton oder Ganzton zugeordnet ist, erklärt und exemplifiziert Daniel Schwenter: Steganologia [1622] (s. 240116 I), 303f. Dieses dem Herzog bekannte Werk erklärt auch auf S. 86ff. die Signalisiermethode des Polybios (s. Anm. 6). Eine andere musikalische Chiffriermethode erläutert Gf. Friedrich in Tl. 3, Kap. 5 an zwei Beispielen.
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